Ghost Recon Phantoms24.05.2011, Michael Krosta
Ghost Recon Phantoms

Vorschau:

Zumindest auf dem PC gehört das Free-to-play-Modell mittlerweile zu einer festen Größe. Neben vielen kleinen Entwicklern springen auch immer mehr große Publisher auf den Zug auf und bieten einen kostenlosen Zugang zu ihren Spielen, damit später Mikro-Transaktionen Geld in die Kassen spülen. Neben Electronic Arts setzt auch Ubisoft auf bekannte Marken und will mit Ghost Recon Online ein Standbein in dem "Trend-Markt" aufbauen. Sinnvolle Alternative oder überflüssige Zeitverschwendung?

Die Ghosts sind zurück

Während mit Ghost Recon: Future Soldier der nächste große Auftritt der Spezialeinheit aus dem Tom Clancy-Universum noch bis 2012 auf sich warten lässt, können PC-Spieler ihr noch in diesem Jahr beitreten - und das völlig kostenlos. Man kann über das Free-to-play-Modell sicher streiten sowie über Sinn und Nutzen debattieren. Ein Vorteil ist allerdings nicht von der Hand zu weisen: Ohne anfallende Kosten gibt man einem Spiel schneller eine Chance als wenn man 50 Euro dafür bezahlen muss. Die große Kunst liegt für den Entwickler darin, den User während dieser "Ausprobier-Phase" so anzufixen, dass er den Titel weiterspielt und dabei auch bereitwillig das Portemonnaie für zusätzliche Inhalte öffnet. Das nächste kostenlose Angebot ist bei den vielen Free-to-play-Titeln meist nur einen Mausklick entfernt. Welche Geschütze fährt Ubisoft auf, um Rekruten zum Bleiben zu bewegen?

Teamarbeit gefordert

Bisher gab man in Titeln wie zuletzt Ghost Recon: Advanced Warfighter 2 seinen KI-Begleitern direkte Befehle. Hier ist dagegen die Zusammenarbeit zwischen menschlichen Mitspielern gefragt, denn Ghost Recon Online ist ein klassischer Team-Shooter, in dem zwei Fraktionen mit jeweils maximal acht Teilnehmern um den Sieg kämpfen. Zur Auswahl stehen drei Klassen: Schütze (Assault), Aufklärer (Recon) und Spezialist. Dabei muss man sich zu Beginn einer Runde festlegen, in welche Rolle man schlüpfen will -

Auch die Taktikserie geht den Weg allen Irdischen - und erhält einen Free to Play-Ableger.
Auch die Taktikserie folgt dem Trend und erhält einen Free to play-Ableger. Was hat er zu bieten?

ein Wechsel zwischen Respawns ist leider genau so wenig möglich wie das Aufsammeln des Equipments getöteter Feinde. So muss man sich mit seiner Aufgabe im Team abfinden, was durchaus auch ein Vorteil sein kann. Da mit der Klassenwahl jeder Spieler eine bestimmte Rolle im Team hat, muss man nicht vor jedem Respawn lange diskutieren oder überlegen, für was man sich am besten entscheiden soll.

Band of Brothers

Dass sich die Klassen untereinander ergänzen, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Bei Ghost Recon: Online geht man aber noch einen Schritt weiter. Ein Schlüsselelement spielen dabei die Fähigkeiten, die man sich je nach Klasse zuweisen kann. Beim Anspielen stand lediglich eine pro Rolle zur Auswahl - im finalen Spiel wird man dagegen zwei ausrüsten und miteinander verknüpfen können. Der Schütze greift auf Knopfdruck z.B. zu einem gewaltigen Schild und rennt gut geschützt alles nieder, was sich ihm in den Weg stellt. Aufklärer greifen dagegen auf ein nützliches Radar zurück, das die Position der Feinde verrät und sogar über einen beschränkten Zeitraum deren Bewegungen verfolgt. Über die Fähigkeiten des Spezialisten dürfen wir an dieser Stelle leider noch nichts verraten. Doch egal, für wen man sich entscheidet: Der Einsatz der Fähigkeiten ist begrenzt, denn zum einen gibt es ein Zeitlimit für die Benutzung und zum anderen müssen sie sich bis zur erneuten Benutzung erst regenerieren.

