Im Test:
Die Rache des Glatzkopfes
Die Merkmale der Xbox 360-Fassung:
- gestrichen: Welteroberungsmodus
- neu: Kanes Herausforderungen
(90 Gefechte gegen neun Armeen inkl. neuer Zwischensequenzen)
- bis zu vier Spieler in fünf Online-Modi
- Freundes- & Weltrangliste
- insg. 50 Multiplayer-Karten
- inkl. Chat- & Kamera-Unterstützung
- Standalone-Add-OnWährend ihr bei Command & Conquer 3: Tiberium Wars mit GDI, Nod und Scrin in den Tiberiumkrieg ziehen durftet, dreht sich im Add-On alles um Kane und seine Bruderschaft. Dieser Feldzug mit 13 Missionen ist in drei Akte unterteilt, die mehrere Dekaden umspannen. Zunächst beginnt ihr nach dem zweiten Tiberiumkrieg damit, die rivalisierenden Nod-Splittergruppen (wie die Schwarze Hand) wiederzuvereinen, in dem ihr einen falschen Propheten aus dem Weg räumt und Kanes Botschaft verbreitet. Bis zum zweiten Akt darf der Spieler schlafen, der übrigens in die Rolle der experimentellen Kampf-KI "LEGION" schlüpft, um dann parallel zur GDI-Kampagne von C&C3 einige Missionen zu schlagen. So dürft ihr den Angriff auf die Philadelphia-Raumstation vorbereiten und später die Verräterin Kilian Qatars brandmarken. Wobei eine der besten Missionen aus C&C3 recycelt wurde: die Schlacht um den Tempel von Nod. Dort dürft ihr neuerdings mit einer Kommando-Einheit und einem Ingenieur wichtige Daten stehlen, diese der GDI zuspielen und schwups ist die Intrige fertig - von großer Schlacht keine Spur. Erst zum Mitte/Ende der Kampagne werden mit CABAL und dem Tacitus einige Elemente aus den vorherigen C&C-Teilen vermehrt aufgegriffen, aber als es einigermaßen interessant wird, endet der Feldzug abrupt. Allgemein ist es schade, dass in der Story der Fokus auf die Glaubensstreitigkeiten in der Bruderschaft gelegt wird und der Tacitus sowie CABAL zu kurz kommen, zumindest wird etwas angedeutet... (zweites Add-On?)
In Sachen Story-Präsentation bleibt Kanes Rache hinter Tiberium Wars zurück. Zwar schöpfen die rund 30 Minuten
In einer der Nod-Missionen muss die MARV-Fabrik erobert werden. |
Halbwegs überzeugen kann Bruder Marcion (Carl Lumbly), jedoch nicht von der deutschen Synchronisation her, da seine gesprochenen Worte nicht zu den Lippenbewegungen passen, dafür übertreibt er seine Rolle herrlich. Ganz im Gegenteil dazu bekleckert sich
Natasha Hendstridge (Species) als Alexa Kovacs kaum mit schauspielerischem Ruhm, zumindest lenkt ihr tiefgeschnittener Ausschnitt von ihrer Performance ab...Videos zu C&C 3: Kanes Rache
Missionen in der Kampagne
Obwohl die Geschichte hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt, sind die Missionen durchaus gelungen: Neben klassischen "Suchen & Zerstören"-Aufgaben müsst ihr zwischendurch "Vehikel eskortieren", "Kommando-Missionen schlagen", "das Shadow-Team geschickt mit der
getarnten Artillerie kombinieren" und allzu häufig "Gebäude erobern". Jeder Einsatz ist auf Action getrimmt, so rummst und kracht es bereits innerhalb der ersten Minuten, weil man häufig mit fortgeschrittener Basis startet oder sofort attackiert wird. Immer wieder greift euch der Gegner an, setzt euch unter Druck und dann gilt es neue Ziele zu absolvieren oder gar eine anrückende Supereinheit zu vernichten. Kritischster Punkt in den meisten Missionen sind daher die ersten Minuten. Habt ihr die erste Offensive der KI überlebt, wisst ihr woher die Gegner kommen, welche Waffen sie auffahren und wie man effektiv kontern kann. Na? Kommt euch diese Karte aus der C&C 3-Kampagne bekannt vor?
