Radsport Manager Pro 200714.07.2007, Bodo Naser
Radsport Manager Pro 2007

Im Test:

Alljährlich die gleiche Leier: Pünktlich zur Tour de France erscheint Cyanides neuester Radsport Manager Pro, wobei sich das Wort neu oft nur auf die Jahreszahl bezieht. Handfeste Neuerungen sucht man nämlich meist vergebens. Auch die 2007er-Ausgabe macht da keine Ausnahme. Aber halt - da war doch noch was, oder? Im Jahr der Geständnisse einiger Profis ist alles etwas anders, auch wenn eigentlich alles beim Alten bleibt.

Sturz der Radsportgötter

Ich habe die Tour de France in den letzten Jahren immer mit viel Interesse verfolgt, was nicht zuletzt an Jan Ullrichs Erfolgen lag. Er war zweifellos der Auslöser des deutschen Radsportbooms. Doch dieses Mal

Das Feld rollt, hat aber wegen des schwelenden Dopingskandals an Strahlkraft verloren.  
 reizt es mich gar nicht mehr, so dass ich bislang noch keine ganze Etappe verfolgt habe. Das liegt sicher nicht nur  daran, dass der dopingverdächtigte Ullrich jetzt eine persona non grata ist. Abgesehen davon habe ich jegliches Vertrauen in den Profiradsport verloren. Wenn selbst ein Sympathieträger wie Erik Zabel gedopt hat, weil "es eben ging", dann ist alles möglich. Trotz Ehrenerklärung, die alle Teilnehmer der Tour widerwillig unterzeichneten, ist Doping nicht auszuschließen. Es gibt wohl Methoden, die derzeit nicht nachweisbar sind.

Damit bin ich wahrscheinlich nicht der Einzige, denn das Interesse an der Tour ist abgesehen vom schieren Eventcharakter deutlich rückläufig. Es gibt Zeitungen, die nur noch das Nötigste berichten. Sponsoren haben längst ihren Ausstieg bekannt gegeben. Stuttgart überlegt sich, ob die Rad-WM überhaupt stattfinden soll. Zum Glück strampelt der private Radsport weiter, denn ich fahre immer noch verdammt gern Fahrrad. Wahrscheinlich ist dieser Freizeitspaß der wahre Sport, denn hier gibt es kein Doping. Vielleicht sollte man selbst mal einen Abschnitt der Tour der Leiden nachfahren. Und wer weiß, vielleicht kann mich eine Alpenetappe ja noch einmal vor die Glotze locken...

Lupe für Neues

Warum ich das erzähle? Ganz einfach: Auch bei Cyanides Radsport Manager Pro ist langsam die Luft draußen. Dieses Mal haben es sich die Macher sogar vorbehalten, auf die tagesaktuellen Entwicklungen zu reagieren. Was immer das auch heißen mag, sagt es doch, dass irgendwie der Wurm drin ist. Jedenfalls wirkt die 2007er Ausgabe lieblos zusammengeschustert, als hätte man nicht gewusst, ob sie überhaupt erscheint. Und das obwohl dieses Mal fast alle Fahrer mit Originalnamen vertreten sind, bis auf die Fahrer des Teams Astana, zu denen auch Andreas Klöden und Alexander Winokurow (im Spiel Kloden und Wanokurow) gehören, um die sich zuletzt ebenfalls Dopinggerüchte rankten.

Sicher liegt das mit dem mangelnden Spielspaß der Simulation auch daran, dass die Macher auch dieses Mal keine weltbewegenden Neuerungen bieten. Gerade einmal im Managementbereich gibt es ein paar Änderungen wie die Erfahrungsstufe der Rennfahrer. Von diesen minimalen Neuheiten abgesehen wirkt alles bekannt wie eh und je mit Einzelrennen, den Etappenklassikern und dem Karriere-Modus. Daran ändert auch nichts, dass es dieses Mal ein verständliches Tutorial gibt. Das spielt aber nur Rennsituationen wie Sprint oder Zeitfahren durch, im Managerteil werden Neulinge alleine gelassen - vom Handbuch abgesehen.

Flache Rennen

Noch das Beste an der festgefahrenen Radsimulation sind die Rennen selbst, bei denen ihr neben einzelnen Etappen und Eintagesklassikern auch ganze Rundfahrten wie Tour de France, Spanienrundfahrt oder Giro D'Italia nachspielen könnt.

Die 3D-Siegerehrung soll für Stimmung sorgen, wirkt aber unecht und aufgesetzt.
Neben den normalen Etappen, die dem aktuellen Verlauf der Tour entsprechen, gibt es noch Einzel- und Mannschaftszeitfahren. Die Steuerung ist bekannt simpel, so dass ihr leicht Attacken starten, den Einsatz festlegen oder Nahrung aufnehmen könnt. In einer Flachetappe gibt es wenig zu tun und das Zeitfahren könnte langweiliger kaum sein, da vieles automatisch abläuft - einzig die Bergfahrten verheißen Bewegung im Klassement. So wird die Beschleunigungstaste außerhalb der Berge rasch zu eurem besten Freund.

Leider kommt bei den Rennen wenig Stimmung auf, da die Darstellung der Landschaft, Dörfer und Städte zu wünschen übrig lässt. Gerade der Prolog der Tour in London spricht Bände: Der Big Ben ragt ganz ohne Parlamentsgebäude aus einem Wohnviertel, als wäre es irgendein Turm in einem schäbigen Hinterhof, der zudem äußerst grob aussieht. Es gibt nur noch feste Kameraeinstellungen, die ihr durchklicken könnt. Auch Details wie Rennhighlights, Siegerehrung oder Zeitung sorgen nicht für das nötige Radsportflair. Der deutsche Rennkommentar ist gut gemeint und orientiert sich an der Rennsituation, ist aber auch auf Dauer langweilig, da schon nach wenigen Rennen Wiederholungen einsetzen.

