Dawn of Magic03.05.2007, Bodo Naser
Dawn of Magic

Im Test:

Wenn ihr muskelbepackte Helden in gold strahlenden Rüstungen mit Superwaffen nicht mehr sehen könnt, dann ist vielleicht Dawn of Magic (ab 7,99€ bei kaufen) interessant. In dem Action-Rollenspiel von Sky Fallen schwingt ihr nicht die große Axt, sondern den zündenden Zauberstab - ohne Magie geht gar nichts. Allerdings solltet ihr gute Augen mitbringen, denn sonst entgeht euch die Hälfte des Abenteuers.

Adlerblick gefragt

Ein junger Mann streift ganz allein durchs Dickicht des Waldes und alles was er bei sich trägt ist ein Regenschirm. Der Typ muss nicht nur irre, sondern auch lebensmüde sein,

Die Riesenschlange ist besiegt und sinkt in den Staub. Hoffentlich seht ihr auch, was sie alles abgeworfen hat.
denn schon nähern sich Unholde, um ihm das Lebenslicht auszublasen. Schakale, Skorpione und Goblins eilen heran. Als die ersten Monster den Möchtegernhelden erreichen, zuckt es ein paar Mal hell und schon sind einige schockgefroren. Ein paar verstärkte Eiszauber auf die Goblinhorde gezielt und wenig mehr als ein paar rote Fleischklumpen bleibt von ihr übrig. Der Schirm entpuppt sich als ebenso leichte wie skurrile Waffe für den Zauberer von Welt, die er aber eigentlich nur zum Kisten zerschlagen benutzt.

Nach einem derart grandiosen Sieg mit eurem Avatar wollt ihr natürlich die Beute einsammeln. Was haben die Feinde im Todeskampf abgeworfen? Doch das ist leider nicht so einfach, wie es klingt, denn die Darstellung ist so unübersichtlich, dass euch Kleinteile oft genug entgehen. Gerade die Feuereier, die ihr gleich am Anfang als Medizin finden sollt, überseht ihr regelmäßig. Immerhin gibt es ein automatisches Aufheben, das aber den Überblick auch nicht wesentlich steigert. Die Unübersichtlichkeit setzt sich nämlich im Inventar fort, in dem ihr trotz Sortierfunktion auch nichts findet. Stattdessen müsst ihr scrollen, was die Maus hergibt.

Für Zauberfetischisten

Das große Thema des russischen Action-Rollenspiels ist die Magie. Die vier Charaktere, die ihr wählen könnt, sind recht außergewöhnlich, da sie allesamt mehr oder minder magisch begabt sind. Es gibt

Einer der vier spielbaren Helden ist ein Zauberlehrling, der auch gut in Harry Potters Klasse passen würde.
linkische Zauberlehrlinge, fette Mönche, Bäckerinnen und mysteriöse Zigeunerinnen. Nach dem pomadig inszenierten Tutorial, das ihr euch somit sparen könnt, landet ihr in einer Akademie der Zauberer, die an Harry Potters Hogwarts erinnert. Hier müsst ihr die Richtung bestimmen, in die eure arkane Reise gehen soll. Lieber Feuermagie, Luftzauber oder doch lieber Totenbeschwörer? Der Vorteil: Es lassen sich auch unterschiedliche Richtungen kombinieren.

Zwölf Zauberrichtungen gibt es, die zusammen fast hundert Zauber bieten. Alles ist recht übersichtlich in einem Buch aufgeführt, wo ihr auch gesammelte Punkte verteilt. Neue Zauber lernt ihr, indem ihr Spruchrollen lest. Das Gute dabei ist, dass ihr eure Kampfzauber verstärken könnt. Es gibt nicht nur einfache Feuerbälle sondern solche, die mit einer weiteren Wirkung aufwarten. Ein Lähmungszauber etwa, der die Feinde verlangsamt. Nicht jeder Zauber ist für eine Modifikation geeignet, denn er braucht einen sekundären Effekt. Ihr könnt euch mehrere Kombinationen fertigen, die ihr im Menü ablegt. Dort könnt ihr im Spiel bequem zwischen ihnen wechseln.

Story - Fehlanzeige!

