Alter Ego25.02.2010, Bodo Naser
Alter Ego

Vorschau:

Es war lange Zeit sehr still um Future Games, die tschechischen Macher von Black Mirror, das im Jahr 2004 atmosphärisch hochwertige Zeichen setzen konnte. Das soll sich bald ändern, denn im März 2010 erscheint ihr neuestes Werk "Alter Ego (ab 19,82€ bei kaufen)". Was ist von dem düsteren Adventure zu erwarten, das wie der Klassiker in England spielen wird?

Zweites Ich

Was - das soll mein Alter Ego sein? So habe ich es mir das nicht vorgestellt, bin ich es doch eher gewöhnt, dass ich den strahlenden Helden gebe. Hier bin ich ein zwielichtiger Typ namens Timothy, der eben in Ketten von einem Schiff

Der typische Held ist Timothy sicher nicht, eher schon da Gegenteil davon, auch wenn ein gutes Herz hat.
entkommen ist und sich als halbnackter Dieb durch die Gassen von Plymoth schlägt. Mit Müh und Not kann ich in eine Wäscherei entkommen, wo ich mich wenig ruhmreich verstecken muss. Dort bezirze ich dann eine Waschfrau, die mir hoffentlich die Polente vom Hals hält. Allerdings macht sie das nicht umsonst und so muss ich ihr schließlich helfen - die ersten Rätsel kündigen sich an.

Neben diesem Antihelden wird man noch einen zweiten Charakter steuern können, der schon eher dem klassischen Heldenbild entspricht: Er ist britischer Detektiv, steht auf der Seite des Gesetzes und ermittelt in einem heiklen Fall, was ein wenig nach Sherlock Holmes klingt. Trotz seiner Prinzipientreue ist der Detektiv auch willens, das Gesetz zu dehnen, um Licht ins Dunkel zu bringen, das die Hafenstadt seit dem Tod eines gewissen Sir William in Atem hält. Die zwei spielbaren Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, was im späteren Verlauf durchaus reizvoll sein kann; man darf gespannt sein, wie die beiden Blickwinkel erzählerisch genutzt werden.

Black Mirror lässt grüßen

Was ist eigentlich passiert? Der Leichnam von Sir William verschwand im Jahre 1894 auf recht seltsame Weise. Nicht wenige glauben, dass es nach dessen Tod nicht mit rechten Dingen zuging. Das ist auch kein Wunder, denn der Tote war kein unbeschriebenes Blatt. Obwohl man ihm nie wirklich etwas nachweisen konnte, war er mehrmals der Gegenstand behördlicher Ermittlungen. Scheinbar war doch etwas dran, wie die unglaublichen Ereignisse nach seinem Tod nahe legen. Nun liegt es am Spieler, den Geheimnissen auf den Grund zu gehen.

Die im Vergleich zu Black Mirror wenig aristokratische Story beginnt verhalten, da man zuerst den scheinbar belanglosen Dieb und nicht den investigativen Detektiv spielt. Alle Beteiligten müssen sich erst aneinander gewöhnen, um warm zu werden. Obwohl die Geschichte durchaus Potenzial besitzt, muss auch der Spieler erst langsam Sympathie für den schwierigen Typen entwickeln. Hat man es endlich geschafft die Wäscherei zu verlassen, nimmt die Sache aber Fahrt auf.

Klassische Aufgaben

Rätseltechnisch gab's bislang eher Klassisches wie einfache Inventaraufgaben. Meist reicht es, den richtigen Gegenstand am

Einmal waschen, bügeln, legen! Was muss Timothy alles anstellen, um endlich frische Klamotten zu bekommen.
richtigen Ort zu platzieren, was kein großer Akt ist, da es zunächst wenig Sachen gibt. Auffällig ist jedoch, dass vieles automatisch abläuft: So muss man nicht wie sonst bei Point&Click selbst die Sicherung wechseln, das übernimmt Timothy von alleine. Zum Glück wird es eine Hot-Spot Anzeige geben, da man sich sonst schwer tun würde, im Gewirr der Einrichtung alle wichtigen Orte zu finden.

Wichtig wird weiter sein, dass man immer wieder mit den Leuten spricht, denn wenn die Story weiter geht, ergeben sich neue Gesprächsmöglichkeiten. Hierbei darf man bisher allerdings nur das Thema wählen und nicht eine genaue Antwort wie es bei Adventures mit Multiple-Choice der Fall wäre. Wenn man also zur Waschfrau sagt, dass sie einem den Weg zum Pub erklären sollt, klickt man einfach aufs Stichwort. Auch sonst wird es immer nötig sein, an bereits besuchte Orte zurück zu kehren, was man komfortabel über die Karte macht. Alle Ausgänge werden ebenfalls auf Wunsch markiert, was sehr praktisch ist.

Obgleich viele der Schauplätze arg düster geraten sind, so dass man Mühe hat, alles richtig zu erkennen, passt das doch ganz gut zur morbiden Story in viktorianischer Zeit, in der künstliches Licht noch nicht die moderne Leuchtkraft entfaltete. Die Hintergründe sind ebenfalls schummrig und wirken heruntergekommen, was etwas an Still Life erinnert; heimelige Orte waren bislang eher Mangelware. Viele der zeitgenössischen Einrichtungsgegenstände sind gestochen scharf, was angenehm ins Auge fällt.

       

Ausblick

Alter Ego macht vor allem durch seine finstere Story und die zwei spielbaren Charaktere neugierig. Nach einem eher drögen Start wird man doch zum Weitermachen animiert. Was steckt hinter dem Verschwinden von Sir Williams Leiche? Wie kann Dieb Timothy dabei helfen, Licht ins Dunkel zu bringen? Die Rätsel sind leider bislang nur etwas, das man routiniert abklappert - hoffentlich gewinnen die Aufgaben noch an Anspruch und Qualität. Dafür überzeugt das Spiel durch seine düstere Atmosphäre in der viktorianischen Epoche. Ein zweites Black Mirror sollte man allerdings nicht erwarten.

Ersteindruck: befriedigend

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