Jade Empire: Special Edition27.02.2007, Jörg Luibl
Jade Empire: Special Edition

Im Test:

China ist das Land der philosophischen Weisheiten, der exotischen Kampfkünste und Heimat zig mythologischer Wesen. Trotzdem war es bisher selten Schauplatz für Rollenspiele. Erst die Kanadier von BioWare nutzten das asiatische Riesenreich als Vorlage für ein Abenteuer. Im April 2005 haben wir Jade Empire auf der Xbox mit 84% bewertet. Jetzt ist die erweiterte Special Edition für den PC da. Was ist drin, wie sieht's aus und lohnt sich der Kauf?

Fernöstlicher Rückblick

Ich kann mich noch gut erinnern: Wir haben uns vor zwei Jahren riesig auf BioWares neues Rollenspiel gefreut, die Veröffentlichung 

Einstieg, Story und Finale entsprechen 1:1 der Xbox Fassung: Auch auf dem PC beginnt alles im friedlichen Dojo mit ersten Kampfübungen, bevor sich ein lineares, aber sehr spannendes Abenteuer entfaltet. 
mit Räucherstäbchen gefeiert, wurden aber letztlich ernüchtert. Jade Empire konnte auf der Xbox gut unterhalten, entführte in eine exotische Welt voller Geister und Dämonen, Kampf und Weisheit, unterhielt optisch, akustisch und erzählerisch auf hohem Niveau. Aber Probleme in der Kampfbalance, die Gleichmacherei in der Charakterentwicklung, das fehlende Inventargewühle sowie das karge Party-Management versperrten den Weg in Hitregionen. Wer mehr über die Story und das Spielgefühl erfahren möchte, sollte den ausführlichen Test lesen.

Und jetzt? Zwei Jahre später serviert das Team von Gray Matter die Umsetzung für PC. Das Team hat die Kulisse natürlich aufpoliert und für höhere Auflösungen bis zu 1280x1024 optimiert, die Ladezeiten deutlich verkürzt, außerdem hat man neben neuen Kampfstilen auch frische Monster, Waffen und Gegenstände integriert - die man allerdings mit der Lupe suchen muss. Okay, es gibt eine große Weltkarte, die man auf der Konsole nicht vorfand, aber die ist angesichts der fehlenden Offenheit in Sachen Reisen eher ein optischer Zusatz, der spielerisch nicht ins Gewicht fällt. So viel Neues gibt es trotz der langen Zeit zwischen Erst- und Zweitrelease also nicht. In der edlen Box finden sich immerhin noch ein Poster und ein Artbook mit Skizzen. Ein wirklich attraktives Paket; vor allem für all jene, die Jade Empire noch nicht kennen. Schön ist, dass die Maus- & Tastatursteuerung einwandfrei funktioniert: Ob Strafen, Salto oder Bereichsattacke - alles sehr komfortabel auszulösen, alles punktgenau und intuitiv. Nur die Kamera rutscht manchmal etwas schnell in eine andere Perspektive; ihr könnt übrigens auch ein Gamepad anschließen.

Ein besseres Spielerlebnis auf dem PC?

Natürlich sieht Jade Empire auf dem PC besser aus: Vor allem die Charaktere haben an Details gewonnen. Lediglich in den hinteren Bereichen der Kulisse bleiben so manche grobe Eindrücke.
Aber ist das Spiel jetzt auch besser? Macht es mehr Spaß als anno dazumal auf der Xbox? Nein. Dieselbe gute Story umrahmt dasselbe karge Party- und Charaktermanagement, das klassische Rollenspieler der Richtung Neverwinter Nights 2  vermissen werden. Aber die Regie ist eine Klasse besser, die Figuren bestechen mit ihrem Design, in den Dialogen gibt es viel Auswahl und die Gut-Böse-Moral aus Star Wars: Knights of the Old Republic , die allerdings sehr durchsichtig ist. Setzt es technisch auf dem Rechenknecht eine neue Duftmarke? Nein. Jade Empire sieht klasse aus, wenn es in den Kämpfen kracht und funkelt, wenn das Licht eine Blumenwiese in gleißendes Licht taucht, aber in der Kulisse zeigen sich auch viele klobige Spuren der Xbox-Version, wenn man sich Mauern, Gebäude oder den Horizont anschaut; auch die alten Clippingfehler sind vorhanden und in den PC-Menüs bekommt man trotz hoher Auflösung eine leicht ausgefranste Schrift. Das Abenteuer lebt eher von seinem exotischen Reiz, vom Tanz mit den Klingen als von üppigen Details in der Landschaft. Hier haben Spiele wie The Elder Scrolls IV: Oblivion klar die Nase vorn, was Freiheit und Kulisse angeht.

