Im Test:
Bull Run, die Zweite
Das zweite Kriegsjahr des Amerikanischen Bürgerkriegs war im Osten zunächst vom Halbinselfeldzug der Nordstaaten geprägt, der aber ohne Ergebnis abgebrochen werden musste. Daraufhin sollten General Popes 63.000
Blauröcke im Sommer 1862 auf die konföderierte Hauptstadt Richmond vorstoßen, um die Südstaaten so in die Knie zu zwingen. Abermals beim Flüsschen Bull Run in Nordvirginia traf er Ende August auf General Lees Rebellen-Armee, die 54.000 Mann umfasste. Es entbrannte eine hitzige, dreitägige Schlacht, die auch die zweite Schlacht von Manassas genannt wird. Daran nahm auch General Jacksons Korps teil, das sich wegen seiner Marschgeschwindigkeit den Spitznamen "Fußkavallerie" verdiente. Die Szenarien der Generäle sind verbunden, so dass ihr bei einem Sieg weitermachen könnt.
Obwohl diese Schlacht im Vergleich zu Gettysburg nur Interessierten ein Begriff sein dürfte, bietet sie doch genügend Abwechslung. Da sie zu Beginn des Sezessionskrieges angesiedelt sind, sind die 40 Kämpfe recht ausgeglichen mit leichten Vorteilen bei Moral und Führung für die Südstaaten. Außerdem gibt es noch fünf Szenarien aus der Schlacht von Cedar Mountain, die Bull Run II voraus ging, sowie drei aus der Schlacht von Chantilly, die das Anfang September das Nachspiel markierte. Viele berühmte Generäle wie Lee, Stuart oder Jackson sind spielbar. Gewinnt ihr eine Partie, werdet ihr nicht selten mit einer weiteren Schlacht an einem anderen Tag belohnt, die die Frage "Was wäre wenn?" beantwortet.
Stonewall auf der Flucht
Ich sehe Jacksons Leute, die in großer Zahl von der Front davon laufen. Heute am glutheißen 9. August im Jahre des Herrn 1862 bei Cedar Mountain scheint nicht ihr Tag zu sein. Ich bin in den grauen Rock von General Ambrose P. Hill
geschlüpft, der nun die Kohlen aus dem Feuer holen soll. Jackson weist mich schriftlich per Kurier an, die Stellungen wieder einzunehmen, aus denen seine Leute zuvor geflohen sind. Die über 9.000 Mann meiner leichten Division stehen wie an einer Perlenschnur aufgereiht die Straße hinunter, die wenig mehr als ein Feldweg ist. Das Gelände ist eher flach, von Wäldern, Feldern und Hecken durchzogen. Deckung bieten Mauern und Zäune; kleine Flüsse bilden natürlich Hindernisse. Die Umgebung ist unübersichtlich, da immer wieder Feinde aus dem Dickicht auftauchen.Hoffentlich kommt er auch an. Ein reitender Kurier bringt mir stilecht Jacksons Befehle.
Zunächst treffe ich nur auf eine paar Blaubäuche, die meine hochmotivierten Mannen schnell nieder kartätschen. Bekommt ihre Linie Feuer von der Seite oder von hinten, ist die Moral schnell beim Teufel und sie rennen davon. Weiter die Straße hoch wird der Beschuss durch die Nordstaatler mörderisch, die ihre gesamte Artillerie am Waldrand aufgestellt haben. Um dorthin zu gelangen, müssen meine Männer über ein Feld, wo es wenig Deckung gibt. Das Kornfeld reicht kaum, um die Leute zu verbergen. Irgendwie muss ich die Kanonen umgehen, um von hinten aufzutauchen. Auf der großen Übersichtskarte, für die man fast eine Lupe braucht, suche ich mich einen Weg aus. Ein Wagnis, da ich nicht alle Positionen der Feinde kenne.
