Im Test:
Work in Progress?
Moment mal: Das ist ja tatsächlich die Retail-Fassung, die auf meinem Schreibtisch liegt! Nach dem, was ich in den letzten Tagen erlebt habe, ist es zwar schwer zu glauben, aber das Spiel steht tatsächlich in dieser Form in den Ladenregalen.
Die Realität tut manchmal weh. Besonders, wenn man als Amiga-Fan so viele schöne Erinnerungen mit dem Vorbild verbindet und sich auf den Nachfolger freut. Ich würde das Spiel so gerne mögen, aber es lässt mich einfach nicht. Kein Herz für alte Rechner: um das Spiel mit detaillierter Grafik zu zocken, braucht ihr einen aktuellen Spielecomputer.
Auf dem Amiga war Speedball 2 der Inbegriff für unkomplizierte Sportspiel-Action: Diskette rein, eine Minute dem Sägen des Laufwerks lauschen und ab ging die Post! Der Nachfolger ist gewissermaßen das Gegenteil dieser Leichtigkeit. Zuerst einmal ist eine Online-Verbindung nötig, um das Spiel über Steam freizuschalten. Immerhin werden dadurch automatisch die ersten Patches installiert. Doch auch die konnten meine Odyssee durch einen ganzen Wust von Bugs nicht verhindern.
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär...
Doch bevor ich euch mit dem Grauen konfrontiere, sollt ihr erst einmal erfahren, was euch erwartet, falls ihr das Spiel tatsächlich zum Laufen bringt. Speedball 2: Tournament (ab 29,95€ bei kaufen) ist kein 1:1-Remake des Originals wie die Version auf Xbox Live Arcade. Stattdessen erwartet euch eine Fortsetzung mit einigen Neuerungen. Steuerung und Spielprinzip wurden behutsam überarbeitet, ohne das Spielgefühl des Originals zu beeinträchtigen. Ihr versucht immer noch, die Metallkugel ins gegnerische Tor zu bugsieren und kloppt
Die futuristischen Matches finden in einer Hand voll grafisch unterschiedlicher Arenen statt. |
Zusätzlich wurden diverse Power-Ups integriert, mit der ihr die Geschwindigkeit, die Ausdauer und andere Werte eurer Spieler aufmotzt. Neuerdings gibt es zusätzlich einen Sprung und kraftvolle Power-Shots. Nähere Infos zum Spielgefühl findet ihr auch in unserer Vorschau. Der Spielablauf wirkt teilweise etwas chaotisch, aber davon abgesehen ergeben sich spaßige Multiplayer-Matches, bei denen der Geräuschpegel exotischer Flüche nicht selten Werte erreicht wie bei einem zünftigen PES-Match.
Doch auch davon abgesehen bietet der Titel mehr als genügend Anlass zum Fluchen: Als Erstes kämpfe ich mich mit dem Mauszeiger, der von Zeit zu Zeit einfriert, durch die Menüs. Weiter geht es in der Mannschaftsauswahl im Liga-Modus für den Einzelspieler: Egal auf welche Option ich klicke, es erscheinen nur leere Felder und Grafikfehler - eine Mannschaft lässt sich nicht auswählen. Starte ich das Match trotzdem, folgt das Bild, das ich insgesamt am längsten zu Gesicht bekam: der Ladebildschirm. Mitunter schafft es der Balken bis zur 10-Prozent-Marke, ein anderes mal passiert schlicht und einfach gar nichts. Mal schaffe ich es noch, mit dem Escape-Button ins Hauptmenü zurückzukehren, ein anderes mal nicht.
Lass es krachen...
Einen Mangel an Abwechslung kann man dem Spiel gewiss nicht vorwerfen. Noch nie habe ich eine derartige Vielfalt an Abstürzen erlebt wie hier. Manchmal gewinnt der Task-Manager den Kampf um die Systemressourcen und befördert mich zurück in die Vista-Oberfläche, manchmal hilft nur noch die Holzhammer-Methode mit dem Einschaltknopf. Mein Lieblings-Crash ist der, bei dem ein Geräusch des Soundtracks so geloopt wird, dass ein minimales Techno-Stück mit 350 BPM erschaffen wird. Stellt euch Strobo und Nebelmaschine neben den Rechner und die Speedcore-Party kann beginnen!
