Guild Wars 228.08.2012, Mathias Oertel
Guild Wars 2

Im Test:

Es ist da. Endlich. Guild Wars 2 (ab 31,07€ bei kaufen). Nach endlos scheinendem Warten hat ArenaNet die Fortsetzung des Überraschungs-Hits aus dem Jahr 2005 veröffentlicht. So gespannt habe ich schon lange keinem Titel mehr entgegen gefiebert. Im mehrteiligen Erfahrungsbericht versuche ich aufzuklären, ob meine Erwartungen erfüllt werden.

Das ist meine Geschichte

Ich bin gerade zum x-ten Mal über Verästelungen und stabile Pilze einen Baum hochgeklettert bzw. -gesprungen. Ich bin zum x-ten Male abgestürzt und mit einem Bauchklatscher in dem darunter liegenden Tümpel gelandet. Verdammt noch mal! Der Ausblick ist der letzte Punkt, der mir noch fehlt, um die Karte zu vervollständigen. Ich habe alle Wegmarken undSehenswürdigkeiten abgegrast, alle anderen Sprungsequenzen zu den Ausblicken (die immerhin mit einer meist schicken Kamerafahrt belohnt werden) bewältigt. Nur diese hier fehlt mir noch. Einen Versuch noch. Vorsichtig. So. Gleich. Nicht abrutschen. Und... geschafft! Ich bin gespannt, was ich als Belohnung bekomme. Hmm. Erst mal gar nichts. Komisch. Ah. Jetzt. Mit etwas Verspätung kommt die Meldung, dass ich eine Belohnungskiste öffnen darf. Gesagt, getan... Wow: Über 700 Erfahrungspunkte, ein bisschen Kleingeld und drei Transmutationssteine. Nicht schlecht...

Ich bin Sylvari. Ein Elementarmagier. Sehr klassisch, ich weiß. Doch die Wahl fiel nicht leicht. Mit fünf zur Verfügung stehenden Völkern und acht Klassen  -leider gibt es nicht wie bei Dark Age of Camelot Berufe, die bestimmten Volksstämmen vorbehalten sind-, musste ich lange überlegen.  Nehme ich die aus dem Vorgänger bekannten Menschen, die Löwen-Ziegen(?)-Mischung Charr (notorisch aggressiv) oder die Norn (entsprechen am ehesten klassischen Wikingern)? Vielleicht sollte ich mich doch für die Asura entscheiden, technophile experimentierfreudige Zyniker-Gnome mit einer hinsichtlich des Layout

Willkommen in Tyria.
Willkommen in Tyria.
vollkommen verwirrenden Hauptstadt? Nee, die Baumwesen der Sylvari schienen mir am reizvollsten. Und wieso ein Magier? Ist doch langweilig! Mitnichten! Abgesehen davon, dass ich in den Beta-Sessions bereits Krieger, Wächter, Mesmer oder Nekromant ausprobiert habe, reizt mich jetzt der klassische Zauberer.

Da jedoch sowohl die Volks- als auch die Klassenauswahl sowie die Antworten auf die zahlreichen Fragen während der Charaktererstellung maßgeblich beeinflussen, was man während der Hauptquest erlebt, werde ich sicherlich noch die eine oder andere Figur starten - auch im Hinblick auf dieses Journal.

Keine Abo-Gebühren, aber viel Inhalt

Für mich als Sylvari dreht sich der Hauptstrang der Geschichte bislang (ich bin jetzt um und bei Level 15) um den Kampf gegen die bösen Stammesbrüder des Alptraumhofes, die eine große Gefahr für das Fantasyreich Tyria darstellen. Im Rahmen dessen musste nicht nur kämpfen und Gespräche führen, sondern sogar Entscheidungen treffen. So z.B. ob ich ein Dorf vor Angriffen schütze oder versuche, eine vom Alptraumhof bekehrte Geliebte eines guten Freundes zu retten.

Doch die instanzierten Ereignisse (ich werde sogar gewarnt, wenn meine Charakterstufe nicht ausreichen könnte) sind nur ein kleiner Teil dessen, was man in der enorm großen Welt erleben kann.

Als Elementarmagier ist man häufig mitverantwortlich für ein überbordendes Effekt-Feuerwerk in den actiongeladenen Gefechten.
Als Elementarmagier ist man häufig mitverantwortlich für ein überbordendes Effekt-Feuerwerk in den actiongeladenen Gefechten.
Es gibt zahlreiche Tyrianer, die Hilfe brauchen, wobei diese Hilfe nicht nur aus elementarer Offensiv-Beschwörung meinerseits besteht. Sachen müssen eingesammelt, Schalter betätigt, Labore zerstört, mitunter sogar Gespräche geführt oder Rätsel gelöst werden. Nahezu jede der "Hauptnebenquests" lässt sich auch mit nur wenig oder ganz ohne Kampf lösen - sehr schön!

Zusätzlich stolpert man an allen Ecken und Enden über so genannte "dynamische Events". Dahinter verbergen sich mitunter mehrstufige Ereignisse, über die man informiert wird, wenn man in ihren Einflussbereich kommt. Nun steht es einem frei, ob man teilnimmt oder nicht. Häufig sind diese mit Kämpfen verbunden, noch häufiger ist eine Gruppe sinnvoll, wenn man diese Ereignisse nicht nur schnell, sondern erfolgreich bestehen möchte. Wobei "Gruppe" in diesem Fall sehr locker definiert werden sollte. Es ist keine große Absprache nötig, man nimmt teil, kassiert die Erfahrung sowie etwas bare Münze (basierend auf dem Grad der Effektivität der Zielerfüllung) und geht wieder seine Wege.

Erfahrung für alles, aber kaum für Monster

Guild Wars 2 schafft auf diese Weise, was mit Einschränkungen nur Mythics Warhammer Online gelungen ist: Man fühlt sich auch als Solist als Teil einer PvE-Welt (Player-vs-Environment, also Spieler-gegen-Umgebung), in der man gemeinsam an einem Strang ziehen muss, um das Böse zu besiegen. So viel Spaß diese Ereignisse auch machen, überraschen sie mich aber nach zig Stunden kaum noch und variieren meist nur noch bekannte Aufgabenstellungen. Natürlich gibt es Ausnahmen, wenn man auf einen der seltenen Events trifft, die eine eigene kleine Geschichte erzählen. Davon hätte es gerne

Abwechslung im Questalltag: Als Vogel zu kämpfen, ist ungewöhnlich...
Abwechslung im Questalltag: Als Vogel zu kämpfen, ist ungewöhnlich...
noch mehr geben können. Doch um sein Erfahrungspunkte-Konto aufzustocken, gibt es kaum etwas Besseres.

Das "Farmen" von Monstern z.B. funktioniert zwar auch, ist aber nur wenig ertragreich. Guild Wars 2 hat dem Blockieren von „besonderen“ Monster-Gebieten einen Riegel vorgeschoben und belohnt all diejenigen, die sich mutig der Welt und den Gefahren Tyrias stellen. Nahezu alles gibt auf Dauer mehr Erfahrung als das Grindtöten der Monster. Das Abbauen von Rohstoffen z.B. wird ebenso ordentlich belohnt wie das Erreichen neuer Gebiete, das Entdecken besonderer Sehenswürdigkeiten, die eingangs angesprochenen Aussichtspunkte oder das Wiederbeleben von im Kampf gefallenen Spielern. Und natürlich sowie vor allem die Erfüllung von Missionen.  

Dynamisch-hektischer Kampf

Im ersten Guild Wars war der Kampf bedingt durch die geringe Auswahl an Fähigkeiten, die man mit sich führen konnte, sehr taktisch geprägt. Und er war hinsichtlich Abkühltimern und der allgemeinen Geschwindigkeit deutlich hektischer als andere klassische Online-Rollenspiele - in mancher Hinsicht war der Kampf beinahe so actionlastig wie in einem Hack & Slay.