                   

Schlichtes Management

Ein Schwachpunkt ist auch dieses Mal der Managementteil, der wieder so uninteressant geraten ist, dass er abschreckt. Zwar wurde er in der diesjährigen Ausgabe optisch etwas aufgewertet, indem 

Einen gewissen Buchalterlook kann auch die diesjährige Ausgabe nicht verbergen.
einige Schaltflächen jetzt nicht mehr ganz so schlicht daherkommen. Dennoch ist es wieder nicht gelungen, das Ganze so ansprechend umzusetzen, dass man es auch länger spielen will. Obwohl es vom Training übers Personalmanagement zum Scouting von jungen Talenten Einiges zu tun gibt, ist das nur was für Puristen, die sich gerne durch Zahlenkolonnen wühlen. Ansprechend sind allenfalls die Auswahl des Trainingslagers oder die Rennzeitung, die ab und an neue Interviews bietet.

Und das, obwohl es dieses Mal erstmals auch so etwas wie Erfahrungswerte gibt: Jeder Pedaleur besitzt seine spezielle Aufgabe, vom Wasserträger über den Kämpfer bis hin zum Sprintkönig. Nutzen zieht ein Profi aus einem Rennen dabei für seine Erfahrung nur, wenn er auch die richtige Stufe dafür hat. Wird seinem Wunsch nicht entsprochen, leidet darunter die Moral, die nur sehr schwer wieder zu kitten ist. Wenn ihr als Trainer im Zeitungsinterview einen Mist verzapft, dann sinkt sie gleich ins Bodenlose. Da hilft dann nur noch der Aufenthalt in einem Trainingslager für Moral, dessen Effekt aber ebenfalls nicht von Dauer ist: Spätestens nach zwei Monaten ist er verflogen, und der graue Alltag kehrt wieder ein. Also Vorsicht bei dem, was ihr der Presse sagt.

Unschöne Kulisse

Schon merkwürdig, dass Radsport Manager Pro 2007 (ab 19,98€ bei kaufen) rein optisch im Gegensatz zum Vorjahresausgabe eine schlechtere Figur macht. Wie oben bereits erwähnt, gilt das nicht nur für die grobschlächtige 3D-Umgebung sondern auch die Fahrermodelle selbst, die ebenfalls wie Klonpedaleure aussehen. Auch wenn die sehnigen Muskelstränge vielleicht Ultrarealismus vorgaukeln, ist von Individualität abgesehen von den verschiedenen Teamfarben wenig zu sehen. Von einem dynamischen Lichtwurf ist das Sportspiel meilenweit entfernt, bisweilen werden die Profis in der Nahansicht sogar brutal abgeschnitten und werfen auch keinen gescheiten Schatten auf die schwammig aussehende Straße. Ein paar unschöne Klone winken am Straßenrand, als ginge es wirklich um etwas - da wirkt es nicht nur an den Steigungen lächerlich, wenn sie sich auf die Straße wagen.

Auch akustisch tritt die Simulation größtenteils ins Leere. Die Musik ist exakt die vom letzten Jahr, der deutsche Rennkommentar wie angesprochen keinen Deut besser, und Effekte sind Mangelware - die hektische Musik will nur übertönen, dass es keine gescheite Soundkulisse gibt. Manch ein nerviges Stück ist nicht jedermanns Geschmack; ihr könnt sie aber wieder wechseln, wegklicken und abschalten.

    

Fazit

Die diesjährige Ausgabe Radsport Manager Pro krankt im Wesentlichen an zwei Umständen: Der ganze Profiradsport befindet sich in einer tiefgreifenden Krise, die keinesfalls ausgestanden ist, auch wenn viele Fahrer und Funktionäre das nicht wahrhaben wollen. Viele Leute fassen derzeit alles, was mit Profiradeln zu tun hast, nicht einmal mehr mit der Kneifzange an. Das überträgt sich natürlich aufs virtuelle Radeln, so dass sich der Reiz der 2007er Ausgabe in engen Grenzen hält. Das könnte die Simulation nur ausgleichen, wenn sie ein paar handfeste Überraschungen abliefern würde, wozu Cyanide aber nicht in der Lage zu sein scheint. An Neuem mangelt es der Reihe bereits seit Jahren, denn es spielt sich mal wieder wie die Vorgänger, die paar minimalen Veränderungen fallen unter den Tisch. Wer das Spiel installiert, merkt rasch, dass es nicht das Gelbe vom Ei ist: Im Management warten trotz dezent verbesserter Optik wieder nur gähnende Klickorgien, die allenfalls Buchhalternaturen und Statistikfetischisten beglücken. Die 3D-Grafik könnte weit besser sein, da gerade der Straßenrand, die Zuschauer und die Landschaft wenig her machen, so dass kaum Rennflair aufkommt. Radsport Manager Pro 2007 profitiert derzeit nur davon, dass er immer noch konkurrenzlos ist.

Pro

Rennen leicht zu kontrollieren
Fahrer gezielt trainieren
Erfahrung und Moral spielen mit
fast alle Originalnamen

Kontra

stark an Reiz eingebüßt
kaum echte Neuerungen
wirkt zusammengeschustert
während des Rennens wenig zu tun
langweiliges Management
keine Langzeitmotivation
kaum Radsportfeeling

Wertung

PC

Langsam aber sicher ist hier mächtig die Luft raus.

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