Seltsam, aber wahr: Von einem Action-Rollenspiel erwarten die Wenigsten eine gescheite Story. Von Diablo bis Sacred gibt es allenfalls eine dürftige Fantasy-Geschichte, die meist aus der Beschaffung von irgendwelchen oberwichtigen Artefakten besteht, die partout nicht in die Hände des Oberfieslings fallen dürfen. Das Höchste der Gefühle ist dann, wenn ein paar lose Zwischensequenzen die Story inszenieren. Doch das muss nicht sein, denn eine Story ist das A und O eines Rollenspiels. Nur über eine gescheite Geschichte wird der Spieler überhaupt erst ins Geschehen gesogen. Die Motivation besteht doch zu einem Großteil daraus, wissen zu wollen, wie es weitergeht. Stellen Action-Rollenspieler diese Bedürfnisse zugunsten des Sammeltriebs hinten an? Letztlich unterscheidet die Story ein mittelprächtiges Spiel von einem guten.

Dawn of Magic bildet in diesem Punkt keine Ausnahme, ganz im Gegenteil: Das Intro macht zunächst neugierig, so etwas wie eine Story ist aber nur mit gutem Willen zu erkennen. Worum es geht, teilt

Ausrufezeichen bedeuten, dass jemand eine Quest für euch hat. Leider fehlt im Spiel irgendwie der rote Faden.
 euch niemand mit. Ihr seid halt irgendein Zauberlehrling, der mehr lernen will, ohne dass dies für zusätzlich Antrieb sorgen würde. Eher schon kommt ihr euch auf Einzeletappen vor, denen das große Ganze fehlt. Die Motivation bleibt eher gering und der Eindruck von Stückwerk verstärkt sich noch durch die Transporttore in andere Teile. Auch das Gut-Böse-Schema ist nichts anderes als ein Gag, da es keinen großen Unterschied macht, was ihr nun seid. Die Macher hätten es weglassen können.

Zweckorientierte Aufträge

Immerhin sind die im Journal aufgezeichneten Quests bisweilen abwechslungsreich, da ihr ab und an mal außergewöhnliche Aufgaben erfüllt, wie etwa die Kinder einer Frau zum Essen zusammenzusuchen. Ihr müsst ihnen hinterher rennen, was gar nicht einfach ist, da sie immer wieder ausbüchsen, wenn ihr zu lange braucht. Ansonsten müsst ihr oft Rohstoffe einsammeln, was nicht immer spannend ist, da es meist ums Kämpfen geht. Jede Quest lässt sich übrigens beliebig oft wiederholen, um so Erfahrungspunkte und Geld zu schinden. Schade, aber es ist nicht möglich, Gespräche zu führen, die übers rein Zweckmäßige hinaus gehen. Englisch müsst ihr aber schon können, denn das Spiel ist komplett unübersetzt.                        

Schwankende Kämpfe

Der Kampf unterscheidet sich kaum von denen anderer Action-Rollenspiele, wenn ihr dort einen Zauberer nehmt. Die Gegner sind nicht sonderlich abwechslungsreich,

Monster auf Eis. Die übergroßen Ameisen lassen sich hervorragend mittels eines Zaubers einfrieren.
da ihr immer wieder aufdieselben Monster trefft - Goblins, Feuerameisen und Kojoten. Wie bei anderen Spielen auch gibt es neben den einfachen Unholden auch stärkere Monster, die eine Gruppe anführen. Im Fall der Schakale erledigt ihr den Boss zuerst, was das Rudel schwächt. Einzeln sind sie leichter zu besiegen. Es gibt auch übergroße Einzelgegner wie Drachen, die ihr einige Zeit mit Magie eindecken müsst, bis sie am Ende sind.

Von Ausgeglichenheit ist keine Spur: Bisweilen ist der eine feste Schwierigkeitsgrad nicht von schlechten Eltern, etwa wenn auf eine ganze Meute trefft. Sind noch Schamanen dabei, ist es meist um euch geschehen, was insbesondere für Anfänger frustrierend ist. Wieder andere Gegner sind nicht der Rede wert. Wer sich vielleicht an die eher laschen Kämpfe von Titan Quest gewöhnt hat, wird allerdings öfters ins Gras beißen, bis er sich umgestellt hat. Immerhin sorgt die Karte dafür, dass ihr den Feinden aus dem Weg gehen könnt. Erst später könnt ihr die Schwierigkeit verändern, allerdings nur noch schwerer, wenn ihr es durchgespielt habt.

