ANNO 140407.04.2009, Marcel Kleffmann
ANNO 1404

Vorschau:

Was kommt nach 1602, 1503 und 1701? Ja, genau: 1404! Unter der Fahne von Ubisoft entwickelt Related Designs gerade den vierten Teil der Anno-Serie und bei einem Besuch konnten wir eine Endlospartie der Aufbau/Wirtschaftssimulation anspielen und uns erstens davon überzeugen, dass es keinerlei Siedler-Einflüsse gibt und dass zweitens die Komplexität im Vergleich zu Anno 1701 erheblich gestiegen ist...

Eroberung der Inselwelt

Vor der Insel von Lord Richard Northburgh liegt mein kleines Schiff vor Anker. Malerisch ziehen die Wellen am Bug vorbei und das Sonnenlicht wird vom Meer paradiesisch reflektiert. Doch mir bleibt keine Zeit, die malerische Schönheit zu genießen: Der Wettlauf um die Besiedlung der Inselwelt hat begonnen. Neben mir eilen andere Schiffe in Richtung Süden und mein Flagschiff begibt sich in südwestliche Gefilde, auf der Suche nach einer Insel, deren Besiedlung lohnt und schon bald ist Land in Sicht!

Video: Die selbst entwickelte Grafik-Engine kann fast alle DirectX 10-Spielereien darstellen und soll gut skalierbar sein, damit Anno 1404 (ab 19,95€ bei kaufen) auch auf weniger leistungsstarken Computern gut läuft.

Unweit eines möglichen Anlegeplatzes wird die Insel aufgedeckt und sämtliche Rohstoffquellen ausgekundschaftet: Es ist möglich, Apfelbäume und Hanf anzubauen. Darüber hinaus warten im Gebirge mehrere Eisenerz-, Stein- und Salz-Vorkommen. Da die Insel außerdem mehr als genug Platz für eine Siedlung bietet, zögere ich nicht lange und platziere ein Kontor. Der typische Anno-Siedlungsbau-Sound erklingt.

Alles wie gewohnt?

Der Auftakt verläuft fast genau wie bei den anderen Anno-Teilen, doch nur zu Beginn. Mit zunehmender Zeit verlangen die Einwohner vor allem im Vergleich zu 1701 viel mehr Waren. Also erstmal Kommando zurück: Mit einem Dorfplatz und knapp fünfzehn Wohnhäusern beginne ich den Bau von "Liehnmünden" (automatischer Name). Ein Holzfäller füllt derweil die Holzvorräte auf und ein Fischer sorgt für Fisch als Nahrung. Damit ist gleich eines der Bedürfnisse der Einwohner gestillt: Nahrung. Folglich beziehen erste Bauern die Häuser und da man sich als Siedlungsoberhaupt um ihre Bedürfnisse kümmert, sind sie bereit, Steuern zu zahlen. Mit Nahrung allein ist kein Einwohner glücklich und deswegen stehen weitere Dinge auf ihrer Wunschliste und sobald alle vier Wünsche der "Bauern" erfüllt sind, steigen sie zur nächsten Stufe "Bürger" auf.

Ein Wohnhaus kann nur dann einen Stufenaufstieg durchführen, wenn alle Bedürfnisse (stufenerhaltende und aufstiegsrelevante) die Mindestaufstiegsquote erfüllen, eine ausreichend hohe Zufriedenheit herrscht und ihm automatisch oder manuell Aufstiegsrechte verliehen wurden.
Neben dem Bedürfnis für "Gemeinschaft", das durch die Nähe zum Dorfplatz erfüllt wird, wollen sie gerne Apfelmost trinken und haben einen Bedarf an Glauben. Beides lässt sich verhältnismäßig einfach stillen: Dazu sollte eine Kapelle, die ihrerseits einen Wirkungskreis hat, zentral in der Siedlung platziert werden, um möglichst viele Einwohner zu erreichen. Der Mosthof hingegen sollte als Produktionsstätte außerhalb des Stadtkerns gebaut werden, da die Obstwiesen viel Platz brauchen und man darf die vier Felder des Hofes übrigens selbst per Hand anlegen. Straßen und Zugang zum Markt- oder Dorfplatz dürfen keinesfalls vergessen werden, sonst gelangen die produzierten Waren nicht ins Lager.

