Neverwinter15.02.2013, Jens Bischoff
Neverwinter

Vorschau:

Mit futuristischen Online-Rollenspielen wie City of Heroes, City of Villains, Champions Online oder Star Trek Online haben sich die Cryptic Studios einen Namen gemacht. Mit Neverwinter wagen sie sich mit einem Free-to-play-Ansatz in klassische Fantasy-Gefilde. Mehr dazu in unserer Vorschau.

Gebeutelte Küstenstadt

Neverwinter entführt in die gleichnamige Stadt der Vergessenen Reiche aus Dungeons & Dragons. Nach einem verheerenden Ausbruch des Vulkans Mount Hotenow wurde die Stadt an der Schwertküste vor Jahren fast völlig zerstört, der Wiederaufbau ist zum Teil noch immer im Gang. Jetzt droht der Berg erneut Feuer zu speien. Doch auch gegen andere Plagen und Gefahren muss sich die gebeutelte Stadt zur Wehr setzen.

Als Spieler kann man entweder als Mensch, Elf, Halbelf, Zwerg, gehörnter Tiefling oder dunkelelfischer Drow Unterstützung leisten. Neben der rassischen Abstammung werden bei der Charaktererstellung auch Geschlecht, Herkunft, Schutzgott, Profession und natürlich Aussehen festgelegt. Wer nicht viel Wert auf äußerliche Details legt, wählt einfach zwischen einer Reihe unterschiedlicher Vorlagen, während Perfektionisten von Behaarungen, Narben oder Tätowierungen bis hin zu Fußformen und Nasenlochgröße selbst Hand anlegen.

Die ersten Helden

Die Charaktererstellung erlaubt viele Feinheiten, es waren aber noch nicht alle Klassen spielbar.
Die Charaktererstellung erlaubt viele Feinheiten, es waren aber noch nicht alle Klassen spielbar.
Die Klassenwahl war während der ersten Betaphase noch eingeschränkt: Während Dieb, Verteidiger und Kleriker bis Stufe 30 ausgiebig getestet werden durften, wurden Zauberer und Zweihandwaffenkämpfer noch unter Verschluss gehalten. Die bereits spielbaren Klassen wirkten aber auf jeden Fall angenehm individuell und vielseitig. So beschränken sich die Fähigkeiten des Klerikers nicht nur aufs Heilen, die des Diebs nicht nur auf kritische Treffer oder die des Verteidigers nicht nur aufs Abwehren. Schön ist auch, dass bisher jede spielbare Klasse über regenerative Kräfte verfügt, um auch mal allein bestehen zu können.

Tränke gibt's natürlich ebenfalls, aber deren Einsatz ist wie der aller anderen Aktionen auch mit entsprechenden Reaktivierungspausen verbunden. Auch mit Ausdauer fressenden Abwehrmanöver wie Blocks oder Ausweichschritten muss man trotz relativ rascher Erholungszeiten haushalten. Mana gibt's hingegen nicht: Selbst die mächtigsten Aktionen benötigen lediglich ein bestimmtes Zeit- oder Schadensmaß, bis sie wieder zur

Gekämpft wird nach Hack'n'Slay-Manier.
Gekämpft wird nach Hack'n'Slay-Manier.
Verfügung stehen.

Auf dem Schlachtfeld

Die Kämpfe finden an Ort und Stelle in Echtzeit statt und orientieren sich stark an klassischen Hack'n'Slay-Rollenspielen wie Diablo. Die zur Verfügung stehenden Aktionsmöglichkeiten sind entsprechend überschaubar. Leichte Zugänglichkeit und Handhabung stehen klar im Vordergrund. Trotzdem gibt es genügend Freiraum für individuelle Ausrichtungen und taktische Facetten.

Auf die Charakterentwicklung kann man nur eingeschränkt einwirken.
Auf die Charakterentwicklung kann man nur eingeschränkt einwirken.
Stufenanstiege gehen weitestgehend automatisch vonstatten, sowohl was die Entwicklung genereller Charakterwerte als auch das Lernen und Verbessern aktiver Fertigkeiten betrifft. Passive Fertigkeiten dürfen hingegen persönlich trainiert werden und beim Erreichen bestimmter Stufen darf auch bei den Attributen selbst Hand angelegt werden. Schön ist auch, dass das erfolgreiche Absolvieren von Quests im Gegensatz zum stumpfen Monstermetzeln bisher deutlich höher mit Erfahrung belohnt wurde.

Inhaltlich orientierten sich die meisten Quests aber leider an sehr generischen Sammel- und Tötungsmustern. Selbst die Aufträge zum Vorantreiben der Haupthandlung ließen noch oft Kreativität und erzählerische Tiefe vermissen. Gerade was die Inszenierung betrifft, dürften aber noch lange nicht alle Stützpfeiler implementiert sein. Auch die Lokalisierungsarbeiten sind noch in vollem Gang.

Kreativer Spielplatz

Über einen Event-Kalender kann man sich zu unterschiedlichsten Abenteuern zusammenfinden.
Über einen Event-Kalender kann man sich zu unterschiedlichsten Abenteuern zusammenfinden.
Am meisten bin ich aber auf das „Foundry“ getaufte Werkzeug zur Erstellung und Verbreitung eigener Abenteuer gespannt. Denn obwohl der schöpferische Zugang bisher verwehrt blieb, konnte man die ersten Ergebnisse bereits aktiv in Augenschein nehmen. Und was es da zu sehen gab, wirkte mitunter schon sehr viel versprechend.

