ANNO 207017.08.2011, Marcel Kleffmann
ANNO 2070

Vorschau:

Die Ankündigung, dass das fünfte Spiel aus der ANNO-Reihe die traute Mittelalterwelt verlassen und in der "nahen" Zukunft spielen wird, hat viele Fans überrascht. Der Schritt, den bewährten Pfad zu verlassen, schien mutig und hat sich durchaus ausgezahlt, wie wir bei einer Anspielrunde herausgefunden haben. Jedoch hat sich hinter der futuristischen Fassade gar nicht so viel geändert...

Auf in die Zukunft

Die Zukunftsverlagerung von ANNO entfachte zwar etwaiges Unverständnis und Kopfschütteln, doch die Skepsis blieb im Rahmen und die totale Ablehnung war eher die Ausnahme als die Regel. Von dem weitgehend positiven Feedback der Spieler zeigten sich gleichermaßen die Entwickler bei Related Designs überrascht und sehen sich in ihrer Linie bestätigt. Auch wenn einige ANNO-Spieler die Mittelalterwelt vermissen werden, war es meiner Meinung nach Zeit für etwas Neues.

Im gleichen Atemzug versprachen die Entwickler am Spielprinzip festzuhalten und beim ersten Anspielen des Aufbau-/Wirtschaftsstrategiespiels fand ich mich in einer bekannten, stellenweise zu familiären Welt wieder: Zu Beginn hatte ich oftmals das Gefühl, eine umfangreiche Modifikation des vierten Teils zu spielen. Die Ähnlichkeiten zwischen 1404 und 2070 sind verblüffend und erst mit zunehmender Zeit setzten sich die Spiele allmählich voneinander ab.

Erstmal wie ANNO 1404

Nach dem Start des Endlosspiels als Anhänger der Tycoon-Fraktion fährt mein kleines Startschiff aus der Arche heraus und ist bereit, neue Inseln zu besiedeln, die dank des gestiegenen Meeresspiegels reichlich vorhanden sind. An einem Eiland mit Fruchtbarkeiten für Tee, Reis und Kaffee angekommen, entschließe ich mich eine Siedlung zu gründen und platziere das Kontor an der Küste. Es erklingt der vertraute "Inselbesiedlungs-Sound" mit modernem Touch.

Daraufhin errichte ich ein Stadtzentrum, das weiteren Bauraum erschließt und ziehe mehrere Tycoon-Arbeiter-Wohnungen hoch, die jeweils zwei Bauzellen verschlingen und mit einer Straße zum Stadtzentrum verbunden werden. Ein Klick auf die Behausung verrät, welche Bedürfnisse die Einwohner haben. Meine Aufgabe ist es, diese zufrieden zu stellen, damit die Bewohner die nächste Entwicklungsstufe (Angestellte) erreichen.

Erste Schritte

ANNO 2070 wird neben einer Kampagne und dem klassischen Endlosspiel auch einen Mehrspieler-Modus beinhalten. Im Story-Modus werden einige Missionen sogar aufeinander aufbauen, d.h. man kann seine Siedlung aus der vorherigen Mission sogar mitnehmen.
ANNO 2070 (ab 4,75€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) wird neben einer Kampagne und dem klassischen Endlosspiel auch einen Mehrspieler-Modus beinhalten. Im Story-Modus werden einige Missionen sogar aufeinander aufbauen, d.h. man kann seine Siedlung aus der vorherigen Mission sogar mitnehmen.

Meine Tycoon-Arbeiter verlangen nach Essen, Trinken, Gemeinschaft (Zugang zum Stadtzentrum) und Aktivität. Also muss ich Fisch als Nahrungsmittel und Schnaps als Getränk organisieren sowie ein Casino zur Aktivität bereit stellen. Gesagt, getan: Zwei Fischerhütten werden neben das Kontor gebaut und zwei Reis-Plantagen mit jeweils zwei Feldern zur Produktion von Schnaps ins Hinterland verfrachtet; bei der Eco-Fraktion wird man anstatt von Schnaps dann Tee anbauen müssen.

