Ankh07.11.2005, Bodo Naser
Ankh

Im Test:

Eigentlich schade, dass kaum noch Adventures mit skurrilem Humor erscheinen - in den letzten Jahren konnte man die süffisanten Knobler an einer Hand abzählen. Um so mehr ist es zu begrüßen, dass nun mit Ankh (ab 2,99€ bei kaufen) endlich ein neuer Vertreter dieser seltenen Spezies vorliegt. Um immer den richtigen Ton zu treffen, hat sich der deutsche Entwickler Deck 13 sogar Rat bei Ex-LucasArts'lern geholt. Ob's geholfen hat?

Altägyptischer Flaschenöffner

Auf dem Basar versucht der Held, mit Leuten ins Gespräch zu kommen, um Hinweise zu erhalten. Der Spieler bekommt so witzige Dialoge.
Der junge Assil hat ein handfestes Problem. Genauer gesagt einen Todesfluch, den er sich beim nächtlichen Partymachen in einem Grabmal eingefangen hat. Seither baumelt das mächtige Ankh um seinen Hals, das Assil aber nur für einen seltsamen Flaschenöffner hält. In seiner altägyptischen Naivität weiß der sympathische Antiheld nur einen Ausweg: Den Gang zum großen Pharao, der hoffentlich den Fluch aufheben kann.

Es ist allerdings gar nicht so einfach, zu einem lebenden Gott vorgelassen zu werden, der streng bewacht wird. Assil muss daher einiges anstellen, um an der oberfurchtlosen Palastwache vorbeizukommen. Aber das ist ja erst der Beginn des Abenteuers, denn es kommen noch ein paar Kapitel voll aberwitziger Begegnungen. Insgesamt ist Ankh allerdings eher ein kurzes Vergnügen.

Monty Python lässt grüßen

Die Charaktere sind derart abgefahren, dass sie auch gut aus einem Film der britischen Komikertruppe Monty Python stammen könnten. Da gibt es z.B. einen schwergewichtigen Sklavenhändler, der sich mit seinem letzten "Ladenhüter" über ägyptischen Fußball unterhält. Es entspinnt sich ein Dialog, der auch genauso an jeder bundesdeutschen Kneipentheke stattfinden könnte. Assil mischt sich ein und fragt nach dem Preis des Sklaven, der jedoch viel zu hoch für ihn als Habenichts ist. Assil trägt selten mehr als ein Silberstück mit sich rum. Ziemlich vorlaut bringt er zum Ausdruck, dass Sklaverei ohnehin gegen die Menschenrechte verstoße... Allerdings nur, wenn ihr das wollt, denn ihr dürft per Multiple Choice wählen, was der Held Witziges sagen soll. Schließlich entgegnet der Händler, dass er sich mit seinen umstürzlerischen Ideen doch bitte an den Pharao wenden solle.

Parodie aufs Genre

Dümmer geht's nümmer. Die Meuchelmörder, die Assils Vater umbringen sollen, sind rasch übertölpelt.
Eines ist Ankh aber ganz sicher nicht - historisch korrekt. Allerdings spielt es hier auch keine große Rolle, dass die Epochen, Völker und Namen munter durcheinander gewirbelt werden, denn die Macher hatten sicher nicht den Anspruch, ein Lernspiel über die Zeit der Pharaonen zu machen. Stattdessen ist das linear aufgebaute Adventure mit Zitaten anderer Spiele gespickt, die immer wieder das Abenteuergenre, Hollywoodfilme oder die Welt der Spiele gekonnt auf die Schippe nehmen. Die völlig harmlosen Assassinen könnt ihr etwa fragen, ob man bei dem Spiel auch sterben kann. Als sie das verneinen, fällt Assil natürlich ein riesiger Stein vom Herzen. Wie in der guten alten Zeit könnte man es in einem Rutsch durchspielen, ohne abzuspeichern, entgegnet ihm der Mörder. Auch Actioneinlagen braucht der junge Ägypter nicht zu fürchten - dass ihr mal irgendwo schnell genug klicken müsst, ist schon genug der Fingerhakelei.

                    

Einsteigerfreundliche Rätsel

Da es nur wenig Interaktionsmöglichkeiten gibt, sind die Rätsel oft zu leicht. Spaß macht's trotzdem.
Die Skurrilitäten sind inzwischen also vom Feinsten, jedoch können die Rätsel damit oft nicht mithalten, die so fast noch den größten Schwachpunkt des 3D-Abenteuers darstellen. Aus Klassikern wie Day of the Tentacle wissen wir: Ein Rätsel ist immer dann genial, wenn der Held etwas tun muss, das ihm ganz und gar widerstrebt. Derartige Aufgaben sind leider rar in Ankh, da es auch viele offensichtliche Rätsel gibt. Oft besitzt ihr nur eine Hand voll Gegenstände, die ihr dann eben durchprobiert und schnell habt ihr die Lösung. Da hilft es auch nicht viel, dass ihr öfter Gegenstände miteinander kombinieren müsst, um etwas Neues entstehen zu lassen. Klar sollte ein Adventure nicht nur für Leute lösbar sein, die alle Teile von Monkey Island durchgespielt haben, ohne einmal in die Komplettlösung zu sehen. Aber es sollte auch die fordern, die öfter mal ein Adventure spielen, was leider nicht durchweg der Fall ist. Obwohl die Puzzles im weiteren Spielverlauf schwieriger werden, wendet sich Ankh eindeutig an Einsteiger. Immerhin gibt es eine Taste für schnelles Reisen, die lange Latschereien verhindert. Außerdem lässt sich Assil -wenn auch widerwillig- zum Laufen animieren.