... doch siegt man, erkennt der Gegner die Überlegenheit an!
... doch siegt man, erkennt der Gegner die Überlegenheit an!
Und hier? Hier ist es nicht anders - ganz im Gegenteil. Habe ich meinen Gegner anvisiert und den ersten Angriff gestartet, feuert mein Magier Projektile im Stakkato ab,  bis der Feind am Boden liegt und mir hoffentlich etwas Beute zurücklässt. Dazu feuert man immer wieder Sonderangriffe mit Abkühlzeit ab, heilt sich bei Bedarf (steht allen Klassen mehr oder weniger effektiv zur Verfügung) oder weicht den gegnerischen Angriffen mit einer Rolle aus.

Der Clou: Die Spezialfähigkeiten werden erst nach und nach mit Benutzung der jeweiligen Waffen-/Elementarkombination freigeschaltet. Sprich: Ich als Magier habe mit Dolchen als Waffe andere Zauber zur Verfügung als mit einem Einhand- oder einem Zweihandstab, ganz zu schweigen vom Fokus als Sekundärwaffe - und das für jedes der vier Elemente Feuer, Wasser, Luft, Erde! Uff! Was anfänglich wie ein Grind-Zwang oder ein Fähigkeits-Overkill aussieht, entpuppt sich aber schnell als durchdachte Mechanik. Auch der Verdacht der Beliebigkeit wird schnell beiseite gewischt. Zwar hat man vergleichsweise schnell alles zur Verfügung, doch ich habe bei mir etwa ab Level 10 festgestellt, dass ich mehr Erfolg habe, wenn ich meine Angriffskombination an meine Gegner anpasse. Die einen reagieren besser auf Feuermagie (besonders auf die Bereichs- oder Schäden-auf-Zeit). Bei anderen

Es wird auch Unterwasser gekämpft - mit nicht weniger Effekteinsatz.
Es wird auch Unterwasser gekämpft - mit nicht weniger Effekteinsatz.
ist es besser, wenn ich mich auf die heilende Parallel-Wirkung der Wassermagie stütze, während Feindesgruppen mit dem schnellen sich fortsetzenden Blitzschlag eines Besseren belehrt werden.

Keine Chance für Wilderer

Sehr gut finde ich übrigens auch, dass mein Figurenlevel skaliert wird, wenn ich in Gebiete für niedrigstufige Charaktere komme bzw. zurückkehre. Zwar behalte ich alle Fähigkeiten, meine Lebenspunkte werden aber an den "Ideallevel für dieses Gebiet" angepasst, also entsprechen z.B.  einer Figur der Stufe 5 oder 6 - natürlich inkl. aller Boni, die sich für mich durch die Ausrüstung ergeben. So können ich oder andere "hochstufige" Figuren nicht einfach in Startgebieten wildern, was das Zeug hält oder Bosse wegknallen, sondern müssen auch hier immer wieder Angst haben, draufzugehen, wenn man zu übermütig wird. Der Tod bringt allerdings keine gravierenden Nachteile mit sich. Die Ausrüstung wird in Mitleidenschaft gezogen und muss repariert werden, ansonsten gibt es keinen Malus.

Auch bei Verteilung der Erfahrungspunkte sowie Beutevergabe ist Guild Wars 2 sehr auf Fairness aus. Hat man maßgeblich Anteil am Ableben der jeweiligen Feinde bekommt man auch seine Belohnung, egal, wer oder wie viele mitgeholfen haben. Man merkt, dass sich ArenaNet viele Gedanken gemacht hat, wie man die Frustsituationen einiger

Mal bedrohlich, mal idyllisch, aber immer ansehnlich: Tyria überzeugt mit abwechslungsreichen Landstrichen.
Mal bedrohlich, mal idyllisch, aber immer ansehnlich: Tyria überzeugt mit abwechslungsreichen Landstrichen.
Konkurrenten schon im Vorfeld entschärft. Und das tut dem Spielfluss nur gut. Ich freue mich bereits auf die nächsten Stunden und Tage in Tyria: Meine Kampffähigkeiten sind ausgebildet, ab jetzt kommt es in den zunehmend härteren Gefechten (ich habe bereits einige Male das Zeitliche gesegnet) auf die Taktik, die Missionen und die Fortführung der Hauptaufgabe an.

Schlafende Probleme?

Doch es ist nicht alles gut in Tyria. Und damit meine ich nicht die in der Anfangsphase für Vorbestellungs-Frühstarter auftretenden, nervenden Probleme, die mittlerweile behoben scheinen. Einsteigern z.B. werden nach einer sehr stimmungsvollen Sequenz, in dem man seine selbst erstellte Figur das erste Mal als Protagonist (und erste Auswirkungen der Antworten im Rahmen der Charaktererstellung) erlebt, ins kalte Wasser geworfen. Bevor man überhaupt weiß, was Phase ist, muss man sich schon seiner Haut erwehren, erlebt einen (Tutorial-) Boss und hat auf einmal die Weite der Welt vor sich. Gerade weil man so viel erleben und machen kann, wäre es wünschenswert gewesen, wenn man etwas mehr an die Hand genommen würde und man hier und da mehr erklärt bekäme, ohne an einem zweiten Rechner das (Online-)Handbuch oder die Tutorial-Videos bemühen zu müssen.

Weg von Stereotypen: Jede Klasse kann mehr oder weniger gut heilen und alle können wiederbeleben.
Weg von Stereotypen: Jede Klasse kann mehr oder weniger gut heilen und alle können wiederbeleben.
Auch die Unübersichtlichkeit in den effektgeladenen Kämpfen stört gelegentlich. Dass ich dennoch nach der einen oder anderen Auseinandersetzung mit pochendem Herzen in meinem Stuhl (bzw. Sessel) zusammengesackt bin, zeigt jedoch, dass Guild Wars 2 in seinen Bann zu ziehen versteht. Es muss allerdings noch beweisen, dass die unterschiedlichen Klassen nicht nur inhaltlich, sondern auch mechanisch Variation bieten und z.B. im Kampf nicht zu gleichförmig werden.

Des Weiteren kann es nicht schaden, die Inventar-Verwaltung sowie die Händlerinteraktion zu optimieren. Zwar bekomme ich bei primärer Ausrüstung (Waffen, Kleidung) den Vergleich zur gerade angelegten angezeigt, bei Verbrauchsgegenständen ist aber nicht immer klar, was die Nutzung jetzt zum Ergebnis hat. Und schaut man sich bei Händlern sekundäre Ausrüstungsgegenstände wie Ringe, Amulette etc. an, bekommt man auch nicht immer die Unterschiede zu momentan verwendeten Teilen angezeigt. Außerdem zeigt sich die deutsche Lokalisierung als sehr wankelmütig, aber unter dem Strich in Ordnung. Mal sind die Sprecher gut, die Texte aber leicht fehlerhaft, dann wiederum passen die Stimmen gar nicht. Im Englischen ist die Stimmenauswahl etwas besser, allerdings muss jeder Sprecher mehrere Rollen sprechen, was sich leider negativ auswirkt. Aber: Man kann auch mischen und z.B. englische Sprache mit deutschen Texten wählen.

Zwischen-Ausblick

Glücklicherweise kommt gerade folgende Meldung: "Eine neue Version ist verfügbar. Euer Spiel wird in 3 Minuten 15 Sekunden neugestartet." Ich muss abschalten, Pause von Tyria machen. Aber es ist verdammt schwer. Denn trotz der bereits jetzt auffallenden Kleinigkeiten ist Guild Wars 2 eines der erfrischendsten Online-Rollenspiele der letzten Jahre - obwohl es an der bunten Oberfläche gar nicht so viel anders macht als andere, nur eben besser, stimmungsvoller und durchdachter. Ich hoffe, dass ArenaNet den Spannungsbogen nicht aus den Augen verliert und die Event-Mechanik weiterhin mit Überraschungen punktet. Doch selbst, wenn es "nur" auf diesem Niveau weiterginge, bliebe sehr gute Unterhaltung - und dann würde ja immer noch der Kampf von Welt-gegen-Welt warten, um den ich mich wie um Handwerkskunst, die Unterwasser-Kämpfe, die Server-Performance oder den spielinternen Mikrotransaktions-Shop zu gegebener Zeit kümmern werde. Doch jetzt sind die 3 Minuten 15 Sekunden ohnehin vorbei. Ich muss wieder zurück...