Langsam könnte ich an eine Erweiterung der Wohnungen denken, aber die Bauzellen gehen zur Neige. Natürlich kann ich selbst für Nachschub sorgen: Bauzellen werden aus Basalt hergestellt, einer weiteren Ressource, die auf der Insel verfügbar ist. Basalt muss nicht in einer Mine abgebaut werden, sondern kann überall gewonnen werden. Das Gebäude wird einfach irgendwo platziert und fördert solange Basalt, bis das Vorkommen erschöpft ist. Bevor ich neue allerdings Wohnhäuser hochziehen kann, meldet sich das Nachrichtensystem und informiert mich, dass die Produktionsstätten keinen Storm haben. Und das stimmt sogar!

Energieniveau kritisch!

Im Jahr 2070 benötigen viele Produktionsgebäude die neue inselweite Ressource Energie, die durch Kraftwerke aller Art bei den Tycoons oder Windkraftanlagen bei den Ecos zur Verfügung gestellt wird; Stromleitungen müssen nicht gezogen werden. Also entscheide ich mich notgedrungen für ein Kohlekraftwerk. Kohle kann mit einem Platz fressenden und nicht gerade ansehnlichen Schaufelradbagger (Tycoons) oder alternativ in einer Mine gefördert werden - Letzteres wäre die bevorzugte Eco-Weise. Kaum habe ich den Schaufelradbagger (irgendwo) in die Landschaft gesetzt, wird der Rohstoff abgebaut und das Kraftwerk kann seinen Betrieb aufnehmen. Bei Energiemangel fällt die Produktion übrigens nicht vollends aus, nur die Geschwindigkeit der Herstellungsprozesse verringert sich.

Neu ist ebenfalls, dass es auf der Insel zwar Berge mit der Option zum Bau einer Mine gibt, es aber nicht festgelegt ist, welchen Rohstoff ihr dort abtragen müsst. Das soll heißen: Egal ob ihr Kohle, Eisen, Kupfer oder Uran fördern wollt - ihr baut bloß ein entsprechendes Gebäude an solch einen Zugang und fertig. Bei den ANNO-Vorgängern musste man bei einer Eisenerz-Ader zwangsweise eine Eisenmine bauen. Diesmal gibt es allgemeine Minenzugänge, die Zugriff auf alle Bodenressourcen einer Insel ermöglichen. Minen-Slots lassen sich damit flexibler nutzen, obwohl der Abbau dadurch abstrakter wird, da man quasi von jeder Position der Insel auf alle Ressourcen zugreifen kann. Die Entwickler erklären das mit "Tunnelbau".

In der ANNO-Zukunft müsst ihr mit Feuerwehren, Polizeistationen und Krankenhäusern, die jeweils bestimmte Einzugsbereiche haben, für das Wohl eurer Bevölkerung sorgen, sonst brechen Krankheiten bzw. Feuer aus oder Verbrecher tummeln sich.
In der ANNO-Zukunft müsst ihr mit Feuerwehren, Polizeistationen und Krankenhäusern, die jeweils bestimmte Einzugsbereiche haben, für das Wohl eurer Bevölkerung sorgen, sonst brechen Krankheiten bzw. Feuer aus oder Verbrecher tummeln sich.

Aus Arbeitern werden Angestellte

Endlich ist Strom vorhanden und so langsam schnurrt die Produktion von Bauzellen. Damit ich Zugang zu weiteren Gebäuden wie dem Casino erhalte, muss ein bestimmtes Bevölkerungslimit erreicht werden. Also baue ich neue Wohngebäude, bis die Glückspielstätte freigeschaltet wird und errichte sie dann so schnell wie möglich. Das Casino hat wiederum einen Wirkungsradius und ist somit das Pendant zur Kapelle, die übrigens exakt zum gleichen Entwicklungsstand der Siedlung in ANNO 1404 gebaut wurde.

Einen Wimpernschlag später entwickeln sich die zufriedenen Tycoon-Arbeiter zu Tycoon-Angestellten und verbrauchten dabei munter Bauzellen und Werkzeuge. Angestellte haben neue Bedürfnisse und lassen zum Glück mehr Steuern springen. Bevor ich mich nun um die Kommunikator-Produktion oder andere Bedürfnisse (z.B. nach aufwändigerer Nahrung oder anderen Getränken) kümmern kann, muss ich erstmal den Werkzeugnachschub sichern. Diese kann ich entweder von anderen Inseln ankaufen, mir teuer per Express (20 Minuten Abklingzeit) zur Arche liefern lassen oder ich produziere sie selbst. Hierzu muss Erz, Kohle und eine Erzschmelze her - ganz klassisch.

