Supreme Commander14.02.2007, Marcel Kleffmann
Supreme Commander

Im Test:

Fast schon großspurig bewarb Chris Taylor sein neues Strategie-Schätzchen auf der E3 2006: "Supreme Commander (ab 7,09€ bei kaufen) wird die Strategie zurück in das Echtzeit-Strategie-Genre bringen!" Sprüche dieser Art zerplatzen schnell wie Seifenblasen. Neugier und Skepsis begleiteten uns in den finalen Testkämpfen. Kann er das Versprechen einhalten? Und welche Art von Strategie ist gemeint?

Groß, größer, Supreme!

Stellt euch ein 20 x 20 Kilometer großes Schlachtfeld durchzogen von Flüssen und Gebirgen vor: Meine Basis liegt mittig im Osten, der Feind siedelt südlich auf der anderen Seite, wie mir der ausgebaute Omni-Ray-Sensor mitteilt. Dank des Radars erspähe ich eine große Ansammlung von grauen Icons auf der Karte, die Einheiten oder Bauwerke außerhalb meiner Sichtweite symbolisieren. Auf einmal bewegen sich zwei Dutzend Objekte in meine Richtung. Was kann das sein? Jäger, strategische Bomber oder sind es Schiffe, welche die engen Wasserstraßen nutzen oder gar amphibische Panzer? Das Tempo der Angreifer lässt Lufteinheiten vermuten. Zur Sicherheit ziehe ich meine zehn Fregatten und Kreuzer in eine beschützende Position vor mein Heiligtum, schließlich soll der Gegner meine Masse und Energie produzierenden Bauwerke nicht vor die Kanonenrohre bekommen.

Der Angriffsverband kommt in Sichtweite und es bewahrheitet sich die Vermutung: Es sind rund 20 Abfangjäger sowie ein Dutzend Bomber und Gunships. Solch eine Streitmacht ist in der Anfangsphase gar nicht zu verachten, aber elf Flak- Geschütze im Verteidigungsperimeter holen die völlig erfolglosen

Mehrere Tech 3-Ingenieure werkeln gemeinsam an einem Nuklearwaffen-Silo (Nahansicht - oben).

Aus der globalen Ansicht (unten) wirken die mit einem "E" gekennzeichneten Baueinheiten winzig.

Angreifer in Windeseile vom Himmel. Und wie zahle ich dem Gegner diese versemmelte Attacke heim? Antworte ich mit einer Artillerie-/Panzer-Armada, dem großen Schlachtschiff oder gar dem Nuklearschlag? Letzterer könnte allerdings in die Hose gehen, wenn der Feind eine Atombomben-Abwehrzentrale hat und gegen eine U-Boot-Armada hilft das beste Schlachtschiff nichts. Fragen über Fragen stellen sich dem "Supreme Commander" und ich setze diesmal auf einem Angriff von der Wasserseite&

Der strategische Ansatz

Supreme Commander von Chef-Designer Chris Taylor (u.a. Dungeon Siege) macht vieles anders als die Echtzeit-Strategie-Konkurrenz - und vieles davon erstaunlich gut. Insbesondere die Größendimensionen spotten jedem Vergleich, da ihr auf Schlachtfeldern mit bis zu 40 Kilometer Seitenlänge kämpft. Nicht gerade langsam fliegende Bomber brauchen bei diesen Dimensionen mehrere Minuten, um ihre explosive Fracht an der anderen Ecke abzuliefern - bei den Bodeneinheiten wie dem Commander (oder ACU: Armored Commander Unit) dauert dies weitaus länger. Damit ihr den Überblick in der Gigantomanie nicht verliert, haben sich die Entwickler die wohl beste Zoom-Funktion in einem Strategiespiel ausgedacht. So könnt ihr eure Panzer aus nächster Nähe anschauen und anschließend mit dem Mausrad dermaßen weit rauszoomen, dass ihr die vollständige Karte auf dem Monitor seht. Natürlich wäre der Panzer viel zu klein und unbedeutend, um aus großer Höhe erkannt zu werden und deswegen werden alle Einheiten und Gebäude ab einer gewissen Zoomstufe automatisch durch "strategische Icons" ersetzt. Flak-Geschütze oder mobile Luftabwehr-Einheiten werden mit einem hügeligen Symbol versehen, während Bomber als Dreiecke mit breiter Basis und Abfangjäger als spitzes Dreieck dargestellt werden - ein durchdachtes System!   