Bis demnächst in Tyria…

Teil 2 (31.08.2012)

Zu wenig Stunden am Tag

Es ist ein gutes Zeichen, wenn der Blick auf die Uhr ein "Verdammt, ist es wieder so spät?" zum Ergebnis hat? Naja, nicht so gut für die Familie oder sonstige soziale Kontakte, aber verdammt gut für den Zeitvertreib, der mir unbemerkt Stunde um Stunde stiehlt - in

Dieser Aussichtspunkt hat mir noch gefehlt...
Dieser Aussichtspunkt hat mir noch gefehlt...
diesem Fall für Guild Wars 2. Mein Elementarmagier nähert sich unaufhörlich Stufe 30, hat mittlerweile die heimatlichen Gefilde weit hinter sich gelassen und schon die Asura sowie die Menschen kennen gelernt. Ich habe ihre Hauptstädte und Einstiegszonen erforscht. Und ich habe meine Geschichte immer weiter verfolgt.

Da die empfohlenen Levelstufen für die Hauptstory (häufig kämpft man in diesen Instanzen) zuletzt meist höher als der jeweils aktuelle Status meiner Figur waren, habe ich mir mit den erforderlichen Aufstiegen geholfen, indem ich in den neuen Gebieten die dort angebotenen Nebenaufgaben sowie dynamischen Ereignisse erledigt habe. Und hier kommt der bereits angesprochene Kniff der "Charakter-Skalierung" motivierend zum

... um die Karte zu vervollständigen und meine üppige Belohnung einzuheimsen.
... um die Karte zu vervollständigen und meine üppige Belohnung einzuheimsen.
Tragen. Ich hatte alle Fähigkeiten und Boni der Ausrüstung zur Verfügung, meine Lebenspunkte wurden aber an die Maximalstufe für das Gebiet, also z.B. Level 15 angepasst. Das Ergebnis: Ich war immer noch angenehm gefordert, ohne jedoch gravierende Angst um mein Leben haben zu müssen. Andererseits hätte es Guild Wars 2 auch nicht geschadet, dem Spieler ein wenig Angst um sein virtuelles Leben einzuflößen. Dass man in Dark Age of Camelot z.B. zum Ort seines Ablebens zurückkehren musste, um dort zu beten und etwas der beim Tod verlorenen Erfahrung zurückzugewinnen, machte das Sterben ungleich intensiver. Denn wenn man in einem hochstufigen Gebiet getötet wurde, war selbst die "einfache" Rückkehr ein Risiko sondergleichen - und damit ein nicht zu verachtender Spannungsfaktor. In Tyria hingegen wendet man sich einem anderen Bereich zu und versucht dort sein Glück - beinahe so, als ob nichts passiert wäre.

Fantasy-Vergnügungspark

Wie bei einem gut ausgestatteten Vergnügungspark à la Six Flags wird man von Arealen und Fahrgeschäften zugeschüttet. Allerdings sind die Attraktionen nicht so abwechslungsreich, wie man es sich wünschen würde. Eine Achterbahn ist nunmal eine Achterbahn, setzt dementsprechend auf möglichst hohe G-Kräfte, Gefälle und Kurven. Ob dieses Fahrgeschäft nun mit Spider-Man-Logo versehen ist oder generisch nur "The Rollercoaster" heißt, ändert nichts am Erlebnis.

Die Aufgaben bieten trotz Ähnlichkeiten auch interessante Überraschungen: Hier ist man als Trüffelschwein unterwegs.
Die Aufgaben bieten trotz Ähnlichkeiten auch interessante Überraschungen: Hier ist man als Trüffelschwein unterwegs.
Analog dazu setzt Guild Wars 2 sowohl bei den Events als auch den "herkömmlichen" Nebenaufgaben häufig auf ähnliche Aufgabenstellungen. Mal müssen Wellen von Gegnern abgehalten werden, dann wiederum muss man auf eine Art Ungezieferjagd gehen. Es gilt, Dinge einzusammeln oder abzuliefern, man geht auf Eskort-Missionen usw.

Doch da die Belohnung stimmt, das Kampfsystem durchdacht ist und sowohl mit schneller Dynamik als auch immer wieder mit Taktik hinsichtlich der Waffenauswahl und der damit verbundenen Fähigkeiten punktet, fühle ich mich nie genötigt oder gar gelangweilt. Und es gibt ja auch immer wieder Ausnahmen, so z.B. als ich als Trüffelschwein die Delikatessen erschnüffeln, sie dann ausgraben und verfolgt von Ettins zu meinem Auftraggeber bringen musste. Durch diese und andere Abweichungen von bekannten Missionsstrukturen weht immer wieder ein erfrischender Wind durch Tyria.

In der Hauptstory wird man als Sylvaner sogar zwangsweise in einen Menschen verwandelt.
In der Hauptstory wird man als Sylvaner sogar zwangsweise in einen Menschen verwandelt.
Weiterhin bleibt festzuhalten, dass hinsichtlich der persönlichen Geschichte einige Register gezogen werden. Immer wieder muss man Entscheidungen treffen, die den Fortgang der Mission beeinflussen. Bevorzuge ich eine direkte Vorgehensweise und sichere mir die Unterstützung der Armee, um das Vorhaben des Alptraumhofes aufzuhalten oder nutze ich subtilere Mittel wie Verkleidungen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen? Mittlerweile war ich sogar als explosiver Golem unterwegs, um Untote aufzuhalten oder musste mich als Sylvari (zur Erinnerung: dies sind baumähnliche pflanzenbasierte Lebewesen) in einen Menschen verwandeln lassen, um mir das Vertrauen von Banditen zu erschleichen - sehr schön und dazu noch sehr stimmungsvoll inszeniert.

Handwerker gesucht

Wenn alle Stricke reißen und ich partout keine Lust auf Story, Expedition oder Kampf habe, kann ich mir zudem die Zeit als Handwerker vertreiben. Und auch hier zeigt sich,

Das Konzept der Handwerkskunst mit seinen Experimenten ist ebenso durchdacht wie viele andere Elemente in Tyria.
Das Konzept der Handwerkskunst mit seinen Experimenten ist ebenso durchdacht wie viele andere Elemente in Tyria.
dass ArenaNet keine halben Sachen macht. Nicht nur, dass ich für das Sammeln, Abbauen oder Ernten von Rohstoffen wie Holz, Erzen oder Gemüse Erfahrung bekomme. Ich kann alles komfortabel in der Bank deponieren und damit allen mit dem Konto verbundenen Figuren zukommen lassen. So habe ich mit dem Magier (auf Juwelen und Schneiderei spezialisiert) meinem Charr-Ingenieur nicht nur Beutel mit größerem Inventarstauraum zukommen lassen, sondern konnte für seine Kochkunst (ähnlich wie bei Star Wars Galaxies kann man Nahrung herstellen, die bei Verzehr temporäre Boni gewährt) bzw. seine Waffenbaufähigkeit ein entsprechend gefülltes Rohstofflager einrichten.

Doch egal, an welchem Handwerkszweig man sich versucht, allen ist ein Element gemeinsam: Das Experimentieren. Nachdem man die Rohstoffe veredelt und aus Stoffresten z.B. Juteballen gemacht hat, die weiter verwertet werden können, kann man über das Experimentierfeld versuchen, neue Rezepte zu entdecken. Bis zu vier Inhaltsstoffe können hier kombiniert werden. Vorausgesetzt, man hat den entsprechenden Handwerkslevel, der durch das Veredeln von Stoffen oder das Anfertigen von Gegenständen ständig wächst.

