Im Test:
Mitten im Krieg
Ein Gewitter liegt in der Luft. Unnatürliche Blitze zucken am Himmel, während eure Soldaten durch eine Stadt in der Normandie schlendern. Alles scheint ruhig und friedlich - mehr Schein als Sein: Ein deutscher Trupp kreuzt am Ende der Straße! Sofort gehen eure US-Soldaten in Stellung, starten das Sperrfeuer und zwingen die Feinde in Deckung zu verharren. Die Team-Kollegen nageln die Gegner fest und ihr macht euch höchstpersönlich
auf den Weg das Gefecht zu beenden. Zwischen den Häusern zwängt ihr euch durch eine Gasse und durchstreift Gärten, bis ihr in die Nähe der feindlichen Position kommt. Jetzt um die Ecke schleichen und abdrücken! Vier saubere Schüsse später herrscht vorerst Ruhe, bis urplötzlich mehrere MG-Salven neben euch einschlagen und euch Dreck ins Gesicht spritzt. Ab in Deckung, Lage sondieren…Der vollständig ausgefüllte graue Kreis zeigt an, dass die Feinde komplett unter Sperrfeuer liegen.
Ein Team aus Waffenbrüdern
Spielern von Road to Hill 30 kommen solche Szenen sicherlich bekannt vor, denn am grundlegenden Konzept hat sich hier nichts verändert: Als frisch beförderter Sergeant, diesmal Joe "Red" Hartsock, schlüpft ihr in die Wirren des Krieges; Hartsock war übrigens ein Nebendarsteller im letzten Spiel und diesmal wird das Geschehen aus seinen Augen erzählt. Sogar mehrere Déjà-vus erlebt ihr, wenn sich die Kampagnen in den Anfangsstunden überschneiden. Je weiter ihr im 16 Missionen währenden Feldzug fortschreitet, desto mehr verlagern sich die Kämpfe vom Land in städtische Gefilde. Zwischen den Missionen schaut Hartsock rückblickend auf die Ereignisse, garniert mit eigenen Eindrücken, was der Geschichte einen gewissen persönlichen Touch gibt und im Vorgänger nur ansatzweise ausgeführt wurde. Weiter ausgearbeitet wurde auch das Zusammengehörigkeitsgefühl: So verstecken manche Soldaten ihre Ängste hinter ausufernder Gewaltsprache, flotten Sprüchen oder heitern den Kriegsalltag mit kleinen Anekdoten auf. Im Großen und Ganzen wirkt die Kampagne dadurch stimmiger und stringenter, trotz einiger Schauplatz-Sprünge.
Ohne Taktik ist es schell vorbei…
Das Szenario des Zweiten Weltkriegs ist von Run&Gun-Shootern der Marke Call of Duty überlaufen ist, aber die Brothers in Arms unterscheidet sich wohltuend von seinen Kriegsgenossen: Realismus und Authentizität stehen im Vordergrund. A
Ist euch mal die Munition ausgegangen, helfen gerne Squad-Mitglieder aus. |
Um zu überleben braucht ihr eure beiden Teams ("Assault" und "Fire"). Mit einem simplen Mausklick erteilt ihr Bewegungsbefehle, bevor sich der Trupp ohne große Wegfindungsprobleme dorthin begibt. Am Zielpunkt angekommen, nehmen eure Kollegen selbstständig eine sichere Position ein und gehen in Deckung. Ansonsten runden die Befehle "Sperrfeuer", "Aufschließen" oder "Sturmangriff" die Kommando-Möglichkeiten ab. Meist gebt ihr den Sperrfeuer-Befehl und schleicht über die Flanke zu den Feinden oder fallt ihnen in den Rücken – seltener kommt der Sturmangriff zum Einsatz, der unbedingt Feuerschutz benötigt. Egal für welche Angriffsart ihr euch entscheidet: ein guter Überblick über Karte und Konfliktherde ist Pflicht. Das Level-Design ist dabei so gut gelungen, dass es fast immer mehrere Lösungsmöglichkeiten für euch gibt. Richtig gehört: Die Linearität wurde größtenteils ausgemustert, so dürft ihr euch z.B. beim Überfall auf eine Kirche frei im Dorf bewegen. Ihr und euer Team habt jetzt mehr Platz im Terrain, was bei etwaigen Artillerie- und Panzerbeschuss dringend erforderlich ist. Apropos Panzer: Eines der bemerkenswertesten Gefechte liefert ihr euch mit einem Stahlkoloss in urbaner Siedlung, bei der massig Gebäude zu Bruch gehen und ihr euch von Trümmerhaufen zu Schutthalde fortbewegen müsst, während der Panzer euch beharkt.