An dieser Stelle soll der Einblick in die Anfangsphase reichen und trotz einiger kleiner Veränderungen (Energie, Minen) fühlt und spielt es sich wirklich wie ANNO 1404 - verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass sogar ein ähnliches Menüsystem zur Visualisierung der Bedürfnisse eingesetzt wird. Tatsächliche Neuheiten und Spielideen wie die Ökobilanz, die Tech-Fraktion (der neue Orient), Unterwasserinseln oder die Forschung kristallisieren sich erst mit zunehmender Spielzeit heraus, die ich mir nur kurz und basierend auf einem vorbereiteten Spielstand anschauen konnte.

Die Ökobilanz

Ein völlig neues Konzept in ANNO 2070 ist die Ökobilanz. Je nachdem welche Art von Produktionsstätten und Verarbeitungsgebäuden ihr baut, desto stärker oder schwächer beeinflusst ihr die Umwelt. Ein Kohlekraftwerk (Tycoons) beispielsweise sorgt für größere Umweltverschmutzung als eine Windkraftanlage (Ecos). Fällt die Ökobilanz deutlich ab, kann dies zu einer Einschränkung bei der Produktionseffektivität und zum Sinken der Zufriedenheit der Einwohner führen.

Sollte etwas in eurer Siedlung nicht stimmen, gibt es einerseits ein hilfreiches Nachrichtensystem und andererseits sind zahlreiche optische Hilfen (neben Icons) vorhanden.
Sollte etwas in eurer Siedlung nicht stimmen, gibt es einerseits ein hilfreiches Nachrichtensystem und andererseits sind zahlreiche optische Hilfen (neben Icons) vorhanden.

Darüber hinaus verwandelt sich die grüne Landschaft langsam in eine graue SMOG-Industriewüste, in der sich verständlicherweise nicht mehr so gut Tee/Reis anbauen lässt, worunter dann die Produktion leidet. Bis sich die Tycoon-Einwohner über die Situation beklagen, dauert es verhältnismäßig lang, denn sie sind recht resistent gegen dreckige Umgebungen - irgendwann ist jedoch mal Schluss. Anders sieht es bei den Ecos aus, die stärker auf positive oder negative Ökobilanzen reagieren. Sich gelegentlich ereignende Katastrophen wie eine Ölpest, z.B. weil die Tycoons produktionseffiziente Risikotechnologien wie Ölförderplattformen verwenden, beeinflussen die Umwelt ebenfalls. Die Ökobilanz wird pro Insel berechnet. Es gibt (leider) keine globalen Auswirkungen.

So schön diese Idee auf dem Papier ist, man muss dennoch abwarten, wie nachhaltig sich dieses Konzept im Spielablauf niederschlagen wird und wie wichtig es sein wird, Kombinationen aus Eco- und Tycoon-Siedlungen zu entwerfen. Es besteht also die Gefahr, dass der Einfluss der Ökobilanz zu gering ausfällt und sich somit kein Spieler darum schert oder das Gegenteil der Fall ist - eine schwere Aufgabe für die Balance!

Die Tech-Fraktion und Forschung

Es ist nicht nur möglich, Gebäude von Tycoons und Ecos zu vermischen, ihr könnt den Kontakt zu einer dritten Fraktion aufnehmen, zu den Techs. Diese Forscher-Kaste erinnert schwer an den Orient aus ANNO 1404 und gewährt euch Zugang zu speziellen Tech-Gebäuden und Tech-Ressourcen. Fortan könnt ihr komplett neue Tech-Siedlungen mit zwei Zivilisationsausbaustufen (wie der Orient) hochziehen und euch um neue Bedürfnisse seitens der Techniker kümmern. Während die Bewohner des Orients anno dazumal Datteln verlangten, müsst ihr diesmal "Funktionales Essen" beschaffen.

Die Inseln sind wesentlich größer als im Vorgänger.
Die Inseln sind wesentlich größer als im Vorgänger.

