Dracula 3: Der Pfad des Drachens 19.08.2008, Bodo Naser
Dracula 3: Der Pfad des Drachens

Im Test:

Was geht in einem transsilvanischen Dorf vor, in dem sich unerklärliche Todesfälle ereignen? Im Abenteuer Dracula 3: Der Pfad des Drachen wird ein Mann Gottes entsandt, um dem rätselhaften Treiben ein Ende zu setzen. Steckt wirklich ein bekannter Vampir hinter den mysteriösem Ereignissen? Oder doch eine seltsame Heilige, der das abergläubische Volk huldigt?

Selig sind die...

Kleiner Ausflug ins Kirchenrecht: Was ist ein "Advocatus diaboli" (übersetzt: Anwalt des Teufels)? Derjenige, der im Falle einer geplanten Seligsprechung Argumente dagegen zusammentragen muss. Ein Widerspruch in sich? Nicht ganz, denn wenn

Die einfache Leute hielten Martha für einen Engel. Auch jetzt noch, nachdem sie tot ist. War sie das wirklich?
 jemand von der katholischen Kirche heilig gesprochen werden soll, beauftragt der Vatikan einen Priester, der der Sache auf den Grund geht. Er muss zuvor herausfinden, ob derjenige tatsächlich Wunder gewirkt hat oder ob es nur Hirngespinste sind. So will die Kirche verhindern, dass Betrüger am Werk sind. Der Advocatus diaboli trägt dabei alle Vorkommnisse zusammen, die gegen eine Seligsprechung sprechen. Im Klartext: Er gräbt die Leichen aus, die der Heilige in spe im Keller hatte.

So ein Fall begegnet euch in Dracula 3: Der Pfad des Drachen. Anders als bei Dracula: Origin spielt ihr mal nicht einen Vampirjäger wie Van Helsing, sondern einen katholischen Priester, der im Rumänien der 20er-Jahre einer angeblichen Heiligen auf der Spur ist. Obwohl ein Großteil der Rumänen orthodox ist, wird Martha Calugarul vom Volk aufgrund ihrer Heilkunst verehrt - auch postmortem soll die Ärztin noch geheilt haben. Nach dem Ersten Weltkrieg ist das Land zerstört und die Staatsmacht schwach. In der Umbruchphase halten viele am Aberglaube fest, die Behörden sind aber skeptisch und halten Martha für eine Verrückte. Nicht ohne Grund, denn sie behauptete steif und fest, dass ihrem Heimatort Vladoviste Unheil drohe. Dafür bezahlte sie mit dem Leben. Was hat sie gemeint? Ist sie wirklich einem Vampir zum Opfer gefallen oder ist es nur ein uralter Mythos, der wiederauflebt?

Nachforschung in Transsilvanien

Eine Pfarrer zu spielen, ist schon ein wenig anders als sonst. Aber verglichen mit anderen Adventures von Kheops ist es so unterschiedlich auch wieder nicht, in Egosicht durch die vom Krieg gezeichnete 2D-Landschaft zu streifen. Es ist nicht so,

Sieht so die Heimat von Dracula aus? Zumindest versuchen die Macher, lokale Gepflogenheiten aufzunehmen.
dass euer Held Arno besonders fromm wäre und ständig beten würde, aber doch werdet ihr mal gefragt, euren Segen zu erteilen. Die einfachen Leute sind so spirituell, wie man das  Vorurteilen folgend vom Balkan erwartet. Vladoviste hat keinen Seelsorger mehr, da dieser auf Kur am Schwarzen Meer ist. Er hat sich beim Dienst im Dorf verbrannt, auch weil er zur unbequemen Ärztin Martha gehalten hat, von der ihr herausfinden müsst, wer sie war. Das ist oft nicht sonderlich spannend, da euch sogar mit Arnos Stimme eingeflüstert wird, was ihr als nächstes tun sollt. Scheinbar traut man euch nicht zu, dass ihr das altertümliche Telefon selbst findet.

