Im Test:
Abenteuer des Irrsinns
Alles in diesem Spiel wirkt irgendwie finster, bedrückend und bedrohlich. Allein der Raum, in dem der Protagonist, Howard E. Loreid, nachts schläft, spricht Bände: Wer würde in einem derart kleinen Kabuff nicht Platzangst bekommen? Die kahlen Vieles in Darkness Within ist nicht von dieser Welt. Ist dieser "verzierte" Gang nun real oder kommt er nur in den Träumen des Helden vor?
Wände rücken einem fast auf den Pelz - kein Wunder also, dass er dort regelmäßig im Schlaf von Schauergestalten besucht wird. Ganz ähnlich ist es im scheinbar endlosen Gang vor der Wohnung, der nicht von dieser Welt zu sein scheint und schäbiger nicht sein könnte. Auch sonst verstören die detailreich gerenderten Schauplätze, die ihr stets aus der Egosicht erkundet.
Im unheimlichen Landhaus des Opfers herrschen wiederum plüschige Teppiche vor, die einem fast den Atem rauben. Die Jagdhütte am Ende der Welt, auf die ihr im Laufe des Falles stoßt, ist nicht viel besser, denn hier prägen endlose Holztäfelungen das Bild. Und überall hängen Gemälde rum, die einem aufs Gemüt schlagen: Hier ein Nachtalp, der auf der Brust sitzt, dort ein verschwommener Baum und da ein paar psychedelische Farbkombinationen. Ganz zu schweigen von den unterirdischen Grüften, in denen sicher unheilige Zeremonien gefeiert wurden.
Vielschichtige Handlung
Um was geht's? Der Held ermittelt im Fall des Mordopfers Clark Field, der laut Polizeibericht erstickt wurde. Field, ein ebenso wohlhabender wie seltsamer und unbeliebter Zeitgenosse, war dem Übersinnlichen zugeneigt. In seinem Haus finden sich daher allerhand merkwürdige Dinge, die auf okkulte Praktiken schließen lassen. So gibt es schaurige, rituelle Masken, die er von seinen zahllosen Reisen in ferne Gefilde mitbrachte. Als Hauptverdächtiger gilt ein gewisser Loath Nolder, bislang selbst ein angesehener Privatdetektiv. Dass er ihn ermordet haben soll, ist schwer vorzustellen. Was steckt also dahinter?
Diese vordergründige Krimistory dient allerdings nur als Aufhänger für die eigentlichen Machenschaften, die lange im Verborgenen bleiben und die ihr erst noch ans Licht zerren müsst. Über sieben Kapitel hinweg wird der Held immer mehr in die Ereignisse verstrickt, bis er Hinweise findet, die in seine Richtung deuten. So gleicht der Ring, den er in einem Tempel findet, dem Ring, den er von seinem Vater bekommen hat. Letztlich begibt er sich immer mehr auf der Suche nach sich selbst und seiner Geschichte. Die Story wird hauptsächlich in Briefen erzählt, die es zu lesen gilt. Zum Glück sind die Texte meist gruselig, so dass man sie gern liest.
Textorientierte Rätsel
Das über zehn Stunden laufende Abenteuer ist nicht nur atmosphärisch interessant, es gibt auch viel zu tun: Um in der Story weiter zu kommen, müsst ihr allerlei Rätsel meistern, die aber meist machbar bleiben. So gilt es immer wieder Hinweise in
seitenlangen Berichten anzustreichen, die dann im Kombinationsteil des Inventars landen. Meist sind es Namen, Daten oder Orte, die eine Rolle spielen. Ihr müsst auch Zahlenkombinationen herausfinden, verborgene Türen entdecken oder eingesammelte Gegenstände richtig einsetzen. Es nervt allerdings schon ein wenig, dass ihr zwar von Anfang an alle Gegenstände seht, aber erst nach und nach mitnehmen könnt. So müsst ihr euch fast aufschreiben, was wo liegt. Bisweilen ist es gar nicht leicht in dem Gewirr der Einrichtung den Überblick zu bewahren. Auch hier ist genaues Absuchen angesagt. Wohl dem, der gerne liest. Texte kommen in allen Arten und Längen vor und dienen auch als Rätsel zum Anstreichen.
Eine praktische Tippfunktion sorgt dafür, dass ihr einen Hinweis bekommt, wenn ihr mal nicht weiter wisst. Es gibt drei Schwierigkeitsgrade, die sich nach der Anzahl der Tipps richten. Dann gibt es noch die Möglichkeit, die eingesammelten Spuren miteinander zu verbinden, um so eine neue Erkenntnis zu erhalten. Das geschieht in einem eigenen Menü mit dem Gehirnsymbol im Inventar, das bisweilen etwas unübersichtlich ist. Meist läuft es so aufs wilde Kombinieren hinaus, bis was passt. Ihr müsst diese Funktion aber nicht unbedingt nützen, denn ihr könnt auch alles auf einem echten Blatt ausknobeln oder einfach so eure Gehirnwindungen anstrengen.
Lovecraft lässt grüßen
Überall finden sich Anleihen an H.P. Lovecrafts Cthulhu-Mythos, der als loser Hintergrund dient. Das Ganze ist aber gut gemacht, da die Verbindungen nicht so offensichtlich sind.
