Fussball Manager 0620.10.2005, Mathias Oertel
Fussball Manager 06

Im Test:

Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte sich EAs Fussball-Manager in den letzten Jahren immer stärker in die Herzen der Fans spielen. Doch wie nur selten zuvor bricht die Serie mit Traditionen und gibt sich runderneuert. Unser Test verrät, ob nicht nur die Optik, sondern auch das Gameplay verschönert wurde.

Das Phänomen lebt

Seit Urzeiten fasziniert das Genre der Sport-Manager das PC-Publikum und ist spätestens seit den Klassikern von Software 2000 bzw. der Anstoss-Serie von Ascaron nicht mehr aus den deutschen Verkaufsregalen mehr wegzudenken.

Doch gerade hierzulande tobt ein Fan-Konflikt um das beste Spiel seiner Zunft. Die einen schwören nach wie vor auf Ascarons Simulationen, obwohl die Serie nach Teil 2 eher durch Bugs und Ähnliches auf sich aufmerksam machte als durch Spielspaß – auch wenn der Tiefgang nach wie vor beispielhaft ist.

Mit mehr als 6000 Spielerfotos aller Top-Mannschaften wird für authentische Atmosphäre gesorgt!
Dann wiederum gibt es die Hardcore-Fraktion, die sich nicht am Excel-Aussehen eines Football Managers von Sports Interactive stört (mittlerweile bei Sega als Publisher gelandet) und die als Ausgleich für die spröde Optik eine immense

Spieltiefe bekommt.

Und schließlich gibt es noch die Anhänger der Fussball-Manager von Electronic Arts, die mit der Unterstützung von Gerald Köhler vor einigen Jahren zu einem wahren Höhenflug angesetzt haben. Doch auch hier stellte sich letztes Jahr ein kleiner Hang zur Stagnation auf hohem Niveau ein. Jetzt soll die Serie ausgerechnet mit der Team-Auslagerung nach Kanada ein frisches und erfolgreiches Kapitel aufschlagen.

Alles neu, alles anders?

Auf den ersten Blick werden sich Veteranen verwundert die Augen reiben: Denn wo bei den Vorgängern Änderungen erst beim Eintauchen in die Menüs entdeckt werden konnten, springt einem jetzt

sofort eine vollkommen überarbeite Optik und Benutzerführung ins Gesicht. Mit der Entscheidung, die gesamte Menüstruktur an das Design einer Webseite anzulehnen wird nicht nur das alte Tabellensystem aufgebrochen. Gleichzeitig bekommt man den Eindruck, dass es beim Managen und Trainieren einer Fußballmannschaft auf weitaus mehr ankommt als bloße Zahlen - ein deutlicher Fortschritt.

Wer steht vorn? Die umfangreichen Statistiken schlüsseln (fast) alles haarklein auf.
Die Atmosphäre wird durch offizielle Lizenzen zahlreicher Ligen (darunter natürlich auch die Deutsche Bundesliga) sowie insgesamt mehr als 6000 original Spielerfotos ebenfalls stark angehoben. Dafür allerdings gibt es bei den CPU-gesteuerten Kollegen nur Fantasienamen, was im Endeffekt nicht stark zu Buche schlägt, aber beim Mitbewerber aus dem Hause Sports Interactive sind Magath & Co als Konkurrenten vorhanden. Doch egal ob originale Trainernamen oder nicht: Wenn man im News- bzw. umfangreichen Statistikbereich z.B. bei den Torschützenkönigen nicht nur den Namen, sondern auch das dazugehörige Foto sieht, ist das Mittendringefühl deutlich stärker als bei der Konkurrenz oder dem Vorläufer.

Im Kern wie gehabt

Am grundlegenden Prinzip hat man natürlich nicht geschraubt: Immer noch seid ihr als Trainer und/oder Manager damit beschäftigt, die sportlichen und finanziellen Interessen eines Vereins zu leiten. Schaltet man die optionalen Mitarbeiter aus, seid ihr nicht nur für die Trainingsaufbau, Taktik, Transfermarkt und Mannschaftsaufstellung verantwortlich, sondern müsst euch auch mit Finanzen beschäftigen, so z.B. den Fanartikelverkauf beobachten, Eintrittspreise festlegen oder Werbepartner finden.

Die neue Webseiten-Navigation mit ihren Reitern und der Rechstklicksteuerung, die kontextsensitive Menüs einblendet, erleichtert in vielerlei Hinsicht die Arbeit. Dennoch kann es passieren, dass man nicht in wenigen Klicks dahin kommt, wo man hinmöchte.