Krauts lernen das Wort "Gegenangriff"
An Intensität gewinnen die Gefechte durch schlauer gewordene Gegner, die sich mit steigendem Schwierigkeitsgrad aggressiver verhalten. Während die Feinde auf "Leicht" selten die Initiative ergreifen, kann es schon mal vorkommen, dass die
Gegenspieler auf einer der höheren Stufen euch unter Sperrfeuer nehmen und selbst über die Flanke attackieren. Bei den Häuserschlachten geht einiges zu Bruch.
Außerdem bewegen sich die Soldaten weitaus häufiger und bei so manchem Flankenangriff laufen sie zunächst wie aufgeschreckte Hühner umher, nur um später erneut in Stellung zu gehen. Die altbekannten und vergleichsweise statischen Kämpfe sind passé: Stattdessen steht Dynamik auf der Tagesordnung, weshalb ihr eure Taktik mehrere Male ändern müsst, bevor es erste Erfolgsaussichten gibt. Solche Gefechte verlangen nicht nur den Ballerfinger, sondern die grauen Zellen: Dabei ist das Spielgeschehen niemals unfair, nur knifflig. Mehrere Anläufe pro Mission solltet ihr einplanen, insbesondere weil es nur ein Checkpointsystem gibt, das euch dazu zwingt eure Kollegen im Auge zu behalten und keine sinnlosen Sturmangriffe mit Verlusten zu riskieren. Solltet ihr des Öfteren an einer gespeicherten Stelle scheitern, zeigt sich das Spiel fair und bietet euch einen Reload mit voller Lebensenergie an. Auch ein gefallener Soldat kann nach der Mission belebt werden.
Skirmish und Multiplayer-Modus
Abseits der Kampagne wartet ein Skirmish-Modus, der sowohl Einzelszenarios und Mehrspieler-Partien (auch kooperativ) erstellt. Spielt ihr alleine, steuert die Computerintelligenz die Feinde bzw. befreundeten Truppen und im Multiplayer werden dann weitere Personen in die Partie einbezogen – entweder im LAN, per Internet (auch Xbox Live) oder Splitscreen (Konsolen). Missionen aus der Kampagne sowie zusätzliche Karten und einige Maps aus dem Vorgänger können im Skirmish-Modus verwendet werden. Wählen dürft ihr zwischen dem »Objective«-Modus mit echten Zielen
für beide Seiten oder ihr spielt gleich den Kampagnen-Einsatz. Bei »Timed Assault« habt ihr eine festgelegte Zeitspanne für den Auftrag und könnt diese ausdehnen, wenn ihr Feinde erledigt – sorgt das Team für einen Kill gibt mehr Punkte. Sehr spaßig ist übrigens die »Defense«-Variante, bei der kontinuierlich stärkere Gegner-Wellen ankommen und ihr die Stellung halten müsst. Auch der normale Deathmatch-Modus aus Road to Hill 30 ist enthalten.Das triste Grau-in-Grau der Städte mit einigen schwachen Texturen trübt die Kulisse.