Unausgewogen in Bezug auf den Schwierigkeitsgrad ist die Abfolge der Einsätze. So habe ich für eine "Standard-Basisbau-Alles-Töten"-Mission rund 30 Minuten gebraucht und für den nächsten Basisbau-Einsatz nur sechs Minuten, weil ich mit zehn Nodmots die Kraftwerke und das Einsatzziel zerstört hab - dem Gegner schien dieser Blitzangriff nicht zu stören. Größere Verbesserungen bei der Computerintelligenz braucht ihr also nicht zu erwarten - sie setzen gerade mal die neuen Einheiten ein. So grasen die Sammler weiterhin ungünstige Flächen ab und die Wegfindung ist und bleibt ein Quell für unnötige Verluste. Beispiel: Zwei Drittel der Truppen fahren rechts lang *richtig*, ein Drittel fährt links vorbei *falsch* und wird beschossen, weil die anderen Einheiten wohl den Weg kurzzeitig blockieren.
Globale Eroberung
Neben der Nod-Kampagne dürft ihr im mittlerweile sehr beliebten "World Domination"-Modus die Erde unterwerfen. Im Vergleich zu Warhammer Dawn of War SoulStorm / Dark Crusade, Universe at War: Angriffsziel Erde, Schlacht um Mittelerde 2 und Empire Earth III schlägt sich die C&C-Welteroberung wacker und ist trotz sich wiederholender Spielmechanik vielleicht sogar die beste von allen. Warum? Ihr dürft eure Stützpunkte völlig frei auf der Erde platzieren, es gibt keine vorgegebenen Sektoren oder Länder. Gezogen wird in diesem Metamap-System abwechselnd und in jeder Runde baut ihr entweder eure Basis dreistufig aus, verbessert Verteidigung und Energieversorgung oder errichtet teure Spezialgebäude wie Ionenwerfer-Zentrale oder Tempel von Nod; solche Superwaffen können sogar auf der Weltkarte eingesetzt werden, um gegnerische Basen vor einem Angriff zu schwächen. Kleinere Spezialattacken wie ein Orca-Luftangriff zur Dezimierung von gegnerischen Einheiten oder ein Radar-Scan stehen ebenfalls zur Verfügung.
Jede Basis produziert rundenweise Ressourcen (abhängig von Position, Tiberiumvorkommen, Städten im Einflussbereich) und natürlich müsst ihr auch Truppen rekrutieren. Diese könnt ihr auf der Weltkarte umherschicken, um neue Stützpunkte zu gründen oder Feinde von der Bildfläche zu putzen. Anstatt einzelne Einheiten zu bauen, rekrutiert ihr gleich Truppenverbände, deren Zusammenstellung ihr selbst auswählt oder in dem ihr ein vorgefertigtes Einheitenset verwendet - ob ihr das Truppenset im Einflussbereich einer Stadt bauen könnt, hängt vom Kontostand sowie dem Ausbaugrad der Basis ab und ob spezielle Gebäude vorhanden sind; ohne Rekultivierungsgebäude gibt es keine GDI-Supereinheit MARV. Ein nicht zu unterschätzendes strategisches Element ist die Kontrolle über die Städte. So erhöhen GDI-Basen in Stadtnähe die Bevölkerung, was der GDI mehr Geld bringt. Nod-Basen (getarnt) verstärken die Unruhen, was weniger Geld für GDI und mehr für Nod einbringt. Die Scrin freuen sich hingegen über leere Städte.
Taktische Kämpfe
Kommt es letztendlich zum Konflikt, verschafft euch ein Info-Bildschirm einen Überblick über die Kräfteverhältnisse und ihr dürft entscheiden, ob die Computerintelligenz für euch die Schlacht schlagen soll - mit passablen Ergebnissen - oder ob ihr selbst das Kommando übernehmen wollt, was bei wichtigen/schweren Schlachten sicher besser ist. Handelt es sich um eine Basisattacke (egal ob Angriff oder Verteidigung), findet ihr die im globalen Modus gebauten Einrichtungen tatsächlich alle auf der Karte wieder, z.B. der Tempel von Nod, der euch gleich mit einem Atombomben-Cooldown-Timer von sechs Minuten empfängt. Und je nach Truppenzusammelstellung bzw. ob ihr ein MBF dabei habt, könnt ihr mit einer Offensive aller Einheiten beginnen oder erst eine Basis aufbauen und losschlagen, jedoch ist die KI bis dahin nicht untätig.