Menschenschinder
Verlange ich zu viel von meinen Soldaten, wird das bitter bestraft, was äußerst realistisch ist. Nach unzähligen Gemetzeln und Märschen werden sie unruhig,
die Verluste steigen und die Moral sackt in den Keller. Wird die Unordnung in einem Regiment zu groß, treten die Leute eigenmächtig den Rückzug an - mehr oder minder geordnet. Vielleicht fangen sie sich wieder und formieren sich weiter hinten neu. Zu gebrauchen sind sie nach der Flucht aber meist nicht mehr, da Wille und Moral gebrochen sind. Da die Schlachten oft Stunden dauern, bleibt die Hoffnung, dass sie sich mögchlicherweise irgendwann fangen. Weite Wege erledige ich besser in Marschkolonne auf einer Straße, da das die Männer weniger anstrengt.Nach einem Feuergefecht herrscht oft großes Durcheinander und ihr könnt euch die Beute sichern.
Die Anführer spielen eine große Rolle, so dass ich sie immer zur Anfeuerung in der Nähe der Einheit halten muss. Die Fähigkeiten der Offiziere sind unterschiedlich, dennoch kommen diese nicht richtig individuell rüber. Das liegt sicher auch daran, dass sie sich äußerlich gleichen, auch wenn sie gelegentlich durchs Fernrohr schauen und General Jackson seine geliebten Südfrüchte konsumiert. Ansonsten könnt ihr lediglich in ein paar schmucklosen Listen etwas über Offiziere und Einheiten erfahren.
Übernehmt das Kommando
Laut Voreinstellung werden die Einheiten halbautomatisch gesteuert, so dass die KI immer wieder Passagen übernimmt. Als General kann ich die Taktik grob
vorgeben und der KI die Ausführung überlassen. Führe ich die Einheiten an den Feind heran, macht der Computer praktischerweise den Rest. Nur nah am Feind ist die Automatik allerdings wirklich zu gebrauchen, da sie hier weiß, was zu tun ist. Auf der Suche nach dem nächsten Feind agiert sie hingegen eher planlos, so dass ich zumindest großräumige Bewegung lieber von Hand vornehme.Die KI lässt die Truppen ein bisschen umherirren, während der Feind rechts oben wartet. Lieber selber machen.
Zum Glück lässt sich das ganz abstellen, da die Einheiten bisweilen wie ein Hühnerhaufen umherziehen und sinnlose Umwege machen. Da übernehme ich doch lieber selbst das Kommando, wozu ich die Freiheit habe. Ansonsten funktioniert die Bedienung relativ problemlos, was für ein komplexes Echtzeit-Taktikspiel mit diesen Ausmaßen erstaunlich ist. Sie ist durchaus mit Rome zu vergleichen, auch wenn sie nicht ganz heran reicht. Weniger gelungen ist, dass ihr immer genau die Fahne der Einheit anklicken müsst, um sie auszuwählen, ihr die Formation von Hand mit Schaltflächen einstellen müsst und dass es keine "Lassomethode" gibt.
Alles im Griff?
Die Computergegner agieren besser, auch wenn sie bisweilen recht planlos ins Feuer rennen. Die Angriffe sind aber durchaus koordiniert und können unter
massivem Einsatz von Artillerie eure Reihen ins Wanken bringen. Mitten im Durcheinander kann schon mal die Übersicht flöten gehen, auch wenn ihr euch problemlos umschauen könnt. Das ist insbesondere dann der Fall wenn ihr ein paar Zehntausend Mann kommandiert oder über weite Entfernungen agieren müsst. Da euer Feldherr eine begrenzte Reichweite für Befehle hat, müsst ihr schon ganz schön per Pferd umherreisen, um alle Brennpunkte abzuklappern. Ja wo laufen sie denn? In der Schlacht kann trotz Rundumblicks auch dem besten Kommandeur mal die Übersicht flöten gehen.