Schnell wird klar, dass es im Spiel keine eindeutige Antwort gibt. Es ist nicht zu klären, ob Martha Wunder vollbrachte oder nicht. In der Folge müsst ihr euch daher darauf konzentrieren, die Vampire genau zu erforschen. Der Vatikan möchte  wissen, ob an dem blutrünstigen Thema etwas dran ist oder ob es nur Aberglaube ist, den es zu bekämpfen gilt. Ihr werdet vom Priester immer mehr zum Vampirforscher, der sich auch in Budapest, Istanbul und Rom herumtreibt. Das ist es etwas schade, denn die Rolle als Priester hätte man noch mehr ausformen können. Die Suche nach der Wahrheit erweist sich zudem als ziemlich linear, da ihr immer hübsch eines nach dem anderen angehen solltet. Wenn ihr etwas versucht, ohne zuvor ein bestimmtes Buch gelesen zu haben, wird das leider nichts. Auch müsst ihr euch immer mit jedem unterhalten und alle Fragen von der Liste abarbeiten, damit ihr weiterkommt.

Behäbige Umgebung

Seltsame Dinge ereignen sich in dem gottverlassenen Ort, der ein wenig so aussieht wie die Dörfer bei Polanskis Tanz der Vampire. Ihr wandelt durch enge neblige Gassen mit kleinen Häusern, von denen ihr leider nur eine Handvoll betreten

Irgendwas in Transsilvanien geht nicht mit rechten Dingen zu? Verfolgt euch das uralte Böse, das dort angeblich haust? 
könnt. Das Ganze sieht schon nach Rumänien aus. Irgendjemand oder etwas beobachtet euch, was immer wieder in scharf gerenderten Filmsequenzen angedeutet wird. Verfolgt euch Dracula wirklich? Wenn ja, müsste er hier am Ende der Welt im verfallenen Schloss hausen, wo ihn Bram Stoker in seinem berühmten Roman hin verfrachtet hat. Eine echtes Gefühl der Bedrohung kommt dennoch kaum auf, obwohl die Frage ganz interessant ist, ob Dracula wirklich existiert oder nur eine Vorstellung ist.

Die Filme im Spiel sind besser als bei sonstigen Kheops-Abenteuern, was vermutlich an der Beteiligung von Microids liegt. Immer wieder wird das Geschehen von kleinen Videosequenzen unterbrochen, was etwas mehr Dynamik in das oft statische Spiel bringt und zumindest teilweise den Eindruck eines Films erweckt. Oft führen sie euch ein wenig in die Irre, denn ihr denkt, dass nun etwas Wichtiges passieren müsste. Das kennt man so von anderen Spielen, in denen solche Sequenzen vor allem dann kommen, wenn sich etwas tut. Hier geschieht aber trotz der Filmschnipsel meist nichts.

                

Rätsel wie gehabt

Die Rätsel sind zunächst harmlos, werden dann aber im Spielverlauf immer komplizierter. Am Anfang ist es damit getan, dass ihr immer alles anschaut und mit allen sprecht, um voran zu kommen. Dass ihr mal was aufheben müsst, um es wieder an

Schlösser knacken ist quasi das tägliche Brot des Abenteuers. Welche Kombination ist es diesmal? War da nicht was mit römische Ziffern? 
 die Wand zu hängen, ist zu Beginn das höchste der Gefühle. Ihr habt zwar ein nicht immer unfallreif zu bedienendes Inventar, das mit Bibel und Kreuz ausgestattet ist, aber ihr verwendet  es kaum. Schon eher braucht ihr die virtuelle Aktentasche, in der alle Texte landen - sogar den kompletten Roman Dracula könnt ihr im Original nachlesen. Da Arno immer wieder Alpträume plagen, könnt ihr ihn auch nach dem Zufallsprinzip eine Seite aufschlagen lassen, was angeblich einen Hinweis bringt. Selig sind, die hier auf eine Eingebung vertrauen, denn sie warten ewig, weil es für die Lösung kaum eine Rolle spielt.

Da verlasst ihr euch lieber auf euer Hirn, dass auch mal gefordert wird. Etwa, wenn ihr euch selbst Blut abzapfen müsst, was gar nicht so einfach ist. Zunächst müsst ihr die Instrumente sterilisieren, was sich noch als machbar entpuppt. Ihr müsst sie abkochen, was in der Küche geschieht. Doch zuvor Hände waschen, damit nichts verschmutzt wird. Allerdings will sich der Kessel partout nicht mit Wasser füllen lassen, weil ihr zuerst noch etwas nachlesen müsst. Bevor ihr nicht gelesen habt, wie alles vonstatten geht, läuft also nichts, auch wenn ihr vielleicht wisst, wie es funktioniert. Leider ist die integrierte Hilfe nicht wirklich nützlich, da es sie nicht überall gibt. Sie versorgt euch nur bei Ratespielchen mit Buchstaben mit Hinweisen. So ist es ein rechtes auf und ab mit den Rätseln: Manche sind intelligent und machen Spaß, andere nerven dagegen nur.

