Alarm für Cobra 11: Crash Time09.11.2007, Michael Krosta
Alarm für Cobra 11: Crash Time

Im Test:

Schon seit Jahren flimmert die RTL Actionserie Alarm für Cobra 11 über die Mattscheibe. Trotzdem habe ich immer noch keine einzige Folge gesehen. Macht nichts! Dafür schlage ich mich auch in diesem Jahr auf dem PC mit einem neuen Computerspiel-Ableger durch verstopfte Autobahnen, jage Ganoven und kläre Verbrechen auf. Hat Synetic aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und mit Crash Time einen überfälligen Neuanfang gestartet?

Totale Ausschlachtung

Synetic ist für mich ein Phänomen. Ein Musterbeispiel dafür, wie man sich auf Lorbeeren ausruht, die schon seit langem einen bitteren Beigeschmack besitzen. Wenn ich auch heute wieder mit dem neuen "Crash Time" im Dienst der Cobra 11-Einheit über Autobahnen und durch Innenstädte presche, wird mir bei jedem einzelnen Meter bewusst, dass sich seit dem durchschnittlichen World Racing 2 (4P-Wertung: 63%) nicht viel verändert hat - und im Vergleich zum direkten Vorgänger "Nitro" sogar noch viel weniger. Der Vorteil: Selbst heute macht die flüssige Grafikengine noch einiges her. Zusammen mit dem eindrucksvollen (optischen) Schadensmodell, bei dem nach Karambolagen viele kleine Einzelteile durch die Luft wirbeln und die Karosserie schön zerlegt wird, wirken die Verfolgungsjagden auf den ersten Blick alles andere als abstoßend. Ja, bis auf mitunter recht starke Pop-Ups am Streckenrand und vereinzelte Tearing-Probleme sehen die Cobras für einen Midprice-Titel richtig gut aus. Schlimm wird es dagegen, wenn man einen Abstecher ins Feld unternimmt - sei es durch Zufall oder weil

Solche Stunteinlagen gehören zu eurem Arbeitsalltag.
 man abkürzen will. Hier erwarten euch die gleichen unsäglichen Clippingfehler wie beim Vorgänger, bei denen die Gräser und Ähren eure Innenausstattung ersetzen. Doch selbst das wäre noch halb so wild und treibt euch zumindest ein Lächeln ins Gesicht...

Spielerische Schwächen

Wenn ihr wissen wollt, woran es auch beim aktuellen Teil wieder hapert, reicht fast schon ein Blick auf die Kontraliste des Vorgängers, denn die Entwickler haben fast jeden Kritikpunkt konsequent übernommen. Das geht schon beim öden Missionsdesign los, in dem euch acht Fällen, angefangen bei Mord über Raser-Verfolgungen bis hin zu Undercovereinsätzen in der illegalen Tuningszene, erwarten. Klingt nach Abwechslung? Könnte man meinen. In Wirklichkeit erwarten euch immer die gleichen Aufgaben, die schnell an Reiz verlieren. Vor allem die Checkpoint-Rasereien kommen vermehrt zum Einsatz, in denen ihr unter Zeitdruck bestimmte Orte abklappern müsst. Kleiner Tipp: Schaltet am besten euer Gehirn aus, wenn ihr hier wenigstens etwas Spaß haben wollt. Denkt nicht darüber nach, warum ihr gerade mit Blaulicht durch die Stadt fegt! Ich meine, was ist denn das für ein Auftrag, bei dem man mitten auf einer Kreuzung für drei Sekunden anhalten muss, um Zeugen zu befragen, die überhaupt nicht da sind? Schon im Vorgänger wurdet ihr mit solchen Schwachsinns-Missionen konfrontiert. Aber dort gab es auch noch lächerliche Pappaufsteller, die die Stadt bevölkerten. Für den Nachfolger wurden diese komplett abgeschafft - mit dem Ergebnis, dass die Städte menschenleer sind und lediglich Müllbeutel die Bürgersteige und Plätze "bevölkern". Ein anderes Mal müsst ihr den Wagen eurer Chefin stoppen, der unter einer defekten Bremse leidet. Auch das kennt man schon aus dem Vorgänger. Doch warum die gute Frau

