Vorschau:
Hohe Erwartungen
Dass die Schweden wissen, wie man eine erstklassige Rennsimulation auf die Beine stellt, haben sie schon mehrfach bewiesen: Auch wenn die Technik mittlerweile in die Jahre gekommen ist, zählen die Titel aus der GTR- und Race-Reihe neben rFactor, iRacing & Co immer noch zu den Vorzeige-Exemplaren, wenn es um eine realistische Fahrphysik, Tuning-Einstellungen und packende (Online-)Rennen geht. Genau diese Stärken sollen jetzt auch das Fundament für den neuen Free-to-play-Ansatz bilden.
Dabei könnte es sich SimBin einfach machen: Warum nicht die alten Spiele nehmen, ihre Inhalte in kostenpflichtige Einzelteile zerstückeln und ohne großen Aufwand oder Entwicklungskosten einfach unter der F2P-Flagge neu veröffentlichen? Milestone würde vielleicht genau das machen, haben sich die Italiener durch ihr ständiges Recycling doch schon einen gewissen Ruf „erarbeitet“. SimBin hat sich zum Glück für einen anderen Weg entschieden und spendiert seiner Racing Experience nicht nur eine neue Grafik- und Sound-Engine, dank der die Kulisse endlich moderner und die Motorenklänge mit einer Abmischung von bis zu 7.1 noch authentischer wirken. Auch an der Fahrphysik wurde weiter geschraubt und optimiert, um das Verhalten der Boliden noch realistischer zu gestalten.
Amateur oder Profi?
Wer das Fahren dagegen so simulativ wie möglich erleben wird, wird mit der Get Real-Einstellung glücklich: Angefangen vom Reifenabrieb und Erwärmung der Pneus über Benzinverbrauch bis hin zum vollwertigen Schadensmodell ist alles dabei, was sich Lenkrad-Profis wünschen. Dabei fühlt sich die Fahrphysik genauso an, wie man es von einem SimBin-Titel erwartet - vor allem mit einem guten Lenkrad und entsprechenden Pedalen stellt sich schon nach den ersten paar Metern die gewohnte Begeisterung ein, wenn man mit Boliden wie dem Saleen S7R über die Rundkurse oder die engen Straßen des Lakeview-Bergrennens jagt. Jede Bodenwelle wird vom Fahrwerk übertragen und wer kein Feingefühl für den Umgang mit Gas und Bremse entwickelt, wird gerade beim Herausbeschleunigen aus Kurven massiv an Bodenhaftung verlieren und sich drehen.
Fahrzeuge:
-Aquila CR1 Sports GT
-134 Judd V8
-Saleen S7R
-Canhard RS2
-DMD P20
Strecken:
-Lakeview Hillclimb
-Raceroom Raceway
Spielmodi:
-Leaderboard Challenge
-(gesponserte) Wettbewerbe
-Streckentest
-Medienzentrale
-Amateur-Fahrphysik Leider gibt es einen Haken, der symptomatisch für Free-to-play ist: Wer das volle Simulationsprogramm erleben möchte, muss dafür zahlen und sich das Get Real Paket zulegen, das für ca. 1 Euro angeboten wird. Okay, das ist ein Preis, der sich verschmerzen lässt - vor allem, wenn man bedenkt, dass man dadurch auch Zugriff auf das Wagen-Setup bekommt und selbst am Getriebe, dem Fahrwerk, der Aerodynamik, dem Differenzial und den Stabilisatoren der Boliden herumschrauben darf. Sogar das Ausmaß der Traktionskontrolle lässt sich für jeden Gang separat einstellen. Zudem bekommt man mit dem Paket Zugriff auf den Modus Apex-Hunt. eine Art spielerischer Fahrschule für das Erlernen der Ideallinie von jeder Strecke. Trotzdem bleibt das Gefühl, regelrecht zum Zahlen gedrängt zu werden, denn mal ehrlich: Welcher Simulations-Fan will sich denn mit den Amateur-Beschränkungen zufrieden geben? Richtig, keiner! Immerhin bekommen alle Spieler, die sich innerhalb der nächsten zwei Wochen registrieren und an der offenen Betaphase teilnehmen, das Get Real Paket geschenkt. Wer in Zukunft in den Genuss der Zusatzfunktionen kommen will, muss aber zahlen.
Es gibt noch viel zu tun!
Mit dem Start der Betaphase ist SimBin noch weit von der Finalisierung entfernt: Punkte wie Einzelrennen oder Meisterschaften für Solisten stehen bisher genauso wenig zur Verfügung wie Mehrspieler-Events über das Internet. Einzig die Option Streckentest, vergleichbar mit einer Trainings-Session, steht im Rahmen der Einzelspieler-Angebote zur Verfügung. Hier kann man sich pro Sitzung bis zu 60 Minuten auf der Piste austoben und auf die Jagd nach persönlichen Bestzeiten gehen - entweder alleine oder mit zuschaltbaren KI-Piloten, deren Leistung sich bisher nur adaptiv anpasst und (noch) nicht eingestellt werden darf.
