Age of Pirates: Caribbean Tales11.10.2006, Bodo Naser
Age of Pirates: Caribbean Tales

Im Test:

Akella sorgt seit jeher für stetigen Nachschub an recht guten Piraten-Rollenspielen, wie Spiele wie Fluch der Karibik, Age of Sails 2 oder Sea Dogs beweisen. Auch dieses Jahr könnt ihr wieder mit Age of Pirates: Caribbean Tales (ab 49,99€ bei kaufen) in See stehen, um unter schwarzer Flagge die Karibik unsicher zu machen. Langsam scheint der Wind allerdings abzuflauen, der sonst den Spielspaß auf Kurs hielt.

Welle nimmt ab

Piraten waren beim Film jahrelang in etwa so out, wie es heute in Hollywood waschechte Cowboys sind, sofern sie nicht gerade schwul wie in Brokeback Mountain sind. Niemand konnte sich vorstellen,

Das Spiel kann nicht vom abebbenden Piratenboom profitieren. Das Prinzip ist einfach zu altbacken, es fehlen frische Ideen.
dass je wieder ein echter Piratenfilm gedreht wurde. Dann schlug Fluch der Karibik ein und alles wurde anders. Auf die Welt der Games ist das nur zum Teil übertragbar, da Spiele wie Pirates! oder Monkey Island dafür sorgten, dass Seeräuber stets ein Thema waren. Natürlich wurde der Film mit Jonny Depp auch versoftet, wofür wiederum Akella sorgte.

Nach Fluch der Karibik 2 und der Neuauflage von Pirates! hat die Seeräuberwelle allerdings ihren Zenit überschritten. Die versammelte Marketingmaschinerie hat es wieder einmal übertrieben, weshalb viele inzwischen die neue Lust an dem Thema der Freibeuter verloren haben. So schafft es Age of Pirates nur bedingt, mich an den Rechner zu locken, um abermals den Jolly Roger zu hissen. Obwohl der bei Playlogic erschienene Genre-Mix ein gehöriges Maß an Freiheit bietet, wie ihr an Flotte, Ruhm und Geld gelangen wollt. Als Pirat, Händler oder Sklaventreiber.

Viel Bewährtes

Das Spiel beginnt wie alle Rollenspiele mit der Auswahl eures Charakters, der immerhin auch weiblich sein kann. Ansonsten gibt es kaum was zu bestimmen, da typische Attribute wie Fechten, Handelskunst oder Navigation bereits feststehen. Wie ihr den Kapitän im Spiel ausbaut, liegt in eurer Hand, da ihr die Erfahrungspunkte nach dem Aufstieg selbst verteilen dürft. Hinzu kommen Spezialfähigkeiten wie etwa leichtes Lernen. Euer Geschick könnt ihr auch durch das Anheuern von Offizieren verbessern, die in der Taverne warten jedoch teuer sind. Teuer sind auch die bessere Waffen, Fernrohre und Ausrüstung, die ihr für euren Piraten erwerben könnt.

Da steht ihr nun mitten in der schmucken 3D-Siedlung der Kolonialzeit des 17. Jahrhunderts und wisst

Pirat in der üblichen Leveltretmühle aus Ausrüsten, Kapern und Verkaufen.
nicht recht, was ihr anfangen sollt. Doch wer schon einmal ein solches Spiel gespielt hat, wird sich dunkel erinnern. Es geht eigentlich immer um dasselbe: Mannschaft anheuern, Schiff ausrüsten und Kaperbrief holen. In See stechen, Schiffe ausplündern und Ladung verchecken. Alles schon gesehen und hundert Mal gespielt, auch wenn ihr dieses Mal noch schmuggeln und mit Sklaven handeln könnt. Hilfreich sind die Leute mit Ausrufezeichen auf dem Kopf, die Tipps für euch parat haben. Ein Tutorial fehlt allerdings.

Dafür gibt es einen Multiplayer übers Internet oder LAN, bei dem ihr gegen andere menschliche Freibeuter antreten könnt. Leider krankt das Spielen im Internet wieder mal wie so oft bei kleinen Titeln daran, dass es kaum Spielpartner gibt, die sich mit euch auf See wagen wollen. Das Ganze hinterlässt daher eher den Eindruck einer Alibifunktion, die man halt haben muss.

                    

Auf hoher See

Obwohl ihr zu Beginn den Schwierigkeitsgrad mit vielen Faktoren wie Größe der Siedlung oder Aggressivität der Gegner festlegen könnt, sind die

Die Kämpfe auf See sind keinesfalls einfach zu bewältigen; die Gegner geben sich beinhart. 
ersten Kaperfahrten gar nicht einfach. Hier überleben nur alte Seehasen: Ihr habt nur ein kleines Schiff mit wenig Kanonen, wenig Leuten und der Ozean ist riesig. Zudem mangelt es euch an Erfahrung, weshalb ein Treffen mit Piraten meist auf dem Meeresgrund endet, da die Gegner oft gleich mit mehreren Segelschiffen aufkreuzen. Erst später, wenn ihr eine Flotte mit bis zu 15 ausgewachsenen Schiffen euer Eigen nennt, habt ihr leichteres Spiel.

