Reise zum Zentrum des Mondes15.11.2005, Bodo Naser
Reise zum Zentrum des Mondes

Im Test:

Habt ihr Lust auf einen kleinen Trip zum Mond? Allerdings ohne jeglichen Hightech-Schnickschnack, denn eure Reise zum Mittelpunkt des Mondes startet vor ungefähr 140 Jahren auf der Erde, als Jules Verne seine fantastischen Romane schrieb. Dafür gibt es Entdeckerfeeling, eine geheimnisvolle Umgebung und viele kniffligen Rätsel, die auf ihre Entschlüsselung warten. Ob das Point&Click alter Schule etwas für euch ist, erfahrt ihr im Test.

Ritt zum Mond

Das Adventure wirft ein Licht auf die interessante Frage, wie sich Jules Verne einen Trip zum Mond vorgestellt hat.
Wie sieht es auf der Oberfläche des Mondes aus? Was für eine Frage, denn heutzutage wissen wir es dank NASA & Co - kahl, staubig, ohne Vegetation oder Luft. Aber wie hat man sich den fahlen Erdtrabanten im 19. Jahrhundert vorgestellt? Die Vorstellungen waren wohl eher romantischer Natur, wie etwa der Mythos vom Mann im Mond nahe legt. Und wie kommt ein Mensch dort hin? Auf einer Kanonenkugel natürlich, denn das war Hightech zu jener Zeit. Allerdings nicht wie Baron von Münchhausen darauf reitend, sondern hübsch im Inneren der riesigen Kapsel, die von der Erde abgeschossen wurde. So beschrieben von einem der ersten Science-Fiction-Autoren Jules Verne in den Romanen Von der Erde zum Mond (1865) und Reise um den Mond (1870). Seine Zukunftsvision erzählt recht genau das, was dann bei der ersten Mondlandung tatsächlich geschah.

Spannender Anfang

Reise zum Zentrum des Mondes (ab 10,00€ bei kaufen) beginnt furios, denn ihr befindet euch sogleich mittendrin. Genauer gesagt in der überdimensionierten Kanonenkugel auf dem Weg zum Mond, in der euer Held, Michel Arden, aus seiner Bewusstlosigkeit erwacht. Was ist geschehen? In schwarz-weiß gezeichneten Rückblenden im Stil der Epoche erfahrt ihr die Geschichte der wissenschaftlichen Expedition, die sich an Vernes Romanen orientiert. Leider sinkt aber die Sauerstoffkonzentration in der Metallkapsel, weshalb ihr euch rasch etwas einfallen lassen müsst. Wer zu lange braucht, dem droht der qualvolle Erstickungstod. Verdampft ihr ein chemikalisches Pulver, geht es dem Forscher gleich wieder besser. Dann jedoch bemerkt ihr, dass eure Begleiter mitnichten schlafen, sondern mausetot sind. Welche Dramen haben sich im Inneren der Kugel zugetragen, während ihr bewusstlos wart?

Später Rätselknacker

Die zunächst spannende Mondreise mündet in den üblichen Rätselteil, bei dem ihr auch mysteriöse Zeichen entschlüsseln müsst. 
Auf dem Mond angekommen geht der anfängliche Schwung leider ziemlich verloren, da Reise zum Zentrum des Mondes rasch zum stinknormalen Adventure mutiert. Es spielt zwar in einer höchst fantastischen Umgebung, die von höchst seltsamen wie bunten Geschöpfen bewohnt wird, jedoch sind die Rätsel eher konventionell und kompliziert. Hier sind Rätselknackerqualitäten gefragt: Oft geht es darum, die richtige Kombination für einen Apparat herauszufinden, wozu ihr erst einmal die mysteriöse Zeichenschrift der Mondbewohner lernen müsst. Bisweilen müsst ihr einen Gegenstand anbringen, den ihr zuvor dem unübersichtlichen Inventar entnommen habt. Trotz der hilfreichen Kommentare des Helden ist es oft nicht ganz einfach überhaupt rauszufinden, was ihr überhaupt tun sollt. Das Adventure wirkt insgesamt nicht so streng linear, da euch oft die Reihenfolge der Rätsel überlassen bleibt, was aber auch schon alles an Freiheit ist

             

