Belief & Betrayal25.03.2007, Jan Wöbbeking
Belief & Betrayal

Im Test:

Der Vatikan, Geheimbünde, mysteriöse Morde, alte Kathedralen und rätselhafte Ornamente – klingt nach den Zutaten für ein typischen Dan-Brown-Roman. Für ihr klassisches Point & Click-Adventure "Belief & Betrayal" haben die italienischen Entwickler von Artematica Entertaiment ordentlich im Ideenfundus des Bestseller-Autors gewühlt. Jetzt dürft ihr endlich selber in die Handlung eingreifen.

Ruhe da unten!

Ein Quietschen zerschneidet die Stille. Jonathan Danter stemmt sich mit aller Kraft gegen eine rostige Eisenstange. Ein weiteres mal erfüllt das metallische Geräusch den noch menschenleeren Marktplatz vor der Kathedrale.

Constable Twinings von Scoland Yard glaubt nicht recht an Jonathans Unschuld.
Diesmal hat die verkeilte Tür den Weg in die Telefonzelle freigegeben. "Stellen sie sich, Jonathan" knarzt es ein paar Sekunden später aus der Hörmuschel. Jonathan weiß, dass er unschuldig ist. Und, dass er schnell das Rätsel eines mysteriösen Artefaktes lösen muss, bevor noch mehr Menschen zu Schaden kommen. Dreimal dürfen sie raten, welcher Helfer vor dem Monitor seinen Hirnschmalz dafür anstrengen darf?

Belief & Betrayal führt Adventure-Freunde an vorgerenderte Kulissen wie ein heruntergekommenes Viertel in der Londoner Innenstadt, die Kathedrale im französischen Chartres, nach Rom, Venedig und in die Vatikanstadt. Dabei hatte alles so gemütlich angefangen. Das Abenteuer beginnt in Jonathans Loft mitten im Big Apple. Dort lernt der Spieler die grundlegenden Kontrollen und Jonathans trockenen Humor kennen. Geld besitzt er zu Hauf und eigentlich müsste er keinen Finger krumm machen. Doch damit keine Langeweile aufkommt, hat er seine Berufung im Regenbogen-Journalismus gefunden.

Ab nach London

Kats Freund Damien hilft euch auf eurer Suche, wenn er nicht gerade entführt wird.
Sein aktueller Job sollte ihn eigentlich ins sonnige Miami führen, zu einem Interview mit einem berühmten Kardinal. Doch kaum ist der Koffer gepackt, bekommt Jonathan einen Anruf von einem Scotland-Yard-Mann. Der New Yorker Lebemann erfährt, dass sein Onkel ermordet wurde. Da der Verwandte zu einem vatikanischen Geheimbund gehörte, befindet sich nun auch Jonathan in Gefahr. Also wird er kurzerhand nach London verfrachtet. Dank korrupter Polizisten muss Jonathan dem rätselhaften Tod seines Onkels auf eigene Faust aufklären. Im Laufe des Spiels lernt er aber mehrere Verbündete kennen, die ihr später auch selbst steuern dürft. Dazu gehört z.B. Kat McKendal, eine Freundin seines verstorbenen Onkels. Sie hilft euch aus der Patsche, wenn es alte Schriftzeichen zu entziffern gibt.

Dank eines handlichen Kommunikations-Computers können die spielbaren Figuren Informationen austauschen. So kann Jonathan ein Handy-Foto von einer alten Steinsäule machen und es direkt an Kat schicken. Sollte auf dem Bild nichts zu erkennen sein, müsst ihr eben nachhelfen. Sucht eine Dose Tomatenmark, verschmiert die Pampe auf der Säule und macht einen Abdruck mit einer herumliegenden Zeitung davon. Lichtet ihr das Ergebnis ab, kann auch Kat die Zeichen erkennen. Solche Rätsel lassen die spannende Rahmenhandlung nicht gerade glaubwürdig erscheinen.             