Der Clou daran ist nicht nur die geschaffene Übersicht, sondern dass ihr aus größter Entfernung problemlos Befehle erteilen könnt. Neben Baubefehlen in allen Fahrzeug-Fabriken auf der Karten und den obligatorischen Marschbefehlen - mit gleicher Fortbewegungsgeschwindigkeit bei unterschiedlichen Einheitentypen und mehreren Formationsmodellen - könnt ihr mit wenigen Mausklicks sinnvolle Patrouillenrouten erstellen und die Eckpunkte der Route lassen sich jederzeit verschieben. Klingt kompliziert und schwer erlernbar? Ist es nicht!

Obwohl die Einheiten in der Nahansicht recht steril und "einfach" aussehen, punkten letztendlich die großen Massen an der Grafik-Front.
Die Steuerung des Zooms ist intuitiv und geht nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über: Mit dem Mausrad zoomt ihr heraus und wenn ihr den Mauszeiger auf der Karte platziert und das Mausrad in die andere Richtung bemüht, wird dieser Abschnitt vergrößert. Da bisher kein Echtzeit-Strategiespiel mit ähnlichen Größendimensionen gespielt hat, ist ein bisschen Eingewöhnungszeit erforderlich.

Kompromissloses Kampfsystem

Die Zoom-Funktion ist das Kernelement und der Schlüssel zur Kontrolle über die verhältnismäßig großen Einheitenmassen und im Gegenteil zu den "Schere-Stein-Papier"-Konsorten ist das Kampfsystem gnadenlos und verzeiht keine Fehler. War es bei Dawn of War, Earth 2160 oder neulich in War Front möglich, die Kampfmechanik auszuhebeln, indem ihr haufenweise Einheiten vom gleichen Typ produziert und damit den Gegner überrennt, könnt ihr solche Aktionen bei Supreme Commander vergessen. Greift ihr zum Beispiel mit 30 Gunships (Tech-Level 2, vergleichbar mit einem Kampfhelikopter) eine Basis mit passabler Luftverteidigung an, werden die Truppen konsequent vernichtet, wahrscheinlich ohne einen Gegner zerstört zu haben. Ohne vorherige Aufklärung einer Schwachstelle oder etwaiger ungeschützter Bereiche ist ein Angriff zum Scheitern verdammt. Gleiches gilt für Panzerrushs in der Anfangsphase, die vom Commander in lächerlich kurzer Zeit pulverisiert werden. Um letztendlich siegreich zu sein, müsst ihr das zu Grunde liegende Kampfsystem verinnerlichen, in längst vergessenen strategischen Gefilden denken und Spezialfähigkeiten geschickt einsetzen. Solltet ihr den geistigen Vorgänger "Total Annihilation" nicht kennen, könnt ihr eine harte und lange Lernzeit einplanen, vor allem Mehrspieler-Partien gegen geübte Spieler enden meist in totaler Vernichtung mit der Extraportion Frust.

Erst Strategie dann Taktik

Mit den Größendimensionen kommen lange vergessene strategische Gedanken aus dem Hinterkopf hervor sowie die brennende Frage: "Was macht mein Gegner?" Wird er zu taktischen Kurzstreckenraketen greifen, die Lufthoheit ausnutzen, eine Schiffsflotte aufstellen, die experimentellen Supereinheiten hochziehen, Atombomben verwenden oder sich voll und

