TrackMania 201.09.2011, Benjamin Schmädig
TrackMania 2

Vorschau:

Kein Nachahmer hatte es je geschafft, dem Klassiker 4D Sports Driving einen modernen Anstrich zu verpassen. Umfangreicher Editor und spannendes Rennspiel? Selbst das ambitionierte Crashday ging ratzfatz unter. Nur TrackMania transportierte die Eigenbau-Mentalität eines LittleBigPlanet verlustfrei in die Neuzeit - lange bevor es LittleBigPlanet überhaupt gab! Nach zahlreichen Fortsetzungen erhält der Rennbastelkasten jetzt endlich die verdiente Zwei im Namen. Was bringt die Zukunft?

Die zweite Luft

Acht satte Jahre hat die Serie auf dem Buckel! Acht Jahre, in denen sich ihr Gesicht immer wieder gewandelt hat. Denn auch ohne fortlaufende Nummer hat Nadeo das Spiel stetig ausgebaut, bis mit TrackMania United Forever die schwergewichtige Alles-in-einem-Box erschien: In sieben unterschiedlichen Umgebungen durfte man aus jeweils verschiedenen Bausteinen eigene Kurse bauen, entsprechend zahlreich waren die fahrerischen Herausforderungen. Seit United vernetzte man die Spieler außerdem direkt im Spiel miteinander, führte ein spannendes Ranglisten-System ein und vieles mehr. TrackMania schien auf dem Höhepunkt - was kann der erste "echte" zweite Teil dem schon hinzufügen?

In Sachen Solokarriere bleibt Nadeo die Antwort noch schuldig. Immerhin darf man mit der aktuell laufenden Betaversion lediglich den Editor nutzen und in Online-Rennen gegeneinander antreten. "Lediglich" - ich bitte um Verzeihung! Immerhin können ambitionierte Bastler nur im Editor Wochen verbringen. Man hätte es den Kreativen kaum einfacher machen können, denn die digitale Werkbank funktioniert genau wie ihr Vorgänger: Aus einem übersichtlichen Menü wählt man das gesuchte Bauteil, per Mausrad schiebt man es in die gewünschte Höhenlage, ein letzter Klick und der Streckenabschnitt steht. Wer will, erschafft binnen weniger Minuten einen fordernden Parcours.

Architektonische Finessen

Die Anzahl der Versatzstücke überrascht TrackMania-Kenner nicht, ist aber beachtlich hoch. Trotzdem machte sich Ernüchterung bei mir breit, als ich schon beim anfänglichen Herumprobieren an Grenzen stieß: Für fahrerisch interessante Rennstrecken fehlen dem Baukasten nämlich eine größere Auswahl an Kurven, mehr Übergänge zu Abschnitten mit seitlichem Gefälle, bessere Loopings und andere Spielereien. Zwar setzt man das bislang einzig mögliche Canyonszenario aus drei verschiedenen Streckentypen zusammen - die visuelle Abwechslung ist aber größer als die spielerische. Abgesehen davon funktionieren manche Bauvorhaben nicht wie sie es sollten: Straßen können z.B. nur auf einer bestimmten Höhe an Klippen befestigt werden, obwohl man die Höhe der Felsen praktisch beliebig wählen darf. Hoffentlich bessern die Entwickler hier noch nach und fügen schnell weitere Bausteine hinzu, ohne Architekten allzu dreist an die DLC-Kasse zu bitten...

Immerhin darf man die Asphaltwerke gewohnt unkompliziert in eigene Onlinerennen einbinden oder als Datei mit anderen Spielern teilen. Auch wenn es natürlich schön wäre, wenn Nadeo die Kurse global speichern und verwalten würde, falls man das wünscht. Das macht Sony mit LittleBigPlanet schließlich genau so und TrackMania ist inzwischen bei keinem Geringeren als Branchenriese Ubisoft zuhause. Noch ist es trotz des baldigen Verkaufsstarts nur eine Betaversion, in der viele Funktionen nicht verfügbar sind.