"Gemeinsam sind wir stark" - das hat bei Ghost Recon Online eine noch größere Bedeutung als in manch anderem Team-Shooter. Sind die Spieler nah beieinander, werden sie nämlich durch eine sichtbare Linie miteinander verbunden und können sich dadurch noch mehr gegenseitig unterstützen. So hilft der Schütze z.B. seinen Mitstreitern bei Munitionsmangel mit frischen Kugeln aus, während der Späher seine Radar-Fähigkeit mit den Kollegen teilen kann, so dass auch sie die Feindbewegungen sehen können. Wird das Band aufgrund der zu großen Entfernung getrennt, entfällt diese nützliche Funktion. Man muss also abwägen, ob man lieber zusammenbleibt oder sich strategisch sinnvoll auf dem Schlachtfeld verteilt.

Angriff und Verteidigung

Der Modus, den wir anspielen konnten, ist eine Mischung aus Battlefield und Homefront: Auf einer Karte gilt es, diverse Basen einzunehmen und zu halten. Kann die sich die feindliche Fraktion in einer bestimmten Anzahl dauerhaft einnisten, verschiebt sich die Front und das eigene Team muss erst eine bestimmte Basis zurückerobern, bevor es andere angreifen kann. Steht man erst mal mit dem Rücken zur Wand, wird es unangenehm hektisch, denn der Gegner hat im Prinzip zwei mögliche Sieg-Optionen: Entweder beschützt er auf Teufel komm raus die bisher eroberten Basen und wartet, bis die Zeit abläuft. Denn wer am Ende der Runde die meisten Basen unter Kontrolle hat, gewinnt. Oder er setzt voll auf Angriff und luchst dem anderen Team auch noch den letzten Rückzugspunkt ab, womit man die Runde schon vor dem Ablauf der Zeit für sich entscheiden kann.

Keine Vorteile gegen Geld

Das fertige Spiel soll weitere Modi bieten, wobei die Karten laut Entwicklern entsprechend angepasst werden. Man muss kein Genie sein, um darauf zu tippen, dass man für die eine oder andere Map sicher die Geldbörse wird zücken müssen. Bestätigt ist dagegen schon, dass man Equipment wie Waffen-Modifikationen uns Klamotten via Mikro-Transaktionen kaufen kann. Einen spielerischen Vorteil soll dadurch allerdings niemand bekommen - das versprechen zumindest die Entwickler, die auch darüber nachdenken, sich Funktionen wie das Anlegen privater Matches bezahlen zu lassen. Grundsätzlich werden die Spieler automatisch per Matchmaking zusammengewürfelt, wobei man den Sessions auch gemeinsam mit auserwählten Freunden beitreten kann. Zum Launch im vierten Quartal ist außerdem eine Clan-Unterstützung geplant, die soziale Komponenten wie Chat, Statistiken und Bestenlisten ergänzen wird. Ein Rangsystem darf ebenfalls nicht fehlen und so levelt man sich auch hier fleißig nach oben, um Zugriff auf neue Waffen sowie Ausrüstung zu bekommen. Dazu zählen z.B. Modifikationen, die den Rückstoß etwas abschwächen, eine höhere Magazin-Kapazität oder Tarnmuster sowie weitere, klassenspezifische Extras.

Geh in Deckung!

Im Gegensatz zu Battlefield oder Call of Duty erlebt man das Geschehen hier wie schon bei Ghost Recon: Advanced Warfighter sowie Sonys Socom-Serie aus der Schulterperspektive. Während man rennt, sich in geduckter Haltung nach vorne pirscht oder sich liegend verschanzt, ist die eigene Figur also immer mit im Bild. Erst beim Heranzoomen mit der Waffe werden Parallelen zu einem Ego-Shooter deutlich - allen voran im Umgang mit einem Scharfschützengewehr, dessen Erfolgsquote beim Anspielen aber merkwürdig niedrig ausfiel. So konnten sich Gegner selbst nach mehreren Kopftreffern noch auf das regenerative Heilsystem verlassen und wieder genesen.

