Stronghold Legends22.10.2006, Bodo Naser
Stronghold Legends

Im Test:

Die Stronghold-Reihe hat ihre besten Zeiten seit dem verkorksten Stronghold 2 eigentlich hinter sich. Jetzt versuchen die Macher ihrem Burgenbau neues Leben einzuhauchen, indem sie uralte Mythen beschwören. Passend zu Halloween hält mit Stronghold Legends (ab 16,73€ bei kaufen) auch die Zauberei Einzug. Lassen König Artus, Merlin & Co das Strategiespiel noch einmal zur Höchstform auflaufen?

Sachsen stürmen Engeland

Nach dem kurzen Abstecher in die Antike mit CivCity: Rom kehren die Firefly Studios ins finstere Mittelalter zurück: Drei Kampagnen erwarten euch, die ihr der Reihe nach durchspielen müsst. Die

Stronghold Legends ist Stronghold 2 plus ein paar neuen Ergänzungen wie etwa die Tafelrunde.
 erste führt euch an den Hofe König Artus', wo nicht nur die berühmten Ritter der Tafelrunde, sondern auch Haus- und Hofzauberer Merlin auf euch warten. Wann Artus herrschte und wo sein Schloss Camelot stand, ist historisch nicht gesichert. Im Spiel ist die Sage im frühen Mittelalter angesiedelt, direkt nach dem Abmarsch der Römer. Auf die Kämpen bleibt das ohne Auswirkung, sie sind hoch- bis spätmittelalterlich ausgerüstet.

Ihr kämpft gegen germanische und keltische Eindringlinge, die Britannien unsicher machen. Genauer handelt es sich um die Pikten, die mit Boten landen, und die Sachsen, die zähe Nahkämpfer abgeben. Insbesondere die axtschwingenden Sachsen sind euren schwächlichen Lanzenkämpfern und Bogenschützen trotz Trutzburg weit überlegen, weshalb ihr in schöner Regelmäßigkeit mal eine Mission in den Sand setzt und neu beginnen müsst. Daran können auch Helden wie der zähe Sir Bedivere wenig ändern; allein Merlin mit seinen Blitzen schafft etwas Abhilfe. Wahlweise könnt ihr auch den Legendenpfad, ein freies Szenario oder den Multiplayer bemühen. Es liegt auch ein Editor für eigene Schlachtfelder bei.

Kein Augenöffner

Leider sind es zuerst die grafischen Mängel, die einem ins Auge stechen. Es ist überdeutlich, dass die Engine von Stronghold 2 hoffnungslos Moos angesetzt hat. Eine schöne 3D-Grafik bot sie ja noch nie, aber nun ist sie auch noch in die Jahre gekommen. Wer das mit anderen Spielen wie etwa dem bald erscheinenden Medieval 2 vergleicht, merkt umgehend den Unterschied. Zudem wurden die meisten Gebäude schlicht aus Stronghold 2 übernommen, so dass sie optisch keine Abwechslung bieten. Die Burgen sind immer noch eckig wie im Grundspiel, zoomen mag man angesichts dieser Unzulänglichkeiten gar nicht.

Normalerweise reite ich bei Strategiespielen nicht auf solchen Äußerlichkeiten herum, aber bei einem Spiel mit Magie, Helden und Drachen muss einfach auch die Optik stimmen. Epische Mythen wie Artus, die Nibelungen oder Dracula verlangen nach einer ansprechenden Umsetzung wie etwa bei Heroes of Might & Magic V, denn sonst wirkt alles lächerlich, öde und einfach nur billig. Bei Stronghold Legends macht nichts optisch neugierig: Weder die Monster, noch die Zauber oder die kahlgefegte Landschaft. Selbst auf einer höheren Auflösung gibt es nichts, was erhaben wirken würde. Viele Dinge sehen grob, finster und unscharf aus.

Altbackenes Spiel

Das Gameplay reiht sich nahtlos in die Liste der Unzulänglichkeiten ein: Im Kern ist es das von Stronghold 2, das unter dem Strich schon zu seiner Veröffentlichung recht langweilig war. Ihr sammelt

Die zwei neuen Völker haben einen neuen Look, spielen sich aber fast wie die Menschen.
wie weiland Rohstoffe ein, sorgt für Nahrung im Speicher, baut die Festung aus und hebt Truppen aus. Das kennt nun wirklich jeder bis zu Abwinken, der nur einmal von Stronghold gehört hat. Die Bewohner kommen wieder mal von alleine, was sich wie beim Grundspiel nach eurer Beliebtheit richtet. Die Neuen Völker bringen kaum Abwechslung: Außer den Menschen dürft ihr zwar auch noch das Eisvolk mit Held Siegfried und die bösen Jungs unter Unhold Vlad spielen - aber trotz äußerlicher Unterschiede gibt es kaum spielerische Variationen bei den Alternativ-Völkern.