Die Reichweiten aller Verteidungsanlagen lassen sich per Knopfdruck einblenden (auch einzeln möglich). Der große gestrichelte rote Kreis ist übrigens die "Tech 2"-Artillerie. Das nächst größere Geschütz könnte die ganze Karte erreichen...
ganz auf seine Verteidigung konzentrieren? Alle Denkmodelle sind möglich, können zum Sieg führen oder entsprechend beantwortet werden. Setzt euer Gegenspieler beispielsweise auf Schiffe, könnt ihr mit U-Booten, Torpedobombern oder Riesenreichweiten-Artillerie kontern. Kommen Atombomben ins Spiel, hilft die Anti-Nuklearraketen-Batterie und selbst Dutzende von anfliegenden Kanonenbooten (Gunships) lassen sich mit mobilen oder stationären Luftabwehrgeschützen vom Himmel putzen. Da ihr niemals hundertprozentig wisst, was der Feind plant, müsst ihr euch ebenfalls für einen Weg entscheiden, allein weil die Konstruktion der ultimativen Vernichtungseinheiten lange dauert. Es kann daher vorkommen, dass ihr eine Riesenroboterspinne baut und der Gegner auf Bodeneinheiten setzt. Das wäre Pech für den Feind, andererseits könnte euch die Konkurrenz auf dem falschen Fuß erwischen und die Spinne aus der Luft aushebeln. Aufklärung spielt also eine große Rolle, vor allem in der Anfangsphase, wenn man die Basis nicht mit einem Tarnfeldgenerator verstecken kann. Gold wert ist ebenso das anfangs beschriebene Radarsystem, das sämtliche Einheiten in Sensorreichweite als graue Objekte markiert (und damit von der Artillerie angreifbar macht), trotzdem wisst ihr nicht, ob es Schiffe, Flugzeuge oder Fahrzeuge sind - sogar bei Wasserflächen kann man sich nicht in Sicherheit wiegen, da es amphibische Panzer gibt und Ingenieure oder Riesenspinnen tauchen können. Für weiteren Tiefgang sorgen Einheiten mit Radarblockierungs-Möglichkeit oder Fahrzeuge, die falsche Sensordaten aussenden. 

Schach lässt grüßen

Abseits der strategischen Vorausplanung, die an Schach erinnert, müsst ihr das Gelände mit in die Planung einbeziehen, weil nicht alle Einheiten über Berge schießen können - obwohl es manche KI-Einheiten blöderweise vehement versuchen - und auf eine Kombination aus Feuerkraft und Spezialfähigkeiten setzen. Eine gesunde Beimengung aus Flugabwehr bei einer Panzerarmee ist lebensnotwendig und ohne U-Boote oder U-Bootjäger sind Wasserflächen ein gefährliches Pflaster. Viele

Supreme Tactics für Fortgeschrittene

- Mit den Lufttransportern lassen sich völlig automatische Transporte organisieren. So könnt ihr frisch produzierte Truppen ohne weiteres Zutun an die Front bringen.

- Die einblendbare Mini-Karte verfügt ebenfalls über die Zoom-Funktion.

- Der Spielausschnitt kann in der Mitte geteilt werden. So könnt ihr einen Punkt immer genau beobachten und mit der anderen Hälfte alles steuern. Habt ihr zwei zufälligerweise zwei Bildschirme am Rechner angeschlossen, könnt ihr Supreme Commander an den beiden Monitoren spielen.

- Intelligentes Formationssystem (an Land: Panzer vorne, Artillerie hinten, FLAKs dazwischen - im Wasser: Schlachtschiff in der Mitte, alle anderen Schiffe wie Zerstörer oder U-Boote kreisförmig als "Schutzschild" um das Schlachtschiff herum)

- Wollt ihr alle Einheiten über mehrere "Bildschirme" verteilt auszuwählen, werden automatisch alle Konstruktionseinheiten abgewählt.

- Ihr könnt zusätzlich einen Sub-Commander rufen, der in eurer Hauptbasis abgestellt werden kann und Gebäude repariert. Wird dann ein Bauwerk zerstört, macht sich der Sub-Commander automatisch an die Arbeit und errichtet es neu.