So wird auch an einer Textstelle der Name Curwen erwähnt, einer der Hauptcharaktere in der Horrorgeschichte "Der Fall Charles Dexter Ward". Natürlich kommen auch einige verbotene Bücher vor, die aber nicht Necronomicon heißen, sondern andere seltsame Titel tragen. In der Hütte im Wald findet der Detektiv dann die für Lovecraft unvermeidlichen Meeresgetiere, die sich in schaurigen Reagenzgläsern tummeln. Was geht hier Unheiliges vor sich? Bei den vorkommenden Verschwörungen kann Dan Brown ruhig einpacken.
Für Kenner natürlich ein Leckerbissen, sind das aber nicht die einzigen Einflüsse, die im Adventure eingearbeitet wurden. Ihr müsst also nicht unbedingt Lovecraft gelesen haben, um euch zu gruseln, da vieles eher auf einer unterschwelligen Basis abläuft. Einmal fühlt ihr euch ein wenig Blair Witch erinnert, als von einer Hexe im Wald die Rede ist, die verbrannt wurde. Manch ein Abschnitt erinnert gar an Myst, da ihr nur wenige Gegenstände habt, um eine Lösung zusammenzubasteln. Das ist eine der unwirklichen Traumsequenzen, in denen ihr auch immer mal wieder Rätsel lösen müsst.
Mehr Merkwürdiges
Darkness Within steckt voller seltsamer Orte, Ereignisse und Begegnungen. Obwohl ihr eigentlich immer alleine unterwegs seid, trefft ihr immer wieder auf höchst merkwürdige Gestalten, Geister und Wesen, mit denen ihr euch sogar per Multiple-Choice zu unterhalten könnt, was aber selten ist. Ein denkwürdiges Beispiel ist das erste Treffen mit Loath Nolder, das surrealer nicht sein könnte. Ist es wirklich der gesuchte Detektiv, auf den ihr am Rande der Zeit trefft? Wie gelangte er in die schwarze Unterwelt? Wohin verschwand er?
So schaurig die Gespräche sind, so unergiebig verlaufen sie meist, denn Aufschluss sucht man bis zum Schluss leider vergebens. Leider wurden nicht alle Gespräche auf Deutsch vertont. Eine Sprachausgabe ist aber die Ausnahme, weshalb ihr eure eigenen Geistesblitze lesen müsst. Das Spiel ist eben nicht so aufwändig in der Produktion, da muss man das verschmerzen. Die Texte sind aber fehlerfrei übersetzt und lassen sogar Raum für Künstlerisches. Der Held besitzt ein lesenswertes Buch, in dem ihr schwermütigen Gedanken, Gedichte und Erzählungen seines Lieblingsautors nachschmökern könnt.
Lebendiges und Totes
So finster wie die Geschichte ist auch das Ambiente, das diese umgibt. Obwohl die Grafik sicher nicht sonderlich modern ist, wirkt alles recht überzeugend. Das eine mehr wie die finsteren Gänge, bei denen es immer Ecken gibt, die sich der
Erforschung verweigern. Anderes wieder weniger wie die Personen, die ein wenig schemenhaft aussehen. Vielleicht liegt es daran, dass oft nicht klar ist, ob sie nun leben oder schon tot sind. Auflockernde Elemente müsst ihr mit der Lupe suchen: An einer Stelle seid ihr mal an einem sonnigen, geschützten Ort, der sich aber auch als Trugbild entpuppt. Eine Sonnenfinsternis entsteht, die alles in Schatten taucht. Der Eindruck völliger Hoffnungslosigkeit wird noch durch die Musik verstärkt. Alles vermittelt den Eindruck von Schwermut. Richtig kuschelig wird's eigentlich nie und hell schon gar nicht.
Auch allerhand Kunst und Architekturstile sind mit eingeflossen, so wirken einige vorkommende Statuen ägyptisch andere wieder griechisch oder eher orientalisch. Einige der teuflischen Götterbilder sehen fast lebendig aus, als würden sie sich demnach bewegen. All das ist freilich unbewegte Szenerie, denn lebendige Elemente sind eher selten. Ebenso wie die wenigen filmische Sequenzen, die etwa ablaufen, wenn ihr mir dem Wagen von einem zu nächsten Ort fahrt - da hat man schon bessere Rendervideos gesehen
Fazit
Darkness Within ist genau das, was sich viele nach der im positiven Sinne gruseligen Demo erhofften. Eines jener kleinen aber feinen Grusel-Adventures nach H.P. Lovecraft, die uns ab und an den Schlaf rauben. Nach Scratches, Barrow Hill und Penumbra liefert es neuen Rätselnachschub für alle, die gern finsteren Mysterien auf der Spur sind. Ihr taucht ein in eine verstörende Welt der okkulten Geheimnisse, unheiligen Kulte und tödlichen Verschwörungen, die Dan Brown wie einen Schuljungen aussehen lassen. Vieles davon müsst ihr euch freilich erlesen, aber was macht das schon, wenn es recht kunstvoll und spannend geschrieben ist. Die gestellten Aufgaben sind im Großen und Ganzen lösbar, auch weil Tipps, Kombinationshilfen und drei einstellbare Schwierigkeitsgrade helfen. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die Suche nach Gegenständen, Schlüsseln und versteckten Türen in den vollgestopften und halberleuchteten Räumen öfters zur Sisyphus-Arbeit verkommt. Die durch und durch düstere Aufmachung mag wenig zeitgemäß sein, aber für mich besitzt genau das einen gewissen Charme. Unterm Strich ist dieser schaurige Geheimtipp aus der kleinen Adventure-Schmiede Zoetrope Interactive spannender als all die auf Massengeschmack getrimmten Machwerke!
Pro
Kontra
Wertung
PC
Lovecraft würde sich sicher auch gruseln bei diesem schauerlichen Abenteuer
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