WarCraft 3: Reign of Chaos03.07.2002, Jörg Luibl
WarCraft 3: Reign of Chaos

Im Test:

Publisher, Spielepresse und Fans zeigen sich in euphorischer Eintracht: WarCraft III wird ein absoluter Top-Seller, einen Award nach dem anderen einheimsen und vor allem Spielspaß pur bieten. Die 4P-Redaktion hat sich selbstverständlich nüchtern und sachlich ins Schlachtgetümmel des vermeintlichen Blizzard-Hits gestürzt und ist ebenfalls zu einem einträchtigen Urteil gekommen. Ob wir mit unserer Wertung beherzt in die laut schallenden Lobeshymnen einstimmen, klärt unser Test!

Publisher, Spielepresse und Fans zeigen sich in euphorischer Eintracht: WarCraft III wird ein absoluter Top-Seller, einen Award nach dem anderen einheimsen und vor allem Spielspaß pur bieten. Die 4P-Redaktion hat sich selbstverständlich nüchtern und sachlich ins Schlachtgetümmel des vermeintlichen Blizzard-Hits gestürzt und ist ebenfalls zu einem einträchtigen Urteil gekommen. Ob wir mit unserer Wertung beherzt in die laut schallenden Lobeshymnen einstimmen, klärt unser Test!

Echtzeit-Strategie mit Story

Orks in einer Schlachtreihe mit Menschen? Untote kooperieren mit Nachtelfen? Wenn ein 10.000 Jahre schlummernder Dämon plötzlich erwacht und eine ganze Legion brennender Kreaturen ins Feld führt, verbünden sich selbst Erzfeinde. Auch wenn Blizzard vielleicht so manches eingefahrene Fantasy-Weltbild zerstört, dürfte die epische Story mit ihren zahlreichen Wendungen jeden Genre-Fan begeistern. Abseits von eingefahrenen Klischees à la "Orks sind dumm und böse" wird Euch die Einzelspielerkampagne behutsam und auf ungewohnt hohem erzählerischen Niveau in das Schicksal des Landes einführen. Insbesondere Freunde der Grünhäute dürfen sich auf eine facettenreiche und sympathische Darstellung der schamanistischen Ork-Kultur freuen.

Fantastische Kino-Atmosphäre

Neben zahlreichen Filmchen in Spielgrafik tragen vor allem die grandiosen Render-Videos zur fantastischen Atmosphäre bei. Blizzard hat hier kleine Meisterwerke gezaubert, die mit ihren atemberaubenden Details (Poren auf der Haut, feine Haare im Pelz etc.) an die technische Brillanz des Final Fantasy-Films erinnern. Hinzu kommt eine heroische Musikuntermalung, die der epischen Geschichte die melodische Würze verpasst. Auch die Lokalisierung kann sich hören lassen: Man merkt jedem Sprecher und jeder Sprecherin an, dass sie ihre Rollen mit Leben füllen wollten. Auf diese Weise werden die zahlreichen Dialoge nicht nur erzählerisch, sondern auch akustisch professionell präsentiert. Schön ist auch, dass sich die zunächst witzigen, aber sich leider schnell wiederholenden Befehlskommentare Eurer Untergebenen abschalten lassen.

Epische Vielvölker-Kampagne

Im Einzelspieler-Modus dürft Ihr Euch auf eine epische Kampagne mit 34 Missionen freuen. Eingeleitet wird die Schlacht gegen das Böse mit einem zweiteiligen Prolog, der Euch vorbildlich mit der Steuerung und dem Spielablauf vertraut macht. Danach übernehmt Ihr zunächst für neun Kapitel die Führung der Menschen, bevor Ihr das Schlachtenglück der Untoten, Orcs und Nachtelfen bestimmt. Insgesamt präsentiert Blizzard dem Durchschnitts-Spieler mindestens 25 Stunden Spielspaß im normalen Modus. Sollten sich Einsteiger hier schwer tun, bietet das Programm automatisch den Wechsel in den leichten Modus an, der allerdings nicht von Anfang an wählbar ist. Profis und Battle.net-erfahrene Zocker können sich dafür sofort an die schwere Variante wagen.

Abwechslungsreiche Missionen

Das Leveldesign verdient ein besonders dickes Lob: Neben der guten Story tragen vor allem die abwechslungsreichen Aufträge und die gelungene Spielbalance zum hervorragenden Gesamteindruck bei. Durch die vielen Dialoge, die meist eine der zahlreichen kleinen Nebenquests einleiten sowie die magische Gegenstände kommt sogar Rollenspiel-Flair auf. Im Gegensatz zu so manchen Konkurrenztiteln geht es außerdem nicht immer nur darum, den Feind zu vernichten oder sein Lager zu zerstören. Jede der vier Unterkampagnen beginnt mit kleinen, aber interessanten Aufträgen, um den Spieler behutsam mit den Spezialeigenschaften der Völker vertraut zu machen: Manchmal gilt es z.B., seine Tarnung zu nutzen und unentdeckt einen Levelabschnitt zu durchqueren. Oder Ihr müsst einen bestimmten Punkt auf der Karte erreichen und dabei keine Monster töten, sondern per Wirbelwind kampfunfähig machen. Der Schwierigkeitsgrad steigt dabei sehr sanft an und erst gegen Ende der einzelnen Völker-Kampagnen wird`s richtig brenzlig - dafür winkt am Ende ein Render-Video deluxe.