Böse Clippingfehler: Kürzt ihr durch ein Feld ab, sprießen im Wageninneren die Sträucher... 
trotz ihrer Bremsprobleme einwandfrei Serpentinenabschnitte meistert, grenzt schon fast an ein Wunder. Auch frage ich mich, warum Kollegen nicht die Verfolgung aufnehmen, wenn ich mitten in einer Verfolgungsjagd auf der Autobahn an ihnen vorbei jage. Wie gesagt: Denkt am besten nicht weiter darüber nach, denn nachvollziehbar ist hier so einiges nicht. Das gilt auch für das KI-Verhalten: Das Gummiband ist schon bekannt und sorgt auch hier dafür, dass das Fahrerfeld eng zusammen bleibt. Neu ist, dass KI-Aussetzer dafür sorgen können, dass ihr die Mission wieder von vorne beginnen dürft. Wie das? Zu euren Aufgaben gehört es auch immer wieder, andere Fahrzeuge zu beschatten. Dabei dürft ihr den Abstand nicht zu groß werden lassen, eurem Ziel aber auch nicht am Heck kleben. Kommt ihr zu nahe, habt ihr nur wenige Sekunden, den Abstand wieder zu vergrößern. Schön ist, dass die KI bei Neuversuchen nicht immer die gleichen Routen abklappert und deshalb unberechenbar bleibt. Blöd ist, wenn die KI unerwartet eine 180°-Drehung ausführt und euch plötzlich entgegen kommt, denn in diesem Fall habt ihr keine Chance, den Abstand zu halten. Also hilft nur eines: Neustart! Passt aber auf, dass ihr nicht aus Versehen den kompletten Fall abbrecht, denn dann dürft ihr gleich ALLE Spielabschnitte neu angehen, da Teilerfolge seltsamerweise nicht gespeichert werden.

       

Belanglose Inszenierung

Die acht Fälle stehen in keinem Zusammenhang zueinander, doch spielt die Story generell keine große Rolle. Das ist vielleicht auch besser so, denn dilettantischer könnte man das Geschehen wohl kaum inszenieren: Es erwarten euch lediglich Dialoge, die nur bedingt zu den gezeigten Sequenzen passen und inhaltlich kaum der Rede wert sind. Zumindest könnt ihr euch aber auf eine gute Synchro freuen. Aber wo sind die Darsteller, die auch in der TV-Serie die Kommissare verkörpern? Wo

Später jagt ihr sogar in Formel-Flitzern über die Autobahn.
sind die coolen Schnitte und Kamerafahrten, die TV-Feeling aufkommen lassen? Kleine Sequenzen gibt es wie schon beim Vorgänger nur nach spektakulären Unfällen, die dann mitten in der Action eingespielt werden und mehr nerven als unterhalten. Der Soundtrack samt Geräuschkulisse geht in Ordnung, doch dürft ihr auch eigene Musik ins Spiel importieren.

Gute Kontrolle, schwache Physik

Ihr habt eure Boliden wie Standard-Einsatzfahrzeuge, Sport- und Tuning-Karren bis hin zu Spürpanzern und Bussen jederzeit gut im Griff. Anfänger können sich zudem auf einen Bremsassistenten sowie die von Synetic bekannte Arcade Plus-Steuerung freuen, die das ohnehin zugängliche Handling weiter vereinfacht. Stöpselt ihr den 360-Controller an den USB-Anschluss, wird dieser vom Spiel sofort erkannt, aber mit einer der unsinnigsten Standardbelegungen aufgeführt. Wer will schon mit dem A-Knopf Gas geben und mit B bremsen, während Funktionen wie das Einschalten der Sirene weiter auf der Tastatur liegen? So werdet ihr wohl oder übel den Controller erst noch mühsam konfigurieren müssen. Obwohl die Fahrzeuge wie schon im Vorgänger realen Vorbildern von BMW, Mercedes, VW, Porsche und anderen namhaften Herstellern nachempfunden wurden, hat auch Crastime keine offizielle Lizenz - bis auf zwei Seat-Modelle, die es ebenfalls schon in Nitro zu sehen gab. Ich frage mich immer noch, warum der Hersteller bei so dreisten Kopien der Originale seitens der Autohersteller nicht zur Lizenz-Kasse gebeten wird& Die Fahrphysik samt Handling geht für so lange in Ordnung, bis ihr zum ersten Mal abhebt. Eine kleine Unebenheit reicht oft schon aus, um für einen Überschlag oder meterhohe und

Die spektakulären Crashes sind dank des tollen Schadensmodells ein echter Hingucker.
weite Flugeinlagen zu sorgen. Die Autos bei Crastime fühlen sich selbst unter Arcade-Maßstäbel viel zu leicht an. Gerade bei wilden Verfolgungsjagden ist es unheimlich nervig, wenn sich die Kiste schon bei einem kleinen Hubbel aufs Dach legt.

