A New Beginning08.10.2010, Bodo Naser
A New Beginning

Im Test:

Ein Adventure rund um das Thema Umweltschutz, Erderwärmung und Ökologie? Das fehlte bislang, weil das vielleicht nicht gerade nach Spaß und Abenteuer klingt. Mit dem futuristischen A New Beginning (ab 0,85€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) wagt sich Daedalic auf das unbekannte Terrain. Geht die Rechnung auf oder verbrennt sich der deutsche Adventure-Spezialist am gefährlichen Ozonloch die Flügel?

Schmetterlingseffekt

Zeitreisen haben durchaus ihren Reiz.

Nach dem Zeitsprung stellen die Piloten fest, dass sie nicht dort gelandet sind, wo sie hinwollten. Obwohl die Zeit stimmt. Was lief schief?  
Man kann nicht nur schauen, wie es wirklich in der Vergangenheit war, sondern auch gleich noch Dinge bereinigen, die einem nicht gefallen. Man muss aber genau darauf achten, welche Auswirkungen eine Veränderung haben kann. Das kennen wir etwa aus Zurück in die Zukunft, als Marty McFly versucht, seine Eltern als Jugendliche zusammen zu bringen - sonst wäre freilich seine eigene Existenz bedroht. Dass selbst kleine Änderungen unabsehbare Folgen haben können, sehen wir im Film Butterfly Effect, wo der Held immer wieder unfreiwillig durch die Zeit katapultiert wird, um endlich Seelenfrieden zu finden. Allerdings verändert sich die Gegenwart nicht immer wie gewollt.

Um die negativen Wirkungen der Vergangenheit geht es auch in A New Beginning, wo sich alles um den Treibhauseffekt dreht. In der Zukunft sind dessen Folgen derart verheerend, dass das Überleben der Menschheit gefährdet ist. Im Jahr 2500 können die Leute nicht mehr an die Erdoberfläche, weil es dort zu unwirtlich ist. Was tun? Wissenschaftler kommen auf die Idee, Raumfahrer durch die Zeit zurück zu schicken, um die Vergangenheit zu beeinflussen. Sie sollen die Herrschenden davon überzeugen, dass sie ihr Verhalten ändern, um die Umwelt zu schützen. Allerdings passiert ein Missgeschick, denn die Zeitpiloten landen im Jahr 2050, als alles schon zu spät ist. Die Menschheit hat die Welt schon zugrunde gerichtet, so dass dieser Stopp nutzlos ist.

Auf zukünftigen Abwegen

Das muss die zweite Heldin, die Funkerin Fay, auf ziemliche drastische Weise feststellen, als sie versucht, zu ihren

Obwohl Fay erstmals die Sonne bewundert, ist sie doch in einer Klimahölle gelandet und auf sich gestellt.  
Kollegen Kontakt aufzunehmen. Keiner antwortet ihr, da die anderen Teams verschwunden sind. Die Zeitpiloten wurden zwar in der Gruppe losgeschickt, wobei je zwei Piloten in einer Kapsel waren, aber jetzt sind sie auf sich gestellt. Es wurde nämlich nicht bedacht, dass die Welt des Jahres 2050 bereits zu zerstört ist, um noch als Basis zu dienen. Moskau versinkt im Schnee, durch London pfeift der Wind und San Francisco ist überschwemmt. Nun müssen Fay und ihre verbliebenen Kameraden einen Weg finden, um noch mal durch die Zeit zu springen. Dieses Mal müssen sie zu einer Zeit anhalten, als die Erderwärmung noch umkehrbar war.

Trotz der Comic-Grafik wirkt dieses futuristische Szenario durchaus glaubwürdig, da es mit Leben erfüllt wurde. Da gibt es z.B. seltsame Apparaturen, von denen man noch nie etwas gehört hat, die aber in der Zukunft durchaus Wirklichkeiten werden könnten und die man einrichten muss. Das Adventure spielt in drei Zeitebenen und die Leute aus der Zukunft haben eine spezielle Sichtweise: So beerdigt Fay einen Vogel, da er ihr wertvoll erscheint, weil es in ihrer wüsten Welt weder Fauna noch Flora gibt. Die Menschheit versteckt sich unter der Erde, da die Oberfläche zu lebensfeindlich ist. So hat Fay auch noch nie die Sonne gesehen, weshalb sie beim ersten Anblick freudig erregt ins Schwärmen kommt. Und das, obwohl Wolken die Sonne verhüllen.

Rette die Welt!

Die eigentliche Handlung spielt in der Jetztzeit, wohin es Fay nach ihrem Trip in unsere Zukunft verschlägt. Hier trifft sie den Eigenbrödler Bent Svensson, dem sie prompt erzählt, dass sie aus der Zukunft kommt. In einer großen

Wissenschaftler Bent glaubt der Frau aus der Zukunft kein Wort. Aber es gibt Gründe, warum er so abweisend reagiert.
Rückblende erzählt sie dem Wissenschaftler, was zuvor vorgefallen ist. Der Skeptiker hält sie für eine Spinnerin, ganz ähnlich wie man das von Bruce Willis im Film Twelve Monkeys stellenweise glaubt. Svensson hat mit dem Leben abgeschlossen, da er ganz alleine ist, nachdem seine Frau starb. Er glaubt, dass er sein Leben an die Forschung verschwendet hat, während es an ihm vorbeizog. Schließlich hinterließ er alles seinem Sohn und zog sich zurück.