Schon im Editor legt man fest, ob das Rennen am Morgen, Mittag, Abend oder bei Nacht stattfindet.
Schon im Editor legt man fest, ob das Rennen am Morgen, Mittag, Abend oder bei Nacht stattfindet.
Dennoch zeichnet sich schon ab, dass weder der hervorragende Editor noch die lobenswerte Onlineanbindung große Fortschritte gegenüber dem Vorgänger machen.

Der alte Bekannte

Klar: Teil zwei sieht bedeutend hübscher aus. Mit aktuellen Forzas oder DiRTs darf man ein TrackMania natürlich nicht vergleichen - die kreative Freiheit kostet visuelle Ressourcen. Dafür ist das Spiel spätestens dann schwindelschnell, wenn man über Beschleunigungsstreifen rast! Auch die neue Fahrphysik gefällt mir außerordentlich gut: Die Boliden lenken schnell ein und erreichen zum richtigen Zeitpunkt den größten Einschlagwinkel. Problemlos lassen sie sich in einen Drift versetzen und wieder gerade stellen. Bei Kontakt mit der Bande verliert man gerade so viel Geschwindigkeit, dass der Kontakt nicht frustriert, aber mehr als bei einem gelungenen Drift oder gar dem rutschfreien Durchfahren. Genau so muss sich ein Arcade-Racer am PC anfühlen! Dann benötigt er auch kein physikalisches Schadensmodell - visuelle Schäden reichen in TrackMania 2 aus.

Der Start in einem Onlinerennen ist gewohnt einfach: suchen, auswählen, Gas geben. Wie gehabt steigt man dabei auf jedem Server im Rang auf, wenn man dort länger erfolgreich fährt. Wie gehabt öffnet man im Handumdrehen einen eigenen Server, unterhält sich mit anderen Fahrern - Ablauf und Menüs sind jedem TrackMania-Kenner bestens vertraut. So vertraut, dass man nennenswerte Neuerungen vergeblich sucht. Sobald wir das komplette Spiel vor uns haben, werden wir selbstverständlich mit der Lupe danach suchen. Die Beta stellt sich allerdings genau so vor, wie es ein richtig alter Bekannter tun würde. Und sie bietet auch diesmal keine Wettläufe an, in denen man mit eingeschalteter Kollisionsabfrage um Plätze kämpft. Stattdessen rasen wieder nur etliche Geisterfahrer um die Bestzeit. Das ist spannend, Nadeo will es offenbar so und die Fans beharren darauf, dass es so sein muss. Mir leuchtet aber nach wie vor nicht ein, warum packende Rennen - aus praktischen Gründen mit maximal acht bis 16 Fahrern - dem faszinierenden Rennzirkus abträglich wären. Der wäre damit immerhin um eine bedeutende Facette reicher.

Ausblick

Packende Wettläufe um hart umkämpfte Bestzeiten, ein Editor für kreative Raser: TrackMania ist zurück und Veteranen atmen auf. Denn sie bauen und sie spielen, wie sie seit Jahren gebaut und gespielt haben - diesmal sogar mit einer verbesserten, nahezu perfekten Fahrphysik. Man fühlt sich sofort pudelwohl! Dem bisherigen Anschein nach tun die Entwickler allerdings wenig, um die Zwei im Namen zu rechtfertigen. Was hat sich neben Grafik und Fahrverhalten denn verändert? Nichts Wesentliches - und das ist gefährlich wenig. Noch immer sind die Rennen spannend, noch immer ist der Baukasten ein Segen für Architekten. Ähnlich wie in Forza darf man selbst das eigene Vehikel nach Belieben anstreichen. Gegen schubsende Kontrahenten tritt man aber erneut nicht an und den teils rasend schnellen Zeitfahrten fehlen frische Elemente wie bewegliche Streckenteile oder andere Feinheiten. Nicht nur deshalb hängt über dem Editor das Ausrufezeichen drohender Bezahlinhalte, denn wer viel bastelt, vermisst trotz der großen "LEGO-Kiste" einige Bauteile. Für Arcade-Piloten mit bautechnischen Ambitionen wird TrackMania 2 ein Pflichtlauf - keine Frage!  Als Fortsetzung hinterlässt es allerdings einen ernüchternden ersten Eindruck.

Ersteindruck: gut

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