Auch nach vielen Ratschlägen eines äußerst hilfsbereiten Frogster-Mitarbeiters und stundenlangem Gefrickel habe ich es nicht geschafft, ein Turnierspiel oder Einzel-Match zum Laufen zu bringen. Mittlerweile wird sogar ein Tool angeboten, welches sämtliche Daten eures Profils löscht, um diverse Bugs zu beseitigen. Allerdings ist danach euer kompletter Fortschritt futsch und zumindest bei mir sorgte das Programm für keine Verbesserung. Immerhin ein klein wenig geholfen hat dagegen das Umschreiben einer Konfigurationsdatei, in der die Steuerungsbefehle für das Joypad notiert sind. Das Menü zur Button-Belegung hält nämlich sowohl den linken als auch den rechten Trigger meines Xbox 360-Controllers für das linke Exemplar: ein weiterer Bug, der für Abstürze im Ladebildschirm sorgt. Mit einer stufenlosen Regelung könnt ihr einstellen, wie viel Einfluss der Computer auf die Wahl eines freien Spielers nimmt.
Alte Rechner unerwünscht
Tief durchatmen - Creative Director Yann Tambellini vom Entwickler Kylotonn erzählte mir doch vor ein paar Monaten, dass das Spiel auch noch auf betagten Rechnern laufen sollte. Na prima, also nichts wie ab nach Hause und den alten Windows-XP-Rechner angeschmissen. Doch der P4 mit 2,6 Gigahertz und Radeon 9800 Pro ist derart überfordert, dass selbst bei niedrigsten Einstellungen das Spiel in Zeitlupe über den Bildschirm zuckelt. Und das, obwohl die grobschlächtigen Texturen an ein N64-Spiel erinnern. Sogar auf dem Redaktionsrechner, ein Quadcore mit 2,1 Gigahertz und einer 8800 GTX-Karte, flutscht die Action bei aufgedrehten Grafik-Optionen nicht völlig flüssig über den Bildschirm. Statt dessen ist stets ein dezentes Stocken zu erkennen - nicht weltbewegend, aber bei der nicht gerade aufwändigen Grafik unnötig.
Auch online ist es nicht viel besser um Speedball 2: Tournament bestellt. Da es noch massive Probleme gibt, wurden bisher nur offizielle One on One-Sever aufgesetzt, die übrigens laut einem Frogster-Mitarbeiter bisher unstabiler laufen als diejenigen, die von einem Spieler selbst aufgesetzt wurden. Immerhin kamen die Online-Matches auf den offiziellen Servern wirklich zustande, wenn auch mit leichten Lags. Wenn ich selbst einen Server aufgesetzt habe, gab es allerdings Verbindungsprobleme. In Zukunft sollen übrigens noch andere Modi wie Two on Two folgen. Außerdem gibt es ein Game-Center mit Statistiken, Clan-Börse und anderen Funktionen.
Fazit
Wie kann man nur ein derart unfertiges Spiel auf den Markt werfen? Muss es denn unbedingt noch vor Weihnachten sein, wenn ohnehin eine Lawine hochkarätiger Titel die Spieler überschwemmt? In dieser Form ist Speedball 2: Tournament jedenfalls eine Frechheit. Die Einzelspielermodi strotzen vor Fehlern, der Online-Modus läuft bisher auch nur rudimentär und die Hardware-Anforderungen sind unverschämt happig. Das Tragische daran ist, dass der Titel durchaus Spaß macht, wenn man es schafft, ihn zum Laufen zu überreden. Das grundlegende Spielgefühl ist nämlich dasselbe wie früher, garniert mit ein paar netten Neuerungen wie einem Sprung und Power-Würfen. Auch Nostalgiker kämen mit einer vereinfachten, klassischen Ein-Knopf-Steuerung auf ihre Kosten. Ich hätte liebend gerne eine Saison durch meine Spieler aufgelevelt und mir packende Online-Matches geliefert, aber wenn mich ein derart unstabiler Programmcode daran hindert, bleibt am Ende nur Frust übrig. Besorgt euch lieber das Original auf Xbox Live Arcade - eure Nerven werden es euch danken.
Update vom 11. Januar 2008:
Mittlerweile hat Entwickler Kylotonn die gröbsten Probleme beseitigt, durch die das Spiel auf unseren Redaktionsrechnern nur rudimentär zum Laufen zu bringen war. Bei einem erneuten Versuch ließen sich die Einzelspieler-Modi ohne Probleme starten und stürzten nicht mehr in der Mannschaftsauswahl ab. Außerdem blieb der Maus-Cursor nicht mehr in den Menüs hängen und auch der Xbox 360-Controller wird nun standardmäßig erkannt und konfiguriert. Zudem wurden laut Frogster weitere Bugs behoben, die früher zu Abstürzen führten. Unschöne Details wie eine leicht ruckelnde Grafik trotz schnellem Rechner traten bei unserem Probespiel allerdings immer noch auf. Eine Änderung der Test-Wertung nehmen wir nicht vor, da wir keine Patches nachtesten, sondern PC-Spiele in der Fassung bewerten, in der sie in den Handel kommen.
Pro
Kontra
Wertung
PC
Vorsicht, Baustelle: Ein ganzer Wust an Bugs lässt den ambitionierten Speedball 2-Nachfolger zum Frusterlebnis werden.
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