Might & Magic Heroes 615.07.2011, Marcel Kleffmann
Might & Magic Heroes 6

Vorschau:

Auch wenn Ubisoft den allseits bekannten Titel "Heroes of Might & Magic" zu "Might & Magic: Heroes" umgedreht hat, wird der sechste Teil am Spielprinzip weitgehend festhalten. Wie gewohnt laufen Helden mit einer Armee im Schlepptau durch eine bildschöne Fantasy-Welt und bekämpfen Fieslinge - alles schön entspannt und trotzdem anspruchsvoll im Runden-Modus. Doch wie unterscheidet sich der sechste Teil zu seinen Vorgängern?

Mehr Rollenspiel

Wie schon bei Spielen, die auf den Namen "Heroes of Might & Magic" oder "King's Bounty" hören, steht im Zentrum ein Held, den man rundenweise durch eine ziemlich farbenfrohe und sehr detailreich ausgearbeitete Welt schickt. Hoch zu Ross und begleitet von einer Armee sammelt man Ressourcen, entdeckt Schätze,  bekämpft Gegner und gewinnt vorrangig Erfahrungspunkte, die irgendwann zu einem Stufenaufstieg führen - meistens dauert dies vergleichsweise lang. Bei jedem Level-Up verbessern sich die Werte des Helden und man darf einen Talentpunkt investieren. Somit kann man selbst entscheiden, in welche Richtung man seinen Helden weiterentwickeln will.

Große Auswahl

Dabei fallen die Auswahlmöglichkeiten zwischen den unterschiedlichen Fähigkeiten und Talenten wirklich schwer, da sie äußerst umfangreich geraten sind. Eine Entscheidung, wo der Talentpunkt genau investiert werden soll, ist nicht gerade einfach. Manches Rollenspiel könnte sich von der Fähigkeiten- und Individualisierungskomplexität in Heroes VI eine gehörige Scheibe abschneiden. Bei meinem Ritter gibt es zum Beispiel die drei Oberkategorien "Might", "Magic" und "Tactical", wobei "Might" und "Magic" jeweils fünf weitere Unterkategorien haben.

In "Magic" kann man magische Fähigkeiten direkt auswählen und erlernen, die wiederum den Unterkategorien Luft, Feuer, Erde, Licht und "Prime" zugeordnet sind. So gehören beispielsweise der offensive Zauber "Feuerball" und der Gefolgsleute-Buff  "Inner Fire" (Schaden und Initiative erhöhen) zur Feuer-Schule im Bereich Magie. Typisch für Skillbäume können die Fähigkeiten manchmal auch verbessert werden oder dienen als Voraussetzung für andere Sprüche. In der Beta-Version haben ich alleine im Magiebereich knapp 60 verschiedene Investitionschancen für Skillpunkte gezählt. 

Ein weiteres neues Element: Jede Fraktion hat einen Spezialzauber, der sich im Kampf mit der Zeit auflädt und manuell eingesetzt werden, wie z.B. ein Schutzzauber vor Angriffen.
Ein weiteres neues Element: Jede Fraktion hat einen Spezialzauber, der sich im Kampf mit der Zeit auflädt und manuell eingesetzt werden - z.B. ein Schutzzauber.
Gleiches gilt für "Might"-Fähigkeiten, die sich in "Paragon", "Realm", "Tactics", "Warcries" und "Warfare" unterteilen und weit über 60 Auswahlmöglichkeiten bieten. Hierzu gehören u.a. Verbesserungen der Angriffskraft der eigenen Kreaturen bei Gegenangriffen (Warfare), motivierende oder bewegungserhöhende Kampfschreie (Warcries), mehr Einkommen für das Reich (Realm) oder dauerhafte Stärkungen des Helden mit Führerschaft oder "Destiny" (Paragon). Zusätzlich gibt es (einige wenige) Fertigkeiten basierend auf der Fraktion und der Reputation. Doch damit nicht genug: Der Held kann insgesamt zehn Ausrüstungsgegenstände anlegen sowie drei weitere Items in den Taschen tragen, die seine Werte verbessern. So erhöht das "Lion Shield" zum Beispiel Führerschaft und "Might Defense" um 3.