Die dritte Fantasy-Dimension

Der Comic-Look alter WarCraft-Zeiten wurde hervorragend in die dritte Dimension übertragen. Und obwohl WarCraft III nicht mit der Polygondichte aktueller Shooter protzen kann, zeigen die Blizzard-Künstler der Konkurrenz, was ein professionell durchgestyltes Einheiten- und Landschaftsdesign ausmacht: Jeder Fantasy-Fan wird beim Anblick der mächtigen Baumwesen und einzigartigen Helden mit der Zunge schnalzen. Jedes Volk schickt über ein Dutzend Kreaturen in den Kampf; insgesamt haben die Figurenschöpfer 56 einzigartige Wesen erschaffen - vom einfachen Arbeiter über Schwertkämpfer, Bogenschützen, Druiden, Nekromanten und Harpyien bis hin zu mächtigen Drachen.

Aber nicht nur die spielbaren Figuren können auf ganzer Linie überzeugen, auch die zahlreichen NPC-Kreaturen wie Furbolgs, Muriocs, Zentauren oder Keiler zeichnen sich durch viele kleine Details aus. Wer einen 19"-Monitor sein Eigen nennt, kann die Auflösung bei 32 Bit Farbtiefe übrigens noch bis zu 1920 x 1440 Pixel hochschrauben. Und auch das Animationsteam darf sich auf die Schulter klopfen: Butterweich und realistisch rennen, rollen, flattern und reiten die Polygonfiguren in den Kampf. Aber was wäre das alles, ohne das entsprechende Ambiente? Die Spielwelt überzeugt mit ebenso ansehnlichen Details wie ihre Bewohner: Es gibt verwinkelte Städtchen samt Fachwerkarchitektur, düstere Wälder, die von Lichtschächten durchflutet werden, karge Steppenlandschaften mit gestrandeten Schiffen und märchenhaft verschneite Regionen. Und wer zu den Wasser-Fetischisten gehört, wird ebenfalls nicht enttäuscht; egal ob Brandung, See oder Furt - das virtuelle Nass sieht einfach klasse aus.

Kamera & Steuerung

Schön, dass Blizzard nicht den Kamera-Fehler zahlreicher Konkurrenztitel wie Empire Earth oder Warrior Kings gemacht hat: Man hat endlich auf den totalen Zoom verzichtet, der spielerisch sinnlos ist und meist nur hässliche Polygonklötze offenbart. Aber leider ist der Höhenzoom nicht ganz befriedigend: Euch steht lediglich eine leicht schräge Vogelperspektive zur Verfügung, die sich per Mausrad so weit neigen lässt, dass Ihr Euren Einheiten quasi in die Augen blicken könnt - spielerisch eher unnötig. So ist man gezwungen, immer recht nah am Geschehen zu sein - eine weitere Zoomstufe zur verbesserten Übersicht wäre insbesondere für hektische Multiplayerduelle sinnvoll gewesen. Trotz dieser Kritik muss man deutlich festhalten, dass der Spielspaß dadurch nicht sonderlich beeinträchtigt wird. Warum sich die Kamera jedoch drehen lässt, aber unbequemer Weise nur so lange man die betreffende Taste gedrückt hält, bleibt wohl ein Blizzard-Geheimnis.

Dafür bietet die Steuerung nicht nur alle genretypischen Bequemlichkeiten von der Lassomethode bis zur Gruppenbildung per STRG-Taste, sondern auch die besonders effektiv belegte Tabulator-Taste. Im hektischen Kampf garantiert sie den gezielten Einsatz der zahlreichen Spezialfähigkeiten und Zauber: Betätigt Ihr die Tab-Taste, wird innerhalb Eurer ausgewählten Kampfgruppe sofort zwischen den einzelnen Helden und Einheitentypen umgeschaltet, so dass man per Mausklick schnell deren Bonus-Fähigkeiten aktivieren kann - sehr schöne Sache! Weniger vorbildlich ist das Fehlen von Formationen: Zwar stellen sich Eure Recken im Kampf meist automatisch so auf, dass Nahkämpfer vorne und Bogenschützen weiter hinten postiert sind. Dennoch wünscht man sich manchmal eine Kreisformation, die z.B. den Helden schützt oder einen Keil für Sturmangriffe.