- Commander und Sub-Commander können mit Upgrades versehen werden, z.B. Bau-Upgrade, Kraftfeld, strategischen Raketenwerfer, etc.Mechanismen müsst ihr dabei selbst herausfinden, da der taktische und strategische Tiefgang bei Supreme Commander erst dort losgeht, wo bei anderen Spielen alles erreicht ist - dies gilt ebenfalls für die Länge der Partien. Aufgrund der Komplexität der möglichen Angriffs- und Verteidigungsfälle lassen sich Dutzende an mehr oder weniger wirkungsvollen Gegenmaßnahmen einleiten, die man erst erlernen muss, was eine gehörige Einarbeitungszeit voraussetzt. Kleiner Tipp: Das Tutorial solltet ihr zuerst links liegen lassen und mit der ersten Kampagnen-Mission beginnen, da im Feldzug die Anleitung schrittweise vorangeht. Das Tutorial überschwemmt euch hingegen mit tiefer gehenden Informationen, die ihr später braucht wie z.B. die Einrichtung der Patrouillenrouten oder von komplizierten Konstruktionsketten.

Zu allem Überfluss bringt die Physik-Engine ein weiteres unberechenbares Element in die Kämpfe, da alle Schüsse und Projektilflugbahnen in Echtzeit physikalisch korrekt berechnet werden und das Kampfergebnis nicht vorherbestimmt ist.:Langsam fliegende Geschosse haben beispielsweise die Tendenz das Ziel zu verfehlen oder wenn ein Schuss in einem Baum oder an einem Hügel hängen bleibt, hat die gerade geschossene Einheit halt Pech. Hierbei ist entweder der Commander schuld, weil er seine Einheiten an einer ungünstigen Position geparkt hat oder die künstliche Intelligenz, die versucht durch einen Berg zu schießen und den Fehlschlag nicht einsieht. Etwas lächerlich ist es hingegen, wenn ballistische Raketen in einem Berg detonieren und nicht über das Hindernis hinwegzischen.

Drei Fraktionen, wenige Unterschiede

Alle Einheiten aus den drei klassischen Kategorien (Luft, Wasser, Land) werden in den dazugehörigen Fabriken der drei Technologie-Stufen gebaut. Letztendlich habt ihr pro Fraktion die Wahl zwischen rund 40 Einheiten und einer ähnlich großen Gebäudepalette. Dabei unterschieden sich die Fraktionen in den frühen Technik-Stufen kaum. Egal ob UEF, Aeon oder Cybran ihr findet überall Flak-Geschütze, mobile Schildgeneratoren, Angriffsbomber oder Kreuzer, die wohlmöglich mit verschiedenen Waffensystemen (Laser, Geschosse, etc.) bestückt sind, aber die gleiche Funktion haben. Echte Unterschiede gibt es erst bei den Experimental-Einheiten wie die Riesenspinne, die rollende Fahrzeugfabrik mit Riesengeschützen oder den gigantischer Kampfroboter. Diese Gleichheit unter den Fraktionen ist gut für die bisweilen gelungene Spielbalance, lässt die

Kleines Gimmick am Rande: Baut ihr Energie und Konstruktiongebäude ganz nah beieinander, gibt es einen kleinen Bonus - und der Feind freut sich über schön nahe zusammen liegende Ziele.
Individualität der Zerg à la StarCraft oder von den Necrons bei Dawn of War - Dark Crusade vermissen. Im Endeffekt läuft die Aufbauphase bei den drei Parteien nach gleichem Strickmuster ab und deswegen gibt es Abzüge in der B-Note.

Ressourcenabbau live

Für den gepflegten Mehrfrontenkrieg lassen sich alle Gebäude - seien es Fabriken oder Schutzschildgeneratoren - völlig frei auf der Karte platzieren und mit der Shift-Taste dürft ihr komplexe Baufolgen planen, welche die Konstrukteure der Reihe nach abarbeiten - zwanzig Energiekollektoren in einer Reihe sind zum Beispiel eine prima Beschäftigungstherapie für arbeitlose Tech 1-Konstrukteure. Hergestellt werden alle Einheiten in den entsprechenden Fabriken, die ähnlich komplexe Produktionsketten ("1x Panzer, 2x Flugabwehr und 1x Artillerie" und dies unendlich oft) wie bei Earth 2160 abwickeln können. Die bewusst mächtigen Experimentaltruppen bauen übrigens die Tech 3 Ingenieure außerhalb der Fabriken und je mehr Arbeiter an der Konstruktion beteiligt werden, desto flotter geht der Bau voran. Die Infoleiste zeigt darüber hinaus an wie viele Ressourcen bei der Konstruktion pro Sekunde flöten gehen und wie lange das Projekt dauert - eine sehr sinnvolle Funktion für den vorausplanenden Strategen. Für die Riesenspinne braucht ein Ingenieur im Alleingang beispielsweise rund 30 Minuten und auch hier wird deutlich, dass die Schlachten bei Supreme Commander auf längere Zeit ausgelegt sind. Kürzere Scharmützel finden auf entsprechend kleinen Karten statt, meist ohne die effektiven Superwaffen.  