Knackpunkt: Balance

Es ist jetzt also möglich, den Helden gezielt in eine bestimmte Richtung zu entwickeln und weniger den Zufall über die Weiterentwicklung entscheiden zu lassen. Allerdings kommt auf die Entwickler noch eine Mammutaufgabe zu: Die Balance. In der Beta-Version ist Unausgewogenheit spürbar: Manche Talente sind dermaßen schwach, dass ich sie nicht mal nehmen würde, wenn ich sie geschenkt bekäme - z.B. 3 % mehr Schaden für alle Fernkampfeinheiten im Vergleich zu 10% mehr Schaden bei einem Gegenangriff oder 32% mehr Verteidigung (Einheiten-Buff). Bei einem Großteil der Talente stehen ohnehin noch astronomisch hohe Zahlen oder Platzhalterwerte. Inwiefern das ganze Kampf- und Taktiksystem später funktionieren wird, hängt entscheidend von der Balance ab - Auswahl ist jedenfalls mehr als genug vorhanden.

Ressourcen und Eroberungen

Während die Rollenspiel-Elemente drastisch in die Höhe geschraubt wurden, gab es bei anderen Aspekten deutliche Kürzungen. So gibt es nur noch vier Ressourcen: Holz, Erz, Kristalle und Gold - das ist längst nicht so schlimm wie es sich anhört. Meiner Ansicht nach wurde hier an der richtigen Stelle gestrafft. Rohstoffe sammelt man nach wie vor auf der Karte ein oder bekommt sie rundenweise durch eroberte Gebäude. 

Im Gegensatz zu King's Bounty findet das Geschehen auf der Weltkarte im Runden-Modus statt. Die normalen Gegner sind auf ihrer Position festgenagelt und verfolgen einen nicht, wenn man vorbeireitet. Feindliche Helden hingegen wuseln munter durch die Welt.
Im Gegensatz zu King's Bounty findet das Geschehen auf der Weltkarte im Runden-Modus statt. Die normalen Gegner sind auf ihrer Position festgenagelt und verfolgen einen nicht, wenn man vorbeireitet. Feindliche Helden hingegen wuseln munter durch die Welt.
Apropos Gebäude: Bisher war es so, dass man die einzelnen Produktionsgebäude der Reihe nach und nach mit dem Helden abklappern musste, um sie unter Kontrolle zu bringen. Jetzt reicht es aus, wenn man die zentrale Festung in einem Gebiet einnimmt, dann werden automatisch alle Gebäude im Umkreis (wie Sägewerk oder Mine) unter die eigene Herrschaft gestellt - etwaige Gegner bleiben dennoch stehen und Schätze müssen weiterhin abgegrast werden.  

Abgespeckte Städte

Erinnert sich noch jemand an die spektakulären Städte in Heroes V? Die bildschirmfüllenden Prachtbauten in Edeloptik wird man im sechsten Teil nicht mehr finden. Stattdessen verwaltet und erweitert man seine Städte auf der Landkarte und sieht bloß in einem kleinen Fenster, wie die Stadt tatsächlich ausschaut. Nur ist in diesem Stadtfenster alles sehr statisch und neu gebaute Einrichtungen erscheinen dort oftmals nicht, was hoffentlich daran liegt, dass es in der Beta-Version nicht implementiert war. Es fehlt einfach die Möglichkeit zu sehen, wie sich langsam eine kleine beschauliche Anfangsstadt zu einem beeindruckenden Bollwerk mausert – analog zum Königreich.

Ansonsten kann man in Städten bekanntlich Gebäude hochziehen, Truppen rekrutieren, Handel treiben oder weitere Helden anwerben. Letzteres ist diesmal sogar sinnvoll, weil die Zweit-Helden einerseits eine Kurierfunktion übernehmen und z.B. Truppennachschub zu den anderen Helden bringen können. Zusätzlich können sie gegnerische Gebäude belagern, um den Feinden den Ressourcennachschub abzuschneiden.