Multiplayer-Festschmaus

Wer die Kampagne durchgespielt hat, kann auf zahlreichen vorgefertigten Karten gegen Computerfeldherren oder im LAN bzw. über das Battle.net gegen menschliche Gegner antreten. Die KI der Feinde ist dabei außerordentlich gut und bietet optimales Training für`s Battle.net. Vor allem kann man sich so mit den sehr unterschiedlichen Technologiebäumen vertraut machen, die für jedes Volk über ein Dutzend Zauber-, Einheiten- und Kampferweiterungen parat halten. Erste Sahne sind hier zudem die Statistiken nach dem Spiel, die Euch detailliert aufzeigen, wo Ihr Eure Stärken und Schwächen hattet. Und für alle, die es genau wissen wollen, gibt`s die Möglichkeit, das komplette Spiel aufzuzeichnen und noch mal anzuschauen.

WarCraft III übt gerade im Mehrspieler-Modus einen besonderen Reiz aus, weil nur gut gemischte Kampfgruppen den Sieg davon tragen und jeder Spieler zur frühzeitigen Offensive gezwungen wird, um die wichtigen Goldminen zu sichern und Helden zu verstärken. Somit sind Turmbau- und Einigelungstaktiken à la Age of Kings eher kontraproduktiv und reine Tank Rush-Feldzüge im C&C-Stil nur sehr selten erfolgreich. Aber trotz des dynamischen, packenden Spielgefühls kommen gerade hier die kleinen Schwächen zur Geltung, die den Multiplayer-Award verwehren: Man vermisst frei wählbare Formationen, die Kamera ist etwas zu nah am Geschehen platziert, es gibt keine Schiffe und das Fehlen eines Spielmodus wie "Königsmord", der etwas Abwechslung vom reinen Zerstöre-alles-Prinzip bieten könnte, macht sich leicht negativ bemerkbar. Auch dass sich so mancher Held in schmalem Gelände nicht an den eigenen Nahkämpfern vorbeimogeln und zum Feind durchstoßen kann, sorgt hier und da für Wegfindungs-Stress. Genug Anregungen für einen Patch sind also trotz aller Begeisterung vorhanden…

Pro:

  • mächtiger Editor
  • sehr gute Steuerung
  • brillante Render-Videos
  • ausbalancierte Einheiten
  • stimmungsvolle Landschaft
  • motivierender Heldenausbau
  • hervorragendes Einheitendesign
  • epische Einzelspieler-Kampagne
  • packende Multiplayer-Schlachten
  • dynamisches, taktisches Gameplay
  • ansehnliche Zauber- und Lichteffekte
  • vier abwechslungsreiche Völker wählbar
  • sowohl Einsteiger- als auch Profi-tauglich
  • __NEWCOL__Kontra:

  • keine Formationen
  • eine Zoomstufe fehlt
  • zu wenige Multiplayer-Modi
  • ab und an Wegfindungsprobleme
  • Vergleichbar mit:

    WarCraft-Reihe, Age of Empires-Reihe, Battle Realms, Empire Earth

    Fazit

    Was lange währt, wird endlich . . . hervorragend! Blizzard lädt mit WarCraft III zum Fantasy-Festschmaus: Dass die epischen Schlachten mit einer perfekten Steuerung, einem faszinierenden Sammelsurium an Einheiten und einer erfrischend dynamischen Spielphilosophie präsentiert werden, ist die eine Sache. Aber dass diese technisch und optisch vorbildliche Echtzeit-Strategie auch noch mit einer packenden Story und spannenden Dialogen gewürzt wird, und als Sahnehäubchen Render-Videos in Kinoqualität serviert werden, macht WarCraft III zum Ausnahmespiel. In Sachen Spieldesign hat Blizzard allen PC-Spielern endlich wieder ein kleines Juwel geschenkt - eine brillante Komposition aus Story, Taktik und Film. Unsere klitzekleinen Kontrapunkte lassen lediglich den sehr guten Multiplayer-Modus an der 90er-Marke scheitern. Ansonsten hinterlassen die Diablo-Macher einen rundum delikaten Spielgeschmack, der einfach süchtig macht.
    (Jörg)


    Blizzard hat auch mit dem dritten Teil der WarCraft-Serie wieder einmal ein rundum gelungenes Produkt abgeliefert - Grafik, Sound, Präsentation und vor allem das Gameplay sind absolute Spitzenklasse! Es ist schon faszinierend, dass Bill Roper und seine Jungs es immer wieder schaffen, einmal pro Jahr einen Top-Seller zu veröffentlichen. Egal ob für Anfänger, Fortgeschrittene oder Profis, WarCraft III ist ohne Einschränkungen jedem zu empfehlen! Der einzige Punkt, der mich während des gesamten Spiels immer wieder gestört hat, ist die fehlende Zoomfunktion - ein wenig mehr Weitsicht hätte nicht geschadet. Aber diese Mako ist schnell vergessen, befindet man sich wieder in einer der grafisch und spielerisch opulenten Schlachten. Kurzum, WarCraft III: Reign of Chaos ist seit langer Zeit endlich wieder ein vollkommen rundes Spielerlebnis und hat den 4P-Platin-Award mehr als verdient!
    (Marc)

    Wertung

    PC

    Faszinierende und herausfordernde Echtzeit-Schlachten.

    0
    Kommentare

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