Xpand Rally Xtreme06.01.2007, Michael Krosta
Xpand Rally Xtreme

Im Test:

Mit Xpand Rallye sorgten die polnischen Entwickler von Techland im Jahr 2004 für einen Überraschungserfolg und konnten in unserem Test satte 84% einheimsen. Mit dem Namenszusatz "Xtreme" wird jetzt eine Fortsetzung ins Rennen geschickt, die ganz vorne mitfahren will. Reicht es, um Colin & Co gefährlich zu werden?

Alles beim Alten

Eines vorweg: Viel Neues haben sich die Entwickler nicht gerade einfallen lassen, so dass Extreme auch als Add-On durchgehen würde. Wer mit dem Vorgänger vertraut ist, wird sich auch hier schnell heimisch fühlen, denn das Spielgerüst wurde praktisch 1:1 übernommen. Bei der Profilerstellung müsst ihr euch zunächst zwischen dem leichter zugänglichen Arcademodus und der deutlich anspruchsvolleren Simulation entscheiden. Ärgerlich und umständlich: Für jeden Modus muss

Aufgewirbelter Dreck verschmutzt mit der Zeit auch eure Karosserie.
ein separates Profil angelegt werden! An Herausforderungen erwartet euch neben Einzelrennen auf zuvor freigeschalteten Kursen die Weltmeisterschaft, in der es knapp 70 Veranstaltungen in verschiedenen Ländern zu meistern gilt. Meist tretet ihr dabei gegen Ghost-Cars an - nur ab und zu werdet ihr in Special Stages direkt gegen einen Gegner fahren.

Cash für den Erfolg

Im Gegensatz zu normalen Rallye-Titeln wie Sonys WRC-Serie oder Colin McRae rast ihr bei Xpand Rally Xtreme nicht für wertvolle WM-Punkte, sondern für Bargeld, das in den Boliden investiert werden kann. In der Werkstatt stehen euch etwa 800 Ausbau- und Tuningteile zur Verfügung, mit denen ihr nicht nur mehr PS aus dem Motor kitzelt, sondern auch die Fahreigenschaften mit einer verbesserten Aufhängung, Getriebevariationen und Gewichtsreduzierungen verbessert. Von zentraler Bedeutung ist die Reifenwahl, so dass ihr vor jedem Rennen darauf achten solltet, ob die Pneus sich überhaupt für den jeweiligen Bodenbelag wie Schotter, Asphalt oder Schnee eignen. Liegt ihr daneben, wird aus dem Driftspaß schnell eine kaum kontrollierbare Rutschpartie. Insgesamt lassen sich die Fahrzeuge jedoch gut steuern - sei es mit der Tastatur, einem Gamepad oder einem Force Feedback-Lenkrad. Letzteres sollte selbstverständlich die erste Wahl für euch sein, da der Lenkwiderstand hier wie schon beim Vorgänger prima umgesetzt wurde. Vor allem im Arcademodus seid ihr mit Leichtigkeit unterwegs und nehmt problemlos auch die schärfsten Kurven. Mehr wird euch dagegen im Simulationsmodus abverlangt, der zwar nicht an eine Hardcore-Sim vom Schlag eines Richard Burns Rally

Zwar gibt's keine offizielle Lizenz, doch gleichen die Boliden ihren realen Vorbildern sehr stark.
heran reicht, aber dennoch mit einem realistischen Fahrgefühl punkten kann. Vor jeden Rennen habt ihr zudem die Möglichkeit, das Setup durch Einstellungen der Fahrzeughöhe, Bremskraft, Lenkung und Übersetzung auf die Streckenbegebenheiten und euren Fahrstil anzupassen.

Teure Unfälle

Im Gegensatz zum optischen Schadensmodell des Arcademodus wirken sich Schäden unter Simulationsbedingungen nicht nur auf das Fahrverhalten, sondern auch auf euer Sparschwein aus. Jede Reparatur muss mit harter Währung bezahlt werden, so dass ihr besser vorsichtig ans Werk gehen solltet, wenn nicht all die verdiente Kohle für die Arbeiten drauf gehen soll. Das Schadensmodell ist erfreulich umfangreich ausgefallen und bietet nicht nur zerberstende Scheiben und hässliche Beulen in der Karosserie, sondern lässt bei Kollisionen auch Teile wie Kotflügel, Motorhaube und Reifen durch die Gegend fliegen - bis hin zum Totalschaden. Doch es gilt nicht nur auf das Material zu achten: Wie schon beim Vorgänger kann auch euer Fahrer bei Unfällen verletzt werden, was sich z.B. ebenfalls auf die Steuerung auswirken kann. Sind z.B. Arme oder Beine verletzt, ist eine leichte Verzögerung spürbar. Dies führt sogar so weit, dass ein "menschlicher Totalschaden" möglich ist, wenn euer Fahrer zu stark verletzt wird. In diesem Fall müsst ihr zu eurem letzten Speicherpunkt zurück. Eurem Co-Piloten kann dagegen seltsamerweise nichts passieren, so dass er euch auch nach schweren Crashs immer noch präzise Anweisungen zur Streckenführung gibt und nur selten mit Aussetzern zu kämpfen hat.