Level-Up?

Mit einem Klick auf ein Wohngebäude wird anhand eines Kreisdiagramms sofort deutlich, wie üppig die einzelnen Bedürfnisse erfüllt sind und sofern alles im grünen Bereich ist, können sich Bauern zu Bürgern weiterentwickeln. Im Gegensatz zu anderen Anno-Teilen können nicht alle Einwohner einer Insel zu einem Stand bzw. einer Zivilisationsstufe gehören. Das heißt, es kann niemals zu 100% Bürger in Liehnmünden geben, einige Einwohner verbleiben immer auf einer niedrigeren Stufe, was dem Stadtbild insgesamt ein ausgewogenes und realistisches Aussehen verschafft. Schließlich gab es im Mittelalter kaum Städte, die ausschließlich aus Adeligen oder Patriziern bestanden.      

Mit dem Aufstieg auf die nächste Zivilisationsstufe passiert allerhand: Die Bürger bekommen auf einmal neue Bedürfnisse, man erhält weitere Bauoptionen, Steine werden fortan für Gebäude/Straßen benötigt und je nachdem wie groß bzw. erfolgreich die Siedlung ist, werden Ruhmpunkte verliehen, die man später als eine Art Währung einsetzt.

Die Größe der Siedlung beeinflusst die Anzahl der Schiffe unter eurer Kontrolle.
Mit der jüngst erreichten Stufe verlangen die "Bürger" zusätzlich Kleidung sowie Unterhaltung und Fisch als Nahrung reicht nicht mehr aus: Es müssen Gewürze als Ergänzung her. Für Unterhaltung ist mit dem Wirtshaus schnell gesorgt, dessen Wirkungskreis wieder möglichst viele Häuser abdecken sollte, während die Rohstoffe für Leinenkutten auf einer Hanfplantage angebaut und in einer Webstube zum Endprodukt gefertigt werden. Somit sind schon zwei Drittel der Anforderungen zum Aufstieg in Richtung Patrizier gedeckt, trotzdem wird es langsam kniffeliger. Einerseits, weil langsam die vorgegebenen Werkzeuge ausgehen und zweitens müssen irgendwo Gewürze her. Allerdings kann ich (noch) keine Produktionsstätte für dieses exotische Gut im Baumenü entdecken...

Es wird komplexer...

Werkzeug lässt sich entweder selbstständig produzieren oder kann bei anderen Fraktionen bzw. Lord Richard Northburgh (dem fliegenden Händler) für Gold erstanden werden. Da ich faul bin, stelle ich am Kontor ein, dass ich Werkzeuge ankaufe und Fischüberschüsse verkaufe und warte einige Zeit, bis andere computergesteuerte Parteien diesen Mangel wahrnehmen und mir Werkzeug zukommen lassen. Anschließend errichte ich die erste größere Kette zur Werkzeugproduktion, um das auf Dauer kostspielige Einkaufen einzudämmen. Das Eisenbergwerk baut Erz im Gebirge ab, das in der Schmelze in Verbindung mit Kohle zu Eisen verarbeitet wird. Kohle hingegen wird in einer Kohlehütte im Wald generiert und letztendlich wird aus Eisen in der Werkzeugmacherei das lang ersehnte Werkzeug.

Jetzt werden die Gewürze in Angriff genommen und hier kommt die erste größere Neuerung auf die Anno-Spieler zu: Der Orient. Gewürze bekommt man am Anfang nur, wenn man mit dem Orient handelt, also mit einem Schiff eine orientalische Fraktion entdeckt und ihnen Gewürze abkauft. Zunehmender Handel verstärkt außerdem das Ansehen beim Orient, was Tributzahlungen und das Erfüllen gewisser

Durch das Erspielen von kulturellen Errungenschaften und das Freischalten von zusätzlichen Bauoptionen kann der Spieler selbst orientalische Niederlassungen gründen, sobald der Titel "Botschafter des Orients" erlangt wurde.
Questaufgaben (u.a. Rette mein in Seenot geratenes Schiff mit folgenden Ressourcen) ebenfalls veranlassen.

