East India Company28.08.2009, Bodo Naser
East India Company

Im Test:

Die barocken Fürsten verschwendeten Unsummen für Kriege, Schlösser und Mätressen. Ein Weg, um an mehr Geld zu kommen, waren Handelskompanien, die teure Waren aus fernen Landen importierten. Eine solche Firma kann man nun bei East India Company (ab 29,99€ bei kaufen) aus dem Boden stampfen. Hat Paradox Interactive ein weiteres intelligentes Strategiespiel veröffentlicht?

Frühe Globalisierung

Was zählt, ist allein der Profit. Dieser Leitsatz gilt nicht nur heute, sondern galt auch in vergangenen Zeiten, als der Kapitalismus gerade am Entstehen war. Ob es nun italienische Geldverleiher, Händler der Hanse oder die superreichen

Go East. Ostwärts um Afrika herum ist die Richtung, die sagenhaften Reichtum verspricht. 
Fugger waren - alle strebten in erster Linie nach Gewinn. Ganz besonders galt das für jene Firmen, die sich seit Beginn des 17. Jahrhunderts aus Einzelkaufleuten zusammenschlossen. Die Kompanien rissen sich den lukrativen Fernhandel unter den Nagel, der sich gerade mit den Kolonien entwickelte. Der Import von Luxuswaren wie Seide, Porzellan oder Gewürzen versprach sagenhafte Gewinne - ganz besonders wenn man ein Handelsmonopol besaß. Reichtum und Privilegien wollen natürlich auch geschützt werden, weshalb die Unternehmen sogar Krieg gegen Konkurrenten führten.

Am einflussreichsten waren sicher die englische und niederländische Ostindienkompanie, die ihre Schiffe ums Kap der guten Hoffnung in Afrika herum in Richtung Indien und China lenkten. Die englischen Kaufleute erwarben von der britischen Krone 1600 das Monopol, 15 Jahren allein Handel mit Asien zu treiben, während die Holländer regelrechte Gewürzflotten aus Indonesien verschickten. Auch kleinere Nationen wie Schweden oder Dänemark hatten Monopole etwa für Tee, den sie teils weiter nach England schmuggelten. Es gab sogar eine preußische Kompanie, die 1751 von Friedrich dem Großen gegründet wurde. Sie war allerdings spät dran, als der Kuchen schon verteilt war und wurde 1765 wieder geschlossen, weil ihr Stammsitz in Emden nach dem Siebenjährigen Krieg verwaist war.

Im Dienste des Königs

Im von Nitro Games entwickelten Spiel kann man England, Frankreich, Spanien, Schweden, Dänemark, Niederlande,

Die Qual der Wahl hat man bei den Nationen. Es macht aber keine großen Untwrschied macht, wen man nimmt. 
Portugal und Deutschland spielen. Die Nationen sind anfangs gleich stark, so dass es keinen großen Unterschied macht, wen man nimmt. Immerhin haben die Schiffe der englischen Ostindienkompanie die richtige Flagge gehisst, die ein wenig anders aussieht als die Flagge des Königs. Doch bei den Deutschen, die es als Staat zum Spielstart 1600 noch gar nicht gab, hat man sich weniger Mühe gegeben, denn sie hissen den Doppeladler des Kaiserreichs Österreich - schade. Man hätte sie gleich Österreich nennen oder ihnen stattdessen die preußische Fahne geben können, da es beide Kompanien gab. Aber so ist es nichts Halbes und nichts Ganzes, das allein den Vorteil hat, dass man Deutschland spielen kann.

Einen Unterschied macht das allenfalls beim Heimathafen, von dem man startet. Die Nordeuropäer müssen nämlich länger fahren, um nach Asien zum kommen, da ihre Docks auf der nicht sonderlich ausgefeilten Karte im Nordosten liegen. Der Zeitnachteil macht nicht viel, denn es gibt keine Termingeschäfte. Sogar England hat gegenüber Westeuropäern wie Spanien, Portugal oder Frankreich die schlechtere Lage, da es keinen Handel mit Amerika gibt. Handelsraum ist grob das Gebiet von Westafrika bis Thailand, wobei Indien zwölf Häfen hat. China fehlt, obwohl es wichtiger Handelspartner und Konkurrent des Westens war. Immerhin sind chinesische Waren wie Porzellan, Seide oder Tee als Haupthandelsgüter vertreten. Ansonsten gibt es noch Gewürze und Mokka. Felle, Gold, Diamanten und Elfenbein gibt's in Afrika.

