Adrenalin15.09.2006, Michael Krosta
Adrenalin

Im Test:

Futuristische Strecken, pfeilschnelle Boliden, ausgefallene Waffensysteme, einen Hauch Wirtschaftssimulation und knackige Fahrerinnen, die sich vor allem durch ihre knappen und aufreizenden Outfits auszeichnen: Sorgt Adrenalin (ab 1,98€ bei kaufen) für den ultimativen Kick oder gehört die Extreme Show schnellstmöglich abgesetzt?

Karriereträume

Zwölf Mädels - ein Traum: Mit der Teilnahme an der Adrenalin Extreme Show winken nicht nur Ruhm und eine riesige Fangemeinschaft, sondern auch ein gewaltiger Karriereschub sowie massig Kohle. Dabei finden sich unter den offensichtlich exhibitionistisch veranlagten Damen u.a. eine Nacktbar-Tänzerin, Partygirls und Erotikdarstellerinnen. Selbst Victoria Lopyrewa, die Miss Russland aus dem Jahre 2003, hat es ins Spiel geschafft und will zusammen mit ihren Kolleginnen männliche Hormone in Wallung bringen. Mit Erfolg? Nein, denn die WiBi-Truppe (willig & billig) wirkt von der Rockerbraut im Leder-Outfit bis zur Studentin in knappen Pants durchweg peinlich und versprüht den Charme einer verrosteten Radkappe am Straßenrand. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass

Rempelt ihr zu viel, raucht euer Wagen irgendwann ab.
die pseudo-lasziven Bewegungen der Adrenalin-Girls etwas anderes auslösen können als Lachkrämpfe. Oder Kopfschütteln. Oder vielleicht doch eher Fassungslosigkeit, dass heute noch ein so derartiger Schund produziert wird?

Sex sells

Gut, ich hab mich nach langer Abwägung Not gegen Elend für ein karrieregeiles Dummchen entschieden und mir den erstbesten Flitzer gekauft, den ich mir mit dem anfänglich kleinen Guthaben leisten kann. Was nun? Damit nicht nur nach Rennsiegen der Rubel rollt, haben die Entwickler nach eigenen Angaben eine Wirtschaftssimulation ins Spiel integriert. Diese besteht allerdings nur daraus, dass ihr vor Rennen diverse Verträge abschließen könnt und euch dadurch selbst die Ziele steckt. So müsst ihr manchmal mehrere Rennen hintereinander gewinnen, um die Belohung zu kassieren, die jedoch deutlich höher ausfällt, als bei einem Vertrag, der euch lediglich den Besuch auf dem Siegerpodest als Vorgabe gibt. Könnt ihr die Konditionen nicht erfüllen, müsst ihr gegebenenfalls eine Strafgebühr an

Mit entsprechendem Kleingeld lassen sich die Boliden aufmotzen.
den Vertragspartner zahlen. Und nein: Die Mädels zahlen trotz ihrem bitchy Auftreten nicht mit ihrem Körper, sondern in harter Währung.

Adrenalin-Gadgets

Und wo investiert ihr das ganze Geld, das ihr als Fahrerin und Werbeikone verdient? Ins Auto - wohin auch sonst?! Ihr kauft euch nicht nur komplett neue Schlitten, sondern könnt eure aktuellen Flitzer auch tunen: Dabei stehen euch für verschiedene Bereiche wie Motor, Auspuff oder Getriebe mehrere Ausbaustufen zur Verfügung, mit denen ihr die Leistung, aber auch das Fahrverhalten merklich verbessern könnt. Doch auch für die Optik kann mit Aufklebern und schicken Lackierungen einiges getan werden. Mit am wichtigsten sind jedoch die so genannten Adrenalin-Teile und damit die Waffen- und Gadgetsysteme des Spiels, mit denen ihr euren Gegnern das Leben schwer macht. So teilt ihr auf der Strecke z.B. Schockwellen aus, landet Dank des Neigungsausgleichs nach einem Sprung sicher auf vier Rädern oder repariert euer Wrack noch während der Fahrt. Leider ist die Anwendung der Adrenalingeräte unnötig umständlich ausgefallen: Anstatt das Gadget einfach nur anzuwählen und zu aktivieren, müsst ihr erst eine Tastenkombination durchführen, was im Eifer des Highspeed-Gefechts schnell nervig werden kann. Das sieht dann z.B. so aus, dass ihr die Adrenalin-Taste gedrückt halten, dann drei Mal die Nitro und anschließend noch die Rückwärts-Taste drücken müsst. Intuitiv? Von wegen. Bis ihr fertig seid, sind eure Gegner zudem oft schon außer Reichweite - ganz toll. Aber da die Adrenalin-Geräte generell nicht unbedingt der Bringer und alles andere als kreativ ausgefallen sind, könnt ihr auch ohne weiteres versuchen, euch nur mit euren Fahrkünsten und gedrückter Nitro-Taste bis ans Ziel durchzuschlagen.