Wie bei fast allen Spielen mit "Global Domination"-Modus sind alle Schachten nichts anderes als Skirmish-Matches auf den bekannten Karten. Zumindest haben sich die Entwickler etwas einfallen lassen, dass die Matches nicht so lange dauern. So wird der Nebel des Krieges innerhalb von zwei bis drei Minuten gelüftet und die Tarnvorrichtung der Basis fällt mehrere Minuten später. Allerdings fiel bei den Probepartien auf, dass die Computerintelligenz immer mit einem Sofortangriff aller Einheiten begann, was lediglich die Anfangsphase fordernd machte und mit einer soliden Truppenkombination aus 1x MARV, 6x Mammut und 1x MBF sind die meisten Schlachten ohnehin schnell gewonnen. Somit sind die Gefechte schnell vorbei und bieten sehr wenig Abwechslung. Kurios ist, dass das vollständige Neuausrüsten bzw. Aufrüsten eines Truppenverbandes (wegen Verlusten im Kampf) immer den gleichen Betrag kostet, egal wie viele Einheiten gefallen sind und die Reparatur einer beschädigten Basis (z.B. durch Ionenwerfer oder als Folge eines Angriffes) verschlingt immer den gleichen Betrag.
Subfraktionen und mehr Einheiten
Am Auffälligsten sind sicherlich die epischen Einheiten, von denen jede Seite jeweils eine in Petto hat. Mit dem MARV haben die GDI eine sehr langsam fahrende und schießende Riesen-Strahlenkanone und dank vier Plätzen für Infanterie (Schützen = MG, Raketenwerfer-Leute = Raketenwerfer, Grenadiere = Granatwerfer, Ingenieur = Selbstreparatur)
lässt sich das Gefährt individuell gefährlicher machen. Nod schickt mit dem Redeemer einen Kampfroboter mit Drillingslaser ins Gefecht, der auch Platz für Infanterie bietet und die Scrin haben eine Art sechsbeinigen Riesenkäfer mit Infanterie-Slots. Die Stärke der Rieseneinheiten hat ihren Preis und zwar die lahme Geschwindigkeit sowie der enorme Ressourcenaufwand, deswegen wird man solche Maschinerien in den auf Geschwindigkeit getrimmten Multiplayer-Schlachten selten zu Gesicht im bekommen. In der linken Fabrik wird der MARV gebaut, der im Kampf gegen den anrückenden Nod-Redeemer sicher eine gute Hilfe wäre!
Ansonsten wurde jede der drei Fraktionen mit neuen Technik-Upgrades und Einheiten ausstaffiert. Die GDI freut sich über ein mobiles Flakgeschütz (Schleuder), einen Zonenrüttler (effektiv gegen Gebäude oder langsame Fahrzeuge, Flächenwirkung), den Hammerhead (Lufteinheit, unabhängiges aufmunitionieren von Landeplattformen) sowie eine sekundäre Landplattform für Flugzeuge. Mit dem Reckoner hat die Bruderschaft jetzt einen BMT und der Specter als getarnte Artillerie ist gemeinsam mit dem Tarnpanzer eine effektive Erstschlagswaffe, vor allem in der Kampagne. Mit einer Kane-Statue in eurer Basis könnt ihr außerdem die Feuerrate und Panzerung in der Nähe befindlicher Einheiten verbessern. Bei den Scrin haben sich die blitzschnellen Ravager eingenistet und der Mech-Walker, der einem "Tausendfüßler" ähnlich sieht und neue Segmente mit unterschiedlichen Waffen aus sich heraus erzeugen kann - eine mächtige Waffe mit hohem Mikromanagementfaktor.
Last but not least hat jede Fraktion zwei Unterparteien spendiert bekommen, die mit leichten Unterschieden bei Einheiten und Upgrades aufwarten und daher einen bestimmtem Spielstil vorgeben, jedoch ist die Balance weit von fair und final entfernt. Abseits der normalen Scrin kann man zwischen Traveler-59 und Reaper-17 wählen. Erste setzen auf Gedankenkontrolle und können durch pure Masse überrannt werden. Die Reaper-17 sind eher konventionell und favorisieren Feuerkraft ("Reaper-Tripod") sowie Schilde, müssen aber Abstriche bei den Lufteinheiten machen. Als GDI-Anhänger könnte man den Steel Talons eine Chance geben, die mit älteren Mechs (Wolverine, Titan) in Masse attackieren. Bei den ZOCOM hingegen sind die Zone-Raider als Infanterie mit flächendeckende Schallgranaten, Jetpack und Flugabwehrraketen fast zu stark. Auf Seiten der Bruderschaft darf man (wie ebenfalls in der Kampagne) mit der Schwarzen Hand umherziehen, die einen Faible für reinigende Flammen haben (z.B. im Läuterer, das Vorgängermodell des Avatar) oder ihr wählt die schwachen "Kanes Jünger" mit Cyborg-Ausbauten und Tiberiumwaffen.