Später wird immer mehr deutlich, dass dieser in die Jahre gekommene Mann ein berühmter Forscher war, der einst den Schlüssel für eine bessere Zukunft in den Händen hielt. Er erforschte eine umweltfreundliche Stromquelle, die die Energieversorgung hätte revolutionieren können. Warum ist die Welt trotz des Algen-Stroms untergegangen? Das wollen die Gäste aus der Zukunft natürlich rausfinden, um die Welt doch noch zu retten.

Erfreulich ist, dass A New Beginning trotz der Thematik weitgehend ohne erhobenen Zeigefinger auskommt. Hier kommt kein Klima-Oberlehrer, der einem erklärt, wie es laufen müsste. Das Spiel zeigt eher, was der Klimawandel mit den Menschen anrichtet. Leider werden im weiteren Verlauf einmal mehr die üblichen Katastrophenszenarien beschworen, was der Story insgesamt nicht gut tut, da sie letztlich wenig überraschend verläuft. Bent sagt an einer Stelle den bezeichnenden Satz, dass die Welt nur in Hollywood-Filmen mit einem großen Knall untergehe. Fragt sich nur, warum Daedalic sich dann genau für diesen überzogenen Plot entscheidet?

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Dreierlei Rätsel

Die Rätsel in A New Beginning sind meist gut lösbar, weil keine unmöglichen Dinge verlangt werden. Die Puzzles sind nachvollziehbar und es gibt Tipps für die Lösung wie etwa Baupläne. Gerade die Inventaraufgaben, die etwa 80 Prozent der Aufgaben ausmachen, sind anfänglich nicht schwer. Es gibt meist nur eine Hand voll Gegenstände und man findet eigentlich alles, weil notfalls eine Hotspot-Anzeige hilft. So entdeckt man einen Schlüssel in einem Bild versteckt, das sich Bent in einer rührseligen Minute anschaut. Man kann die Ausbeulung also gar nicht übersehen, weshalb sich die Macher den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass sie bisweilen zu offensichtliche Lösungen anbieten.

Der Rest der Aufgaben besteht darin, dass man Apparaturen in Gang setzen muss. Zum ersten Mal macht man das, als der Spieler als Funkerin Fay eine Antenne aufbauen soll. Bei diesen Rätseln muss man schon mehr überlegen, da es

Eines der großen Rätsel, bei denen man mal richtig überlegen muss. Damit wird der Strom für die Bibiliothek freigeschaltet. Es lässt sich bei Unlust umgehen.
immer wieder um die richtige Kombination geht. Dann ist auch mal Logik gefragt, etwa wenn man eine bestimmte Reihenfolge erraten muss. Es ist komisch, dass die Macher diese verächtlich als Mini-Games titulieren, was kaum der Realität entspricht, da sie dafür zu anspruchsvoll sind. Aber auch hier muss sich keiner die Haare raufen, denn es gibt die Möglichkeit, das ganze Puzzle zu überspringen. Hat man einige Zeit rumgefummelt, taucht oben automatisch das Symbol zur Lösung auf.

Schließlich gibt es noch professionell vertonte Dialoge, die leider nicht für kommunikative Entscheidungen oder gar Rätsel genutzt werden. Hier besteht meist nicht die Möglichkeit, dem Gespräch eine eigene Richtung zu verleihen. Vielmehr ist der Verlauf vorgegeben, auch wenn die verschiedenen Antworten etwas anderes suggerieren. Das Spiel nimmt es einem sogar ab, die richtige Antwort zu wählen. So sind Ziffern, Codes oder Passwörter eigentlich immer vorausgewählt, so dass man nichts falsch machen kann. Warum gibt es dann überhaupt eine solche Frage, wenn man bei der Antwort keine Auswahl hat? Daher unterscheidet sich das Spiel nur wenig von jenen, deren Dialoge automatisch ablaufen. Auch wenn es nach echtem Multiple-Choice aussieht, muss man stets alles fragen.

Etwas veränderte Bedienung

Die Bedienung ist grundsätzlich durchdacht, obwohl sie ein wenig anders als sonst bei Adventures funktioniert:

In der Mitte ist das etwas ungewöhnliche Bedienelement zu sehen, mit dem sich alles bewegen lässt.
Hier verwandelt sich nicht der Mauszeiger, wenn man übers Bild streicht. Stattdessen muss man die Sachen anklicken, worauf sich Handlungsmöglichkeiten ergeben. Das funktioniert bis auf Ausnahmen ganz gut: Im Eifer des Erforschens kann es schon mal vorkommen, dass man die falsche Option auswählt, auch weil man Dinge im Inventar erst länger mit links anklicken muss, bevor die Auswahl erscheint. Außerdem sind nicht alle Gegenstände so platziert, dass man gut rankommt. Zudem sollte man immer überall umherlaufen, denn es gibt Raumteile, die sich erst bei näherer Betrachtung auftun.