Apropos Ressourcen: Für den Aufbau der Supreme Kriegsmaschinerie benötigt ihr "Masse" und "Energie" - ganz wie beim indirekten Vorgänger "Total Annihilation". Energie wird meist in großen Mengen in Reaktoren oder Kraftwerken hergestellt und an Masse gelangt ihr, in dem Kollektoren auf Massequellen errichtet werden, die auf der Karte vereilt sind. Mit steigendem Tech-Level lassen sich die Kollektoren teuer ausbauen, was ihre Effektivität steigert. Trotzdem lässt sich Energie schneller beschaffen und um das Management dynamischer

Downloads & Videos

Download: Demo (1,04 GB)

Video: E3-Trailer 06 (Laufzeit: 3:59 Min.)

Video: Gameplay 1 (Laufzeit: 4:46 Min.)

Video: Trailer 2 (Laufzeit: 0:45 Min.)

Video: Trailer 3 (720p) (Laufzeit: 1:06 min)

Video: Trailer 4 (Laufzeit: 1:02 Min.)

Video: Chris Taylor (Laufzeit: 4:38 Min.)

Video: Tutorial (Laufzeit: 28:45 Min.)

Video: Multiplayer, Teil 1  (Laufzeit: 2:04 Min.)

Video: Multiplayer, Teil 2 (Laufzeit: 2:05 Min.)

Video: Multiplayer, Teil 3 (Laufzeit: 3:48 Min.)

Video: Multiplayer, Teil 4 (Laufzeit: 4:07 Min.)zu machen, könnt ihr Energie in Masse umwandeln. Dazu lassen sich "Massegeneratoren" bauen, die "40 Energie" in "ein Masse-Teilchen" umwandeln. So einfach und überschaubar das System jetzt klingt, ist es nicht. Energie und Masse können ohne (gewaltig viele) Silos kaum gespeichert werden und deswegen verpufft die Überproduktion im Nichts. Wenn ihr das stetig dynamische System (basierend auf Angebot und Nachfrage) kurzfristig überlastet, kann es dazu kommen, dass die Verteidungs- oder Aufklärungssysteme ohne Energie ersatzlos ausfallen. Auch der Bau von Gebäuden oder Einheiten schlägt stetig zur Last des Ressourcen-Kontos, da kein fester Betrag für das gewünschte Objekt abgezogen wird - hiermit grenzt sich Supreme Commander erneut von den klassischen Echtzeit-Strategiespielen ab. Demnach solltet ihr euch die Struktur der Basis geschickt überlegen, denn kleinere Fehler oder Inkonsequenzen im Aufbau rächen sich schneller als man "Guck mal da kommt ein strategischer Bomber" sagen kann.

Drei Feinde und ihre Kampagnen

Das komplexe Konzept könnt ihr in drei Kampagnen, im Gefecht oder Mehrspieler-Modus durchexerzieren. In den storygetriebenen Feldzügen geht es um die Vorherrschaft in der Galaxis zwischen den drei Streithähnen: UEF (United Earth Federation), Aeon und Cybran. Jede Fraktion kämpft für ihre eigenen Ideale, weshalb es keinen Bösewicht gibt. Die United Earth Federation strebt danach, ihre zahlreichen Kolonien im Universum zu halten oder zu vergrößern, während die fundamentalistischen Aeon-Anhänger zum Schluss gekommen sind, dass Frieden nur geschaffen werden kann, wenn alle anderen Mitbuhler vernichtet wurden. Zu guter Letzt rebellieren die Cybran, das sind von Menschen erschaffene Cyborgs, die als Denk- und Arbeitsmaschinen missbraucht wurden.

