Vorschau:
Krieg gegen die Samniten
Auch die Römer haben mal klein angefangen. Im 4. Jahrhundert v.u.Z. war der Aufstieg zu einem Weltreich noch nicht abzusehen – im Gegenteil: Die Stadt am Tiber wurde von Kelten zerstört, kämpfte gegen Etrusker, Griechen und Samniten ums Überleben. Vor allem Letztere, ein italisches Bergvolk, haben die Römer in drei Kriegen sowie späteren Aufständen immer wieder gefordert. Im stark geskripteten Prolog zu Rome 2: Total War dient der Konflikt mit ihnen als Einstieg in die Steuerung der Gefechte sowie die strategischen Neuerungen auf der Weltkarte.
Dazu gehört auch, dass es jetzt Provinzen mit bis zu vier Regionen gibt. Erst wenn man alle unter Kontrolle hat, kann man für die Provinz die neuen Edikte erlassen, die z.B. für eine Runde finanzielle Boni bringen. Es gibt auf der Karte lediglich Siedlungen, aber keine ausgelagerten Gebäude für die Produktion; alles wird in der Stadt auf bis zu sechs Bauplätzen errichtet, wobei das Menü dafür etwas unübersichtlich wirkt. So bleiben als Angriffspunkte im Gelände lediglich die Städte. Nützlich ist, dass sich Armeen auf der Karte jetzt ähnlich wie in Civilization unterschiedlich vorbereiten können, indem man ihnen eine von vier Verhaltensweisen zuordnet: Dazu gehört neben dem Gewaltmarsch, dem Plündern oder dem Hinterhalt auch das Verschanzen – dann werden angespitzte Pfähle angezeigt und man bekommt in der Schlacht u.a. einen Bonus in der Verteidigung.
Vogelperspektive auf das Schlachtfeld
Wer das Mausrad noch weiter zurückdreht und Civilization kennt, bekommt vielleicht ein Déjà-vu: Ähnlich wie in der Rundenstrategie von Sid Meier gibt es jetzt eine Vogelperspektive der Karte mit der Topographie sowie farbigen Icons für Truppen und Siegpunktziele. Diese 2D-Ansicht dient nicht nur der groben Information, sondern sie kann auch direkt zur Steuerung genutzt werden. Man erkennt u.a. Typ, Stärke, Zustand oder Schusswinkel der einzelnen Truppen und kann diesen dann Bewegungsbefehle vom einfachen Positionswechsel bis zum schnellen Marsch oder Angriff erteilen – inklusive Lassomethode
Es wäre vielleicht motivierender gewesen, aktive Kommandos in der Vogelperspektive mit den Fähigkeiten des jeweiligen Generals zu verknüpfen; quasi als freischaltbare militärische Errungenschaften innerhalb des Technologiebaums der Kampagne. So widerspricht diese Macht im Stile von „Supreme Commander“ ein wenig der antiken Kriegführung und entwertet vielleicht den Anspruch bzw. die Spielweise in Multiplayer-Gefechten. Immerhin fehlen hier die Manöverfinessen für die Maus: Man kann z.B. nicht mit dem Nager aus den zwölf vorgefertigten Formationen wählen. Auch die Neuerung, dass man einzelnen Gruppen defensive oder aggressive Automatismen zuweisen kann, so dass sie autark sichern oder angreifen, lässt sich nur über die klassische Geländesicht aktivieren. Ich bin jedenfalls gespannt, wie sich die Vogelperspektive in größeren Schlachten sowie online auswirkt. Und ganz wichtig: Wer „realistischer“ kämpfen will, sollte den Schwierigkeitsgrad „legendär“ wählen, denn dort gibt es weder Radar noch Vogelsicht, außerdem werden sowohl die Sichtlinien drastisch auf 600 Meter reduziert als auch die Kamerabewegungen eingeschränkt.
Militärische oder zivile Forschung
Inwieweit sich innerhalb des bisher recht spartanisch anmutenden Technologiebaums weitere militärtaktische Spezialisierungen lohnen und wie sich die anderen Völker (unterteilt in hellenistisch, barbarisch und östlich) hinsichtlich der Entwicklung von den Römern unterscheiden, kann erst der Test zeigen. Fest steht, dass alle Völker auch diese römische Zweiteilung besitzen, die dann wie z.B. bei den germanischen Sueben in drei anders betitelte Unterbereiche wie „Stammesrat“ oder „Krieger-Codex“ mündet. Ob sich die Barbaren anders spielen? Ob es spezielle Guerilla-Taktiken gibt, was die germanische Reiterei betrifft? Zumindest kann man als Suebe Langbogen-Schützen, Wodanaz-Speerträger und Nachtjäger als Spezialeinheiten einsetzen, aber ansonsten scheint man erneut lediglich statistische Vor- oder Nachteile zu haben.
Lockerungsübungen vor dem Kampf
Diese Schildkrötenformation scheint aber nicht so effektiv zu sein wie sie aussieht: Manchmal sorgen einfache Schleuderer für spürbare Verluste in gesicherter Stellung – da prallt viel zu wenig ab. Begibt man sich dann in das Gefecht, sieht vieles angenehm authentisch aus: Die „Hastati“ bewegen sich z.B. leicht geduckt hinter dem Schild auf den Feind zu, werfen dann ihre Pila aus kurzer Distanz, bevor sie mit einem Kriegsschrei bei gezücktem Gladius vorwärts stürmen; genauso schildern es die antiken Historiker. Das anschließende Handgemenge wirkt aber seltsam statisch und erreicht noch nicht die Wucht sowie animierte Vielseitigkeit beim Hauen und Stechen wie etwa in Shogun. Schön ist wiederum, dass man nicht nur im Wald getarnt ist, sondern auch hinter einem Hügel: Ist also die Sichtlinie blockiert, ist die Truppe auch ohne Bäume versteckt. Außerdem kann man während des Gefechts nicht nur über den General die Motivation temporär erhöhen, sondern auch innerhalb der Truppen kleine Spezialfähigkeiten mit Abkühlzeit aktivieren: Das Drachenbanner der Kavallerie senkt dann z.B. kurzfristig die Moral der feindlichen Infanterie. Wie sich all diese kleinen „Buffs“ auswirken, muss die Kampagne zeigen.