Sehr schön: Guild Wars 2 zeigt an, welche mitgeführten Gegenstände überhaupt kombiniert werden könnten und blendet nicht mögliche Optionen entweder gleich aus oder färbt sie rot, wenn man noch nicht den entsprechenden Level erreicht hat. Zusätzlich kann man sich für Karmapunkte (neben Gold die Hauptwährung) Handwerksrezepte und teilweise auch Zutaten kaufen.

Ökonomie für Anfänger

Ein Beispiel für Abweichungen vom kämpferischen Missions-Alltag: Was ist diesem Geist passiert? Wie kann man ihn erlösen?
Ein Beispiel für Abweichungen vom kämpferischen Missions-Alltag: Was ist diesem Geist passiert? Wie kann man ihn erlösen?
Später wird man seine entweder als Beute ergatterten oder in mühevoller Kleinarbeit selbst erstellten Gegenstände auch über die so genannte „Schwarzlöwen-Handelsgesellschaft“ (SLHG) an den Mann oder die Frau bringen können. Gegenwärtig ist die spielinterne Plattform für den Handel der Spieler untereinander noch nicht betriebsbereit, weswegen eine Prognose hinsichtlich der Inflation und vor allem der Wertschöpfungsketten bis hin zum Gewinn für den Handwerker momentan unmöglich ist.

Aber: Das bedeutet nicht, dass der Schwarzlöwenshop gegenwärtig sinnfrei ist. Denn man kann dort mit Edelsteinen (SLHG-Währung) zahlreiche Mikro-Transaktionen tätigen. Um an diese Währung zu kommen, kann man entweder seine Kreditkarte (oder PayPal) bemühen und mit Echtwährung zehn Euro für je 800 Edelsteine bezahlen oder seine im Spiel (und vermutlich in Auktionen) verdienten Münzen umtauschen – gegenwärtig (Stand 31.08.2012) würde ich für zehn Silberstücke 28 Edelsteine bekommen.

Mikro-Transaktionen und Pay-to-Win?

Doch jetzt höre ich schon wieder erste Beschwerden: „Wie bitte? Ich zahle für das Spiel und dann muss ich für weitere Inhalte noch extra löhnen?“ „Guild Wars 2 setzt auf Pay-to-Win?“

Auch ich war skeptisch, zumal im Vorfeld Folgendes von ArenaNets Mike O’Brien gesagt wurde: „Wir sind der Meinung, dass Spieler die Möglichkeit haben sollten, Geld z.B. für Gegenstände auszugeben, die für visuelle Unterschiede sorgen und zusätzliche Optionen beinhalten, sich auszudrücken. Sie sollten außerdem die Möglichkeit haben, zusätzliche Kontodienste oder zeitsparende Annehmlichkeiten erwerben zu können. Aber es ist

Dank der allgegenwärtigen Community muss man nicht sterben... An dieser Stelle sei nochmals meinem Wiederbeleber gedankt!
Dank der allgegenwärtigen Community muss man nur selten sterben und die geringe Strafe in Form von Reparaturen in Kauf nehmen... An dieser Stelle sei nochmals meinem Wiederbeleber gedankt!
NICHT OK, wenn Spieler ein Spiel erwerben und sie dieses Spiel nicht ohne zusätzliche Anschaffungen genießen können und es ist NICHT OK, wenn Spieler, die Geld ausgeben, einen unfairen Vorteil gegenüber den Spielern haben, die Zeit investieren.“

Und daran gemessen wurde Wort gehalten: Es gibt keine „Pay-to-Win“-Situation, bei der der Erwerb von Gegenständen zwingend nötig wäre, um den Sieg davonzutragen. Was man allerdings kaufen kann, sind zusätzliche Charakterslots (je 800 Edelsteine, falls man mehr als fünf Figuren erstellen möchte), Boosterpacks (z.B. für Kraft, Karma, ausgeschüttete Erfahrung etc., jeweils zwischen 75 und 150 Edelsteine), Farbstoffpakete (200 Edelsteine) sowie allerlei anderen Schnickschnack, der sich auf das Aussehen der Figur auswirkt.

Einzige nennenswerte Überschneidung sind die besonderen Kisten, die man in Tyria findet und die nur mit Schlüsseln aus der SLHG geöffnet werden können. Doch auch die sind in keiner Form zwingend, um das Abenteuer genießen zu können.

Dementsprechend habe ich kein Problem mit diesem Ansatz. Wer unbedingt das Geld ausgeben möchte, um sich temporäre Erfahrungsboosts etc. zu besorgen, soll dies halt tun. "Pay-to-Shortcut", wie ich diese Mechanik nenne, gibt es mittlerweile bei einigen Titeln (auch im Konsolenbereich), ohne dass mein Spielspaß dadurch gefährdet wurde. Ich kann immer noch das gesamte Spiel in meinem Tempo erfahren und genießen.

Die Crux des Starts

Tyria bietet viel Expeditions-Freiraum.
Tyria bietet viel Expeditions-Freiraum.
Zumindest in der Theorie. Denn leider häufen sich bei mir in letzter Zeit unerklärliche Abstürze, in einem Fall hatte ich sogar ein fieses Einfrieren. Und einmal ist es mir bei einem Wechsel von einem "Überlauf"-Gebiet (quasi einer gespiegelten Wartezone) in das eigentliche Areal (das dann auch den Kampf Welt-gegen-Welt ermöglicht) passiert, dass mein Charakter bereits tot war, als ich endlich Zugriff hatte. Okay, das kann passieren. Sollte zwar nicht, kann aber. Da man aber beim Tod keine gravierenden Nachteile außer zu reparierenden Rüstungsschaden zu erwarten hat, war dies für mich zu verschmerzen.

Wenn allerdings in den finalen Zügen eines mehrstufigen Events Guild Wars 2 die Biege macht, nur weil man die Screenshot-Taste betätigt, ist das nervig. Andere Probleme, an denen ArenaNet arbeitet, wurden bereits thematisiert. Und auch wenn ich persönlich nur in Ausnahmefällen (vor allem der Samstag der Vorbestellerphase war von Einwahlproblemen und Wartezeiten geprägt) Schwierigkeiten hatte, bin ich nicht sicher, ob ich ArenaNet loben oder tadeln soll.

Gemeinsam ist man stark: Die dynamischen Events ziehen Spieler magisch an.
Gemeinsam ist man stark: Die dynamischen Events ziehen Spieler magisch an.
Auf der einen Seite sind Starts von großen Online-Rollenspielen immer holprig. Und angesichts der Probleme, die auch World of WarCraft, Star Wars The Old Republic und nicht zuletzt auch Diablo 3 zusetzten, lief der Start von Guild Wars 2 vergleichsweise flüssig - zumal seit dem offiziellen Verkaufsstart (28.08.2012) nahezu keine Login-Verzögerungen beim Spielstart mehr auftauchen.

Andererseits frage ich mich jedoch, wieso beinahe bis zum Start Stresstests veranstaltet wurden, man eigentlich einen Überblick über die für den Frühstart zugelassenen Spieler hätte haben müssen, aber dennoch nicht in der Lage wieder, einen reibungslosen Launch hinzulegen? Dennoch: Diese kleinen Ärgernisse haben nur wenig Einfluss auf den Spaß. Denn selbst nach einem Absturz kann ich es kaum erwarten, wieder nach Tyria zurückzukehren. Verdammt! Seit Dark Age of Camelot und EverQuest 2 spürte ich nicht mehr diese Motivation, in eine Online-Welt abzutauchen.