Obwohl ihr es schaffen könnt, die maximale Zivilisationsstufe (Arbeiter, Angestellte, Ingenieure, Manager) der Ecos oder Tycoons ohne Zugang zur Tech-Fraktion zu erreichen, ist es wichtig, sich mit den Technikfreaks zu beschäftigen, denn sie ermöglichen es euch zu forschen und den Meeresgrund zu besiedeln. So könnt ihr im Forschungslabor, das nur in Tech-Siedlungen errichtet werden kann, temporäre Buffs (Produktionsbeschleunigung für fünf Minuten oder Angriffskraft erhöhen etc.) in Form von "Items" erforschen bzw. herstellen und diese einzelnen Einheiten oder Siedlungen spendieren bzw. die Items dort "sockeln". (Hintergrund: Sowohl der Kontor als auch Schiffe haben Plätze für Items, die dort eingesetzt werden können). Erst mit der Akademie, die eine sehr ausgedehnte Tech-Siedlung voraussetzt, können dauerhafte und sehr mächtige Verbesserungen hergestellt werden, die aus diversen kleineren Items bestehen. Mit solchen Technologien wird es zudem möglich sein, Katastrophen - wie die erwähnte Ölpest - zu bekämpfen.

Unterwasserbesiedlung

Mit Hilfe der Tech-Fraktion dürft ihr den Meeresboden bzw. bestimmte Unterwasser-Plateaus erobern. Die Unterseeinseln sind auch auf der Karte verzeichnet und sobald ihr mit dem Mausrad in Richtung Meeresspiegel "hineinzoomt", fliegt die Kamera auf das Meer zu, durchtaucht die Oberfläche und die Unterwasserinsel wird eingeblendet. Dort könnt ihr umringt von detailreicher Unterwasserflora und Fauna neue Gebäude errichten (keine Wohnungen) und allerlei Ressourcen sammeln (u.a. Diamanten), die ihr an Land nicht finden werdet - vor allem nicht in dem Umfang. Der Warenaustausch zwischen Über- und Unterwasserwelt funktioniert mit Handelsrouten via U-Booten sowie Trimaranen und als Umschlagplatz dient ein Art Unterwasserkontor.

Kampfspekulation

Zum Kampfsystem wollten sich die Entwickler bisher nicht äußern. Achtung Spekulation: Während die Seekämpfe wahrscheinlich wie in ANNO 1404 ablaufen werden, könnten die anderen Schlachten mit Flugzeugen ausgetragen werden. Im Spiel konnte ich nämlich einen Flughafen bauen, der nicht zum Warentransport diente und eines der Gebäude im Infrastruktur-Menü war ein Flugabwehrgeschütz...

Update: 18. August 2011 (gamescom)

Auf der gamescom wurde das Kampfsystem kurz vorgestellt. Es wird Unterwasser-Duelle mit U-Booten und Gefechte auf hoher See geben, die sich wie im Vorgänger steuern werden. Der "Landkampf" wird nun mit direkt steuerbaren Flugzeugen realisiert, welche die gegnerischen Gebäude attackieren können. Flak-Kanonen dienen zur Verteidigung. Sämtliche Kämpfe finden in Echtzeit statt.

Ausblick

Ja, ANNO 2070 ist trotz des Zukunftsszenarios nach wie vor ein klassisches Spiel aus der Reihe und trägt den Namen zu Recht. Besonders in den ersten Minuten ähnelt es sehr stark dem Vorgänger. Nahezu die gesamte Anfangsphase ist abgesehen vom Anstrich identisch und auch andere Elemente wie die Tech-Fraktion als neuer Orient wirken bekannt. Erst allmählich setzen sich die neuen Konzepte und Ideen durch: Die Unterwasserbesiedlung, die Möglichkeit selbst Items zu erstellen sowie die Ökobilanz, wobei ich Letztere für sehr gelungen halte, wenn auch nicht klar ist, welchen Stellenwert/Effekt sie haben wird. Toll finde ich auch die Aufteilung in zwei Fraktionen, die unterschiedliche Waren brauchen, über verschiedene Gebäude verfügen und andere Philosophien vertreten. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Unterschiede mit steigender Siedlungsentwicklung verstärken. Trotz der Aufteilung in Ecos und Tycoons ist man als Spieler keinesfalls eingeschränkt, da jederzeit aus dem Fundus beider Fraktionen (plus der Tech-Fraktion) geschöpft werden kann. Schön ist ebenfalls, dass Kampagne, Endlosspiel und Mehrspieler-Modus gemeinsam veröffentlicht werden. Nach dem ersten Anspielen freue ich mich auf das finale ANNO 2070 und hoffe, dass es neben neuen Warenkreisläufen noch die eine oder andere Überraschung geben wird, die das Spiel weiter von den Vorgängern abheben wird!

Einschätzung: sehr gut

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