Wings Over Europe - Cold War: Soviet Invasion21.12.2006, Marcel Kleffmann
Wings Over Europe - Cold War: Soviet Invasion

Im Test:

Flugsimulationen haben es nicht leicht. Vor allem, wenn sie den Spagat zwischen Arcade-Modus, Zugänglichkeit und akkuratem Realismus wagen. Wings Over Europe - Cold War: Soviet Invasion (ab 6,90€ bei kaufen) versucht diese mutige Gratwanderung, aber kann irgendwie nicht richtig ankommen.

Was wäre wenn...

... die Sowjetunion im Kalten Krieg, genauer gesagt im Jahr 1962, eine Panzerarmee Richtung Westeuropa geschickt hätte? Dieses fiktive Geschichtsszenario liegt bei der Flugsimulation "Wings Over Europe - Cold War: Soviet Invasion" in der Luft und ihr dürft in allerlei "schnellen Kampfeinsätzen" oder Kampagnen für die Nato ins Cockpit steigen. Schon hier wird deutlich, dass die Entwickler rund um Tsuyoshi Kawahito versuchen, ein "schnelles Spiel für zwischendurch" mit einem umfangreichen Feldzug zu kreuzen. Die bemühte Mischung aus Arcade und Simulation ist allerdings ziemlich unausgegoren. Warum? Allein die Steuerung des Flugzeugs verschlingt nahezu jede Taste auf der Tastatur und selbst wenn man alle Realitätsoptionen wie Flugmodell, Blackouts, Munitions- und Treibstoffverbrauch 

Beim Spagat zwischen Arcade und Simulation landet Wings Over Europe - Cold War: Soviet abermals auf dem Hosenboden.
auf "einfach" runterschraubt, steuern sich die Maschinen noch zu anspruchvoll. Von Arcade keine Spur und dank fehlendem Tutorial werden Flusi-Neulinge frustriert in den Steuerknüppel beißen.

Für Fortgeschrittene oder Profis

Solltet ihr Erfahrung aus anderen Flugsimulationen oder dem indirekten Vorgänger "Wings over Vietnam" mitbringen, bekommt ihr ein brauchbares realistisches Flugmodell vorgesetzt, das nicht an die Komplexität von IL2-Sturmovik oder Falcon 4.0 Allied Force herankommt. Mehr Mühe gegeben haben sich die Entwickler jedenfalls bei der Umsetzung der zwölf steuerbaren Flugzeuge (z.B. McDonnell Douglas F-4 Phantom, F-15 Eagle, A-10 Thunderbolt II "Tankbuster", F-100 Super Sabre und F-105 Thunderchief), die sich alle ein bisschen unterschiedlich in der Luft halten lassen und ihre Eigenarten haben. So wurde in die A10 Tankbuster kein Nachbrenner eingebaut, während die Eagle wendiger und damit Blackout-freudiger durch die Luft braust.

Kampagnen-Geschichten

Abseits der völlig optionsfrei zusammen gewürfelten "schnellen Einsätze" und den Einzelspieler-Missionen, bei denen ihr zumindest einige Parameter verstellen könnt, erwarten euch drei nicht dynamische Kampagnen. Eingeleitet von schnöden Texttafeln und mit Informationen übersäten Gebietskarten (inkl. Grenzen) müsst ihr euch in fortlaufenden Missionen der Marke "Luftangriff", "Bodenangriff", "Patrouille", "Eskorte" oder "Abfangen" beweisen. Viele dieser Einsätze sind erstaunlich kurzbündig (ca. 15 Minuten) und spielen sich ohne viel Abwechslung, Überraschungen oder Dynamik. Neben diesen Schnellschüssen erfreuen etwaige längere Missionen die Hobbypiloten, bei denen ein bisschen taktische Gehirnarbeit bei der Angriffplanung von Nöten ist - herausragende oder hervorstechende Einsätze sucht ihr vergebens.

Zu verdanken ist dieses Mittelmaß auch der Computerintelligenz, die solide Dienste abliefert, aber ruhig aggressiver agieren könnte. Setzt ihr euch beispielsweise hinter einen feindlichen Flieger, so leitet der computergesteuerte Fiesling kaum Gegenmaßnahmen ein und lässt sich meist leicht vom Himmel holen, u.a. dank der hilfreichen Anzeigen im HUD (z.B. Geschwindigkeit, Kurs, etc.). Fortgeschrittene Flugmanöver sind hingegen ein Fremdwort für die Feinde und zu Adrenalin treibenden Verfolgungsjagden (vorwiegend mit den MiG-Maschinen) kommt es eher selten.

Aus großer Höhe sieht die Bodentextur noch recht gut aus, solange ihr auf den Tiefflug verzichtet.
 Zwischen den spartanisch präsentierten Text-Briefings und Kampagnenkarten dürft ihr zumindest eure Flugzeuge individuell mit Waffensystemen ausrüsten und eure Flügelmänner zuweisen. Eure Mitstreiter gewinnen im Laufe des Feldzugs an Erfahrung und ihre Werte wie Kondition, Moral und Skill wirken sich auf ihre Leistung aus. Ist ein Kämpfer beispielsweise moralisch unausgewogen, kann es passieren, dass er im Kampfeinsatz schneller vom Himmel geholt wird als wenn er in Topform wäre.

Technischer Tiefflug

Die virtuelle Nachbildung der Flugzeuge und Cockpits ist im Grunde genommen das einzig wirkliche Highlight der Grafik. Ein Tiefflug über den Boden offenbart eine aus platten und niedrig aufgelösten Texturen zusammengesetzte Landschaft, die matschig und unscharf erscheint. Außerdem gibt es dort kaum Gebäude, Bäume oder sonstige Dekorationen zu sehen. Selbst die Licht-Effekte, Explosionen oder volumetrische Wolken können die Kohlen nicht mehr aus dem Feuer holen. Auf musikalische Untermalung im Fahrstuhlstil wurde zum Glück gänzlich verzichtet und neben durchaus gelungenen Soundeffekten, fallen höchstens die sich wiederholenden Funksprüche auf.   

Fazit

Wings Over Europe - Cold War: Soviet Invasion ist eine Flugsimulation ohne große Highlights. Lediglich die Kampagne könnte für längere Zeit fesseln, was keinesfalls an den leblosen Missionen oder der durchschaubaren Computerintelligenz liegt, sondern daran, dass ihr eure Flugzeuge selbst bewaffnen könnt und die Mitstreiter an Erfahrung gewinnen – solange euch die schlichte Präsentation nicht abschreckt. Einsteiger seien jedoch gewarnt, denn Steuerung als auch Flugrealismus sind einigermaßen anspruchsvoll und da es kein Tutorial gibt, fällt der Anfang schwer. An die Simulationsqualität der Kategorie von IL2-Sturmovik oder Falcon 4.0 reicht Wings Over Europe trotzdem nicht heran. Sucht ihr also eine echte realistische Flugsimulation, greift lieber zu IL2 Sturmovik 1946.

Pro

nettes Flugmodell
ordentliche Realismusoptionen
drei Kampagnen
Bewaffnung und Crew wählbar
unterschiedliche, gut nachgebildete Flugzeuge
Koop-Multiplayer-Modus

Kontra

zu schwer für Einsteiger, kein Tutorial
lahme und leblose Missionen
kaum Abwechslung
schnödes Briefing
Gegner-KI schnell zu durchschauen
fehlende Atmosphäre
veraltete Grafik

Wertung

PC

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