    

Vor allem, wenn man seine Mannschaft unter Berücksichtigung des vollkommen umgearbeiteten Spielerstärkensystems mit seinen 42 (!) Attributen permanent im Auge behalten und gleichzeitig die bestmögliche Aufstellung finden möchte, werden die Menüwege lang – nicht unbedingt unerträglich, aber dennoch spürbar.

Spürbar zugelegt hat man dafür bei den taktischen Möglichkeiten, die nicht nur für die gesamte Mannschaft, sondern auch für das Verhalten jedes einzelnen Spielers festgelegt werden können.

Der variable 3D-Modus wird von der letzten Champions League-Engine angetrieben.
Die Wahl der Qual

Habt ihr schließlich alle Entscheidungen bezüglich der Aufstellung getroffen, könnt ihr euch das Ergebnis auf dreierlei Methoden anzeigen lassen. Für diejenigen, denen Eingriffsmöglichkeiten während der Partie egal sind, dürfte die Sofortberechnung das erklärte Mittel sein, um schnell durch die Saisons zu jagen. Schnörkellos und ohne Brimborium wird hier nach kurzer Berechnungspause das Ergebnis eurer Mannschaft angezeigt.

Wer es spannender möchte, wählt den Textmodus, der euch die Möglichkeit gibt, in vielerlei Hinsicht ins Spiel einzugreifen – sei es nun eine Umstellung der Taktik, Auswechslungen oder über Hotkeys eine Spielweisen-Änderung.

Die sich nach einiger Zeit wiederholenden Textschnipsel verzeiht man dabei gerne, da die Spannung trotz allem spürbar bleibt.

Die 3D-Darstellung der Matches war bislang den Spielern ein Dorn im Auge, da sie in den Vorgängern sehr zeitaufwändig war und auch nur ein mäßiges Mittendringefühl oder gar die Spannung des Textmodus entfachen konnte.

In diesem Jahr hat man sich aber einige Ideen einfallen lassen, um den 3D-Modus aufzuwerten. Zum einen kommt die Engine des letzten UEFA Champions League-Ausfluges zum Einsatz, wodurch euch schöne Animationen, spannende Zweikämpfe und eine im Wesentlichen stimmige Atmosphäre erwarten.

Zum anderen –und für den Spielverlauf wesentlich wichtiger- sind die diversen Konfigurationsmöglichkeiten für das Match. So könnt ihr natürlich das komplette Spiel betrachten oder euch z.B. auf interessante Szenen oder gar nur die Tore konzentrieren. Zusammen mit der Möglichkeit, die Spielgeschwindigkeit zu variieren, dürfte eigentlich jeder glücklich werden.

Das Match-Analyse-Tool ist mächtig, jedoch nur nach 3D-Darstellung verfügbar.
Zumal wirklich große Ergebnis-Ausrutscher im Vergleich der verschiedenen Berechnungen dieses Jahr eher die Ausnahme sind. Natürlich kann es passieren, dass die Sofortberechnung ein 2:1 ausgibt, die Textvariante ein 3:0 und die 3D-Darstellung wiederum ein 3:2. Aber dass Text ein 5:0, 3D oder Sofortberechnung hingegen ein 0:5 ausgeben, passiert seltener – es passiert allerdings immer noch, was natürlich ärgerlich ist. Bedeutet dies doch, dass es immer noch Parameter gibt, die nur in bestimmten Berechnungsmodi eingesetzt werden.

Analysten gesucht

Dass es EA gelungen ist, ein derart flexibles 3D-System zu entwickeln, ist jedoch nicht nur hinsichtlich des Spielspaßes ein Muss. Denn ein weiteres neues Feature, das Match Analyse Tool (MAT) ist abhängig von der dreidimensionalen Darstellung.

In diesem beeindruckenden Tool könnt ihr zahlreiche Statistiken (z.B. geschlagene Pässe, Ratio von angekommenen Bällen, Zweikämpfe usw.) grafisch aufbereitet sehen und euch sogar das Match in einer Top-Down-2D-Ansicht (und hier grüßt EA die Entwickler von Sports Interactive, die sich in ihrem Projekt auf diese Match-Darstellung konzentrieren) zu Gemüte führen, um Laufverhalten usw. übersichtlich zu studieren und ggf. darauf zu reagieren.

       

Wie schon gesagt: Ein optisch imposantes Feature, dessen Sinn und Zweck sich im Spiel jedoch relativiert hat. Zum einen auch, weil das MAT nur im 3D-Modus verfügbar ist. Wer nur Text oder Schnellberechnung spielt, hat keine Möglichkeit, sich taktische Finessen im Detail anzuschauen.