Trotzdem ist dieses Rollenspiel eines der besten, das man derzeit auf dem PC spielen kann: Die Kämpfe überzeugen mit schönen Manövern, die Dialoge sind lesenswert und die Charaktere wirken ebenso glaubwürdig wie die Spielwelt. Der Hauptkritikpunkt am Original wird hier zwar etwas entschärft, aber nicht ausgemerzt: die fehlende Herausforderung in den Kämpfen. Obwohl teilweise mehr Gegner auftauchen als auf der Xbox und einige neue Monster wie der Nashorn-Dämon mit anderen Taktiken aufwarten, vermisst man irgendwann den Nervenkitzel in den Duellen. Immer noch kann man selbst riesige Feinde sehr schnell besiegen. Das wird Einsteigern entgegen kommen, denn so tritt die Story in den Vordergrund, aber das Thema Martial Arts wird damit etwas zu oberflächlich inszeniert. Trotz des dynamischen Hin und Hers von Attacke und Parade, Kombo und Deckung, vermisst man den Anspruch.

Viperzunge & Eisenhand

Schnelle Attacken inklusive Giftschaden im Viper-Stil für gute, enormer Schaden im etwas langsameren Eiserne Hand-Stil für böse Charaktere. Diese beiden Kampfstile ergänzen das üppige Sammelsurium an Möglichkeiten. Aber wird der Tanz auf dem Martial Arts-Parkett dadurch spürbar aufgewertet? Nein. Es ist zudem nicht nur schade, dass die beiden Neulinge nicht im Handbuch beschrieben werden, sondern auch, dass sie erst ab dem dritten Akt zugänglich sind. Und dann sind sie auch noch auf eine moralische Ausrichtung beschränkt. Warum hat man diese Stile oder den Jade-Meister-Modus nicht sofort zugänglich gemacht? Hier warten immerhin stärkere Gegner und weniger helfende Power-Ups auf euch. Aber leider erst, wenn man das Spiel einmal durch hat.

         

Fazit

Ich habe Jade Empire damals auf der Xbox durchgespielt und wurde gut unterhalten. Es war etwas zu leicht, zu kurz und letztlich nicht das erwartete Epos, aber die Art und Weise wie BioWare Geschichten erzählt und Stimmungen einfängt hat bis zum Finale gefesselt. Ist die Special Edition so reizvoll, dass ich mich noch mal komplett durchkämpfen würde? Nein. Dafür sind die zusätzlichen Kampfstile, Monster, Waffen und Grafikdetails nicht interessant und üppig genug. Und irgendwie ist nach zwei Jahren auch die Faszination verflogen, zumal es erzählerisch nichts Neues zu entdecken gibt. Aber alle Rollenspielfans, die dieses Abenteuer noch nicht kennen, werden immer noch richtig gut unterhalten. Obwohl das Team von Gray Matter nicht alles an technischen Möglichkeiten ausreizt, und so manches grobe Polygon als auch Clippingfehler serviert, verwöhnen die Kampfstile mit ihren exotischen Bewegungen und gleißenden Zaubern. Die Steuerung flutscht auch mit Maus und Tastatur, das Moralsystem ist einfach, aber attraktiv und man erlebt ein durchdachtes Abenteuer abseits von D&D & Co mit frischen Facetten fernöstlicher Mythologie.

Pro

epische Story
sehr gute Dialoge
dramatisches Finale
interessante Quests
sehr gute Steuerung
geniales Figurendesign
nicht-lineare Aufträge
klasse Mimik & Gestik
glaubwürdige Spielwelt
unverbrauchtes Szenario
sehr viele coole Kampfstile
klasse deutsche Lokalisierung
bezaubernde asiatische Kulisse
taktisches Echtzeit-Kampfsystem
interessante Rätsel & Rededuelle

Kontra

enges Levelkorsett
altbekanntes Moralsystem
Story wird schnell enthüllt
Dämonengestalt zu mächtig
fade Texturen in der Weitsicht
keine Kleidung, keine Rüstung
alle Charaktere spielen sich gleich
kaum Party-Management, weniger Party-Leben
Bosskämpfe ohne Herausforderung

Wertung

PC

Auf dem PC umfangreicher und noch schöner als auf der Xbox.

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