Leben auf dem Mond

Das Inventar besitzt verschiedene Funktionen und ist eher umständlich angelegt.
Ein paar Besonderheiten gibt es dann doch noch zu entdecken, so könnt ihr eurem Helden beispielsweise etwas zu essen und zu trinken machen. Schon im Raumschiff gibt es Dosenfutter und Wasser für die lange Reise. Im Inventar könnt ihr dazu auch Gegenstände kombinieren, wodurch ganz neue Dinge entstehen. Ihr müsst für Arden ein Mus aus verschiedenen seltsamen Früchten kochen, das ihm die Sprungkraft eines Kängurus verleiht. Nur so könnt ihr auf dem Mond über tiefe Abgründe springen, was eine der wenigen Actioneinlagen ist, die allerdings keine große Herausforderung darstellt. Luft gibt es übrigens auch auf dem fiktiven Mond, da tagsüber Stoffe freiwerden, die dann das Atmen ermöglichen. Wenn das unserer Astronauten gewusst hätten, hätten sie keine schweren Raumanzüge einzupacken brauchen. Eher zufällig entdeckt ihr schließlich, dass es auf dem Mond noch intelligentes Leben geben muss.

Rendergrafik

Das Adventure wurde ganz ansehnlich von Entwickler Kheops umgesetzt, was in erster Linie an der bunten Rendergrafik liegt. Die Umgebung, die Pflanzen und Außerirdischen sehen richtig merkwürdig aus, wie es sich für ein fantastisches Abenteuer dieser Art gehört.

Die Wesen, auf die ihr trefft, sind mehr als fantastisch.
Das Fehlen einer 3D- Darstellung ist natürlich nicht mehr zeitgemäß, was aber eher nicht so sehr ins Gewicht fällt. Gut passt dazu, dass die Apparate, Kleidung und Ausrüstung den Touch des 19. Jahrhunderts bekommen haben. Arden trägt Frack, Weste und Zylinder, statt futuristischem Raumanzug. Ebenfalls passend sind die schwarz-weißen Zeichnungen, die immer wieder wichtige Schlüsselszenen illustrieren. Es gibt aber auch bewegte Bilder, die als Zwischensequenzen überleiten, etwa wenn ihr auf dem Mond landet.

Wenig Sound

Die akustische Kulisse ist eher durchwachsen. Die Erkennungsmelodie erinnert an Jahrmarktmusik, was vom Stil nicht so sehr passt, da es eigentlich kaum etwas zu lachen gibt. Vielleicht soll so der kindliche Drang zur Entdeckung geweckt werden. Geräusche sind Mangelware, so dass die Monsterpflanzen eine Tonfolge von sich geben, als wäre es ein Musical für Kinder. Es gibt zwar eine deutsche Sprachausgabe, diese klingt aber weniger professionell. Der Erzähler besitzt einen französischen Akzent, der sich eher improvisiert anhört und nicht gerade von Qualität zeugt. Ansonsten wurde das Spiel aber fehlerfrei ins Deutsche übersetzt.

      

Fazit

Alles fängt so spannend an: Ihr erwacht in einer durchs All rasenden Kapsel und müsst mir ihr auf dem Mond landen. Schade, dass diese fulminante Sequenz irgendwann endet, denn dann verflacht das Adventure zur reinen Knobelei. Wer auf knifflige Rätsel steht, wird hier bedient. Die Bedienung, insbesondere des viel zu groß geratenen Inventars, ist jedoch weniger gelungen. Auf dem Mond herrscht dann eher Verwirrung denn Spannung, da hier ein roter Faden fehlt. Optisch setzt das solide umgesetzte Abenteuer keine großen Akzente, obwohl die Mondumgebung fantastisch aussieht. Kurzum: Da hätte durchaus mehr draus werden können - so ist es nur ein französisches Adventure unter vielen.

Pro

orientiert sich an Jules Verne-Romanen
spannender Beginn
Rätsel satt
nicht ganz so linear
fantastische Umgebung
viel Zeitkolorit

Kontra

schwere Rätsel
Ratlosigkeit angesichts der Aufgaben
unübersichtliches Inventar
nervige Zeitbeschränkungen
unprofessionelle Sprachausgabe
kindische Jahrmarktmusik

Wertung

PC

Der spannende Beginn wird leider zugunsten einer 08/15-Rätselei verschenkt

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