Die Seekämpfe sind ein schwer zu meisterndes Zusammenspiel aus Navigation, Kanonendonner und Fechtkampf. Gefeuert wird nur in der Egosicht des Kapitäns vom Deck aus, was zunächst gewöhnungsbedürftig ist, da es bei Pirates! noch anders war. Damit ihr hier trefft, müssen eure Kanoniere rechtzeitig nachladen, Winkel und Entfernung müssen stimmen. Es gibt verschiedene Munition wie Kugeln, Schrot oder Knippel. Navigieren solltet ihr besser aus der 3rd-Person-Perspektive oder aus der Vogelsicht von ganz oben, da ihr hier denn Überblick behaltet.

Mangelndes Eigenleben

Die mangelnde Motivation ist nicht alles, was Age of Pirates abgeht. Es fehlt auch eindeutig an Lebendigkeit, wie sich in erster Linie in den Städten zeigt. Leider ist es nicht so wie bei Gothic, dass

Wieso geht's da nicht weiter? Öfter als euch lieb ist, stoßt ihr auf künstlich angelegte Sackgassen.
hier glaubwürdige Bewohner durch die Straßen laufen und ihrem Tagewerk nachgehen. Vielmehr sind es ziellos umherirrende NPCs, die auch nichts zu sagen haben. Es gibt die paar Läden und das war's dann schon. Immer wieder stoßt ihr an Grenzen wie Türen, Fässer oder Zäune, an denen es nicht weitergeht. Immerhin schließen die Geschäfte irgendwann, so dass nur noch der Gang in die Hafenkneipe bleibt, wo ihr auch Karten spielen könnt.

Leider ist es gar nicht einfach, die NPCs anzuvisieren, wofür ihr meist mehrere Anläufe braucht. Ist er erst einmal in die Ecke gedrängt, will er sich schon mit euch unterhalten. Hat er einen Auftrag für euch, könnt ihr ihn annehmen. Fortan signalisiert euch ein Fragezeichen über seinem Kopf, dass hier eine Quest wartet. Eine Story ist nur fragmentarisch vorhanden und sie entwickelt sich auch nicht so recht fort. Zudem ist es wieder mal die Story von der versprengten Familie, die ihr schon bei Pirates! einsammeln musstet. Fällt den Entwicklern denn gar nichts Neues mehr ein? So fehlt der auch Ansporn, das Spiel aus diesem Grund weiterzuspielen.

Seeräuber-Kulisse?

Rein äußerlich betrachtet bewegt sich Age of Pirates im Mittelfeld.

Auf der Weite des Meeres gibt es ein paar optische Highlights.
Die Grafik in der Stadt ist zwar nur durchwachsen, aber auf See überzeugt die 3D-Darstellung dann schon mehr. Hier gibt es mit Gischt gekrönte Wellen, unterschiedliches Wetter und Tag- und Nachtwechsel. In der Nahansicht der zeitgenössischen Schiffe könnt ihr den Matrosen bei ihrem Handwerk zusehen, sie klettern auch ansatzweise in die Takelage. Leider sind die Einschläge der Kanonenkugeln aus allernächster Nähe aus betrachtet eher ein Witz, da die Fetzen unnatürlich durch die Luft fliegen. Filmische Zwischensequenzen sind eher eine Seltenheit.

Die Musik klingt vertraut, als wäre sie schon in so manchem anderen Piratenspiel gelaufen. Geräusche wie Knarren von Planken, Flattern der Segel oder Explosionen sind eher selten. Ebenso sporadisch gibt eine deutsche Sprachausgabe, die wirklich nur die allernötigsten Sätze von sich gibt.

          

Fazit

Spielt ihr Age of Pirates: Caribbean Tales, könntet ihr glatt meinen, dass sich seit Pirates! und Fluch der Karibik nichts getan hat. Ist das wirklich ein neues Spiel? Es fühlt sich an, als wäre es schon Jahre alt. Alles ist wie immer: Die tägliche Tretmühle des Piratenalltags aus Ausrüsten, Plündern und Verkaufen, die geklaute Story, bei der ihr einmal mehr eure Familie zusammenklauben müsst, Schätze dafür bekommt und die nicht in Fahrt kommen will sowie die barocken Kolonien in der Karibik, deren 3D-Darstellung sinnlos ist, da sie nur die übliche Hand voll Gebäude bietet. Überall stoßt ihr an sichtbare und unsichtbare Grenzen, was den Entdeckerdrang gänzlich ausbremst. Der Multiplayer ist zwar vorhanden, aber für die Katz, da es keine Mitspieler im Internet gibt. Optisch bietet es nur auf See Highlights, die frustrierenden Kämpfe sind aber nur etwas für echte Seebären. Wer sehnsüchtig auf den x-ten Aufwasch des Klassikers Pirates! wartet, der kann sich Age of Pirates ansehen. Alle anderen sollten lieber einen großen Bogen um das flaue Spiel schippern…

Pro

Beruf frei wählen
Freiheit bei der Charakterentwicklung
schöne Darstellung auf See

Kontra

nichts Neues
lahme Story
Orte wirken kaum belebt
zu viele Grenzen
Anvisieren der Personen schwer
schwere Seeschlachten
Landgrafik nur Mittelmaß
Starforce-Kopierschutz
kaum Online-Spieler
kaum Sprachausgabe

Wertung

PC

Die Macher sollten echt einen Preis für Innovationsarmut bekommen.

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