Vorschau:
Angespannte Situation
Verdammt, ich hab mich verplant. Zwei meiner Wachen liegen schwer verletzt auf der Krankenstation. Die übrigen Wärter konnten der rebellierenden Gefangenen-Meute nicht Herr werden. Das Ergebnis: Die Hälfte meines Kochteams ist tot und liegt in der Leichenhalle neben den Bauarbeitern und dem Hausmeister. Dass die Zellen nicht in Brand gesteckt wurden, ist auch alles. Ich habe nicht genug Geld - weder für den dringend benötigten Wiederaufbau einiger Bereiche noch für die Reparatur von Zellentüren. Und wieso das alles? Ganz einfach: Weil ich den Insassen mangels monetärer Mittel keine Unterhaltung in Form von Fernsehen oder Büchern zur Verfügung stellen konnte und auch nicht auf ihr Arbeitsbedürfnis geachtet habe. Die pure Anarchie droht - wieder einmal. Also auf ein Neues...
Szenen wie diese wird man früher oder später in Prison Architect erleben, dem neuen Spiel der Darwinia-Macher von Introversion. Wenn man sich so überambitioniert anstellt wie ich, vermutlich früher. Allerdings wird man im stimmungsvollen Tutorial, in dem man einem Gefängnis-Direktor unter die Arme greift, alles für die Hinrichtung eines zum Tode verurteilten zu planen, nicht auf solche Eventualitäten und ihre Ursachen vorbereitet. Man lernt zwar die Grundlagen des Knastauf- und Ausbaus kennen, während man das emotional, aber unprätentiös in Comicsequenzen erzählte Schicksal des "Dead Man Walking" erfährt. Doch ehe man sich versieht, wird man mit einem unbebauten Stück Land konfrontiert, auf dem man ein Gefängnis errichten soll. Und von hier an ist man weitgehend auf sich allein gestellt. Es gibt zwar Miniaufträge wie "Errichte eine Krankenstation" oder "Baue deinen ersten Zellentrakt", die einem helfen, die wesentlichen Grundeinrichtungen aufzubauen und einen dafür auch mit Zuschüssen belohnen.
Lock Up oder Shawshank Redemption?
Dabei ist allerdings schade, dass es (noch) keine Gelegenheit gibt, seine Angestellten weiterzubilden oder sie zu spezialisieren. Denn so fehlt einem auf Dauer die emotionale Anbindung an die Bediensteten. Sie werden beliebig und selbst bei einem Ableben fällt das Bedauern kurz aus. Da jeder der Inhaftierten mit einer kleinen Akte ausgestattet ist, in der nicht nur seine kriminelle Vergangenheit, sondern auch seine familiären Verhältnisse sowie natürlich seine zu verbüßende Reststrafe zu finden sind, hat man hier eine höhere Bindung. Doch dies ist eigentlich belanglos. Denn im Wesentlichen geht es darum, sein Gefängnis mit allen Einrichtungen so zu planen, dass sowohl wirtschaftliche Anforderungen als auch die Bedürfnisse von Angestellten und Knastinsassen befriedigt werden. Und gerade die wirtschaftlichen Aspekte stellen einen vor eine nicht zu unterschätzende Herausforderung: Jeder Inhaftierte bringt pro "Tag" eine gewisse Geldsumme ein, die sich nach seinem Grad richtet. Die Unterbringung von Schwerverbrechern bietet bessere Erlöse, stellt aber auch höhere Anforderungen an die Sicherheit - bzw. führt zwangsläufig zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft in der Gefängnispopulation. Leichen in der Dusche sind keine Seltenheit. Dem kann man nur mit entsprechend angepasstem Wärteraufkommen entgegen treten – was wiederum empfindliche Auswirkungen aufs Konto hat. Man kann Videoüberwachung installieren, Patrouillenrouten festlegen (ggf. auch mit Hunden) und die Wärter auf verschiedene Sektion aufteilen, in denen sie sich vorrangig aufhalten.
Cooles Planungstool, dumme Bauarbeiter
Um den verschiedenen Anforderungen auch an Raumgrößen gerecht zu werden, kann man später im überschaubaren, aber kostspieligen "Techtree" z.B. die Option freischalten, Räume und Bereiche samt Einrichtung zu "klonen".
Dabei stellt man allerdings fest, dass die KI der Bauarbeiter nicht die cleverste ist. Nicht nur, dass sie sich häufig einen Weg aussucht, der das Eingreifen (sprich: Öffnen von Gittertüren) von entweder den Wärtern oder mir nötig macht. Sie bleiben nach getaner Arbeit auch häufig in der Botanik stehen, obwohl der nächste Arbeitsschritt der Rohr- oder Stromleitungsverlegung direkt neben ihnen liegt. Da aber ein anderer Handwerker den Auftrag für diesen Teilbereich hat (leider kann man nicht einsehen, wer mit was beauftragt ist), dauern Bauten, Reparaturen etc. häufig länger als nötig - bzw. fordern vom Spieler ein zu hohes Maß an Mikromanagement.
Spartanisch, praktisch, gut
Zahlreiche weiterführende Features wie die Geschichten für Einzelschicksale fehlen noch (gegenwärtig befindet man sich in der Version "Alpha 16" und im Rahmen von Versions-Optimierungen finden hin und wieder Verschlimmbesserungen der Benutzerführung stattf - immerhin ist das Spiel noch weit davon entfernt, offiziell veröffentlicht zu werden.
Ausblick
Man sollte sich von der sparsamen, aber ungemein stimmigen Kulisse nicht täuschen lassen: Hinter der Fassade schlummert eine harte Wirtschaftssimulation, in der sowohl die monetären als auch die soziologischen Optimierungen der Haftanstalt, ihrer Einrichtungen sowie ihrer Insassen fordern. In der Alpha-Version 16 fehlen allerdings nicht nur Kernmechaniken und Wegfindungsoptimierungen, sondern vor allem noch die wichtigen Story-Missionen, die mit einzelnen Schicksalen verknüpft sein werden. Das noch zu spartanische Tutorial gibt mit seinen stimmungsvollen Comic-Sequenzen aber einen hoffnungsvollen Ausblick, in welche Richtung sich Prison Architect in dieser Hinsicht entwickeln könnte. Das Umfeld hinterlässt bereits einen guten, mitunter sogar sehr guten Eindruck: Zusammenhänge wirken plausibel, die KI ist immer für eine Überraschung in Form eines Ausbruchs oder eines Aufruhrs gut und wer nicht aufpasst, wird immer wieder Tote in der Dusche finden. Dass sich Introversion dank eines erfolgreichen Crowd-Fundings mit insgesamt fast zehn Millionen Pfund Einspielergebnis Zeit lassen kann und diesen verdienten Luxus auch ausschöpft, tut Prison Architect gut: Alles wirkt rund und durchdacht. Der Gefängnisaufbau könnte eine der großen Überraschungen dieses Jahres werden.
Eindruck: gut
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