Geht glatt als Second Hand-Sammler auf Tatooine durch - ist aber der Scharfschütze unter den Ghosts.
Geht glatt als Second Hand-Sammler auf Tatooine durch - ist aber der Scharfschütze

unter den Ghosts. Hier muss Ubisoft noch etwas am Balancing schrauben. Das gilt auch für die Spezialfähigkeiten, die teilweise zu übermächtig erscheinen. Für das fertige Spiel versprechen die Entwickler aber, dass es zu jeder von ihnen ein entsprechendes Gegenstück geben soll. Dass die ausgerüsteten Fähigkeiten des gegnerischen Teams bereits im Vorfeld angezeigt werden sollen, halte ich dagegen für eine schlechte Idee, da das ganze Prinzip damit ad absurdum geführt wird.

Wie schon beim großen Vorgänger Advanced Warfighter wird das Deckungssystem ein zentrales Spielelement. Ein Druck auf die Leertaste genügt und schon verschanzt sich der Soldat hinter dem nächsten Objekt, während er an Ecken und Kanten vorsichtig spähen kann, dabei aber auch verwundbar ist. Im Gegenzug kann man aber auch problemlos aus dem Schutz heraus das Feuer erwidern bzw. eröffnen. Was in diesem Zusammenhang leider noch nicht gut funktioniert, ist das Werfen von Granaten, das noch zu fummelig und ungenau abläuft.

Verloren im Chaos

Ein weiteres Problem sind die Respawns: Es ist leider nicht möglich, auf Wunsch in der Nähe seiner Kameraden ins Spiel zurückzukehren. Da die Karten recht weitläufig ausfallen, verliert man sich nach den Kills schnell aus den Augen und kann nicht immer als schlagkräftiges Team agieren. Hier müssen die Entwickler noch eine Lösung finden, um einerseits das Balancing nicht zu gefährden und andererseits diese Leerläufe zu vermeiden, in denen man alleine auf der Suche nach seinen Mitstreitern durch die Gegend rennt.

Technisch peilt Ubisoft ein Niveau an, das etwa den Starttiteln der Xbox 360 entspricht. Nach den ersten Runden scheint man dieses Ziel erreichen zu können: Im Vergleich zu modernen Grafikmonstern wie Crysis 2 wirkt die Darstellung der Einsatzgebiete zwar angestaubt, aber keinesfalls hässlich. Erfreulich ist zudem, dass die Bildrate bereits jetzt recht stabil läuft. Momentan arbeiten die Entwickler auch an Möglichkeiten, den Titel für schwächere Rechner zu optimieren - immerhin will man so viele Spieler wie möglich auf die Server schaufeln und nicht nur Besitzer von High End-Systemen. Diese werden aber ebenfalls berücksichtigt, denn wie man uns sagte, lotet man auch die Grenze nach oben aus, um mehr aus leistungsfähigen Grafikkarten herauszukitzeln.

Ausblick

Während die Ghost-Fans dem kommenden Ableger Future Soldier entgegen fiebern, startet Ubisoft einen Überraschungsangriff: Schon zwei Jahre lang werkelte das Studio in Singapur klammheimlich am Free-to-play-Titel Ghost Recon Online, um beim Kampf um die Marktanteile ein Wörtchen mitzureden. Nach dem ersten Anspielen könnte der Plan aufgehen, denn bis auf den fummeligen Umgang mit Granaten und leichten Orientierungsproblemen nach Respawns, ist ein unterhaltsamer Team-Shooter im Anmarsch, der eine echte Alternative zu EAs kostenlosem Battlefield darstellen könnte. Während die Konkurrenz vornehmlich Recycling betreibt, gibt es hier außerdem komplett neue Inhalte - die Karten und Extras gab es bisher noch in keinem anderen Ghost Recon. Sollten es die Entwickler noch schaffen, die Spezialfähigkeiten ordentlich auszubalancieren und die Trefferzonen zu optimieren, könnte der Titel viele Freunde gewinnen. Wir sind allerdings gespannt, wie wichtig die kostenpflichtigen Mikro-Transaktionen für den langfristigen Spielspaß sein werden.

Ersteindruck: gut

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