Mehr zu tun

Neben dem reinen Zaubern hat euer Charakter natürlich noch andere Fähigkeiten: Ihr könnt selbst Waffen reparieren, Zutaten für einen Trank zusammenbrauen und Ausrüstung mit magischen Items aufwerten. Ihr könnt euch sogar tätowieren lassen, was ebenfalls alles übers Menü möglich. Die Areale wie Städte, Felder und Wälder sind teils riesig aber leider auch völlig unübersichtlich, da sie mit Details überfrachtet sind. Hier einen Händler zu finden, ist trotz der eingefärbten Karte gar nicht leicht. Eigentlich schade, denn viele der NPCs bieten euch eure Dienste an. Ihr könnt vom Alchemisten Tränke brauen oder vom Schmied Waffen schmieden lassen, was aber alles gar nicht einfach ist, da die Zutaten oft nicht leicht zu beschaffen sind.

Stiefmütterlicher Multiplayer

Der Multiplayer hat wenig zu bieten, das der Erwähnung bedürfte. Mit dem legendären Mehrspieler eines Diablo hat er nichts gemein, obwohl 16 Spieler im LAN gegeneinander antreten dürfen.

Optische Highlights sind leider rar gesät. Zudem fehlt es trotz Zoom und Karte oft an der Übersicht.  
Immerhin gibt es verschiedene Spielmodi, die aber nur das Übliche bieten und keinen Koop-Modus. Von einer eigenen Community mit Servern ist weit und breit keine Sicht, so dass auch die Möglichkeit des Internetspiels wenig mehr als bloße Staffage ist. Außerdem müsst ihr euch einen neuen Charakter erstellen und dürft nicht euren Magier nehmen.

Vollgestopfte Grafik

Rein äußerlich hinterlässt Dawn of Magic einen angestaubten Eindruck, obwohl es eine 3D-Darstellung bietet. Die Grafik ist zwar bunt, überzeugend sehen jedoch allenfalls die Zauber und Lichteffekte aus. Die Gebäude sehen klobig aus und die fächerartigen Bäume wenig echt. Dass die vollgestopfte Umgebung nicht gerade die Übersicht fördert, wurde schon mehrfach erwähnt. Leider gilt für die dreh- und zoombare Kamera Entsprechendes, die ihr sogar von Hand umjustieren müsst. Ein automatische Verfolgerperspektive wäre hier eher Trumpf gewesen. Warum manche Stadt gar nur einen begehbaren Ausgang besitzt, obwohl einige in der Mauer eingezeichnet sind, bleibt ebenfalls ein Geheimnis der Macher.

         

Fazit

Dawn of Magic macht zunächst den Eindruck, als sei es im Hack&Slay-Einerlei mal was anderes. Dieser wird anfänglich dadurch genährt, dass man nur Zauberer spielen kann. Entsprechend ausgefeilt ist der Bereich der Magie, in dem ihr euch weitgehend frei austoben könnt. Ihr dürft Zauber lernen, ausbauen und kombinieren. Leider haben die Macher andere wichtige Dinge stiefmütterlich behandelt, was mit der nicht vorhandenen Story beginnt: Sie hätte den einzelnen Teilstücken einen inneren Zusammenhang geben können. Außerdem hätten Sky Fallen ein Herz für Einsteiger beweisen können, indem sie einen leichten Schwierigkeitsgrad anbieten. Die genretypischen Kämpfe sind unausgeglichen, was zusätzlich für Frust sorgt: Zuerst bügelt ihr Monster wie Strohhalme um und dann beißt ihr einen Augenblick später unvermutet ins Gras. Da fehlt es einfach an der kontinuierlichen Steigerung der Herausforderung, aber zum Glück werdet ihr meist ohne große Folgen wiederbelebt. Das Action-Rollenspiel ist zudem total überfrachtet, was nicht nur für die Draufsicht gilt. Auch die sonstigen Bereiche wie Tätowierungen oder Gut-Böse Schema sind zwar gut gemeint, aber hier wäre wie bei der Darstellung weniger mehr gewesen. Vieles wurde nicht vollends durchdacht, so dass Dawn of Magic insgesamt im Mittelmaß versinkt.

Pro

Schwerpunkt liegt auf Magie
freie Wahl der Richtung
Zauber kombinieren
freie Charakterentwicklung
zusätzliche Fähigkeiten
teils skurrile Welt

Kontra

zu schwer
Story kaum zu erkennen
total unübersichtlich
Kämpfe nicht ausgeglichen
Gut-Böse ohne Sinn
schwacher Multiplayer

Wertung

PC

Obwohl ihr hier im Reich der Magie wandelt, spielt es sich keinen Deut anders als andere Hack&Slay-Titel

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