Kopierschutz zickt rum

Weniger prickelnd ist, dass sich Daedalic dieses Mal entgegen der sonstigen Gepflogenheit für einen Kopierschutz entschieden hat, auch weil Koch Media den Vertrieb macht. Das rächt sich auch gleich, denn bei manchem kann es zu Problemen mit einer veralteten Version von Protect Disc kommen. Man spielt mir nichts dir nichts vor sich hin, hat schon 20 Prozent gelöst und plötzlich lässt sich das gerade noch funktionierende Spiel nicht mehr starten. Stattdessen kommt eine ominöse Fehlermeldung, die Kopierschutzgeplagte vermutlich schon kennen: "Der notwendige Systemtreiber musste aktualisiert werden. Bitte starten Sie das System neu!" Da hilft nur ein Update des Kopierschutzes, das es auf der Seite von Protect Disc gibt. Allerdings dürften weniger erfahrene Spieler mit diesem Bug überfordert sein.

Für Comic-Fans

Zu loben ist aber wieder die gelungene Comic-Umsetzung,

Schon das Menü gibt einen Eindruck davon, dass das Adventure ein Comicheft sein möchtre.
auch wenn man sie nur in einer festen Auflösung von 1024x768 betrachten darf. Die ansehnliche Kulisse ist nicht zu bunt und durchaus realistisch, so dass auch Zeichentrickverschmäher ihre Freude daran haben. Ebenfalls aus dem westlichen Zeichenblock stammen die Zwischensequenzen, die an ein Film gewordenes Heftchen erinnern. Fragt sich nur, warum es im Spiel selbst keine Sprechblasen gibt, sondern nur Untertitel? Ins Ruckeln kommt das Adventure immer dann, wenn man den Raum wechselt, vermutlich weil neue Bewegung geladen werden müssen. Es gibt nämlich kleine Objekte, die etwas Bewegung in die Grafik bringen.

Auch akustisch ist A New Beginning ein Genuss, wie man das von Adventures von Daedalic kennt. Die Sprachausgabe ist sehr umfangreich, da viel geredet wird. Ganz vereinzelt gibt es da mal ein paar unpassende Stimmen, wie etwa bei den Demonstranten, die aber nur Nebenfiguren mit wenig Text betreffen. Ansonsten wurde überwiegend auf professionelle, wenn auch nicht gleich bekannte Sprecher zurückgegriffen

           

Fazit

A New Beginning ist ein gelungenes Adventure, das viel richtig macht. So wirkt die düstere Zukunft angenehm lebendig, da die Menschen nicht nur eine andere Technik und futuristische Kommunikationsformen haben, sondern auch eine spezielle Denkweise, die vom bereits erlebten Klimakollaps geprägt ist. Obwohl Fay das Küken ist und Bent der kauzige Wissenschaftler, haben die Charaktere doch ihre Eigenheiten, die sie besonders machen. So nimmt man Svensson ohne Weiteres ab, dass er vom Wissenschaftsbetrieb gefrustet ist und seine Ruhe will. Es ist zwar ein Öko-Abenteuer, aber das erklärt einem nicht die Welt mit erhobenem Zeigefinger, sondern macht neugierig. Die Story beginnt spannend, da man sich fragt, wie die Zeitreisenden wohl unsere Welt überzeugen wollen, auf Verbrennungsmotoren zu verzichten. Aber dann geht's plötzlich und ohne Not recht konventionell im Stil eines Hollywood-Thrillers weiter, was deutlich an der Motivation sägt. Die Rätsel sind logisch aufgebaut, allerdings braucht man für sie kaum die eingebaute Hilfe, da sie fast schon zu offensichtlich sind. Die Gespräche sind gewohnt gut vertont, aber der Inhalt lässt sich nicht groß beeinflussen, obwohl einem die verschiedenen Antworten genau das vorgaukeln - schade! Ebenfalls kein Ruhmesblatt verdient der verwendete Kopierschutz, der dem einen oder anderen den stilechten Comic-Genuss verhageln könnte. Wer damit keine Probleme hat, erlebt ein ebenso ambitioniertes wie futuristisches Abenteuer rund um den Klimaschutz.

Pro

glaubwürdiges Szenario
besondere Charaktere
frische Klimawandel-Thematik
spannender Beginn
ansehnliche Comickulisse
logische Rätsel
kein erhobener Zeigefinger

Kontra

Story letztlich vorhersehbar
einige zu offensichtliche Lösungen
es fehlen anspruchsvollere Rätsel
Dialoge sind vorgegeben

Wertung

PC

Keine Neuerfindung des Genres aber doch ein lohnenswertes Zukunfts-Adventure.

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