Grafik ohne große Veränderungen
An der Kulisse hat sich wenig geändert: Nach wie vor überzeugen die fantastisch animierten und gestalteten Charakter-Modelle, insbesondere in Bezug auf Gesichtsdarstellung, Augen und Mimik. Sehen lassen können sich die saftig grünen Wiesen, die hübschen Bäume und sämtliche Spezialeffekte. Kleine Schwächen offenbaren sich in der Stadt, wenn man unter dem monotonen Grau-in-Grau leichte Texturschwächen erkennt. Aber dank vieler zerbombter Gebäude, die übrigens an jeder Ecke einen Feind beherbergen können, kommt eine wirklich bedrohliche und hoffnungslose Kriegsatmosphäre auf, die auch gerade aufgrund der Farbarmut Realismus suggeriert. Dennoch hätte etwas mehr Abwechslung beim Gebäude- und Stadt-Design sicherlich nicht geschadet.
Bombast-Sound
Absolut herausragend und enorm wichtig für die Atmosphäre ist der Sound. Es fängt damit an, dass jede Waffe, so stark sie beim Schießen auch verziehen mag, ein individuelles Knattergeräusch abgibt.
Downloads & Videos zu Earned in Blood:
Download: Single- & Multiplayer-Demo (615 MB)
Download: Patch 1.01 (0,3 MB)
Video: Cutscene (Laufzeit: 1:53 min)
Video: Brotherhood (Laufzeit: 3:41 Min.)
Video: Story (Laufzeit: 2:30 Min.)
Video: Künstliche Intelligenz (Laufzeit: 2:38 Min.)
Video: Multiplayer (Laufzeit: 4:42 Min.)
Video: Coop-Modus USA (Laufzeit: 3:17 Min.)
Video: Coop-Modus Germany (Laufzeit: 3:20 Min.)Und wenn Granaten neben euch einschlagen oder die Feinde mit den Gewehrsalven starten, erwecken diese realistischen Effekte das virtuelle Schlachtfeld zum Leben. In das Grollen des Krieges mischen sich diverse, meist passende Kommentare eurer Mitstreiter. Apropos Sprachausgabe: Die deutsche Synchronisation ist gelungen und selbst die kniffligen persönlichen Gespräche sind angemessen übersetzt. Geschnitten wurde gegenüber der US-Version übrigens gar nichts. Selbst an den teils recht blutigen, aber nicht übertrieben brutalen Gefechten haben die Entwickler festgehalten.
Brothers in Murks (PlayStation 2-Nachtest)
Die PlayStation 2-Waffenbrüder unterscheiden sich inhaltlich keineswegs von den PC-/Xbox-Versionen. Trotzdem gibt es gravierende Unterschiede, die den Spielspaß merklich dämpfen. Angefangen bei der Steuerung: Obwohl die umfangreichen Funktionen sinnvoll auf sämtliche Controller-Buttons verteilt wurden, müsst ihr viel Geduld aufbringen, um das Team durch das
Level zu schicken oder die Situationsansicht zu bedienen. Mit dem grob reagierenden Analog-Stick dauert es einfach viel lange, bis ihr die Kollegen zum gewünschten Zielort geschickt habt. Besonders anfällig für frustrierende Flüchtigkeitsfehler ist dieses Beorderungssystem, wenn ihr mitten in einem Feuergefecht liegt und gleichzeitig den Gegner attackieren und hektisch Bewegungsbefehle verteilen müsst.Auf der PlayStation 2 suchen die Feinde oft keine Deckung, sondern bleiben ungeschützt in der Gegend stehen.
Seltsam ist auch, dass die virtuellen Protagonisten im Vergleich zu den anderen Plattformen merklich an Intelligenz verloren haben. So versagt häufig die Wegfindung eurer Team-Kollegen; es kommt sogar vor, dass sich die normalerweise selbstständigen Mitstreiter keine Deckung suchen, obwohl ihr sie direkt zu einer schützenden Mauer geschickt habt. Viele Feinde haben übrigens einen Röntgenblick und erspähen euch selbst beim Anschleichen über die Flanke. Bei anderen Situationen hingegen machen die Gegner gar nichts - solche Ausrutscher waren auf PC und Xbox die Ausnahme, treten bei der Sony-Konsole auffällig öfter auf. Tja und weil das Brothers in Arms-Gameplay von der KI lebt bzw. nur deswegen überhaupt Taktik-Manöver möglich sind, mutieren die PlayStation-Brüder eher zu einem Actionspiel – ein Taktik-Shooter ist es definitiv nicht.