Schillernde 3D-Grafik

Ankh ist bunt und comichaft, aber nicht kindisch, wie oft in anderen Spielen mit einer ähnlichen Grafik. Obwohl es ohne Altersbeschränkung freigegeben ist, wendet es sich nicht in erster Linie an Kinder, da diese zu jung sind für diese Art von Humor. Ankh macht einen auf Kinofilm, was ihr daran erkennen könnt, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit die schwarzen Balken eingeblendet werden. Jedes Gespräch ist mit wechselnden Nahaufnahmen illustriert, die für Bewegung sorgen. Läuft Assil aus dem Bild, folgt bisweilen eine Kamerafahrt, die dynamisch wirkt. In einer Unterwasserszene sieht alles ein wenig verschwommen aus, wie das eben so ist im Nass. Nicht so gelungen ist die Einbindung der Akteure in die virtuelle Umwelt, da sie oft etwas neben der Spur laufen. Auch die Gesichtsanimationen könnten besser sein, da Assil & Co oft nicht lippensynchron sprechen. Gelungen sind wiederum die Bewegungen der 3D-Charaktere selbst, die sogar biegsam genug sind, um ein Tänzchen aufzuführen.

Stimmgewaltige Sprecher

Im filmreifen Vorspann schwingen die 3D-Darsteller sogar das Tanzbein.
Ein Highlight des Spiels ist die durchweg gelungene deutsche Sprachausgabe, die mit professionellen Stimmen aufwartet. Assil wird von Oliver Rohrbeck gesprochen, der deutschen Stimme von Ben Stiller, der ihm einen spöttischen Unterton verleiht. Thara musste in letzter Minute umbesetzt werden, da Christine Pappert nicht konnte. Die Tochter des arabischen Botschafters wird jetzt von der Synchronsprecherin von Rene Zellweger (Bridget Jones) gesprochen, was aber wunderbar passt. Die deutsche Stimme von John Cleese darf bei diesem skurrilen Vergnügen natürlich auch nicht fehlen, der sogar in mehreren Rollen zu hören ist. Anders als bei In 80 Tagen um die Welt passt auch die orientalische Musik zum altägyptischen Geschehen. Bestimmte Situationen besitzen ihren eigenen Sound: Wenn ihr etwa von der Ferne den Palast des Pharaos ins Visier nehmt, ertönt eine geheimnisvolle Musik.

        

Fazit

Ankh ist genau das spritzige 3D-Adventure, auf das alle sehnsüchtig gewartet haben. Das bei bhv erschienene Spiel hinterlässt einen derart professionellen Eindruck, dass es kaum zu glauben ist, dass diese Perle auch noch aus hiesigen Landen stammt. Besonders gut gefällt mir natürlich der oft Monty Python-mäßige Humor, bei dem kein Auge trocken bleibt. Vom Feinsten sind auch die gekonnten Seitenhiebe auf andere Computerspiele sowie die Anleihen bei bekannten Kinofilmen. Hier bemerkt man dann die helfende Handschrift von Telltale mit seinen ehemaligen LucasArts-Leuten. Weniger gelungen sind allerdings die mit wenigen Handgriffen erledigten Rätsel, die Knobelveteranen oft zu billig erscheinen dürften. Das wird jedoch spielend wieder ausgeglichen durch die witzigen Dialoge, die mit bekannten Stimmen toll vertont wurden. Insgesamt bleibt so der Eindruck eines großen Adventures, das filmreif in Szene gesetzt wurde. Wer sich darüber geärgert hat, dass Spiele wie Sam & Max 2 oder Full Throttle 2 eingestellt wurden, sollte sofort zugreifen. Habt mir aber ein Auge auf die Bananen!

Pro

abgefahrener Humor
Flair von Monkey Island & Co
skurrile Figuren
witzige Dialoge
parodiert andere Spiele
für Einsteiger geeignet
bunte 3D-Grafik
filmreife Inszenierung
tolle Sprachausgabe
passende Musik

Kontra

vergleichsweise kurz
oft simple Rätsel
linearer Aufbau - Dialoge nicht lippensynchron

Wertung

PC

Kunterbunter, abgefahrener Adventure-Spaß!

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