Das einzig Neue dabei ist eigentlich, dass nun jede der drei Fraktionen ihre spezielle Einheiten rekrutieren kann. Für König Artus heißt das, dass ihr im Gebäude mit der Tafelrunde mit Hilfe von Ehre und Gold Helden, Ritter und Drachen ausheben könnt. Für einen echten Ritter eine Kleinigkeit - die Ehre erlangt ihr durch ehrenvolle Taten wie die erhöhte Ausgabe von Nahrung, das Abhalten von Festen oder Kirchgängen. Bei den anderen heißt das neue Gebäude Eisturm bzw. Zaubererturm, die Einheiten sind aber entsprechend. So hat jedes Volk neben seinen Grundeinheiten auch Drachen, Riesen und Werwolf

                   

Legende im Kampf

Die Schlachten selbst wurden durch den Einsatz der neuen mythischen Einheiten nicht wesentlich verändert. Es gibt immer noch die Soldaten, die ihr auch schon aus Stronghold 2 kennt:

Burgen werden natürlich auch wieder gestürmt, dieses Mal mit magischer Verstärkung.
 Lanzenkämpfer, Keulenschwinger, Bogenschützen, Schwertkämpfer und Ritter. Hinzu kommen Helden, die Zauber draufhaben, die eure Truppen heilen können - oder sie in der Schlacht stärken. Nichts Weltbewegendes oder gar Innovatives - Artus kann geisterhafte Reiter beschwören, die dann eine Weile mitkämpfen. Leider kommt es vor, dass die KI trotz Ausrichtung auf den Feind nicht richtig attackiert. Die Truppen werden dann trotz Übermacht einfach niedergemetzelt.

Natürlich finden sich auch wieder Belagerungen, für die euch die typischen Belagerungsmaschinen wie Rammböcke, Leiterträger, brennende Wägen oder Katapulte zur Verfügung stehen. Auch hier kommt euch manch Recke zur Hilfe, der vielleicht mit seinem sagenhaften Horn die Wälle zum Einsturz bringen kann. Übergroß ragen die Riesen über die Mauer, sind aber trotzdem nicht unbesiegbar. Wuseln zu viele Kämpfer zu ihren Füßen herum, taumeln sie und fallen um. Unbesiegbar ist niemand - auch Artus, Merlin oder Lanzelot nicht. Bisweilen kriechen manche Einheiten schon arg lahm übers Parkett wie etwa die Waffenmacher oder schweren Fußritter.

Abstürze und Käfer

Stronghold Legends läuft leider nicht fehlerfrei, was besonders ärgerlich ist, wenn es sich um Bugs handelt, die das Weiterspielen schlicht unmöglich machen. Trotz eines ersten Patches kann es vorkommen, dass ihr ohne Artus, Merlin und Co. auskommen müsst, wenn diese am Ende eines Levels sterben. Die nächste Mission bestreitet ihr dann einfach ohne sie, obwohl sie dann auch nicht mehr zu schaffen ist. Das ist dann eben Pech! Pech ist es auch, wenn das Programm plötzlich mal abraucht, ohne dass es dafür einen ersichtlich Grund geben könnte. Zu besseren Spielbarkeit trägt das alles jedenfalls kaum bei.

Multiplayer

Wer die drei Sagenvölker auch online spielen möchte, kann das in der spieleigenen Multiplayer-Lobby

Akustisch und optisch geht es oft derb zu, wie ihr das von Stronghold kennt.
tun. Angeboten werden die altbekannten drei Modi Deathmatch, King of The Hill und Capture the Flag sowie ein weniger bekannter Wirtschaftskrieg, bei dem ihr beispielweise 100 Schwerter erreichen müsst. Ihr könnt die Startbedingungen nach eurem Gusto festlegen und Teams bilden. Das alles ist weder sonderlich neu noch spielerisch überzeugend.

Akustisches

Akustisch macht das Spiel ebenfalls nicht viel her, es gibt halt wieder mal die übliche Musik im mittelalterlichen Stil, die man auch schon von Stronghold 2 kennt. Sie könnte auch gut in jedem Ritter- oder Abenteuerfilm laufen, in dem gleich der Oberlippenbart von Errol Flynn um die Ecke biegt, aber trotzdem hat sie keine Wirkung auf die Motivation. Gleiches gilt für Geräusche und deutsche Sprachausgabe, die ab und an zu hören ist. Eine gewisse Derbheit ist dem Gesagten ebenso wie dem Gezeigten aber schon zu eigen, was die Fans aber mögen

        

Fazit

Ich glaube nicht, dass Artus, Siegfried und Co. diesen einfallslosen Stronghold-Aufwasch gut finden würden. Die Schwächen von Stronghold Legends sind aber in erster Linie die Mängel von Stronghold 2, da das Gameplay weitgehend übernommen wurde. Die Aufbauarbeit kennt jeder schon aus dem effeff, sie verläuft zäh und macht keinen großen Spaß. Warum sich ein legendärer Ritter wie König Artus samt seiner Tafelrunde um so einen Quatsch wie den Apfelanbau kümmern soll, ist mir schleierhaft. Auch die wenigen neuen Dinge wie die Rekrutierung von Helden, Zauberern und Monstern vermögen an den immergleichen Schlachten und Belagerungen nichts zu ändern. Die neuen Einheiten bringen trotz Magie kaum Abwechslung. Das größte Manko ist aber, dass alles optisch unspektakulär umgesetzt wurde, was der altbackenen Engine von Stronghold 2 zuzuschreiben ist. So sieht ein Riese eher drollig als furcheinflößend aus. Die neuen Eis- und Draculaburgen wirken genauso grob, eckig und unscharf  wie die der Menschen. Hinzu kommen nervige Programmfehler und Abstürze. Auch Stronghold-Fans sollten sich die Anschaffung daher gründlich überlegen.

Pro

drei Völker und Kampagnen
Ehre spielt eine große Rolle
Helden, Zauberer und Monster rekrutieren
mittelalterliche Derbheit
Editor

Kontra

Gameplay so gut wie unverändert
altbackene Aufmachung
unausgewogener Schwierigkeitsgrad
Einheiten reagieren nicht
langsame Einheiten
unerklärliche Abstürze
Fehler im Spielverlauf
veraltete Darstellung

Wertung

PC

Müde Helden in einem müden Stronghold-Aufwasch

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