Der Orient

Weshalb sollte überhaupt die Beziehung zum Orient verbessert werden? Ganz einfach: Damit man Gewürze künftig selbst anbauen kann. Und dazu ist ein gewisses Maß an Ruhmespunkten erforderlich, damit das "Gebäudebauen im Orient" freigeschaltet wird. Neben dem Abschließen von Quests oder dem Handel mit anderen Fraktionen geschieht die Ruhmsteigerung ebenso durch die Vergrößerung der eigenen Siedlung und das Erreichen gewisser Schwellenwerte an Bauern, Bürgern, Patriziern und Co.

Zunächst muss also gehandelt werden, während man später die Gewürze selbst herstellt, doch dazu braucht man eine Insel mit südländischem Klima, schließlich gedeihen Gewürze nicht auf Oxidentinseln und selbst auf meiner Startinsel kann ich zwar Hanf anpflanzen, jedoch kein Getreide für die spätere Brotproduktion. Also müssen weitere Inseln besiedelt werden, die ebenso Waren oder Zwischenprodukte herstellen. Diese sollten dann via Schiff zur Hauptinsel transportiert werden. Das kann mühsam per Hand gemacht werden oder man legt automatisierte Schiffsrouten fest. Dies kann zum Glück einfacher in die Wege geleitet werden und wird darüberhinaus übersichtlicher angezeigt als beim Vorgänger.

Feuer?

Aber warum brennt auf einmal eines meiner Gebäude und warum sehen manche ehemals schönen Häuser völlig verwahrlost aus? Seltsam! Es müssen wohl weitere Einrichtungen her, die sich um solche Dinge kümmern, wie eine Feuerwehr, die weitaus effektiver einen Brand bekämpft als eine niedliche mit Wassereimern bewaffnete Bürgerarmee, die zum Brunnen am Dorfzentrum stürmt. Den Kampf gegen langsam verfallende Bauwerke kann übrigens nur der Zimmermann gewinnen. Alles in allem ist die Anzahl der möglichen und sinnvollen Gebäude deutlich gestiegen und mit über 60 Waren wurde die Anzahl an Gütern im Vergleich zum Vorgänger beinahe verdoppelt.  

Bedürfniserneuerung

Das bisherige Bedürfnissystem der Vorgänger wurde grundlegend erneuert: Es gibt zwar weniger Bedürfnisse, dafür aber mehr Waren, die aufeinander aufbauen. So gehören Fisch, Gewürze und Brot allesamt zum Bereich "Nahrung" und müssen bei steigenden Zivilisationsstufen (alle) erfüllt werden. Gleiches gilt bei Getränken: Anfangs reicht Apfelmost aus,

Das Kreis-Diagramm zeigt an, inwiefern die unterschiedlichen Stufen der Bedürfnisse befriedigt sind. Fisch ist voll abgedeckt, Gewürze einigermaßen und an Brot mangelt es völlig.
später muss auch Bier hier.

Während es auf niedrigen Stufen ausreicht, die Bewohner mit wenigen, einfach herzustellenden Waren zu versorgen, nehmen Komplexität und Anzahl der Produkte im Spielverlauf zu: So gibt es beispielsweise erstmalig Produktionsgebäude, die eine Flussanbindung voraussetzen wie die Zuckermühle oder die Gerberei. Generell werden acht Bedürfniskategorien unterschieden: Vier Waren- (Nahrung, Getränke, Kleidung, Besitz) sowie vier Gebäudebedürfnisse (Gemeinschaft, Glauben, Vergnügen, Sicherheit), deren Komplexität im Spielverlauf zunimmt. Bürger geben sich z.B. anfangs mit einer schnöden Kapelle zufrieden, die Adeligen hingegen verlangen nach einer großen Kirche.

Mehr Aufbaufutter?

Neben dem Handel bzw. der Zusammenarbeit zwischen Orient und Okzident, ohne die es im Spielverlauf nicht weitergeht, können für Ruhmpunkte bestimmte Gegenstände beim Orient gekauft werden. So lassen sich u.a. Dattelsamen erstehen, die auf einer südländischen Insel zusätzlich die Fruchtbarkeit für Datteln erschaffen können und mit steigendem "Rang" gibt es weitere hilfreiche "Gegensrände" zu erwerben.