Benutze Kaugummi mit Statue

Statt wie Robert Langdon im Roman Illuminati rastlos durch die Vatikanstadt zu hetzen, beschäftigt sich Jonathan Danter in Belief & Betrayal lieber mit gemütlichen, klassischen Rätseln:

Umständlich: Oft lassen sich Aktionen nur ausführen, wenn ihr vorher auf ein Detail klickt und das Bild in eine nähere Perspektive schaltet.
Verbinde einen Bindfaden mit einem im Müll gefundenen Magneten, um damit die fehlende 1-Pfund-Münze für den Foto-Automaten aus dem Gulli zu fischen. Nicht sehr glaubwürdig, oder? Warum leiht er sich den lächerlichen Betrag nicht vom arroganten Ausweisfälscher, der in seiner Wohnung auf das Passfoto wartet? Es geht schließlich um Leben und Tod.

Immerhin sorgen die vielen kleinen Hinweise dafür, dass Anfänger nicht unnötig lange planlos in den Szenarien herumirren. Falls ihr trotzdem einmal nicht weiter wisst, solltet ihr die Kulissen ruhig ein zweites mal unter die Lupe nehmen und Hartnäckigkeit beweisen. Auch wenn Prinzesschen Jonathan sich mal wieder ziert - befehlt ihm ruhig fünfmal hintereinander, im Müll zu wühlen. So lange er nicht zweimal nacheinander die gleiche Antwort gibt, liegt meist etwas nützliches im Unrat vergraben.

Oscar-reif

Läuft euch Jonathan zu langsam, könnt ihr mit einem Druck auf die rechte Maustaste direkt in die angrenzende Szene wechseln. 
Um trockene Kommentare ist Jonathan nie verlegen. "Echt Oscar-reif, der Penner" hört man ihn raunen, nachdem er einen verrückt gewordenen Obdachlosen mit einer Flasche Wein aus dem Passfoto-Automaten gelockt hat. Bevor der im apokalyptischen Wahn befindliche Zausel die Szene verlässt, reckt er die Flasche in die Höhe und brüllt "Mein Schatz". Für solche Momente liebe ich das Spiel. Die Textzeilen der Hauptfigur spricht Mark Bremer, der einen wirklich guten Job abliefert. Seine Stimme erinnerte mich ständig an Sascha Draeger. Ihr wisst schon, Tim aus TKKG. Auch die Musik passt bestens zum Geschehen. Die dezenten Melodien drängen sich nicht auf, bauen aber eine wohlig-spannende Atmosphäre auf. Zwischendurch wird das Spiel immer wieder von Filmchen unterbrochen. Die sind zwar technisch gesehen nicht gerade State of the art, erzählen die Geschichte aber gut weiter.            

Fazit

"Ein gutes Adventure muss so spannend sein wie ein gutes Buch" - so steht es geschrieben auf der aufklappbaren Innenseite der Papphülle von Belief & Betrayal. Auch die restliche Gestaltung der Verpackung im Stil eines massiven ledergebundenen Buches lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sich das Spiel mit beliebten Thrillern wie "Sakrileg" von Dan Brown messen möchte. Und, wie schlägt sich der interaktive Thriller im Vergleich zu seinen gedruckten Vorbildern? Recht gut, obwohl das Spiel lange nicht mit einem guten Buch mithalten kann. Die spannende Story um sagenumwobene Artefakte und kirchliche Geheimbünde, der trockene Humor und die professionelle Synchronisation haben mich von der ersten Sekunde an in die Geschichte hineingesogen. Leider lassen die Rätsel den Verlauf der Handlung nicht gerade glaubwürdig erscheinen. Andererseits hat es etwas ungemein entspannendes, in aller Ruhe die Umgebung nach kleinen Gegenständen abzusuchen. Dank einfacher Rätsel und vieler Hinweise kommt außerdem nur selten Frust auf. Adventure-Veteranen dürften sich allerdings ein wenig unterfordert fühlen.

Pro

<P>
spannende Verschwörungs-Story
sechs internationale Schauplätze
professionelle Synchronisation
dezent trockener Humor</P>

Kontra

<P>
ziemlich linear
nur leichte Rätsel
Handlung zum Teil unglaubwürdig</P>

Wertung

PC

Einfacher aber unterhaltsamer Point & Klick-Thriller über Geheimbünde und den Vatikan.

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