Übersicht pur: Drei U-Boote beharken den Gegner im Norden und die Flotte geschützt von Abfangjägern greift von Südwesten her an. Im späteren Spielverlauf verbringt ihr immer mehr Zeit auf der "strategischen Karte" zur besseren Planung.
Jede Rasse darf eine sechs Missionen kurze Kampagne absolvieren, wobei "kurz" relativ ist, da sich jeder Einsatz schrittweise entfaltet und problemlos mehrere Stunden dauern kann. So saß ich runde zwei Stunden am zweiten UEF-Einsatz (Missions-Beschreibung findet ihr in der Vorschau) und war durchaus stolz die sich immer weiterentwickelnden Ereignisse im Griff zu haben, bis der gegnerische Commander in einer gleißenden Explosion verging. Eingeleitet wird jeder Einsatz durch ein schmuckes Briefing in Form einer Konferenzschaltung mehrerer Kommandanten mit animierten Portraits eurer Vorgesetzten. Sogar in den Einsätzen melden sich eure Kollegen zu Wort und weisen auf Veränderungen der Auftragsziele hin. Obwohl die Geschichte um die drei Parteien, mysteriöse Wissenschaftler und Viren in Quantumsprungtoren kein erzählerischer Meilenstein ist, reicht es für unterhaltsame Stunden mit brachialen Schlachten am Kampagnen-Ende. Die gute Präsentation mit den animierten Vorgesetzten sowie schicke Zwischenmeldungen von den Gegnern à la "Konvertiert zu uns" oder interne Spannungen (Kommandant A: "Töten sie die Zivilisten", Kommandant B: "Nein, tut es nicht!" - Pause - Kommandant A ": "Okay, lass sie leben") lockern das Szenario gehörig auf und schaffen Stimmung. Die in der Beta-Version aufgetauchte Galaxiskarte hat in der Kampagne keine interaktive Bewandnis mehr und zeigt lediglich den aktuellen Frontverlauf. 

Überaus beeindruckend sind die stetigen Vergrößerungen der Karte in Verknüpfung mit bemüht abwechslungsreichen Auftragszielen, die sich erst im Verlauf der Mission ergeben: Am Anfang der vierten UEF-Mission sollt ihr eine kleine Basis ausheben und müsst danach vier gesicherte Forschungsanlagen erobern. Weiter geht es mit einem Angriff auf die Hauptbasis bis hin zur Vernichtung des Commanders und der Abwehr mehrere gegnerischer Boden- und Luftangriffswellen. Ist dies geschafft, gilt es ein Forschungszentrum zu erobern und den geretteten Wissenschaftler zum Quantumportal geleiten.

Die gegnerische Horden-KI hat den Commander meines Verbündeten zerstört.
Danach müsst ihr drei Radaranlagen errichten, um den Aufenthaltsort der feindlichen Zielperson zu beschaffen, was der Gegner nicht gerne sieht und die Radaranlagen aus der Luft angreift. Gelingt euch die Verteidigung erscheint die geheime Basis auf dem Bildschirm sowie acht Shuttles, die zu fliehen versuchen, worum ihr euch kümmern dürft und mittendrin stampft die erste Riesenspinne...

Künstliche Intelligenz

Schon in der Kampagne hinterlässt die Intelligenz der Computerspieler einen wirklich guten Eindruck, abseits kleiner Schwächen wie "das gegen den Berg schießen" und leichten Wegfindungsproblemen bei großen Truppenmassen in Geländeengpässen. Im Gegensatz zu den Genre-Kollegen sucht die nicht schummelnde KI (!) gezielt nach Schwachstellen in der Verteidigung und greift nach mehreren gescheiterten Versuchen beispielsweise von der Flanke an oder versucht die Verteidigung mit Lufteinheiten zu umfliegen und dies ohne geskriptete Vorgaben. Warum wir uns da so sicher sind? Weil der Computerspieler sich im Gefecht-Modus genauso clever verhält und Supereinheiten, Riesengeschütze oder Nuklearbomben konsequent einsetzt. Auf den 40 Skirmish-Karten (allesamt fair gestaltet, weil symmetrisch) kommen noch weitere Stärken an die Oberfläche, so agieren zwei verbündete Computerspieler gemeinsam und koordinieren ihre Angriffe auf ein Ziel von unterschiedlichen Seiten und zwar zeitgleich. Zusätzlich könnt ihr Charaktertypen

