Global Conflicts: Palestine20.12.2007, Marcel Kleffmann
Global Conflicts: Palestine

Im Test:

Was steckt hinter "Global Conflicts Palestine"? Ein billiger Shooter ohne Anspruch? Nein,  hier läuft der Hase anders, schließlich handelt es sich nicht um einen Ego-Shooter, sondern ein dialoglastiges Adventure vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern. Aber wie sieht es abseits des politisch brisanten Informationsgehaltes mit den spielerischen Inhalten aus?

Heikel!

Die Thematik des israelisch-palästinensischen Konfliktes für ein Adventure auszuwählen, ist sicherlich heikel - vor allem wenn es aus Dänemark, dem Ursprungsland der "Mohammed-Karikaturen", stammt. Doch die Entwickler von Serious Games ("ernsthafte Spiele") versuchen laut ihres Vorwortes im spärlichen Handbuch die Geschichten derjenigen zu erzählen, die unter dem Konflikt zu leiden haben. Sie wollen keinesfalls Partei für eine der beiden Fraktionen ergreifen, sondern man soll sich als Spieler selbst ein Bild von der Lage im Nahen Osten machen; ein mutiger und guter Ansatz!

Ausgefeilte Mimik oder hübsch aussehende Gestik sucht ihr in den Gesprächen vergebens. Zumindest bewegen die virtuellen Personen ihre Lippen beim Reden, womit die fehlende Sprachausgabe umso gravierender auffällt.

Born to be Reporter

Die Hintergründe des über 50 Jahre lang tobenden Konfliktes erfahrt ihr entweder als junger palästinensisch-amerikanischer Journalist oder als israelisch-amerikanische Journalistin. Im Krisengebiet und in insgesamt sechs "Missionen" lauft ihr in isometrischer Perspektive durch trostlos gestaltete Areale in und um Jerusalem und trefft dabei allerlei Kontaktpersonen, um Hinweise, Indizien und Themen für einen neuen Artikel zu ergattern, den ihr am Ende der virtuellen Recherche an einen der drei Zeitungsverlage übermittelt. Doch bevor ihr den einfach strukturierten Zeitungsbaukasten bemüht und Titelzeile, Texte/Zitate sowie Fotos zusammenpuzzelt, der anschließend minimalistisch bewertet wird, müsst ihr erstmal an Informationen gelangen...

Sprachlose Gespräche

An einschlägigen Orten werdet ihr dann Zeuge von stellenweise kontroversen Vorfällen (z.B: Überfälle, Treffen mit Extremisten, etc. basierend auf - laut den Entwicklern - wahren Ereignissen) oder trefft auf Kontaktpersonen mit denen ihr ins

Unterwegs zur nächsten Kontaktperson (Grafik-Qualität auf Stufe "Maximum")...
Gespräch kommt und denen ihr im Laufe des Dialoges Fragen stellen könnt. So erlangt ihr Hintergrundwissen über beide Gruppierungen, die Hamas, Märtyrer, Opfer, die Situation an den Checkpoints usw. und mit Hilfe des "Quote" oder "Zitieren"-Knopfes notiert ihr den Teil des Dialoges in eurem Notizblock, auf den seltsamerweise nur 15 Zitate passen - ein bisschen wenig für einen ambitionierten Journalisten, aber so kann man den Artikel später einfacher zusammenpuzzeln, trotzdem hätten es sicher auch 20 Zitate getan, zumindest hat euer Bleistift ein Radiergummi. Neben diesem betont auf Zugänglichkeit getrimmtem System und der inhaltlichen Wichtigkeit der Dialoge leisten sich die Entwickler allerdings einen (kostenbedingten?) schwerwiegenden Fehler, denn kein Gespräch ist vertont. Ihr müsst sämtliche, teils lange und ausschweifende Texte vom Bildschirm ablesen, was im Grunde genommen nicht so schlimm wäre, wenn nicht die Sprachausgabe in einem dialoglastigen Adventure einen Großteil der Atmosphäre transportieren würde und deswegen bleibt Global Conflicts Palestine in diesem
Der mysteriöse "Online-Modus" entpuppt sich als schlichter Link zum offiziellen Forum, in dem man sich mit anderen Spielern austauschen kann.
Bereich hinter seinen Möglichkeiten zurück - sprich: der "Schaffung einer getreuen, wenn nicht sogar fesselnden Atmosphäre". Gleiches gilt für das Grafik-Grundgerüst, das mit sparsamen Polygonenzahlen, schwammigen Texturen, spärlicher Charakter-Mimik und kaum vorhandenen Effekten auf Sparflamme köchelt, was wiederum zu Abstrichen bei der Präsentation führt.

Doch zurück zur Recherche: Nicht jede der Personen freut sich übermäßig, wenn der virtuelle Reporter auf der Bildfläche erscheint. Manchmal müsst ihr erst über einen bestimmten Ruf bei der Fraktion (israelisch oder palästinensisch) verfügen oder zuerst eure "Loyalität" unter Beweis stellen und kleine belanglose bis störende Aufgaben der Marke "Dienstbote" absolvieren, wobei noch ein Schwachpunkt ins Auge sticht: Ihr könnt nicht allzu weit rauszoomen und müsst euren 

Download: Patch 1.2 (12,1 MB)

Download: Demo (94,5 MB)Protagonisten leidlich umständlich und mit viel Mausarbeit durch die von einer Wüste geteilte Stadt klicken; wichtige Orientierungspunkte sind Mangelware und deshalb muss oft zur Karte gegriffen werden, um den richtigen Weg zu finden.   

Fazit

Einerseits kann man das Grundkonzept von Global Conflicts Palestine und seine aufklärenden Ambitionen nur loben, andererseits ist die spielerische Seite schrecklich dünn. Während ihr die weitgehend interessanten und oftmals ein bisschen zu lang geratenen Gespräche nach Zitaten durchforstet, um am Ende mit wenigen Klicks einen Artikel zusammenzupuzzeln, vertun die Entwickler viel Potenzial bei der mäßigen Präsentation. Und damit meine ich nicht nur die technisch antiquierte bis leblos wirkende Spielwelt: Insbesondere das Fehlen der Sprachausgabe ist zu bemängeln, da alle Dialoge - mit guten Sprechern - wesentlich lebendiger und fesselnder ausgefallen wären. Außerdem ist es stellenweise zu langatmig, um an die notwendigen Informationen zu kommen, da die Laufwege in der Stadt zu umständlich sind. Hinzu kommt, dass man bei der Qualität mancher Nebenaufgaben nur mit dem Kopf schütteln kann. Unterm Strich bleibt der Spielspaß damit auf der Strecke. Sollte euch alleine die politische Thematik interessieren oder ihr für die Schule virtuellen Diskussionsstoff brauchen, sind die 20 Euro keine schlechte Investition.

Pro

vermittelt viel Hintergrundwissen
sehr interessantes Setting
lobenswertes Grundkonzept mit Lernfaktor
regt zum Nachdenken an
meist glaubhafte Dialoge

Kontra

fehlende Sprachausgabe
mangelnde Atmosphäre
schwach umgesetzte, öde Spielwelt
es vergeht zu viel Zeit mit Umherwandern
beschränktes Notizbuch
öde, stellenweise unpassend belanglose Nebenmissionen
umständliche Steuerung, schwache Zoom-Stufe
recht kurz mit sechs Missionen
Online-Modus ist nur ein Forum

Wertung

PC

Anspruchsvolles und dialoglastiges Adventure mit technischen und spielerischen Mängeln.

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