      

     

Keine Lizenzen

Da die WRC-Lizenz in den letzten Jahren exklusiv bei Sony zu finden war und sicher nicht billig ist, hat Techland erneut darauf verzichtet und bietet demnach weder offizielle Fahrer, noch originalgetreue Strecken oder authentische Fahrzeuge. Gerade Letzteres ist etwas schade, da sich dies auch ohne die WRC-Lizenz bewerkstelligen ließe (siehe Colin McRae Rally). Zwar gleichen die Modelle ziemlich dreist den realen Vorbildern, doch wird hier aus dem Fiat Punto z.B. ein Italic PNT 1.6, aus einem 5er VW Golf ein RV Wolf 520 oder aus einem Peugeot ein Lion 2007 WRL - auch bei den Tuningteilen wird auf echte Marken verzichtet. Die Flitzer wurden allesamt aufwändig gestaltet und glänzen vor allem in den beiden Außenansichten mit sehenswerten Echtzeit-Spiegelungen und zunehmender Verschmutzung auf dem Lack. Leider kann da

Das Schadensmodell wartet mit vielen Details auf.
die detailarme Cockpit-Perspektive nicht mithalten, in der ihr von den Instrumenten nichts zu sehen bekommt. Nach einer Etappe dürft ihr euch ein Replay zu Gemüte führen, das die gleichen verspielten sowie z.T. richtig coolen Filter bietet wie zuletzt GTI Racing und als AVI-Datei auf eurer Festplatte verewigt werden darf.

Rund um den Globus

Die Strecken wurden allesamt nett in Szene gesetzt, auch wenn sich ein Großteil an bereits aus dem Vorgänger bekannten Kulissen orientiert. Für Abwechslung sorgen nicht nur matschige Regenrennen, sondern auch Nachtfahrten oder rutschige Schneekurse. Zwar wird bei den meist staubigen Ausflügen eine enorme Weitsicht geboten, doch poppen am Streckenrand und Horizont immer wieder deutlich sichtbar Objekte wie Bäume oder Pflanzen ins Bild. Auch die Zuschauer oder Tiere, die am Streckenrand stehen oder die Straße kreuzen, wirken sehr grob. Das Spiel sieht zwar nicht schlecht aus, aber die Next-Gen Driving Experience, wie es die Verpackung suggeriert, will sich einfach nicht einstellen.

Auf den Pisten wirbelt ihr meist mächtig Staub auf.
Vor allem die mager und synthetisch klingenden Motoren haben dafür gesorgt, dass ich mich nie so gefühlt habe, tatsächlich im Cockpit eines Rallye-Boliden zu sitzen. Wer die Colin McRae- oder WRC-Serie kennt, der weiß, dass hier deutlich mehr drin gewesen wäre!

Raser-Quartett

Auch im Multiplayerbereich hätte es ruhig etwas mehr sein dürfen, da ihr euch via LAN oder Internet nur mit maximal vier Spielern spannende Positionskämpfe liefern dürft. Doch wenigstens habt ihr die Möglichkeit, die Sessions individuell zu gestalten: Neben Einzelrennen dürft ihr im Turniermodus eine ganze Serie an Rennen fahren und heimst für Siege Punkte ein. Daneben liegt es in der Macht des Host, Kollisionen zwischen den Fahrzeugen zu erlauben oder alle Spieler als "Ghosts" auf die Strecke zu schicken. Auch Tageszeit und Wetter lassen sich nach Belieben anpassen. Erfreulich: Alle Pisten stehen im Multiplayer sofort zur Verfügung, so dass ihr sie nicht vorher mühsam in der Solo-Karriere freispielen müsst. Habt ihr danach immer noch nicht genug, dürft ihr beim mitgelieferten Streckeneditor selbst Hand anlegen, auch wenn eine gewisse Einarbeitungszeit in dieses Tool notwendig ist.    

Fazit

Was uns Deep Silver und Techland hier als vollwertige Fortsetzung und "Next-Gen Driving Experience" verkaufen, ist in Wirklichkeit nicht viel mehr als eine Erweiterung eines guten Rallye-Spiels, das allerdings schon mehr als zwei Jahre auf dem Buckel hat. Bis auf ein leichtes Tuning der hauseigenen Chrome-Engine und zwei neue Szenarien hat Xtreme nicht viel mehr zu bieten als der Vorgänger. Von daher lohnt sich der Kauf trotz des relativ günstigen Preises eigentlich nur für Pistenjäger, die den Vorgänger noch nicht ihr Eigen nennen. Diese bekommen aufgrund der gelungenen Fahrzeugphysik, des detaillierten Schadensmodells sowie einer umfangreichen Weltmeisterschaft mit Tuning-Feature ein gutes Rallye-Spiel, das trotz missratener Cockpit-Perspektive, den dünnen Motorensounds und kleinerer Grafikschwächen insgesamt überzeugen, aber nicht restlos begeistern kann. Vielleicht bringt ja Altmeister Colin McRae mit dem für dieses Jahr angekündigten DIRT endlich die erwartete Next-Gen-Erfahrung im Rallye-Sport. Techland hat dieses Vorhaben mit Xtreme leider nicht umsetzen können.

Pro

gelungene Fahrphysik
Arcade- und Simulationsmodus
detailliertes Schadensmodell
viele Tuningteile
umfangreiche WM
anderer Ansatz als bei anderen Rallye-Spielen durch Tuning und Geld
sehr gute Steuerung (besonders mit FF-Lenkrad)
schickes Environment-Mapping
hohe Weitsicht
meist präziser Co-Pilot
verletzbarer Fahrer
verschiedene Tageszeiten sowie Witterungsbedingungen
Replays mit coolen Filtern und Speicherfunktion

Kontra

kaum Neuerungen gegenüber Vorgänger
deutliche Pop-Ups
schwache Motorenklänge
keine lizenzierten Boliden oder Strecken
nur maximal vier Spieler über LAN oder online
schwache Cockpit-Ansicht

Wertung

PC

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