Neu sind auch die Bettler, die durch den Stadtausbau automatisch angelockt werden. An Bord von ärmlichen Schiffen (Seelenverkäufer) bitten sie um Einlass und ihr steht vor der Wahl, ihnen das Bettelrecht zu erteilen oder sie abzuweisen. Erteilt ihr ihnen das Recht, können sie in Hospizen versorgt werden und betteln auf Straßen/Plätzen für den nötigen Unterhalt. Beides ist ein Kostenfaktor, bringt jedoch Ruhm. Eine sehr große Stadt, die viele Bettler beherbergt, könnte außerdem über keine bzw. nur wenige Bauern verfügen, da alle zu Bürgern aufsteigen würden - ein Zustand, der über die normale Aufstiegsrechtverteilung nicht zu erreichen wäre. Wird die Bettelanfrage abgelehnt, kann es passieren, dass sie als Gesetzlose zurückkehren, um sich mit Gewalt zu nehmen, was ihnen verweigert wurde. Die räuberischen Banden besetzen Spielerinseln und legen Betriebe lahm: Abwarten, Lösegeld zahlen, sie doch in die Siedlung aufnehmen oder sie mit militärischen 

Nicht kleckern, sondern protzen: Hier wird der Kaiserdom in der Mitte gebaut.
Mitteln zurückschlagen wären einige der  Handlungsmöglichkeiten.

Stärkeres Endgame?

Anno 1701 machte in der Anfangsphase viel richtig, dennoch fehlte es im fortgeschrittenen Verlauf an Abwechslung und Herausforderung. Dies versuchen die Entwickler mit einigen Kniffen in den Griff zu bekommen: Ist die höchste Zivilisationsstufe mit Adeligen erreicht, werden schrittweise luxuriöse Metropolenwaren frei geschaltet wie z.B. Duftwasser oder Brokatgewänder. Ignoriert ihr diese neuen Waren, wird der Zuwachs in den Wohnhäusern des Stadtadels stagnieren. Die Luxuswaren auf dem Weg zur Metropole fungieren demnach wie eine versteckte, weitere Zivilisationsstufe. 

Zu guter Letzt können gewaltige Gebäude wie die Sultansmoschee oder der Kaiserdom hochgezogen werden, die langsam und mehrstufig erreicht werden, anders als die sonstigen Gebäude, die sofort auf seiner Insel platzieren werden können. Solche Bauprojekte fressen Unmengen an Materialien (Holz, Stein, Glas) und brauchen großen Baugrund, so dass oft Umbaumaßnahmen nötig werden. Der Lohn der Mühen liegt in der Funktionalität, da alle Gebäudebedürfnisse im Einflussbereich der Monumente erfüllt werden. Zusätzlich führt der Abschluss eines Monumentbaus zum Besuch der mächtigsten Männer im Spiel: Kaiser oder Sultan, die Aufträge mitbringen sollen.  

Ausblick

Nachdem ich Anno 1404 im August 2008 das erste Mal gesehen habe, war ich etwas enttäuscht, da sich die Neuerungen scheinbar in Grenzen hielten und von den relevanten Spielinhalten (Wirtschaft, Produktionsketten) zu wenig zu sehen war. Aber der jetzige Blick in den Endlosmodus hat mich freudig überrascht, da die Komplexität erfreulich zugenommen hat: Es gibt viele neue Gebäude und fast doppelt so viele Waren, die sinnvoll in mehrere Oberkategorien eingeteilt wurden. Auch die Darstellung der Bedürfnisse mit leicht verständlichen Statistiken ist außerordentlich gut gelungen, ebenso das grundlegende Konzept, dass am Anfang recht leicht und übersichtlich ist und danach zunehmend komplex wird. Auch der Orient fügt sich dabei gut in das Szenario ein. Es ist eine gute Idee, den Kontakt mit einer anderen Fraktion suchen zu müssen, da sich die Siedlung sonst nicht verbessern würde. Kleinere Questaufgaben lockern währenddessen den Aufbaubetrieb auf und von der fantastischen Grafik will ich an dieser Stelle gar nicht erst anfangen. Da ich allerdings weder Kampagne noch Kampfhandlungen oder ausufernde Oxident/Orient-Siedlungen errichten konnte und ebenfalls wenig mit dem Computergegner bzw. Persönlichkeiten zu schaffen hatte, bleibt der Ersteindruck vorerst ein "sehr guter" und ich freue mich auf die nächste intensive Inselbesiedelung.

Ersteindruck: sehr gut

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