Ausblick

Nach den ersten Tagen war Guild Wars 2 auf Award-Kurs. Und nun? Mittlerweile festigt sich die Medaille, auch wenn die Farbe noch nicht feststeht. Die Welt ist ebenso umfang- wie abwechslungsreich und bietet Entdeckern einiges. Das Kampfsystem scheint zwar schnell ausgereizt, baut aber bei komplett erspielten Fähigkeiten zunehmend auf Taktik und die Wahl der richtigen Waffe. Dass die dynamischen Events zunehmend auf bekannte Mechaniken setzen, wird sowohl durch die immer wieder eingestreuten wohltuenden Abweichungen als auch durch die grundsätzliche hohe Qualität relativiert. Tyria ist in dieser Hinsicht wie ein durchdachter Vergnügungspark, bei dem man immer wieder etwas erleben kann. Auch wenn man etwas Ähnliches schon vorher gesehen hat, macht es immer noch und immer wieder Spaß. Zumal die Hauptmission sich erfolgreich bemüht, mit neuen Elementen zu überraschen und auch erzählerisch die eine oder andere Wendung sowie Entscheidungen beinhaltet. Das Handwerkssystem überzeugt mit seinen Experimenten und ist eine geruhsame Abwechslung  vom actionreichen Heldenalltag. Ich bleibe dabei: Auch wenn sich Guild Wars 2 oberflächlich betrachtet kaum von den Platzhirschen der Vergangenheit unterscheidet, sind es die durchdachten Details unter der Haube, die das Abenteuer zu einem höchst unterhaltsamen Online-Rollenspiel machen, von dem man nicht so schnell weg kommt  – und dabei sind die Welt-gegen-Welt- oder die Spieler-gegen-Spieler-Duelle noch nicht einmal eingeflossen.

Teil 3 (06.09.2012)

Die Reise geht weiter

Mein Elementarmagier hat seit dem letzten Journaleintrag eine bewegte Reise hinter sich. Der Alptraum-Hof als Antagonist der Anfangsphase ist kaum mehr als eine blasse Erinnerung und war, wie sich herausstellen sollte, nur ein Vorgeplänkel. Mittlerweile (bei

Wo einen die Reise auch hinführt, findet man immer wieder malerische Umgebungen.
Wo einen die Reise auch hinführt, findet man immer wieder malerische Umgebungen.
Level 45) geht es nicht mehr nur um die Sylvari, sondern um das Schicksal Tyrias: Alle fünf Völker müssen sich zusammenraufen, wenn sie die übergeordnete Bedrohung durch die Alt-Drachen und ihre finstere Armee aufhalten wollen. Ich bin mittendrin und werde Zeuge, wie sich Charr und Menschen wegen ihrer kriegerischen Vergangenheit angiften, während sich Norn und Asura gegenseitig die Schuld am Untergang Tyrias geben.

Leider hat man bei den oberflächlichen, aber dennoch bei Laune haltenden Dialogen keine Einflussmöglichkeiten, sondern muss sein Schicksal über sich ergehen lassen. Dennoch bekommt man ein gutes Gefühl für den erzählerischen Unterbau, der nur bei der Hauptgeschichte interessant ist und während der übrigen Reise durch den Fantasy-Vergnügungspark eine untergeordnete Rolle spielt. Und Entscheidungen muss ich mittlerweile sogar während der instanzierten Phase der Hauptmission treffen: Gehe ich diesen oder jenen Weg? Versuche ich, die Hohepriesterin eines Stammes per Gespräch zu überzeugen oder beweise ich mich in der Arena? Dass mittlerweile die Erzählabschnitte hinsichtlich der Levelanforderung etwas weiter auseinanderklaffen und ich auch mal zwei oder drei Charakterstufen mit den Standard-Aufgaben Erforschung, dynamische Events,

Man kann nur selten die Aussicht allein genießen...
Man kann nur selten die Aussicht allein genießen...
Rohstoffe sammeln etc. verbringen muss, stört mich nur wenig - zumal ich am Ende immer wieder mit der Story-Sequenz belohnt werde.

Durchweg motivierend?

Im Vergleich zu z.B. Age of Conan, wo man in der Launchphase bereits im Midgame inhaltlich auf Sparflamme kochte, ist Tyria nicht nur anfänglich, sondern immer noch zum Bersten gefüllt. Es gibt genug Gebiete für alle Stufen und auch meine Befürchtung, dass man sich bei ArenaNet vielleicht doch irgendwann auf das mir verhasste Grinding zurückfallen lässt, hat sich nicht bewahrheitet. Ja: Es gibt inzwischen nur noch wenige Abweichungen der bis jetzt gesehenen Quest-Schemata. Aber bis hierhin ist das Spektrum sehr breit gestreut und es macht mir weiterhin eine Menge Spaß, durch die Abschnitte zu streifen und Herausforderungen zu erledigen. Man kommt in einen sehr angenehmen Spielfluss und wird immer wieder auch für Kleinigkeiten belohnt: Es gibt Erfahrungspunkte für ein Rohstoffsammel-Pensum, NPC-Tötungen, Kämpfe gegen variierende Gegner oder erledigte Events - und das alles auf einer täglichen Basis. Naturgemäß steigt die erforderliche Erfahrung bis zur nächsten Stufe nicht linear, sondern leicht exponentiell an, doch man wird nie in das Korsett einer Leveltretmühle gezwängt, sondern bekommt den Aufstieg quasi als Nebenprodukt "geschenkt". Selbst wenn man die in der Schwarzlöwen-Handelsgesellschaft angebotenen oder manchmal als Belohnung ausgeschütteten Booster nicht nutzt.

Die Story-Instanzen überraschen mit Fallen und nerven mitunter mit unausgewogenen Gegnermassen.
Die Story-Instanzen überraschen mit Fallen und nerven mitunter mit unausgewogenen Gegnermassen.
Im Gegensatz dazu ist der Anforderungsgrad innerhalb der Story-Instanzen mitunter höchst unterschiedlich und schrammte bei mir (Erfahrungen anderer Klassen-/Völkerkombinationen können abweichen) gelegentlich gefährlich nah an der Frustgrenze entlang. Ein-, zwei oder von mir aus auch drei Mal sterben, weil man in einem Kampf einen entscheidenden Fehler gemacht, sich beim Ausweichen von Fallen doof angestellt oder sich für die falsche Waffe bzw. das falsche Element entschieden hat, wäre für mich in Ordnung.

Immer wieder draufzugehen, weil die Anzahl der Gegner nicht an das empfohlene Level angepasst scheinen, ist nervig. Nach dem Ableben kann ich mir zwar aussuchen, ob ich beim Kontrollpunkt weitermachen oder die Instanz verlassen möchte. Doch beides ist nicht optimal. Wenn ich gehe, muss ich die komplette Mission von vorne beginnen, sprich: auch alle Gegner sind wieder da. Und gehe ich an den Kontrollpunkt zurück, nehme ich den Rüstungsmalus ebenso in Kauf wie die Tatsache, dass alle vorher nicht besiegten Feinde wiedererstarkt auf mich warten - eine Möglichkeit, meine Kluft innerhalb der Instanz zu reparieren, gibt es leider nicht. Bislang bin ich in meiner Geschichte drei Mal mit einer derartigen Situation konfrontiert worden; für mein Empfinden zu häufig.

Gemeinsam in die Tiefen der 1000 Tode

Im Wesentlichen gibt es in Tyria keine Mission, keinen Event, der zwingend eine feste Gruppe erfordert. Selbst die mit "Gruppe" markierten Ereignisse setzen nur eine zwanglose größere Spielertraube voraus. Anders sieht es bei den Dungeons aus. Acht

Die Dungeons stehen in zwei Versionen zur Verfügung: Am Anfang muss die dazu gehörende Story bewältigt werden, danach kann man mit einer Gruppe auch die freie Erforschung versuchen.
Die Dungeons stehen in zwei Versionen zur Verfügung: Am Anfang muss die dazu gehörende Story bewältigt werden, danach kann man mit einer Gruppe auch die freie Erforschung versuchen.
dieser Gewölbe, die man mit einer Fünfergruppe betreten sollte, gibt es derzeit. Das erste wird mit dem Erreichen von Stufe 30 freigeschaltet, weitere folgen bei Stufe 40, 50 usw., wobei zwischen 70 und 80 auch Zwischenstufen neue Höhlen freigeben.

Der Clou: Geht man das erste Mal hinein, befindet man sich im Story-Modus, bei dem man als Gruppe unterstützt von NPCs die Areale erforscht und auf die Jagd geht. Hat man sich des Dungeonbosses entledigt, steht es einem von nun an frei, ob man den Dungeon erneut im Story-Modus angeht (z.B. um mehr der nur hier erhältlichen Gegenstände zu ergattern) oder die Gruften und Höhlen im "Erforschungsmodus" erkundet. Dann jedoch ist das Gebiet deutlich größer als in der Geschichte und die Feinde sind noch erbarmungsloser.