Nur Splitscreen-Duelle

Abseits der Bearbeitung von Fällen dürft ihr euch in Einzelrennen die Autobahnen und Städte unsicher machen. Neben Rundkursen stehen auch Etappen-Rasereien mit bis zu fünf Gegnern an. Die Verkehrsdichte könnt ihr dabei in drei Stufen regeln oder verzichtet komplett auf die Sonntagsfahrer, die eh meist nur im Weg stehen. Wer auf einen unterhaltsamen Mehrspielermodus hofft, schaut in die Röhre: Genau wie beim Vorgänger gibt es hier lediglich Splitscreen-Rennen für maximal zwei Teilnehmer. Einen Onlinemodus oder LAN-Unterstützung sucht ihr vergebens

   

Fazit

Die Cobras schlagen wieder Alarm! Und ich frage mich, wie Synetic Jahr für Jahr neue Spiele veröffentlichen und dabei konsequent alle Kritikpunkte der Vorgänger übernehmen kann. Crash Time hat die gleichen Schwächen und wenigen Stärken von Nitro, das wiederum an den gleichen Krankheiten eines World Racing 2 leidet. Soll das ewig so weiter gehen? Die Cobra-Serie würde sich doch geradezu anbieten, die aus der Serie bekannten Darsteller als Polygonmodelle zu realisieren und die Fälle auch endlich ordentlich zu inszenieren. Wenn man schon eine Story haben will, dann bitte auch mit TV-Flair anstatt nur platte Dialoge mit nichtssagenden Sequenzen zu unterlegen. Würden die Cobra-Kommisare nicht namentlich genannt, könnte Crash Time ebenso gut "Autobahn Raser – Die Polizei-Edition" heißen. Und warum gibt man sich beim Missionsdesign nicht mehr Mühe, so dass eure Aktionen zumindest halbwegs logisch nachvollziehbar bleiben? Ich will nicht mitten auf einer menschenleeren Kreuzung anhalten, um Passanten zu befragen, die nicht da sind. Genau so wenig will ich mit Einsatzwagen über den Asphalt rasen, bei denen ich den Eindruck habe, als würden sie so viel wiegen wie ein Bobby-Car. Die einzige Stärke, die Synetic schon seit Jahren auffährt, sind die ansehnlichen Kulissen, doch gesellen sich selbst hier mit bösen Clippingfehlern und Pop-Ups weitere Kritikpunkte hinzu. Im Prinzip gibt es nur eine Sache, die Crash Time besser macht als sein Vorgänger: Die Fälle halten euch länger bei der Stange, auch wenn der Umfang dadurch immer noch nicht sonderlich üppig ausfällt. Wer sich schon bei Nitro freudestrahlend das Blaulicht auf den Kopf geschnallt hat und der typischen Machart von Synetic-Titeln nicht abgeneigt ist, wird auch bei Crash Time gut bedient. Alle anderen kramen besser noch mal das gute alte NfS: Hot Pursuit aus der Mottenkiste, wenn sie als Cop auf die Jagd nach Verkehrssündern gehen wollen.

Pro

ansehnliche Kulissen
viele (nicht lizenzierte) Boliden
gute Arcade-Steuerung
tolles (optisches) Schadensmodell
gutes Geschwindigkeitsgefühl 

Kontra

Autobahnstrecken eher öde
Pop-Ups
z.T. böse Clippingfehler
immer gleiche Missionsstruktur
KI-Aussetzer
Gummiband-KI
keine Zwischenschritte bei Fällen speicherbar
keine Online
/ LAN-Unterstützung
schwacher Mehrspielermodus
immer noch geringer Umfang
menschenleere Städte
Autos wirken viel zu leicht
unsinnige Missionsabläufe

Wertung

PC

Mit Vollgas gegen die Wand: Synetic hat leider nicht aus den Fehlern der Vorgänger gelernt! Die Cobras haben immer noch keinen echten Biss!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.