Szenario light
Hinter den horrenden PS2-Ladezeiten verstecken sich zwar hübsche Charakter-Modelle, mehr jedoch nicht. Die restliche Kulisse ist furchtbar spärlich und eckig. Während auf dem heimischen Rechenknecht unzählige Gräser den Boden verzierten, klebt auf der PlayStation 2 lediglich eine grässlich verwaschene Teppich-Textur. Nur wichtige Level-Objekte (Deckungsmöglichkeiten) sind vorhanden – viele nette Randobjekte fehlen. Dies führt dazu, dass ihr meist über lichte Felder oder durch dröge Straßen lauft und euch die teils unrealistischen Level-Begrenzungen förmlich ins Auge springen. Hinzu gesellen sich streckenweise auftretende Probleme mit der Sprachausgabe, so manch NPCs wollte nicht anfangen zu plappern; stattdessen herrscht Stille. Dies knabbert ordentlich an der Kriegs-Atmosphäre, die mit tollen Sound-Effekten und der farbarmen Inszenierung, nur noch befriedigende Ausmaße annimmt.
Trotz gescheiter und abwechslungsreicher Modi könnt ihr den PS2-Multiplayer gleich vergessen, denn mit nicht richtig funktionierenden KI-Soldaten, schwacher Wegfindung, ewigen Ladezeiten und der Spargrafik kommt selbst im Mehrspieler-Modus kein wirklicher Spielspaß auf.
Fazit
Brothers in Arms: Earned In Blood ist wie Road to Hill 30 ein spannendes Kriegepos, das ganz im Gegensatz zu anderen Weltkriegs-Shootern wie Call of Duty auf ein authentisches Erlebnis setzt. An vorderster Front stehen nämlich Taktik, echtes Teamplay und eine gewisse Ruhe anstatt eines schnellen Ballerfingers. Im Alleingang könnt ihr nichts gewinnen und dank der prima KI verhalten sich eure Kollegen sowie Gegner glaubhaft. Die Intelligenz der Feinde stellt die größte Verbesserung zum Vorläufer dar, da die Gefechte wesentlich dynamischer und abwechslungsreicher verlaufen. Ansonsten hat sich am ohnehin gelungenen Gameplay wenig verändert und der Titel "Brothers In Arms 1,5" hätte auch gepasst. Eine gute Ergänzung ist zweifelsohne der Skirmish-Modus, der sogar kooperative Multiplayer-Missionen erstellt. Neben dem Fehlen echter Neuerungen gibt es außer städtischen Grafik-Schwächen und der vielleicht etwas kurzen Kampagne nicht viel anzukreiden. Und trotz der kurzen Entwicklungszeit darf das Spiel keinesfalls als Schnellschuss von Gearbox abgestempelt werden, denn dazu ist Earned In Blood einfach viel zu komplex. Daher gilt: Wenn euch Brothers in Arms: Road to Hill 30 gefallen hat oder ihr ein taktisches Kriegserlebnis sucht, werden euch die Earned In Blood-Gefechte sehr gut gefallen.
PlayStation 2-Nachtest: Während die PC- und Xbox-Versionen im Glanze der 85er-Wertung stehen, liegt die PlayStaion 2 abgeschlagen im Graben. Kein Wunder: Mit massiven KI-Aussetzern funktioniert das ambitionierte Taktik-Gameplay nicht mehr, was das Spiel zu einem lahmen Ego-Shooter degradiert. Eine schwache Grafikkulisse, lange Ladezeiten und ein verkorkster Multiplayer-Modus erzeugen letztendlich den Eindruck, dass die PlayStation 2 mit diesem Spiel überfordert wird.
Pro
Kontra
Wertung
PC
XBox
PlayStation2
Toller Team-Taktik-Shooter mit viel Realismus, aber wenig echten Neuerungen.
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