Erfolge im Auge

Der Beginn erinnert an Spiele wie Patrizier, auch wenn alles einfacher fällt. Man startet mit einer eigenen Niederlassung im Heimathafen, hat nur ein Schiff und muss Geld scheffeln. Obwohl man keine große Ahnung hat, wie das laufen soll,

Noch sind die Erfolge jungfräulich. Das ändert sich rasch, denn für vieles gibt's eine Belobigung.   
 bekommt man laufend Tipps, was man machen muss. Sonst ist "learning by doing" angesagt, so dass man die Anleitung nicht unbedingt lesen muss. Zudem ist in der Kampagne das Gerüst vorgegeben, wo man innerhalb weniger Jahre Aufgaben erledigen muss. Einen Hafen erobern, eine Flotte ausrüsten oder eine bestimmte Menge einer Ware ranschippern. Wenn man sich nicht verzettelt, ist das auf Schwierigkeitsstufe "normal" leicht zu schaffen. Am Anfang sollte man so wenig wie möglich Geld ausgeben, da auch laufende Kosten zu bestreiten sind. Wenn man die Garnison einer Niederlassung vergrößert, steigen auch die jährlichen Ausgaben.

Einen gesellschaftlichen Aufstieg gibt es zwar nicht, aber dennoch kann man sich hocharbeiten. Der eigene Aufschwung wird hauptsächlich durch ein steigendes Bankkonto repräsentiert. Wie bei einem Konsolenspiel gibt es Erfolge, die man im Laufe des Spiels als Plakette erhält. Wenn man sein Vermögen verdoppelt, eine bestimmte Menge Waren geliefert hat, oder wenn man eine bestimmte Anzahl von Schiffen versenkt hat, wird man befördert. Anfängliche Erfolge sind leicht zu erringen, aber es gibt welche, die darauf aufbauen. Etwa wenn man 10.000 Tonnen abliefert oder noch mehr. Bis auf die reine Ehre erhält man aber nichts, anders als in der Kampagne, wo es Belohnungen gibt. Übrigens: Selbst auf hohem Schwierigkeitsgrad verschlechtern sich nur die Anfangsbedingungen und man startet mit 30.000 Pfund. Kein Beinbruch, denn sonst sind es 50.000.

                    

Pfeffersack in Aktion

Wie läuft der Handel ab? Man lädt die Schiffe einer Flotte voll mit einfachen Waren wie Kohle, Waffen oder Eisenteile, die für den Export bestimmt sind. Jede Flotte besitzt einen Kapitän, der fünf Schiffe führen kann, bestimmte Eigenschaften hat und

Das Schiff in Richtung auf die indische Küste. Die Seefahrt kann dauern, auch weil sie sich nicht beliebig beschleunigen lässt.  
sich stetig verbessert. Auch die Schiffe werden immer besser beim Navigieren. Dann klickt man einen Hafen in Fernost an, was nicht immer sofort klappt, weil die Maussteuerung ungenau ist. Die Flotte setzt sich in Bewegung, wobei sich ihre Geschwindigkeit nach dem langsamsten Schiff richtet. Da sie die Strecke nicht auf einmal schafft, muss man unterwegs anlegen, was automatisch passiert. Das kann sie aber nur in neutralen Häfen, die nicht anderen Nationen gehören. Später muss man Häfen erobern, die als Stützpunkte dienen. Aus einem bekannten holländischen Stützpunkt entstand etwa die Kapkolonie und schließlich Südafrika.

Ist man angekommen, kann man die mitgeführten Waren verhökern, was aber nicht viel Gewinn bringt. Das meiste Geld scheffelt man mit dem, was man in Indien auflädt. Man erwirbt Tee, Seide, Gewürze oder Porzellan, was man umständlich einzeln auf jedes Schiff laden muss und zudem viel Geld kostet. Aber es lohnt sich. Dann geht es zurück nach Europa in die Heimat, was wiederum dauern kann. Leider lässt sich die Reisegeschwindigkeit nur vervierfachen, was oft zu wenig ist, wenn man mal lange wartet. Weder die billig anmutende 3D-Weltkarte noch die gelegentlich auftauchenden Ereignisse können einen über die Seereise hinwegtrösten. Zudem wird jedes raus und rein in eine Stadt, wo es ohnehin nix zu sehen gibt, mit nervigem Nachladen bestraft.

Seekrieg light

Krieg kommt zwar nicht all zu oft vor, aber ist dennoch ein Bestandteil des Spiels. Meist wird man in der Kampagne dazu aufgefordert, 

Die Seeschlachten sehen nur auf den ersten Blick interessant aus. In Wahrheit sind eher öde.  
eine Anzahl Schiffe zu kapern oder zu versenken. Man kann auch nur eine Schlacht spielen, was eine Option im Menü ist. Das können Feinde sein, denen man den Krieg erklärt hat, oder -was häufiger vorkommt- man stößt auf Piraten, die ihre Häfen bei Ostafrika haben. Die Seeschlachten erinnern sofort an Empire: Total War, ohne aber dessen Ausgefeiltheit zu erreichen: Man klickt auf den Feind und der Rest passiert von alleine. Die tollen Spezialfähigkeiten der Kapitäne erweisen sich als sinnlos, denn man gewinnt auch so. Wenn man die besseren Schiffe hat, ist das kinderleicht. Sonst alles wie gehabt: Wie bei Pirates! gibt es drei verschiedene Sorten von Kanonenkugeln, die Rumpf, Männer oder Takelage beschädigen. Ist man nah genug dran, kann man entern. Nach der Schlacht sollte man die Schiffe reparieren, da sie durch den Beschuss beschädigt sind. Vom normalen Betrieb verschleißen sie aber nicht.