Kämpfe

Längst nicht so viele Veränderungen sind mir bisher bei den Kämpfen aufgefallen, abgesehen davon, dass das in Heroes of Might & Magic V eingeführte Initiative-System nicht mehr zum Einsatz kommt. Die schachartigen Duelle sind weiterhin ein Spannungsgarant und bieten dank unzähliger Kreaturen sowie stellenweise angepasster Stärken/Schwächen ein El Dorado für Taktiker. Allerdings mangelt es hier bislang ebenso an der Balance und der Cleverness der KI, die hoffentlich noch optimiert werden. Gestört hat mich dabei im Wesentlichen jedoch nur die erstaunliche Macht von Wiederbelebungssprüchen und dass meine Bogenschützen überhaupt nicht mehr Feuern (Fernkampf) können, sobald ein Gegner nur ein Feld neben ihnen steht - was sehr häufig vorkommt, denn die gegnerische Computerintelligenz liebt es Fernkämpfer (oder Heiler) anfänglich zu attackieren. 

Verursacht eine Kreatur einen kritischen Treffer in einem Kampf, wird dies durch eine seitliche Kamerafahrt veranschaulicht.
Verursacht eine Kreatur einen kritischen Treffer in einem Kampf, wird dies durch eine seitliche Kamerafahrt veranschaulicht.
Deutlich länger dauern übrigens die Belagerungsschlachten. Bis ich mir mal einen Weg durch die Verteidigungsanlagen gebahnt habe, vergehen schon gut und gerne fünf, sechs Runden, in denen der gegnerische Held und seine Fernkämpfer fleißig attackieren können.

Kampagne

In der Beta-Version konnten drei (lange) Missionen aus den insgesamt sieben Kampagnen angespielt werden. Neben zwei Einführungseinsätzen war eine Mission mit der Naga-Fraktion spielbar. Da man bisher nur einen Bruchteil zu sehen bekam, konnte ich mir kaum einen Eindruck von der Geschichte machen. Dennoch scheinen die Entwickler dieses wichtige Element keineswegs zu vernachlässigen und führen mit Ingame-Zwischensequenzen sowie vertonten Dialogen mit Einheitenportraits immer wieder die Story fort. Das ist im Prinzip gut gelungen. Jedoch könnten die statischen Einheitenportraits ruhig Animationen vertragen und viele der Ingame-Zwischensequenzen wirken hakelig in Szene gesetzt bzw. die Protagonisten treten dabei ziemlich hölzern auf. Scheinbar ist die Grafik-Engine nicht dafür "gebaut worden", dass man Charaktere und Einheiten in der Nahsicht betrachtet, weil man auf diverse Schwachstellen und Grenzen bei Mimik, Gestik sowie den Animationen stößt. Ein bisschen besser als bei Heroes V und wesentlich besser als bei King's Bounty sind diese Cutscenes allemal, jedoch verglichen mit anderen Spielen oder RPG-Titeln zieht Heroes VI den Kürzeren. Während solche Unzulänglichkeiten in der Nahansicht auffallen, zeigt sich das Artdesign hingegen erwachsen, schick und viel pompöser. Manche Rüstungen könnten glatt dem Warhammer-Universum entsprungen sein.

Ausblick

Auch wenn mit Black Hole Entertainment ein neuer Entwickler im Heroes-Boot sitzt und Ubisoft den Titel umgedreht hat, wird der sechste Teil der Helden-Reihe nicht auf den Kopf gestellt. Das unvergleichliche Spielprinzip zündet noch immer. Die Jagd nach Schätzen, Erfahrung, Ehre und Territorium macht im glücklicherweise beibehaltenen Runden-Modus gewohnt viel Spaß. Gleiches gilt für die taktisch anspruchsvollen Kämpfe. Überaus gelungen finde ich die erweiterten Rollenspiel-Elemente, auch wenn es mit der Vielfalt schon fast zu viel des Guten ist. Gerade hier lauert der Balance-Abgrund, den die Entwickler noch bis September umschiffen können. Ziemlich schade finde ich allerdings, dass die bombastische Städtegrafik aus Heroes V verworfen wurde. Die Stadtansicht wirkt momentan viel zu klein, zu steril und zu öde. Ich hoffe, dass sich hier noch etwas tut. Auch an der Kampagnenpräsentation könnte die eine oder andere Sache verbessert werden. Dennoch machten die drei Missionen, die ich bisher spielen konnte, Lust auf mehr und trotz der Veränderungen fühlt es sich weiterhin wie ein echtes Heroes of Might & Magic an!

Ersteindruck: gut

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