Ankh - Herz des Osiris30.10.2006, Bodo Naser
Ankh - Herz des Osiris

Im Test:

Letztes Jahr schlugen die witzigen 3D-Abenteuer des sympathischen Anti-Helden Assil ein wie eine Granate. Alle waren derart überrascht von Ankh, dass Deck 13 auch gleich noch den deutschen Entwicklerpreis 2005 kassierten. Für alle, die davon nicht genug kriegen, geht die altägyptische Geschichte nun in Herz des Osiris weiter. Kann man den alten Witz neu beleben?

Held auf dem Abstellgleis

Was ist bloß mit Kairo los? Die aufstrebende Metropole am Nil scheint in der bei Xider erschienenen Verlängerung auf den Hund gekommen zu sein, denn überall machen sich Zeichen des Verfalls breit.

Die Stadt und der Held haben seit dem ersten Teil Federn lassen müssen. Assil braucht eine Verschönerungsmaßnahme. 
 Ist das schon der Untergang Ägyptens? Geschäfte haben dicht gemacht, Katzen turnen auf den Ruinen der Stände umher, der halbblinde Schneider ist nun Frisör und fuchtelt -oh weh- mit dem Messer herum und der arabische Botschafter frönt dem Laster Wasserpfeife auf der offenen Straße. Sodom und Gomorrha - diese aus den Fugen geratene Welt schreit förmlich nach einem Helden, der alles wieder ins Lot bringt.

Doch was ist aus dem strahlenden Heroen des ersten Teils geworden! Wenn man seinen Helden einmal für kurze Zeit alleine lässt, baut er nur Mist: Er lungert herum, hat seine Freundin Thara verprellt und gibt sich dem Trunke hin. In nicht einmal drei Wochen ist aus Assil ein Penner geworden. Wenn schon was schief geht, dann aber richtig. Assil wird nämlich auch gleich noch sein Ankh-Kreuz gestohlen - der seltsame Flaschenöffner, den er sich im ersten Teil so sauer verdienen musste. Es wird Zeit, dass ihr die Maus übernehmt, um das magische Amulett zurückzuholen.

Kauzige Figuren

Die in fünf Kapitel unterteilte Suche nach dem Ankh gestaltet sich ähnlich lustig wie beim Vorgänger. Das liegt in erster Linie an den Multiple-Choice-Dialogen mit den skurrilen Charakteren, von denen ihr

Der Sklavenboss ist eine der neuen Figuren. Er sieht zwar übel aus, ist aber blöder, als es der Pharao erlaubt. 
die meisten schon aus früheren Abenteuern kennt. Die jüdischen Möchtegern-Freiheitskämpfer feiern ebenso ihr revolutionäres Comeback wie die bürokratischen Händler der Kamelkarawane oder der feiste Sklavenverkäufer, der inzwischen Pleite gemacht hat. Für Leute, die den ersten Teil vielleicht nicht gespielt haben, ist das alles natürlich weniger witzig aber dennoch zu verstehen.

Nach dem ersten Kapitel wird klar, dass Osiris mit aller Macht in die Welt der Lebenden drängt, wofür er -wie könnte es anders sein- das mächtige Ankh benötigt. Es soll ihm dabei helfen, sein Herz zu erlangen, der letzte Schritt auf dem Weg zur Fleischwerdung. Dem Mythos nach wurden seine Körperteile verstreut, so dass er sie nun wieder zusammenklauben muss. Seine Handlanger kennt ihr bereits, es sind die völlig unfähigen Assassine des Vorgängers. Der erste Teil wird auch auf die Schippe genommen, etwa wenn davon die Rede ist, dass er viel zu kurz war. So läuft nach dem ersten Kapitel bereits der Abspann, was euch zunächst aufschrecken lässt. Huch - schon vorbei? Dann aber prustet ihr los, denn es geht munter weiter mit Kapitel zwei.

Rätsel für Einsteiger

Die Rätsel verkommen so beinahe zur Nebensache, sind aber doch meist elementar fürs Weiterkommen, da das Ganze bis auf eine Szene gegen Schluss linear abläuft. Eine der ersten

Frau trifft auf Champagnerflaschen. Was lässt sich damit wieder anstellen?
 Aufgaben besteht darin, Zutaten für einen Drink zu besorgen, den ihr euch mixen lasst. Ihr benötigt dafür ein mitgeliefertes Coderad, wie ihr das von früher kennt. Weniger eine Herausforderung als eine der Reminiszenzen, die Ankh auch dieses Mal wieder an die glückliche Zeit der klassischen Abenteuer macht, als es bei LucasArts neben Darth Vader und Co. auch noch was zu Lachen gab. Nervige Actioneinlagen oder Aufgaben auf Zeit braucht ihr auch dieses Mal nicht zu fürchten.

Die übrigen Rätsel sind recht simpel zu handhaben, so dass erfahrene Puzzlefreunde sie fast im Vorbeigehen lösen können. Das liegt auch daran, dass ihr oft nur eine Hand voll Gegenstände euer Eigen nennt. Viele der Inventarrätsel lassen sich durch bloßes Ausprobieren lösen, weil es nicht viele Orte gibt, wo ihr Gegenstände anbringt. Wo soll die Wegfahrsperre für Kamele wohl hin? Andere Rätselarten gibt es übrigens nicht. Nur gelegentlich ist ein Rätsel gar nicht zu verstehen, weil die Lösung einfach zu abgefahren ist. Ich sage nur Grab mit Papagei auf dem Friedhof, ohne einen Spoiler produzieren zu wollen. Gegen Ende hin werden die Rätsel komplexer.

                       

Spaßfaktor?