Die unansehnlichen Seegefechte kann man aus dem Weg gehen, indem man sie automatisch ausführen lässt, aber feindliche Häfen muss man besetzen. Das ist obwohl kein großer Genuss immer dann nötig, wenn man eine Niederlassung erwerben will. Auch auf dem Weg nach Indien sollte man Stützpunkte haben. Was beim Erobern zählt, ist die alleinige Zahl der Soldaten, die man an Bord hat. Aus diesem Grund sollte man irgendwann neue Schiffstypen kaufen, da sie mehr Soldaten aufnehmen können. Allerdings wird jede Einheit damit erkauft, dass man weniger Ladung mitnehmen kann. Bei frühen Schiffe wie Schaluppen oder Schonern macht das was aus, da sie nicht viel Laderaum haben. Später dann bei Brigg, Galeone oder Fregatte ist dann meist genug Platz für beides.

Wo tut sich was?

Die Ostindienkompanien legten nicht selten den Grundstein für spätere Kolonien in Ostasien oder Afrika. Wer glaubt, den Ländern im Spiel auch seinen Stempel aufdrücken zu können, 

Die Hafenstädte sehen nicht nur fies aus, sie verändern sich auch kaum. Man kann zu wenig bauen. 
wird enttäuscht sein. Denn obwohl man Häfen erobern und ausbauen kann, verändert sich der Charakter des Spiels kaum. Auch nach einigen Jahrzehnten schippert man immer noch dieselben Sachen über dieselben Seerouten. Obwohl man fleißig Handelsplätze, Docks oder Festungen baut, ändert sich doch recht wenig. Es gibt nur wenige Bauoptionen und einzig echte Neuerung ist die Größe der Schiffe.

Eine Wirtschaftsentwicklung ist kaum auszumachen: Es bleibt statisch, da nichts entsteht oder bankrott geht. Wenn man viel von einer Ware importiert, fällt der Preis zwar, aber das ist nicht von Dauer. Auf die Einfuhren hat das kaum eine Auswirkung, da man immer noch gut Geld macht. Es kommt auch nicht zur Inflation, wenn man viel Gold importiert.

Obwohl es die Möglichkeit gibt, mit anderen Völkern zu verhandeln, bringt auch das keine echte Langzeitmotivation. Man kann Pakte schmieden, wobei man dann Häfen des Verbündeten benutzen darf. Die KI hält sich in der Regel dran, aber man hat nicht wirklich das Gefühl, mit echten Partnern zu verhandeln. Sie bieten einem ab und an Waren an zu einem Preis an, bei denen sie meist Miese machen. Besser abschneiden könnte da ein menschlicher Mitspieler, der sich im Internet oder LAN finden lässt. Allerdings hat man hier das Problem, dass man nicht genug Spieler findet. East India Company ist halt doch kein Empire: Total war, wo sich viele Leute tummeln.

           

Fazit

East India Company ist leider eines der schwächeren Spiele von Paradox, denn es macht nur kurzzeitig Spaß. Obwohl man jede Menge Kohle scheffeln kann, fühlt man sich keine Sekunde wie ein mächtiger Handelsherr der guten alten Tage. Dazu gibt es schlicht zu wenig zu tun, insbesondere kann man sein Geld nicht in Macht ummünzen. Man kann von einen paar Standardbauten abgesehen keine Schlösser errichten. Titel oder Ländereien kann man sich wie bei Fugger auch nicht kaufen. Die von Empire: Total War kopierten Seekriege sind stark versimpelt, laufen teils automatisch ab und sind ebenso leicht zu gewinnen. Glücklicherweise muss man nicht oft kämpfen. Immer nur größere Schiffe versenden reicht aber auf Dauer nicht für die strategische Motivation; zudem gibt es kaum Veränderungen innerhalb der Welt, obwohl man 150 Jahre spielen kann. Die Jahrzehnte verstreichen und es tut sich zu wenig. Weder wechseln die Geschmäcker noch entstehen neue Häfen oder Produktionen, denn im ganzen Spiel gibt es keine Manufakturen. Auch nach langer Zeit schippert man immer noch Tee von Indien in seinen Heimathafen und macht einen guten Schnitt dabei. Die dafür eingeheimsten Erfolgsmeldungen können einen auch nicht bei Stange halten, da es viel zu leicht ist, sie zu erringen. Man muss nur warten, bis man wieder eine virtuelle Plakette erhält. Das bisweilen unhistorische und billig anmutende Handelsspiel ist sein Geld leider nicht wert.

Pro

Aufstieg der Kompanie nachspielen
schnelle Erfolge
vereinfachter Handel
Handelswege schützen

Kontra

macht nur kurzzeitig Spaß
wenig Möglichkeiten
keine dynamische Wirtschaft
zu leicht
schwache Diplomatie
kaum Bauoptionen
bisweilen unhistorisch

Wertung

PC

Pfeffersack - light. Über das reine Handeln hinaus bietet das Spiel verdammt wenig.

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