Das Ende einer Multiplayer-Partie gegen die KI: Die Riesenspinne zerlegt meine Basis, während oben eine Atombombe eingeschlagen ist.
beim Computer festlegen. Da wäre z.B. die Horde-KI, die euch mit aggressiven Angriffswellen unter Druck setzt, während die Tech-KI vorrangig das Tech-Level steigert und die Assassin-KI euren Commander als Ziel hat. Viele KI-Typen sind, besonders auf Land-Karten, eine knackige Herausforderung und lassen selbst gestandene Kommandeure wanken. Außerdem könnt ihr zwischen vier Siegbedingungen wählen: "Zerstörung des Commanders", "totale Vernichtung", "Vernichtung aller Baueinheiten" und "Sandkasten ohne Ende".

Mehrspieler-Modus

Wie im Gefecht können im Multiplayer-Modus bis zu acht menschliche (oder zuschaltbare KI) Commander gegeneinander antreten. Wiederum könnt ihr zwischen den vier Spielmodi wählen und das Einheiten-Limit kann auf stolze 1000 gestellt werden. Bei mehreren Testpartien über den Online-Dienst "GPG.net" mit zwei Horde-KI-Spielern stellten sich erst nach mehr als einer Stunde Lags aufgrund der Einheitenmassen ein, trotzdem war die Partie halbwegs gut spielbar und lief synchron. Das Internet-Matchmaking über den integrierten Zusatzdienst GPG.net funktionierte in den Testläufen weitgehend problemlos, auch wenn die Übersetzung des GPG.net eher ein Krampf ist. 

Fazit

Ist Supreme Commander wirklich so großartig wie es Chris Taylor versprach? Ja, ist es! Ein dermaßen komplexes und clever durchdachtes Echtzeit-Strategiespiel habe ich in den letzten Jahren nicht vor die Nase bekommen. Allein die Größenverhältnisse der Schlachtfelder in Kombination mit der fantastischen Zoom-Funktion grenzen das Spiel wohltuend von der Konkurrenz ab. Hinter dieser Gigantomanie verbirgt sich ein ausbalanciertes und kompromissloses Kampfsystem voller sinnvoller Handlungsmöglichkeiten, die mir eine längst vergessene strategische Vorausplanung abverlangen. Wie beim Schach müsst ihr euch zu Beginn einer Partie überlegen, welchen Angriffs- oder Verteidigungsweg ihr wählen wollt. Kombiniert mit dem dynamischen Wirtschaftssystem stellt Supreme Commander den Spieler vor eine große Aufgabe, die Einsteiger oder Nichtkenner von Total Annihilation anfangs überfordert. Aber das Reinwühlen zahlt sich aus, z.B. wenn die Supereinheiten den Feind im Alleingang pulverisieren. Die Schlachten können sich aber auch problemlos mehrere Stunden dauern, vor allem im Mehrspieler-Modus. Ein Riesenlob hat die Computerintelligenz verdient, die sowohl in der Kampagne als auch im Gefecht eine Herausforderung darstellt und euch ständig auf Trab hält. Obwohl sich die drei Fraktion kaum unterscheiden, die Wegfindung bei großen Truppenmassen etwas überfordert ist und manche Einheiten durch einen Berg schießen wollen, sind es letztendlich die Größendimensionen, die strategische Tiefe sowie die starke KI, die Supreme Commander mit Platin auszeichnen.