In der Gruppe wird die Zusammenstellung der aktiven und passiven Fähigkeiten noch wichtiger. Wenn sich die Zauber, Waffen und ausgerüsteten Boni nicht ergänzen, wird es beinahe unmöglich - die Levelanpassung greift auch hier und sorgt dafür, dass kommuniziert werden muss und sich miteinander abstimmt. Doch selbst dann wird es immer wieder zu spannenden Momenten kommen, bei denen man versucht, gefallene Kameraden wiederzubeleben, während man selber auf der Abschussliste steht. Und manchmal kommt jede Hilfe zu spät und man muss sich zu einem der Teleportpunkte

Mitunter kann es unerwartet lange dauern, bis man sein Ziel erreicht. Kommunikation und Abstimmung der Fähigkeiten ist wünschenswert.
Mitunter kann es unerwartet lange dauern, bis man sein Ziel erreicht. Kommunikation und Abstimmung der Fähigkeiten ist wünschenswert.
zurücksetzen. Im Vergleich zu den Solo-Storyinstanzen gibt es hier allerdings einen Amboss, an dem man seine Ausrüstung Instand setzen kann - und das war bei meiner Gruppe relativ häufig nötig. Doch einige qualvolle Tode, dutzende harte Kämpfe, ein paar wiederum gut und im Stil der Einzelgeschichte inszenierte Erzählsequenzen sowie vier Bosse später waren die Katakomben von Ascalon gereinigt und mein Magier um mehr als 12.000 Erfahrungspunkte reicher (plus die jeweiligen Wiederbelebungen sowie die ausgeschüttete Kampf-XP). Ganz zu schweigen von dem seltenen Gegenstand, den man als Belohnung bekommt; in meinem Fall eine Kopfbedeckung.

Technik bleibt hakelig

Dass ich im Dungeon kurz vor einem Bosskampf aus dem Spiel geflogen bin, weil der Client seinen Geist aufgab, als ich einen Screenshot anfertigen wollte, war extrem nervig. Wobei es bei mir auf einem Rechner mehrmals täglich im Dauerbetrieb zu abstürzen kommt (etwa alle zwei bis drei Stunden), die auch durch serverseitige Wartungen und die obligatorischen Patches bislang nicht behoben wurden. Auf einem anderen System hingegen lief Guild Wars 2 deutlich stabiler.

Häufig gibt es ein munteres "Wer rettet jetzt wen?"
Gegen die schwer zu knackenden Gegner gibt es häufig ein munteres "Wer rettet jetzt wen?"
Dennoch: Wenn man rausgeschmissen wird, weil die Software die Biege macht, ist das nervend. Vor meinem geistigen Auge malte ich mir schon das Schlimmste aus: Wieder hin, eine neue Gruppe suchen und das Ganze von vorn - Uff!

Doch weit gefehlt. Nachdem ich den Client neu gestartet hatte, lag mein toter Magier vor den Katakomben und wurde netterweise von den umstehenden Figuren wiederbelebt – dafür möchte ich an dieser Stelle nochmals meinen Dank aussprechen. Da meine Gruppe allerdings noch als aktiv angezeigt wurde, habe ich einfach probiert, den Dungeon erneut zu betreten. Und siehe da: Alles war wieder gut! Ich war wieder mit "meiner" Gruppe zusammen und die Jagd konnte weitergehen. Leider hatte ich noch keine Zeit, um mir Caudecus‘ Anwesen anzuschauen und außerdem wartet bald der Baum der Dämmerung... Aber ich bin zuversichtlich, dass auch diese Gebiete nicht weniger fordern als die Katakomben, die man im Charr-Gebiet findet.

Doch Pay-to-win?

Ich bin kein Freund von Mikro-Transaktionen, doch wie bereits erwähnt, geht ArenaNet sehr behutsam mit den Shop-Möglichkeiten um und geißelt einen nicht. Natürlich würde ich mir als Standard ein größeres Bankschließfach wünschen - oder zumindest, dass man

Die Schwarzlöwen-Handelsgesellschaft hat ihren Dienst angetreten - und wird als von überall erreichbares Auktionshaus häufig genutzt.
Die Schwarzlöwen-Handelsgesellschaft hat ihren Dienst angetreten - und wird als von überall erreichbares Auktionshaus häufig genutzt.
vollgepackte Säcke oder Kisten dort deponieren kann. Und auch mehr als die fünf zur Verfügung stehenden Charakterplätze hätte ich gern gesehen. Doch letztlich kann ich auch nach dutzenden Stunden Spielzeit sagen, dass mir nichts fehlt. Fehlenden Inventarplatz z.B. kann ich durch mein Dasein als Schneider sowie die Anfertigung größerer Taschen kompensieren - oder ich verschiebe meine Rohstoffe sowie Verbrauchsmaterialien gleich direkt in den "Sammelbereich", den ich von der Werkstatt bequem aufrufen kann. Und was die anderen Goodies betrifft: Vielleicht kann ich über den Handelsposten, quasi das Auktionshaus  der Schwarzlöwen-Handelsgesellschaft, genug Gold und Silber verdienen, um mir den einen oder anderen Luxus leisten zu können. Denn trotz kleinerer Ausfälle hier oder da, in denen man wegen Wartungsarbeiten keinen Zugriff hatte, ist die Börse mittlerweile funktionsfähig und wird rege genutzt.

Nachfrage und Angebot

Ernsthaft? Ein Goldstück für ein Stück Juterest?
Ernsthaft? Ein Goldstück für ein Stück Juterest?
Das Einstellen von Angeboten, das man von überall erledigen kann (praktisch, wenn man seltene Gegenstände bekommen hat, sie aber wegen Klassenbeschränkung nicht nutzen kann oder sie wiederverwerten möchte), ist einfach: Man wählt aus seinem Inventar den Gegenstand aus und hat nun mehrere Optionen. Falls das Objekt bereits angeboten wird (sehr wahrscheinlich), kann man entweder den Verkaufspreis an den niedrigsten Verkäufer anpassen oder dem höchsten Käuferpreis entsprechen. Oder aber man geht gegen alle Konvention und gibt seinen Wunschverkaufspreis ein, in der Hoffnung, dass die Ware irgendwann knapp wird und auch der eigene Preis akzeptiert wird.

Dann klickt man nur noch auf "OK" und die Ware wird aus dem Inventar entfernt. Solange kein Verkauf stattfand, kann man natürlich alles stornieren und wieder in den eigenen Rucksack überführen.

Auch die Suche und der Kaufabschluss lassen sich von überall in Tyria erledigen. Man gibt einfach einen Suchbegriff ein, z.B. "Juterest" und bekommt sofort eine Liste aller

Wenn ca. 40 Spieler gleichzeitig auf den Boss einschlagen und der sich nach Kräften wehrt, ist das Ergebnis ein Effekt-Gewitter sondergleichen...
Wenn ca. 40 Spieler gleichzeitig auf den Boss einschlagen und der sich nach Kräften wehrt, ist das Ergebnis ein Effekt-Gewitter sondergleichen...
verfügbaren Angebote sowie wie viele zu diesem oder jenen Preis noch verfügbar sind. Allerdings sehe ich nicht ein, derzeit mehr als 30 Kupfer im Sofortkauf für ein Stück zu zahlen - auch wenn ich eigentlich Rohstoffe bräuchte, um mein Schneiderlein weiter arbeiten zu lassen und dort Erfahrung zu bekommen. Mal sehen, ob jemand auf meinen deutlich niedriger liegenden "Wunschpreis" reagiert und meine Bestellung für 100 Stück à 10 Kupfer erfüllt. Ansonsten muss ich mich einfach langsamer fortbilden oder hoffen, dass meine überflüssigen Rohstoffe im Preis steigen. Das ökonomische System befindet sich ja noch in der Aufbauphase. Aber es hatte schon ein positives Ergebnis: Der Preis für Edelsteine ist gesunken. Bekam man für zehn Silber vor etwa einer Woche nur etwa 20 bis 25 Klunker, kriegt man jetzt (Stand 06.09.2012) schon 37. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob ArenaNet seiner zusätzlichen Einnahmequelle nicht irgendwann einen Inflationsriegel vorschiebt.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man seine Erlöse und die gekauften Gegenstände nur an den stationären Posten abholen kann - was mich aber nicht stört, da der Teleport einen umgehend in die Nähe der jeweiligen Schwarzlöwen-Mitarbeiter bringt.