           

Grausiges Streckendesign

Das ist allerdings gar nicht so einfach, denn beim Streckendesign haben die Entwickler oft genug komplett Mist gebaut. Warum wird man ständig ermuntert, sich mit Turbo dem Rausch der Geschwindigkeit hinzugeben, wenn man Sekunden später wieder in die Bande der nächsten scharfen Kurve kracht? Selbst in einem gemächlichen Tempo werdet ihr oft scheitern, weil viele Kurven einfach zu spitz und das Lenkverhalten eures Wagens zu mies ausgefallen sind, so dass eine Kollision unvermeidbar ist. Das geht nicht nur euch so, denn auch die KI konnte man immer wieder dabei beobachten, wie sie hilflos in die Seitenbegrenzung rauscht. Überhaupt zeichnen sich die Mitbewerberinnen - wen wundert's - nicht gerade durch einen hohen IQ aus, sondern sind ein Musterbeispiel einer viel zu deutlichen Gummiband-KI, die einen Sieg manchmal zur reinen Glückssache werden lässt. Schade, denn auf den ersten Blick sieht Adrenalin für einen Mid-Price-Titel gar nicht mal schlecht aus: Die Strecken unterscheiden sich thematisch deutlich voneinander und das Geschwindigkeitsgefühl ist vor

Durch die nervige Gummiband-KI hängen euch die Verfolger meist im Heck.
allem in der Innenansicht und mit Nitro-Zündung verdammt hoch. Deshalb ist es schade, dass der Rausch immer wieder durch die unpassende Streckenführung und nervige Objekte am Fahrbahnrand gestoppt wird.

Frustrierende Fahrphysik

Den größten Minuspunkt fängt sich allerdings die Fahrphysik samt Kollisionsabfrage ein: Klar, von einem Arcadetitel darf man keine Simulation erwarten, aber das Ding sollte doch zumindest halbwegs spielbar sein. Bei Adrenalin werdet ihr dagegen echte Probleme haben, die Flitzer bei der schwammigen sowie trägen Steuerung auf der Strecke zu halten und auch die schwachsinnige Kollisionsabfrage wird für viele Frustmomente sorgen, denn schon die kleinste Berührung reicht oft aus und die Karre wird unkontrollierbar. Ihr habt ständig das Gefühl, als wäre euer fahrbarer Untersatz so leicht wie eine Feder, wenn er bei Kollisionen durch die Luft geschleudert wird oder sich gerade bei Abflügen neben die Strecke sofort anfängt mehrfach zu drehen. Hinzu kommt, dass ihr die Standard-Lenkung praktisch komplett vergessen könnt, da die Räder kaum einzuschlagen scheinen. Hier hilft nur die Handbremse, die selbst bei weniger scharfen Kurven schon zum Einsatz kommen muss. Erst später, wenn ihr den Boliden ordentlich aufgemöbelt habt, verbessert sich das Fahrverhalten, doch hege ich große Zweifel daran, dass irgendjemand überhaupt die Lust hat, sich bis zu diesem Punkt durchzuquälen, zumal auch der gewöhnungsbedürftige Soundtrack mit einer Mischung aus Rockklängen und stupiden Technobeats eher zum Abschalten animiert. Wer gerne mit anderen Mitspielern zur Fleischbeschau auf vier Rädern antreten möchte, kann dies lediglich im LAN - einen Online- oder Splitscreenmodus gibt es nicht. Dafür werden euch gleich zu Beginn sämtliche Spielmodi zur Verfügung gestellt, die in der Karriere erst nach und nach freigespielt werden müssen. Diese umfassen u.a. Knockdown-Wettbewerbe, Weitsprung, Duelle à la Destruction Derby oder Geschwindigkeitsrennen, in denen ähnlich dem Film "Speed" eine gewisse Mindestgeschwindigkeit nicht unterschritten werden darf.

      

Fazit

Was für eine grandiose Idee, ein Rennspiel mit einer derart komplexen Wirtschaftssimulation zu kreuzen, die es euch tatsächlich erlaubt, Verträge abzuschließen. Und dann noch diese spärlich bekleideten Traumfrauen – eine schöner als die andere. Wie soll man(n) da nicht schwach werden? Aber jetzt mal im Ernst: Es kommt nicht oft vor, dass mich ein Spiel schon nach fünf Minuten nur noch anödet. Adrenalin Extreme Show hat es geschafft - herzlichen Glückwunsch! Die virtuelle Fleischbeschau ist einfach nur billig, das Fahrverhalten eine Katastrophe und der Wirtschaftsaspekt ein schlechter Witz! Wenigstens huscht die Raserei flüssig und flott über den Bildschirm, doch wird der Geschwindigkeitsrausch schnell durch das unglückliche Streckendesign und die miese Kollisionsabfrage brutal ausgebremst. Die extreme Gummiband-KI sowie die mäßigen Adrenalin-Geräte mit unnötig komplizierter Aktivierung geben dem spaßfreien Spielablauf dann den Rest. Übrigens liegt der Verpackung eine Autogrammkarte des Ex-Erotikstars Kelly Trump bei. Außerdem habt ihr die Möglichkeit, ein gemeinsames Essen mit ihr zu gewinnen. Worin die genaue Verbindung zum Spiel bestehen soll, ist mir zwar nicht ganz klar geworden, aber Hauptsache, es schmeckt! 

Pro

flüssige Darstellung
hohes Geschwindigkeitsgefühl
abwechslungsreiche Strecken
unterschiedliche Spielmodi

Kontra

katastrophale Fahrphysik
überflüssiger, rudimentärer Management-Teil
miese Kollisionsabfrage
gewöhnungsbedürftiger Soundtrack
Gummiband-KI
witzlose Adrenalin-Geräte
komplizierte Adrenalin-Aktivierung
schwammige Steuerung
fragwürdiger Bitch-Faktor
Mehrspieler-Modus nur über LAN

Wertung

PC

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