Fazit
"Hurra! Ein Add-On, das sich nur um Nod dreht!", das waren meine ersten Gedanken, als Kanes Rache angekündigt wurde. Doch leider bleibt die Kampagne hinter ihren Möglichkeiten zurück. Die Hintergrundgeschichte ist zwar einigermaßen unterhaltsam und versucht die C&C-Teile miteinander zu verknüpfen, aber das Ergebnis wirkt nicht wie aus einem Guss und sobald interessantere Elemente wie der Tacitus oder CABAL ins Spiel kommen, ist Schluss. Aargh! Zumindest die rasanten Missionen punkten mit ordentlicher Abwechslung und die Startphase der Einsätze ist zwischendurch recht fordernd; generell sind die Missionen besser als ihre umhüllende Geschichte. Durchaus positiv überrascht hat mich die globale Eroberung, die wie bei Dawn of War: Soulstorm, Universe at War und Empire Earth III nur eine Aneinanderreihung von Skirmish-Matches ist, jedoch mehr Freiraum beim Basisausbau, der globalen Ausbreitung sowie der Truppentaktik lässt. Zudem sind die Gefechtsbedingungen so gedreht, dass die Matches bewusst kurz und knackig sind. Obwohl die weitere Unterteilung der Fraktion in Subparteien im Prinzip keine schlechte Idee ist und die taktische Handlungspalette zweifelsohne erweitert wird, muss noch einiges an Balance-Arbeit geleistet werden, da so manche Fraktion zu stark ist. Unterm Strich ein rundum gelungener Rachefeldzug, der ohne die überraschend gute globale Eroberung im befriedigenen Mittelmaß geendet wäre.
Update, 1. Juli 2008:
Warum hat sich EA auf der Konsole den Welteroberungsmodus gespart? Gerade der hat dafür gesorgt, dass Kanes Rache auf dem PC trotz seiner Schwächen im guten Bereich landete! Dennoch kann dieses Echtzeit-Strategiespiel wie schon sein Vorgänger auf der Xbox 360 überzeugen: Grafisch zwar kein Hochgenuss, aber durchaus ansprechend und vor allem ohne größere Probleme im Online-Krieg geht es auch von der Couch aus angenehm explosiv zur Sache. Allerdings sehe ich in Sachen Steuerung trotz kleiner Fortschritte gegenüber Tiberium Wars immer noch den PC klar vorne. Obwohl Electronic Arts mit dem CommandStick "nie da gewesene Steuerungsmöglichkeiten" versprach, entstehen in der Hitze des Gefechts immer noch deutlich mehr Unruhe und Fehlklicks als mit dem Nager. Die komfortablen Kreismenüs, die sinnvolle Belegung der Analogsticks sowie der Schultertasten bieten allerdings in der Aufbauphase und bei ersten Auseinandersetzungen fast optimalen Komfort. Erst wenn es später mit mehreren Gruppen und Formationen zur Sache gehen soll, fühlt man sich mit dem Gamepad etwas überfordert; man kann es sich natürlich dank der Tankrushmöglichkeiten einfacher machen. Man vermisst auf der Konsole aber einfach den Welteroberungsmodus, der auf dem PC noch für einen Hauch von Risiko und damit globale Strategie sorgen konnte. Diese Schwäche wird über den neuen Spieldmodus "Kanes Herausforderung" mit 90 zusätzlichen Gefechten nicht wirklich ausgeglichen - dahinter verbirgt sich einfach eine lose Mischung aus Kampagne und Skirmishgefechten mit einigen frischen Zwischensequenzen. Aber spielt sich das anders als die Kampagne? Nein. Dank des flüssigen Netzcodes und der abwechslungsreichen Online-Modi für bis zu vier Spieler ergibt sich unterm Strich ein befriedigender Eindruck.
Pro
Kontra
Wertung
360
Gute Online-Technik, gute Grafik, aber ohne den Welteroberungsmodus fehlt die Abwechslung.
PC
Kane rächt sich in einer mittelprächtigen Kampagne, einer guten Welt-Eroberung und bietet reichlich Stoff für rasante Skirmish- bzw. Multiplayer-Gefechte.
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