Bekannte Fehler in der Bewegung
Natürlich muss man diesem Prolog anrechnen, dass er für die ersten Schritte gedacht ist und weitestgehend auf feste Skripte setzt. Aber wenn man schon eine lineare Regie und vorgefertigte Truppenbewegungen anbietet, sollte diese wenigstens glaubwürdige Manöver zeigen – denn die Spannung der Situation wird sonst ad absurdum geführt. Warum bewegen sich feindliche Schleuderer z.B. von ihrem sicheren Hügel runter auf meine Hastati zu, nur weil ich sie attackiere? Sie müssten plänkeln! Außerdem muss man als Anführer des Entsatzheeres bei Ankunft in der Schlacht mit Entsetzen feststellen, dass
Karges Artdesign
Was die Strategie auf der Karte angeht, hat man zwar viele bekannte, aber für meinen Geschmack zu wenig speziell auf die römische Geschichte zugeschnittene Möglichkeiten – aber vielleicht ist das clevere Bündnisverhalten der Römer, die ihre Feinde gerade in der Anfangsphase nicht gnadenlos vernichteten, sondern mit Verträgen und Rechten zu gebundenen Freunden machten, ja noch Teil der Diplomatie. Auf der Weltkarte geht es ansonsten ganz grob um recht einfaches Stadt- und Bevölkerungsmanagement: Man baut Gebäude in seinen Siedlungen und senkt dort die Steuern, wenn es zu viele unglückliche Bürger gibt. Wenn eine Stadt schnell wächst, sollte man die Gebäude für Nahrungsmittelproduktion nicht vergessen. Noch lässt sich nicht einschätzen, wie wichtig die Expansion der Kultur ist – es gibt ja neben romanisch auch hellenistisch, barbarisch, punisch sowie östlich. Auch wie sich der Handel mit den Verbündeten gestaltet und ob die Feind-KI auf der Karte auch jene Regionen mit wertvollen Rohstoffen attackiert, kann erst der Test zeigen.
Ansonsten hinterlässt die karge Präsentation einen zwiespältigen Eindruck. Man muss sie zumindest dahingehend loben, dass es animierte Portraits gibt, die dem eigenen Anführer sowie Berater Leben einhauchen: Sie sprechen zwar alles andere nicht lippensynchron, aber ihre Befehle und Ratschläge sorgen zumindest für ein wenig Stimmung. Trotzdem hätte man sich hinsichtlich der Frisuren etwas historischer geben können, denn der Tribun sieht eher aus wie ein kahlgeschorener GI als ein römischer Anführer – dabei kann man auf Statuen und Reliefs genug kurzes, manchmal gelocktes Haar erkennen. Überhaupt bin ich hinsichtlich der spartanischen Menügestaltung nicht so euphorisch wie noch bei den Samurai: Ich mag die ikonographischen Darstellungen der Einheiten auf den Wimpeln, aber gerade für die Enzyklopädie hätte man die Truppentypen und Völker figürlicher, malerischer und üppiger darstellen können. Wo sind Glanz, Marmor und Pomp der Römer im Artdesign? Auch die historischen Texte und Zitate in den Ladezeiten gehen angesichts der kleinen Schriftgröße unter.
Ausblick
Hallo Creative Assembly: Wenn man schon einen dermaßen stark geskripteten Einstieg für eine Vorschau anbietet, dann muss die Regie auch stimmen! Wieso verhält sich sowohl die feindliche KI der Samniten als auch die verbündete KI der Römer unglaubwürdig bis dämlich in der Belagerung? Klar richtet man sich da an Einsteiger, aber man darf doch all die Kenner der Serie nicht vergessen! Und ich hoffe, dass sich bei der Kampftaktik im Gelände noch etwas tut: Warum werden Scharmützel nach erstem Kontakt noch so statisch im behäbigen Pulk aufgelöst, obwohl die Römer eine sehr clevere Methode des Durchsickerns und des Reihenauffrischens einsetzten? So hinterlassen die ersten Stunden bei mir eher einen durchwachsenen Eindruck, zumal mich die Forschung mit ihren Statistikboni noch nicht überzeugt und mich das karge Artdesign nicht so euphorisch stimmt wie die malerische Pracht in Shogun. Natürlich ist dieser Eindruck ein sehr oberflächlicher, denn es gibt noch so viele Fragezeichen für den Test – außerdem entfaltet Total War meist erst nach einem Dutzend Stunden sein volles Aroma. Und was mir bereits gefällt, ist nicht nur, dass die Legionäre nahezu historisch korrekt in das Gefecht gehen, sondern sowohl das neue Sichtliniensystem als auch die vier Verhaltensweisen der Truppe auf der Karte. Deshalb freue ich mich als Fan der Reihe immer noch darauf, dass sich die Weltkarte endlich öffnet und man frei im epischen Zusammenhang bei höherem Schwierigkeitsgrad spielen kann. Aber das ist das erste Total War seit vielen Jahren, das mich in einer Vorschau nicht begeistert.
Einschätzung: befriedigend
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