Ausblick

Augenringe und Müdigkeit sprechen eine deutliche Sprache: Guild Wars 2 hat mich in seinen unbarmherzigen Krallen und lässt nicht von mir ab.  Natürlich hat mittlerweile eine gewisse Routine eingesetzt, Überraschungen bei den Events gibt es nur noch selten - aber es gibt sie. Zusätzlich nimmt die persönliche Erzählung immer mehr Fahrt auf, es gibt auch im Mittelteil und Richtung Ende Inhalte en Masse - Grind ist nicht einmal ansatzweise in Sicht. Und mit den Dungeons hat Tyria noch ein weiteres Motivations-As gezogen, das mich sicherlich noch länger beschäftigen wird. Es wäre doch gelacht, wenn ich das Kleidungsset nicht vervollständigen kann! Das mittlerweile funktionierende Auktionshaus werde ich trotz aller guten Ansätze und der bislang ausgewogen scheinenden Preisregulierung über Angebot und Nachfrage einerseits sowie preisgebundenen Bestellungen andererseits dafür nicht bemühen können. Eines steht zum jetzigen Zeitpunkt fest: Der Award ist Guild Wars 2 nicht mehr zu nehmen. Es macht zwar unter dem Strich nicht so viel anders. Aber das, was es macht, macht es richtig und legt im Detail vor allem auf eines wert: Den persönlichen Spaß für den Spieler, egal ob er als Solist unterwegs ist, sich in die "offenen" Gruppen einsortiert oder vorrangig mit Gilden um Anerkennung kämpft - und das abseits von Abo-Gebühren. Im nächsten und vermutlich letzten Teil werden die Spieler-gegen-Spieler-, die Welt-gegen-Welt-Auseinandersetzungen sowie die Personalisierung das Zünglein an der Wertungswaage sein.

Teil 4 (14.09.2012)

Das Ende ist nur der Anfang

Die Reise meines Elementarmagiers nähert sich dem Finale. Alles steuert auf einen unvermeidlichen Endkampf zu. Die Alten Drachen mit ihrem Meister Zhaitan haben Tyria

Die Drachen sind eindrucksvolle Erscheinungen, sowohl am Ende einer Kette dynamischer Events wie hier...
Die Drachen sind eindrucksvolle Erscheinungen, sowohl am Ende einer Kette dynamischer Events wie hier...
fast in ihrer  Hand. Ich habe an großen Schlachten gegen die Untoten teilgenommen, habe einen prophetischen Ausflug in meine Zukunft und die Tyrias unternommen, in langen Gefechten mehrere der todbringenden Feuerspucker besiegt und nahezu jeden Landstrich der umfangreichen Welt bereist - mit Ausnahme der Dungeons, von denen ich mir etwa zwei Drittel aufgehoben habe.

Und ich weiß, dass ich mit mindestens einer weiteren Figur die Reise nochmals antreten möchte. Nicht nur, weil mir die dynamischen Kämpfe mit ihren positionsabhängigen Angriffen, das aktive Ausweichen und die Waffentaktik auch nach mehr als 100 Stunden immer noch Spaß machen.

Sondern auch, weil ich gespannt bin, wie sich die Geschichte aus einer anderen Perspektive, mit einer Entscheidung für eine andere Fraktion erzählt wird. Die

... als auch in der Story-Instanz.
... als auch in der Story-Instanz.
Inszenierung könnte zwar manchmal etwas straffer sein und komplett vertont (einige Gespräche finden zu klassisch nur per Text statt), doch unter dem Strich gefallen mir sowohl die Erzählstruktur als auch die Geschichte besser als bei Star Wars The Old Republic - allerdings war dort die Lokalisierung sauberer. Texte sind hier mitunter fehlerhaft, aber immerhin nicht Sinn entstellend übersetzt und im Vergleich zu den englischen Sprechern sind die deutschen Kollegen zwar bemüht, aber hinsichtlich der Qualität sehr schwankend - vor allem, wenn es um Ausreißer nach unten geht.

Welten im Kampf

Wenn es um spannende Gefechte von Spielern-gegen-Spieler auf einer großen Skala geht, führt kein Weg an der Erwähnung von Dark Age of Camelot vorbei. Die dortigen Auseinandersetzungen der Reiche inkl. persistenter Belohnungen, die man streitend erobern kann, sind bis heute unerreicht, wenn es um sinnvollen sowie nachhaltigen PvP geht. Die schlechte Nachricht: Guild Wars 2 kommt nicht an diese Klasse heran. Die gute: Es schafft es beinahe. Im Wesentlichen werden zwei Optionen für die Wettbewerbe gegen menschliche Spieler angeboten.

In den Welt-gegen-Welt-Kämpfen geht es auch um Boni für den PvE-Bereich.
In den Welt-gegen-Welt-Kämpfen geht es auch um Boni für den PvE-Bereich.
Die Welt-gegen-Welt-Kriege laufen jeweils über zwei Wochen und bringen die Spieler von drei Servern (Welten) in den Konflikt um Territorien, die ähnlich dem Mythic-Klassiker passive Auswirkungen auf die gesamte PvE-Welt Tyrias haben. Man kann für seinen Server einen Bonus auf Erfahrungspunkte erspielen, aber auch dafür sorgen, dass alle Spieler mehr Geld pro getötetem Monster bekommen oder verbesserte Ausdauer besitzen. Allerdings währt dies nur maximal zwei Wochen. In einem vierzehntägigen Ryhthmus werden die Ergebnisse genullt und die Server neu gemischt. Auf enorm großen Schlachtfeldern, die auch mit NPC-Gegnern sowie Sehenswürdigkeiten gefüllt sind (man kann immer und überall Erfahrung sammeln), gibt es haufenweise Optionen, wie man den Feinden schaden kann. Man greift z.B. ihre Karawanen an oder nimmt ihre Türme und Festungen ein, während man selbst versucht, für den Schutz eigener Garnisonen  NPC-Wachen auszuheben oder kostspielige Verbesserungen von Schutzwällen anbringt sowie Versorgungsgüter sammelt, um sich alles leisten zu können. Das klingt auf Anhieb nicht nach besonders viel. Doch wenn man das erste Mal Blut geleckt hat und mit Dutzenden Gleichgesinnter versucht hat, ein Fort einzunehmen, während die Verteidiger von den Wällen herab Pfeile und Zauber regnen lassen, möchte man fast nicht mehr in die PvE-Welt zurückkehren - das Adrenalin wirkt selbst dann nach, wenn man wieder in den Ebenen von Aschfurt unterwegs ist, um der Geschichte zu folgen.

Wie bei den "normalen" Abenteuern in Tyria ist das Gefühl, gemeinsam an einer großen Sache zu arbeiten, während man seinem eigenen kleinen Schicksal folgt, enorm. Auch hier muss man keiner Gruppe angehören, um Spaß zu haben. Außerdem wird hier für eine relative Chancengleichheit gesorgt: Für sämtliche PvP-Auseinandersetzungen wird man auf Level 80 gehievt, wobei die Fähigkeiten sowie die mitgeführte Ausrüstung der "realen"

Durch kleine und große Belohnungen wird man in Tyria bei Laune gehalten.
Durch kleine und große Belohnungen wird man in Tyria bei Laune gehalten.
Charakterstufe entsprechen. Wer also z.B. mit Karma (die zweite wesentliche Währung in Tyria, wird erworben durch Missionen und Events) erworbene Spezialrüstung mit sich führt, kann diese hier auch nutzen.