Darüber hinaus sorgt ein praktischer Event-Kalender dafür, dass auch ohne kreativen Community-Einsatz so schnell keine Langeweile aufkommt. Wenngleich viele Angebote noch gar nicht zugänglich waren, kann man sich hier mit anderen Spielern zu stufenspezifischen Schatzsuchen, Dungeon-Raubzügen, Verbrecherjagden, Festungsverteidigungen, Arena-Wettkämpfen und mehr treffen.

Auch zeitlich begrenzte Begünstigungen werden hier gelistet und auf Wunsch per Erinnerungsfunktion rechtzeitig wieder ins Gedächtnis gerufen. in der Zwischenzeit kann man sich z. B. auf dem Marktplatz das Angebot der Händler ansehen, im Aktionshaus nach besonderen Schätzen Ausschau halten oder den Göttern huldigen, um

Im Kampf kann man sich auch die Hilfe KI-gesteuerter Wegbegleiter sichern.
Im Kampf kann man sich auch die Hilfe KI-gesteuerter Wegbegleiter sichern.
leistungsbezogene Belohnungen und Boni zu kassieren.

Treue Gefährten

Mit der Zeit erhält man auch Zugang zu verschiedenen Reittieren und KI-Begleitern, die einen auch im Kampf tatkräftig zur Seite stehen und sich sowohl individuell ausrüsten als auch trainieren lassen. Die Kampfintelligenz scheint allerdings noch verbesserungswürdig und auch die Kollisionsabfrage wirft einem noch zu oft ungewollte Knüppel zwischen die Beine. Immerhin geht den Gegnern oft auch nicht anders und sie rennen sich irgendwo fest oder zeigen keinerlei Reaktion.

Die Steuerung ist angenehm flott und handlich.
Die Steuerung ist angenehm flott und handlich.
Die Steuerung mit Maus und Tastatur geht aber auf jeden Fall gut von der Hand. Wer will, kann aber auch zum Controller greifen. Zur Orientierung gibt es eine praktische Kartenfunktion und wer gar keinen Plan hat, kann auch idiotensichere Glitzerpfade à la Fable zum aktuellen Auftragsziel aktivieren. Interaktionsmöglichkeiten mit der Spielumgebung halten sich zwar in Grenzen, aber neben fest installierten Lagerfeuern, die u. a. als Heilquell und Rücksetzpunkte dienen gibt es auch versteckte Schatzkisten sowie einfache Schalter- und Objekträtsel.

Eine Frage des Talents

Ebenfalls mit von der Partie sind skillbasierte Interaktionsmöglichkeiten wie nur mit Diebesgunst zu entschärfende Fallen, nur mit Ingenieurswissen frei zu legende Geheimgänge oder nur mit Naturkunde zu bergende Rohstoffe. Doch auch wenn jeder Charakter nur ein bestimmtes dieser Talente besitzt, kann man sich mit entsprechenden Hilfsmitteln auch fremde Talente aneignen - wenn auch nur vorübergehend.

Die sehr ansehnliche und atmosphärisch gestaltete Spielwelt von Neverwinter ist in einzelne Bereiche wie Stadtteile, natürliche Landstriche und andere Örtlichkeiten unterteilt, die man über eine Landkarte erreichen kann. Zugang zu Gebäuden oder Dungeons erhält man hingegen direkt vor Ort. Während man in den Hauptarealen auch auf andere Spieler trifft, werden Dungeons persönlich durchstreift - je nach Spielinhalt bzw. Vorliebe allein oder als feste Gruppe. Schätze und Gegner gibt es aber auch in den Hauptbereichen mehr als genug.

Kommunikation ist sowohl per Text- als auch Voice-Chat möglich. Ein Mail-System ist ebenfalls vorhanden. Auch Gildenfunktionen und -inhalte sind vorgesehen, ebenso wie spielinterne Erfolge und Titel. Das Verändern und Personalisieren von Ausrüstungsgegenständen war bereits eingeschränkt möglich, zahlreiche Rohstoffe deuten aber auf ein noch weiträumigeres Crafting-Angebot hin. Und auch sonst dürfte bis zur Veröffentlichung noch die ein oder andere Überraschung ins Haus stehen.

Ausblick

Auch wenn hier und da noch Dinge fehlen oder etwas steril anmuten, wirken Handhabung und Spielfluss des Action-Rollenspiels bereits ungemein rund und ausgereift. Die bisher verfügbaren Charakterklassen sind angenehm eigenständig und vielseitig. Die Schauplätze in und um die Stadt der Vergessenen Reiche wurden stimmungsvoll in Szene gesetzt. Auch Beschäftigungsmöglichkeiten abseits der noch etwas schwachbrüstig präsentierten Haupthandlung scheinen ausreichend vorhanden. Ich bin gespannt wie sich die zwei noch ausstehenden Charakterklassen und die anderen noch unter Verschluss gehaltenen Funktionen ins Spielgeschehen einfügen werden. Mein größtes Interesse gilt allerdings der so genannten Foundry (Gießerei), mit der man eigene Abenteuer erstellen und teilen kann. Dadurch könnte man sich von vielen Konkurrenten abheben und die ersten Appetithappen haben definitiv Lust auf dieses Free-to-play-Abenteuer gemacht.

Einschätzung: gut

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