Die rosarote Grinder-Brille
Es war einmal ein Martial-Arts-Kämpfer, der durch die Lüfte flog und ein sorgenloses Leben führte. Doch dann kam die böse Jinsoyun und weil sie so bitterböse ist, trägt sie nur schwarze (aber sexy) Klamotten, damit auch jeder weiß, wie böse sie ist. Und dann passieren böse Dinge: Die bösen Räuber werden stärker und Dorfbewohner verwandeln sich in böse Kreaturen, aber gottlob gibt es in dieser schwarzweißen Zeichnung den Helden, der alles plattmacht.
Erst sehr spät kommt das koreanische MMO auf Touren.
Hört sich blöde an? Das ist aber die Blaupause für eine große Anzahl von sehr guten Spielen und Kinofilmen. Es kommt halt auf die Erzählweise an. Und die ist in Blade & Soul sehr simpel und sehr asiatisch. Entweder kann man die Dialoge und den Einstieg mit Humor nehmen oder man kann die rosarote Grinder-Brille aufsetzen und wie ein Koreaner denken: Story? Inszenierung? Ist mir egal und drauf Losklicken. Die Darstellung der Frauen? Vorsichtig gesagt: Sehr asiatisch. Die farbige Überfrachtung des Bildschirms samt nicht wegklickbaremChatfenster? Asiatisch. Dabei ist die Inszenierung am Anfang gar nicht mal so schlecht – wird aber sogleich vom Hol-und-Bringdienst-Dialogschreiber konterkariert. Ich hab mein Kleid in der Räuberhöhle verloren, zwanzig Minuten später ist es ein Schwert und dann geht man wieder in die Höhle, um die üblen Schurkenpläne zu klauen – die man artig abgibt, und die dann nie wieder kommentiert oder eingebunden werden. Bis Level 15 gibt es böse Räuber, einen Spion in den eigenen Reihen und zusammenhangslose Bringdienste der absolut untersten Schublade. Erst nach über 15 Stunden nimmt die Geschichte durch die acht Meister und vier Wächter endlich Fahrt auf!
Das andere Blade&Soul
Die Endgegner in den späteren Instanzen erfordern eine gute Beherrschung des eigenen Charakters.
Ein Glück gibt es ein ganz anderes Blade & Soul, das ich dank meiner Reise in Seoul antesten konnte. Wer sich mit fünf anderen Spielern ab Level 20 in die Instanzen begibt, trifft fortan auf sehr ausgeklügelte Endgegner, die je nach Lebensenergie unterschiedliche Angriffsphasen einleiten und die man nur mit sehr guter Koordination besiegen kann. Im fünften Anlauf eines Level-36-Bosses hatten wir schon die finale Phase eingeläutet: Ich war drauf und dran jemanden wiederzubeleben, als sich plötzlich der Boss zu mir wendet. Flucht. Nur noch drei Spieler in Aktion. Ich versuche als Zerstörer (schwerer Kämpfer), seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, damit die anderen wiederbeleben können. Dann setzt er seine Feuerwalze ein. Zwei Sprünge später lande ich leider in Schlagreichweite. Schlechtes Timing meinerseits. Ich liege am Boden. Eine Attacke später bin ich tot und die restlichen zwei Spieler sind innerhalb von Sekunden dem Erdboden gleichgemacht.
In Blade & Soul gibt es keine klassischen Heiler. Hier muss man höllisch aufpassen, was wann passiert und man muss den Überblick bewahren. Die Animationsabfolgen sind zum Teil grauenhaft, aber dafür funktioniert der technische Kampf umso besser. Mein schwerer Kämpfer ist auch niemand, der endlos einstecken kann (Tank). Die Bosskämpfe sind schwer, lang und erfordern eine sehr gute Zusammenarbeit von Fern- und Nahkämpfern und sie erfordern den gekonnten Umgang mit den Fähigkeiten, wenn ein Boss zusammen mit seinen riesigen Tieren (Minions) dem Blutdurst unterliegt. Hier muss man nicht nur die Spielergruppe, sondern vor allem die drei Gegner gekonnt aufteilen. Und wenn ein Endgegner den Boden einfriert, sollte man sich schleunigst auf die Ventilatoren stellen, um in der Luft zu bleiben. Alles in allem hinterlassen die Bosskämpfe einen sehr runden Eindruck.