Dieses Mal steuert ihr nicht nur Assil sondern auch Thara, die sauer ist, weil dieser angeblich ein Techtelmechtel mit der Pharaonentochter hat. Allerdings ist es wohl nur die eingebildete Paris Hilton-

Die Gags, Gimmicks und Seitenhiebe zünden wieder, was die Hauptsache ist.
Imitation, die denkt, dass sie Assil unbedingt haben möchte. Auf dem Balkon steht sogar eine Statue des (Nicht-)Paares, die ihr mit Thara unter Beschuss nehmen dürft. Nur eines der Gimmicks am Rande, die immer wieder für zusätzlich Spaß sorgen. Witzig auch, wenn ihr schließlich den Pharao selbst übernehmt, dem im Steinbruch nun wirklich niemand abnimmt, dass er ein gottgleicher Herrscher ist. Der König sei doch viel größer und hässlicher...

Obwohl der Reiz des Neuen natürlich etwas verfolgen ist, macht es trotzdem wieder ein Menge Spaß, die antike Welt ein weiteres Mal zu retten. Etwa wenn ihr mit Thara in der Palastküche etwas kochen sollt. Wer hier auf dem Schlauch steht, hat einige Zeit am Herd zu schwitzen, bis der Kuskus auf dem Teller landet. Trotzdem - viel zu schnell ist das Adventure nach zwei Abenden durch, was nicht länger als beim letzten Mal ist. In der Kürze liegt aber auch wieder mal die Würze.

Selbe Grafik

Die farbenfrohe Umgebung hat sich nicht groß verändert, denn viele der 3D-Schauplätze sind dieselben geblieben. Der Basar kommt ebenso wieder vor, wie ihr wieder durch den Palast schleicht und unter der Sonne der nordafrikanischen Wüste brutzelt. Eines fehlt, denn zum Nil dürft ihr nicht runter, nachdem Assil letztes Mal schlechte Erfahrungen mit dem nassen Element machte. Neue Orte sind die Bar mit der Mumie, die von der tanzenden Palastwache bewacht wird, der Friedhof, wo die Halsabschneider ihr Unwesen planen, oder der Steinbruch, wo die Sklaven im gleißenden Licht schuften. Die Zwischensequenzen haben wieder Filmtouch, auch weil sie wechselnde Perspektiven bieten.

Die Figuren sind optisch identisch mit denen des Vorgängers, was grundsätzlich in Ordnung ist, da die 3D-Grafik qualitativ überzeugte. Aber hier hätte die Macher durchaus noch mehr feilen können, denn

Das Prinzip von Herz des Osiris: Ihr trefft bekannte Typen an anderen Orten wieder.
die Figuren sind immer noch nicht optimal in die Umgebung eingebunden, was dazu führt, dass sie seltsame Dinge tun: Thara steigt z.B. umständlich über einen Sack, um auf die andere Seite zu kommen. Bisweilen fehlen die Figuren auch mal. Manches, was so am Straßenrand herumsteht, sieht schlicht grob oder eckig aus.

Bewährter Sound

Auch bei der viel gelobten Sprachausgabe gibt es ein Wiederhören mit den deutschen Stimmen des Vorgängers. Assil wird wieder von Justus Jonas (Drei Fragezeichen) gesprochen, Thara von Christine Pappert. Auch sonst sind wieder bekannte Stimmen zu hören, wie die des Pharao, des obercoolen Fährmanns oder des dümmlichen Sklavenbosses. Der furchtbar überhebliche Wache wird wieder von John Cleese gesprochen. Wie schon beim Grundspiel erschallt orientalische Musik; Gesangeseinlagen müsst ihr aber dieses Mal nicht fürchten.

       

Fazit

Natürlich ist der Reiz des Neuen etwas verflogen, aber Assil & Co. haben sich in Sachen Spielspaß erstaunlich gut gehalten. Innerhalb eines kurzen Jahres konnte das Frische an Ankh auch sicher nicht mumifizieren. Wieder sind es die witzigen Situationen, die das Salz in der Suppe ausmachen und die Dialoge mit den skurrilen Personen sind herrlich respektlos wie eh und je. Ich erwähne nur das Gespräch unter "Göttern" mit dem noch nicht brennenden Dornbusch aus der Bibel, das einfach genial ist. Es dient der Abwechslung, dass ihr auch über lange Strecken Thara und den Pharao steuern dürft, die anders als der junge Taugenichts ticken. Angesichts des tollen Humors bleiben die Rätsel mal wieder ein bisschen auf der Strecke, obwohl Deck 13 sich dieses Mal alle Mühe gegeben hat, komplexere Aufgaben zu schaffen. Vieles ist trotzdem Routine, die sich im Vorbeigehen lösen lässt. Erst gegen Ende werden die Rätsel anspruchsvoller. Optisch hätte sich vielleicht mehr tun können, aber schlecht ist die 3D-Grafik wahrlich nicht; auch die deutsche Sprachausgabe kann sich hören lassen. Das Herz des Osiris ist also die ideale Verlängerung für alle Freunde des kleinen Ägypters!

Pro

knüpft an ersten Teil an
gleicher Humor wie beim Vorgänger
skurrile Figuren
geniale Gespräche
auch Thara und Pharao steuern
nimmt ersten Teil auf die Schippe
ruft LucasArts-Adventure in Erinnerung
filmmäßige Aufmachung
Coderad wie früher

Kontra

wieder recht kurz
oft einfache Rätsel
kaum neue Schauplätze
Grafikfehler

Wertung

PC

Ein witziger Nachfolger, der dem Ankh-Grundspiel in nichts nachsteht.

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