Chris Taylor ist back in business. Denn er hat Wort gehalten: Supreme Commander bringt weiträumige und vorausschauende Planung zurück in ein Genre, das sich in den letzten Jahren auf anspruchslose Zerstörungsorgien mit laut explodierendem Schere-Stein-Papier-Gerammel spezialisierte. Hier geht es nicht um schnelle Eroberungen, sondern um kluge Planungen. Vergesst alle gewöhnlichen Taktiken, vergesst Masse statt Klasse oder Tankrushsiege - wir haben uns hier in Gefechten die Zähne ausgebissen, wenn wir mit alten Gewohnheiten attackierten. Wer sich Zeit lässt, um in die weit verzweigten Technologiebäume zu klettern und aus der Distanz der Karte hunderte Einheiten zu befehlen, wird mit einer strategischen Tiefe belohnt, die derzeit ihresgleichen sucht. Man fühlt sich wie ein Schachspieler - jeder Baubefehl gleicht einem Zug, jeder Fehler kann zu einem Matt führen. Man kann sich defensiv einigeln und auf den plötzlichen Schlag der Atomdame setzen, man kann mit Roboterbauern aggressiv expandieren und sich Raum sichern. Supreme Commander ist nicht nur eine komplexe Kampfansage an die Klick&Blöd-Mechanismen des Mainstreams. Es ist auch Ambrosia für Hardcore-Zocker der alten Schule und anspruchsvolle Kommandeure.

Pro

hoher strategischer Tiefgang
phänomenale Größendimensionen
komfortable Zoom-Funktion
große Übersicht trotz Truppenmassen
sehr gute künstliche Intelligenz
Gefecht-KI mit Persönlichkeiten
abwechslungsreiche Kampagne
Land-, Luft- & Wasserkampf
dynamisches Ressourcensystem
Vorausplanung und Strategie
kompromisslos hartes Kampfsystem+ Sicherung gegen Rush-Taktiken
gute Präsentation
animierte Porträts
Automatisierungsmöglichkeiten
sehr gute Spielbalance
gute Performance im Multiplayer+ fulminante Spezialeffekte

Kontra

drei Rassen unterscheiden sich wenig
KI-Schnitzer (sehr selten)
steile Lernkurve
hohe Hardwareanforderungen

Wertung

PC

Durchdachte, riesige Schlachten mit strategischer Tiefe und sehr guter Computer-Intelligenz - auch im Mehrspieler-Modus.

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Kommentare

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LeKwas

Ausnahmsweise ne gute Nachricht anstelle der üblichen Doompostings über Serverabschaltung: Die SupCom Community hat über die Jahre nen Multiplayer Client entwickelt, um den MP des Spiels wiederzubeleben, genannt FAF (Forged Alliance Forever):

https://www.faforever.com/

Es gibt Community Manager, Leader Boards, Tutorials für Einsteiger, Modmanager, Serverbrowser, Matchmaking, Live Replays etc. pp., auch Bugfixes und derlei für das Spiel sind inbegriffen. Es sind dadurch dauerhaft 500 bis 1500 Spieler online und 100 bis 300 Matches werden simultan ausgetragen, von 1v1 bis hin zu neuen Maps mit 6v6. Überdies wurde auch eine neue 5. Fraktion, die Nomads, eingeführt, ebenso gibt es neue, verbesserte KIs (Sorian AI), die sich besser an die jeweilige Map und Situation anpassen.

Supreme Commander ist imho eines der besten RTS aller Zeiten, das sich auch wohltuend von der ganzen sonst so im Genre omnipräsenten Mikromanagement Hektik absetzt und stattdessen mehr den Fokus legt auf langfristiges Taktieren.

Der zweite Teil war leider übler Rotz, in der Hoffnung, es unter anderem mit Blick auf die Hardwareanforderungen konsolentauglicher zu machen und eine größere Playerbase zu gewinnen, wurde es enorm runterskaliert und runtergedummt. Von seiner Einzigartigkeit hat das Spiel dadurch viel verloren, und es ist im generischen RTS-Sumpf völlig untergegangen.

Leider ist die Supreme Commander IP auch bei Square Enix verblieben und nicht mit den anderen rüber zu Embracer / THQ Nordic gewandert.

Zuletzt bearbeitet vor einem Jahr

vor einem Jahr