Um die Stellung zu halten, hilft es nur zwischendurch mal auszuruhen, Durchhalteparolen auszugeben oder einfach Nachschub fassen. Letzteren könnt ihr mittels Planwagen herankarren, wo eure Soldaten Munition holen. Die Karren sollten daher in der Nähe sein. Stoßt ihr auf feindliche Wagen, könnt ihr diese erobern. Leider ist es nicht möglich, Nachschub und Waffen wie bei Civil War Generals in die nächste Schlacht mitzunehmen. Außer der Kampagne existiert ein freier Modus sowie ein Editor, mit dem ihr eigene Szenarien erstellen könnt. Die Macher liefern Nachschub, indem sie neue Szenarien zum Download anbieten
Grafik und Sound
Obwohl die Landschaft nach historischen Karten bis ins Detail nachgebildet wurde, ist Take Command sicher kein Augenöffner. Selbst wenn ihr höhere
Details einstellt, werdet ihr kaum beeindruckt sein, auch wenn die originalgetreuen Uniformen der Einheiten ein paar mehr Einzelheiten aufweisen. Die simple 3D-Grafik ist ganz auf Zweckmäßigkeit angelegt, und spiegelt die begrenzten Möglichkeiten des kleinen Mad Minute-Teams wider. Immerhin sind die Wälder dieses Mal transparent dargestellt, so dass ihr die Trupen im Dickicht verfolgen könnt. Wie sie dort im luftleeren Raum umherschweben, überzeugt allerdings auch nicht. Auch die Explosionen und der Pulverdampf sind eher darauf angelegt, dass ihr seht wo was abgeht als darauf zu überwältigen. Filme sucht ihr vergebens. Immerhin gibt es beim Laden zeitgenössische Bilder und Karten.Dank transparenter Bäume seht ihr dieses Mal sogar die Truppen im Wald kämpfen.
Auch fürs Ohr bietet Take Command eher spartanische Kost. Der Soundteppich, den die Macher über jede Schlacht gelegt haben, ist eher ein Soundmatsch. Wer in die Pause schaltet, merkt dass die Geräusche einfach weiterlaufen. Zur Situation passende Geräusche wie knatternde Schüsse einer feuernden Einheit gibt es selten mal. Eine Sprachausgabe fehlt leider, aber es gibt heroische Musik zu hören, die an den Gettysburg-Fernsehfilm erinnert.
Fazit
Die historische Darstellung der Bürgerkriegschlachten überzeugt mich trotz Magergrafik und grausiger Soundtapete. Mad Minute Games haben alles zusammengetragen, was es über die Zweite Schlacht von Bull Run zu wissen gibt: Originale Einheiten, Aufstellungen, Offiziere und Kartenmaterial. Die Akribie geht sogar so weit, dass ihr die Befehle über einen berittenen Kurier erhaltet und nur in einem bestimmten Umkreis Befehle erteilen könnt. Die halbautomatische Bedienung soll Einsteigern das Kommandieren erleichtern, was sicher gut gemeint ist. Leider funktioniert sie im Schlachtengetümmel nicht, da sich die KI nicht mehr zurechtfindet. Sinnloses Umherziehen ist die Folge, das die Männer müde macht. Ihr müsst also immer die grobe Linie selbst vorgeben oder gleich ganz den Befehl übernehmen, was Gott sei Dank möglich ist. Aber was soll's? Schließlich hatte Jackson auch keine Rechenmaschine, die ihm die Entscheidungen abnahm. Freier Modus, Editor und weitere Szenarios sorgen für anhaltenden Spaß. Dass keine Schlacht beim zweiten Spielen gleich abläuft, sorgt für fast unbegrenzte Wiederspielbarkeit. An Civil War Generals reicht es trotzdem nicht ganz heran, da das eine Kampagne über den ganzen Sezessionskrieg hatte, bei der ihr mit erobertem Nachschub Waffen einkaufen konntet. Außerdem wurden die erfahrenen Einheiten mitgenommen. Aber vielleicht kommt das beim nächsten Take Command, das die Schlacht von Antietam zum Thema haben soll.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Diesen Geheimtipp würde sicher auch General Jackson gut finden.
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