Zum anderen aber auch, weil man aufgrund der Statistiken (so schön sie auch optisch aufgearbeitet sein mögen) eher selten dazu neigt, sein Trainingsprogramm vollkommen umzugestalten.

Hommage an Sports Interactive: Bei der Match-Analyse könnt ihr auch eine 2D-Draufsicht auswählen.
Wesentlich interessanter sind da schon die neuen Scouting-Berichte eurer nächsten Gegner. Hier geben euch eure Angestellten eine übersichtliche Einschätzung nicht nur der Mannschaft im Allgemeinen, sondern gehen im Besonderen auf die Stärken und Schwächen jedes einzelnen Spielers der ersten Elf ein. Sehr aufschlussreich und zumeist beim Spiel gegen diese Mannschaft auch nachvollziehbar.

Überhaupt muss man sagen, dass die Zusammenhänge in EAs Manager auch dieses Jahr größtenteils logisch sind. Dass man dabei insgesamt nicht ganz so in die Tiefe geht wie manch anderer Manager, wird dabei nur die Hardcore-Zocker stören. Als Einsteiger, Gelegenheits-Trainer und Fußball-Fan, der nicht bis in das wirklich allerletzte Detail Eingriffsmöglichkeiten haben möchte, wird man außerordentlich gut bedient und bekommt obendrauf ein gewaltiges Sahnehäubchen Atmosphäre mit Original-Namen und – Bildern.

Kleinigkeiten?

Kleinere Bugs –meist in Zusammenhang mit tabellarischen Auflistungen- nimmt man dabei gerne in Kauf. Etwas schwerer wiegt da schon der manchmal merkwürdig überteuerte bzw. Budget-Transfermarkt, bei dem nicht immer eine klare Linie zu erkennen ist. Doch auch daran kann man sich gewöhnen.

Dass man es allerdings versäumt hat, sowohl einen Editor als auch einen Netzwerkmodus einzubauen, ist sträflich.

So kann man weder auf aktuelle Gegebenheiten eingehen noch ein vernünftiges Spiel mit mehreren Teilnehmern aufziehen. Denn die Entwickler können angesichts der von ihnen eingebauten umfangreichen Optionen bzgl. der Mannschaftsanalyse und –Aufstellung nicht ernsthaft erwarten, dass sich bis zu vier Spieler zusammen finden, die gewillt sind, unter Umständen ein gutes halbes Stündchen zu warten, bis der Vorgänger fertig ist.   

Fazit

Die Frage, ob der EA-Manager dieses Jahr besser ist als der Kollege aus dem Hause Sega (bzw. Sports Interactive), ist müßig und wird nicht von mir beantwortet werden. Denn dafür stehen die beiden Vorzeige-Fußballmanager an zu weit voneinander entfernten Enden des Spektrums – und das nicht nur optisch. Dass EA mit den offiziellen Lizenzen aus zahlreichen Ländern, der knackigen 3D-Darstellung und der mittlerweile Richtung Webdesign tendierenden Präsentation die Nase zumindest optisch vorn hat, hat wohl kaum jemand bezweifelt. Doch auch inhaltlich hat der EA-Manager seinen Reiz und kann langsam ein Teil nach dem anderen von der taktischen Tiefe des Sega-Konkurrenten abknabbern. Kleine Bugs hin und her: Der FM 06 macht wieder einmal einen Heidenspaß und geizt weder mit Atmosphäre, Umfang oder Anspruch – was sich nicht nur darin zeigt, dass die verschiedenen Spielberechnungen im Großen und Ganzen ähnliche Ergebnisse abliefern und die neuen Features gut ins bestehende System integriert wurden. Kurzum: Fans opulenter Fußball-Manager werden auch dieses Jahr nicht um EA herum kommen.  

Pro

über 6000 Spielerfotos sorgen für Atmosphäre
spannende 3D-Darstellung
aufgeräumte Optik
offizielle Lizenzen
zahlreiche Automatismen möglich
umfangreiches Stärkesystem
haufenweise Statistiken
erweiterte Interview-Optionen
umfangreiches Trainings-System
Match-Analyse-Tool

Kontra

kleinere Bugs
keine Netzwerk-Option
ohne Editor
viele Wiederholungen im Textmodus
Match-Analyse nur im 3D-Modus
deplazierte Wiederholungen im 3D-Modus

Wertung

PC

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