Dialoge ohne Einfluss

Ein wenig trocken sind auch die viele Gespräche, die ihr mit den selten auftauchenden Bewohnern führen könnt. Die feiste Besitzerin des Hotels, die rätselhafte Zigeunerin an der Ecke oder der schmächtige Junge auf dem

In Dracula 3 wird eine Menge gesprochen. Allerdings habt ihr trotz Multiple-Choice keinen großen Einfluss auf den Verlauf des Gesprächs.
Friedhof - alle haben etwas zu sagen. Meist sind es die gebildeten Leute wie eine Ärztin, ein Journalist oder eine Professorin, von denen ihr wirklich Erhellendes erfahrt. Obwohl ihr Fragen auswählen dürft, gibt es sonst keine große Möglichkeit, den Verlauf des Dialogs zu beeinflussen. Ihr müsst ohnehin wieder alles fragen. Immer verworrener winden sich die Handlungsstränge, die nur dürftig vom Pfad des Drachen zusammen gehalten werden. Wilde Theorien entspinnen sich im weiteren Spielverlauf: Sogar die rassistische Thule-Gesellschaft hat ihre Finger drin, die als eine der ideologischen Wegbreiterinnen der Nazis gilt. Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wohin die Reise in etwa geht.

Die deutschen Sprecher sind brauchbar, lassen aber ganz große Kunst beim Vortrag vermissen. So gelingt es ihnen auch nicht, den oft holzschnittartigen Charakteren mehr Tiefe zu verleihen. Diese wirken ohnehin nicht sonderlich lebendig, wenn sie euch ein paar Fragen beantworten, die ihr dann anhaken könnt. Obwohl die Sprachausgabe keine großen Fehler enthält, klingt die eine oder andere Nebenfigur nicht immer ganz so professionell, aber immerhin ist alles vertont.

    

Fazit

Auch wenn nicht sonderlich gruselig, ist es sicher eines der besseren Abenteuer von Kheops. Es verfügt über ein Mindestmaß an Atmosphäre, das den meist steifen übrigen Titeln der französischen Adventure-Schmiede abgeht. Da gibt es das Dorf in den Karpaten, seine seltsamen Gestalten und den Glaube an Dracula und Co., die für transsilvanisches Lokalkolorit sorgen. Es ist sogar für kurze Zeit interessant, mal als Priester dem Vampirmythos auf den Zahn zu fühlen. Und angesichts der Fülle an Texten, Bildern und Informationen kommt sogar so etwas wie Forscherdrang auf. Freilich ist Dracula 3 weit davon entfernt, richtig Spaß zu machen. Einmal mehr gewinnt man den Eindruck, dass man nicht wirklich Einfluss auf das lineare Spielgeschehen hat. Was hat die Macher geritten, für alles eine Anweisung zu erteilen, die euch sagt, was ihr als nächstes tun soll? Für Genre-Einsteiger ist das vielleicht eine Hilfe, aber wo bleibt da der Reiz? Diese Simpelaufgaben wollen so gar nicht zu den teils schweren Kombinations- und Logikrätseln passen, die es sonst zu knacken gilt. Wer unbedingt Vampire jagen will, sollte sich lieber für Dracula: Origin entscheiden. Es ist auch nicht perfekt, bietet aber ein besseres Erlebnis. Auf ein rundum gelungenes Vampir-Abenteuer müssen wir weiter warten.

Pro

mal was anderes - ihr spielt einen Priester
interessante Rahmengeschichte
Suche nach Dracula-Mythos
für Einsteiger geeignet

Kontra

es wird gesagt, was zu tun ist
teils zu einfache Aufgaben
teils schwere Kombinationsrätsel
sehr linear
teils verwirrend
Multiple Choice ohne Sinn
wilde Verschwörungstheorien

Wertung

PC

Schlechter als Dracula Orgin - aber obwohl etwas steif eines der besseren Abenteuer von Kheops.

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.