Pole Position des Bestenliste
- Get Real Voreinstellung (Fahrphysik)
- Interface für Wagen-Setup
- Reifenabrieb und Erwärmung
- Benzinverbrauch
- mechanisches Schadensmodell
- 60 Minuten Session-Höchstgrenze
- Meister-Level Apex Hunt Einen ähnlichen Reiz üben die Wettbewerbe aus: Hier treten alle Teilnehmer unter den gleichen Rahmenbedingungen an - sowohl Strecke als auch Auto sowie die erlaubten Fahrhilfen werden in der Regel streng vorgegeben. Allerdings fährt man hier nicht nur für Ruhm und Ehre in die Bestenliste, sondern kann dank diversen Sponsoren auch echte Preise wie RAM-Bausteine oder T-Shirts gewinnen. Schöner Nebeneffekt: In diesen Wettbewerben bekommt man auch die Gelegenheit, sich hinter das Steuer von Fahrzeugen zu klemmen, die man nicht zwingend in seiner Garage und / oder gekauft haben muss.
Kleine aber feine Auswahl
Wie bei Free-to-play üblich, hält sich der Umfang des Starterpakets auch hier in Grenzen. Trotzdem reichen die anfangs sechs verfügbaren Boliden und zwei Strecken fürs Erste aus, um die Faszination des virtuellen Rasens zu erleben. Immerhin steht der fiktive Rundkurs Race Room Raceway in vier Streckenvariationen bereit und es dauert eine Weile, bis man den Verlauf der engen A-B-Piste Lakeview Hillclimb verinnerlicht hat.
Die soziale Komponente rückt ebenfalls noch etwas mehr in den Vordergrund: Registrierte Spieler bekommen nicht nur eine eigene Profilseite mit massig Statistiken, sondern können auch Inhalte wie Fotos und gespeicherte Videos über die integrierte Medienzentrale mit anderen Nutzern teilen. Zudem kann man sich ein eigenes Dashboard mit Webseiten einrichten oder sich über Neuigkeiten ausgewählter Autohersteller informieren.
Wo muss ich hin?
Viel schlimmer wiegt aber, dass der Motor noch nicht rund läuft: Mehr als 15 Minuten am Stück konnte ich nur selten aufs Gaspedal drücken, denn immer wieder hat sich das Spiel mit einem eingefrorenen Bild aufgehängt und konnte anschließend nur über den Task-Manager beendet werden - mit dem typischen Windows-Hinweis, dass Game.exe nicht mehr funktioniert. Gestern Abend ist übrigens schon ein erster Patch erschienen, der einige Probleme beheben soll. Leider konnten wir seitdem nicht mehr Hand an die Beta anlegen.
Ausblick
Race Room Racing Experience ist der erste Free-to-play-Titel, dem ich auch über einen längeren Zeitraum etwas abgewinnen könnte. Und ich wäre durchaus bereit, zu investieren: Eutechnyx zeigte bei Auto Club Revolution zwar ein paar gute Ansätze, doch hat mich damals die widerwärtige Abzock-Mentalität vergrault. Auch die Fahrphysik ist dort noch meilenweit von dem entfernt, was SimBin hier leistet. Man beommt quasi das Basispaket einer der besten PC-Simulationen für lau - und das in einem modernen Engine-Gewand, das zwar bei Konsolen-Titeln wie Forza Motorsport 4 nicht mithalten kann, aber nach dem betagten Technikgerüst von GTR 2 einen deutlichen Schritt nach vorne darstellt. Und obwohl inhaltlich mit den wenigen Strecken und dem kleinen Fuhrpark nicht viel geboten wird, hatte ich bei der packenden Jagd nach Bestzeiten und diesem fantastischen Fahrgefühl mehr Spaß als bei manchem Vollpreis-Titel. Das in Zukunft kostenpflichtige Get Real Paket ist allerdings ein Muss, wenn man das ganze Potenzial ausschöpfen, die Faszination hinter dem Steuer und das Schrauben in der Garage erleben will. Preislich bewegen sich die derzeitigen Angebote für den Nachschub an Pisten und Wagen auf einem akzeptablen Niveau - hoffentlich bleibt es auch dabei! Nur die ständigen Abstürze haben mir trotz der vielen Qualitäten die Lust am Rasen vermiest und meinen Ersteindruck von „sehr gut“ auf „gut“ gedrückt.
Einschätzung: gut
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.