Taktische Auswahl

Dennoch haben hochstufigere Figuren natürlich einen Vorteil. Sie können auf ein breiteres Spektrum an frei geschalteten Sonderfähigkeiten zurückgreifen, die trotz der sehr schnell komplettierten Waffenfähigkeiten für Unterscheidung innerhalb der einzelnen Klassen sorgt. Natürlich werden sich verschiedene Elementarmagier nicht gänzlich unterschiedlich spielen. Doch je nachdem, welche Waffe man mit sich führt, welche passiven Verstärker man gewählt  oder welche Elite-Fähigkeit man ausgesucht hat, ist die Rolle im PvP (oder auch bei Gruppen-Events im PvE) anders ausgelegt. Und damit eröffnet sich ein interessantes taktisches Potenzial, das auch in den Dungeons, aber vor allem im PvP ausgeschöpft werden muss, wenn man bestehen möchte.

Wenn die großen Gefechte zu unübersichtlich sind, kann  man sich auch im "kleinen" PvP mit vorgegebener Ausrüstung vergnügen oder in Turnieren beweisen, was man bzw. seine Gilde auf dem Kasten hat. Die Felder der Ehre sind hier deutlich kleiner, die Gruppen, mit denen man sich bekriegt, ebenfalls. Doch die Intensität der Gefechte ist ebenso hoch, es kann zu aufreibenden Artillerie-Duellen kommen und die Abstimmung der Fähigkeiten bzw. Kommunikation innerhalb der für die Scharmützel zufällig zusammengewürfelten Gruppen ist sogar noch wichtiger.

Das Motivations-Rätsel

Es war ein langer beschwerlicher Weg bis zum Gipfel, aber die Anstrengung war es wert...
Es war ein langer beschwerlicher Weg bis zum Gipfel, aber die Anstrengung war es wert...
Ich bin auch nach der bisher investierten immensen Zeit immer noch überrascht, dass es mir schwer fällt, mich von Tyria loszureißen. Das Geheimnis ist nach einigem Überlegen weniger im Außergewöhnlichen zu finden. Denn wenn man es auf die kleinsten gemeinsamen Nenner herunterbricht, ist Guild Wars 2 auch nur "eines von vielen" Online-Rollenspielen. Im Detail ist es dennoch mehr als das. Dadurch, dass man seine Spieler nicht so lange wie möglich ans Abo binden muss und dementsprechend "nach hinten raus" Inhalte verknappt oder nur seinen lang zahlenden Kunden die besten Inhalte anbietet, gibt ArenaNet von Anfang an Vollgas. Dies ist eine spielpolitische Entscheidung, die ich nur gutheißen kann. Als man seinerzeit haufenweise Content ansagte, musste man skeptisch sein. Doch das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar wird man in der Anfangsphase von den ganzen Möglichkeiten, Missionen, Events, Sehenswürdigkeiten, Aussichtspunkten etc. erschlagen - zumal man auch beinahe sträflich allein gelassen wird, wenn es darum geht, die Möglichkeiten zu erklären, die einem von Tyria angeboten werden. Aber wenn man die Grundsätze erst einmal verinnerlicht hat, was Online-Veteranen sicherlich leicht fallen wird,  kann man sich auf eine außergewöhnliche Reise freuen, die nahezu unbemerkt Stunde um Stunde frisst.

Fazit

Für mich ist Guild Wars 2 das beste und wichtigste Online-Rollenspiel seit Mythics Dark Age of Camelot. ArenaNet hat das Kunststück vollbracht, mit einfachen, aber effektiven Mitteln dafür zu sorgen, dass sich der umfangreiche Ausflug in den Fantasy-Vergnügungspark Tyria gleichermaßen vertraut wie neu anfühlt. Besonders begrüße ich die Entscheidung, bis hin zum Endspiel komplett auf die Grind-Tretmühle zu verzichten. Man kann überall etwas entdecken oder machen - und für alles bekommt man mehr Erfahrung als für das stupide Töten dutzender Monster. Zudem wird hier wie in keinem anderen Vertreter seiner Zunft auf ein zwangloses Miteinander gesetzt. Mit vielen kleinen Details hat man dafür gesorgt, dass viele Störfaktoren anderer Online-Vertreter (Mob-Farming, Tötungsklau, Raid-Warteschlangen, Beute-Verteilung etc.) gar nicht erst aufkommen. Mit dem Ergebnis, dass man wirklich das Gefühl hat, nicht nur seiner persönlichen Geschichte zu folgen, sondern auch mit hunderten Unbekannten einem gemeinsamen Ziel hinterher zu jagen. Es hätte zwar nicht geschadet, ein paar exklusive Klassen pro Volk einzubauen und die Kampf-Tausendsassa (es gibt keine "klassischen" Tanks, Heiler, etc. mehr) noch stärker zu differenzieren.  Doch letztlich bieten alle acht Berufungen trotz Ähnlichkeiten im dynamischen Kampf, bei dem auch Position und aktives Ausweichen eine Rolle spielen, genug Variation, um ein nochmaliges Durchspielen zu rechtfertigen. Es gibt auch noch weitere Störfeuer, so z.B. bei der deutschen Lokalisierung, aber auch technischer Art in Form von Abstürzen oder Performance-Problemen, die zum Fazit-Zeitpunkt noch nicht behoben sind. Dem gegenüber steht jedoch eine schier unendlich scheinende Motivation, denn auch im PvP-Bereich ist die Welt bis zum Bersten mit Inhalten sowie cleveren Details gefüllt. Und das alles -und das ist nicht zu unterschätzen- ohne jegliche Abo-Gebühren.

Pro

persönliche Charakter-Story, teils abhängig von Entscheidungen
bis zum Bersten gefüllt mit Inhalten für alle Charakterstufen
sehr ansehnliche, abwechslungsreiche Kulisse
Kampf schafft Spagat zwischen aktiver Bewegung und klassischen Fähigkeiten
Grinding-Tretmühle wurde komplett eliminiert
unheimlich viel zu entdecken
durchdachtes Handwerkssystem
dynamische Events (teils mehrstufig) ersetzen herkömmliche Questsysteme
multilingual (ad hoc verstellbar, Text und Sprachausgabe unabhängig)
stimmungsvolle Musik von Jeremy Soule
kein Gruppenzwang
umfangreiche Welt-gegen-Welt- sowie PvP-Kämpfe
acht Dungeons mit Story- sowie Erforschungsmodus
Position spielt eine Rolle in Gefechten
Ausweichen in Kämpfen möglich
Fähigkeiten abhängig von Waffe
unter der Oberfläche zahlreiche Personalisierungs-Optionen
übersichtliche Benutzerführung
Mikrotransaktionen bieten maximal "pay-to-shortcut"
alle Figuren auf dem Account teilen sich Schließfach & Rohstofflager
gelungene Teleport-Schnellreise
fließender Übergang von Land- und Unterwassergebieten
keine Abo-Gebühren

Kontra

Story-Instanzen mit unausgewogenem Schwierigkeitsgrad
deutsche Lokalisierung textuell mit Fehlern
deutsche Sprecher mit qualitativen Schwankungen
Client-Abstürze (auch drei Wochen nach Release, Stand: 14.09.12)
Waffen-Fähigkeiten sind schnell erlernt
keine volksexklusiven Klassen wie z.B. in Dark Age of Camelot
Schließfach ist viel zu klein
keine dauerhaften PvP-Auseinandersetzungen, nach jeweils zwei Wochen wird neu angefangen
bei Effektfeuerwerken geht die Übersicht verloren, genaues Anvisieren wird zur Geduldsprobe
gelegentliche Performance-Einbrüche
Springen/Klettern ist sehr fummelig

Wertung

PC

Spaß statt Grind: Mit einfachen Mitteln zieht ArenaNet die Motivationsschraube an. Guild Wars 2 ist ein wahres Umfangsmonster mit Prachtkulisse!

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