Hearthstone02.09.2013, Marcel Kleffmann
Hearthstone

Vorschau:

Zu World of WarCraft gibt es bekanntlich ein klassisches Sammelkartenspiel, aber nach fast sieben Jahren will Blizzard das Projekt mit dem 21. Set einstellen. Das ist keine Überraschung, denn die Entwickler arbeiten an einer eigenständigen Online-Variante des Trading-Card-Games. Der Name: Hearthstone: Hereos of WarCraft. Wir haben in der US-Beta erste Eindrücke gesammelt.

Garrosh und sein Spotttroll

Ha, gleich ist es vorbei! Garrosh Hellscream hat nur noch wenige Lebenspunkte. Ich kann ihn jedoch nicht direkt angreifen, denn er hat einen Untergebenen mit der Fähigkeit „Spott“ auf das Spielfeld gelegt. Ich bin gezwungen diesen Schergen mit der Extraportion „Gesundheit“ anzugreifen. Echt blöd! Was kann ich da nur tun? Ich schau in mein Kartendeck und entscheide mich für eine Vorgehensweise, auf die jeder andere Magier stolz wäre. Ich ziehe die Karte „Sheep“ und verwandele den spottenden Gegner in ein harmloses Schaf, das ich anschließend mit meinem lächerlich schwachen Murloc-Verbündeten über die Wupper schicke. Gekontert! Noch bin ich nicht fertig und lasse meinen „Raid Leader“ auf Garrosh los. Wumms! Das Spielbrett erzittert und das Porträt des Gegenspielers zerbricht in tausend Stücke.

Uther Lightbringer (Paladin) kämpft in dieser Partie gegen Jaina Proudmoore (Magierin).
Uther Lightbringer (Paladin) kämpft in dieser Partie gegen Jaina Proudmoore (Magierin).
Gewonnen - zum Glück hatte ich die Karte „Sheep“ im Deck, sonst wäre es wohl anders gelaufen …

Karten sammeln im WarCraft-Universum

Im Online-Sammelkartenspiel von Blizzard Entertainment kommt es – wie bei den realen Pendants – auf die Zusammenstellung der Karten im Deck, die taktischen Kniffe beim Ausspielen bzw. Kontern und das nötige Quäntchen Glück beim Ziehen der Karten an.

Ganz am Anfang steht die Entscheidung für einen Helden. Neun Charaktere aus den ursprünglichen Klassen von World of WarCraft stehen zur Verfügung – also ohne Todesritter und Mönch.

Zu Beginn einer Partie können die "Startkarten" (Starting Hand) behalten oder getauscht werden.
Zu Beginn einer Partie können die "Startkarten" (Starting Hand) behalten oder getauscht werden.
Jede Klasse hat Zugriff auf allgemeine und spezifische Karten. Bei Hexenmeistern wäre dies zum Beispiel „Aderlass“ oder bei Jägern der „Arkane Schuss“. Und wenn ihr ein bisschen mit dem WarCraft-Universum vertraut seid, werdet ihr die Charaktere und vor allem die Fertigkeiten, Zaubersprüche, Waffen und Kreaturen problemlos wiedererkennen.

Mana und Karten

Maximal zwei Personen spielen abwechselnd. Derjenige, der die Partie eröffnet, bekommt drei Karten aus seinem Deck auf die Hand, die zu Beginn einmalig getauscht werden können. Der Gegenspieler freut sich derweil über vier Karten. Pro Runde wird ein weiteres Blatt gezogen.

Damit Einsteiger nicht von der Kartenvielfalt und den Kombinationsmöglichkeiten abgeschreckt werden, gibt es zu Beginn ein Tutorial, welches schrittweise die grundlegenden Spielzüge und Kniffe vermittelt – ohne, dass man sich ein Deck zusammenstellen muss, sondern einfach als Lernprogramm. Man bekommt u.a. beigebracht, dass jede Klasse eine Heldenfertigkeit hat. So kann der Paladin pro Runde einen schwächlichen Verbündeten für wenig Mana aufs Feld schicken und der Jäger kann direkt auf den anderen Helden schießen.

Die einzige Ressource im Spiel heißt Mana und steigt in Einerschritten von Runde zu Runde bis auf maximal zehn.

Der Gegner hat in der letzten Runde einen "Ironforge Rifleman" gelegt (Manakosten: 3). Der Zwerg verfügt über zwei Lebenspunkte und kann zwei Schadenspunkte beim Angriff anrichten. Beim Legen der Karte hat der Zwerg ebenfalls Schaden verursacht (Battlecry). Außerdem hat der gegnerische Held (Paladin) ein göttliches Schild auf seinen Verbündeten gewirkt, das den Schaden des ersten Angriffs auf den "Ironforge Rifleman" ignoriert.
Der Gegner hat in der letzten Runde einen "Ironforge Rifleman" gelegt (Manakosten: 3). Der Zwerg verfügt über zwei Lebenspunkte und kann zwei Schadenspunkte beim Angriff anrichten. Beim Legen der Karte hat der Zwerg ebenfalls Schaden verursacht (Battlecry). Zudem hat der gegnerische Held (Paladin) ein göttliches Schild auf seinen Verbündeten gewirkt, das den Schaden des ersten Angriffs auf den "Ironforge Rifleman" ignoriert.
In der ersten Runde habt ihr bloß einen Manapunkt und könnt damit nur Karten einsetzen oder Zauber wirken, die ebenfalls ein Mana kosten. Ab Runde 6 oder 7 darf dann mit den spielfelderschütternden „teuren Karten“ gepokert werden.

Ohne Verbündete geht es nicht

Unverzichtbar sind Verbündete wie Murlocs, Wildtiere, Krieger, Kernriesen oder bekannte WarCraft-Persönlichkeiten à la Hogger oder die Drachenaspekte. Der Einsatz solcher Mitstreiter-Karten kostet einmalig Mana - allerdings können sie erst einen Zug später aktiv kämpfen, außer sie haben die Fähigkeit „Sturmangriff“. Einmal aufs Spielfeld gelegt, dürfen nicht eingeschränkte Gefolgsleute pro Runde (ohne weitere Manakosten) angreifen und dem gegnerischen Helden oder seinen Verbündeten Schaden zufügen. Verbündete Einheiten haben selbst einen Gesundheits- und Angriffswert – ganz wie beim World of WarCraft Trading-Card-Game.

Die "Arkanen Geschosse" trafen drei Gegner für jeweils einen Schadenspunkt.
Die "Arkanen Geschosse" trafen drei Gegner für jeweils einen Schadenspunkt.
 Wichtig zu beachten ist, dass sich jeder angegriffene Verbündete wehrt. Wenn also mein Murloc mit Angriff „1“ und Lebensenergie „1“ (kurz 1/1) einen Sturmwind-Soldaten (1/1) attackiert, schalten sich beide Truppen gegenseitig aus. Angelehnt an ein echtes Trading-Card-Game wird solch eine Attacke durchgeführt, in dem ich die Karte meines Kämpfers mit der Maus aufnehme und sie auf das anzugreifende Ziel ziehe.

Darüber hinaus gibt es viele Karten mit Sonderfunktionen, welche die taktischen Möglichkeiten erweitern. Mit „Arkaner Intelligenz“ (Magier) darf ich zwei neue Karten ziehen, der „Raid Leader“ steigert Angriff und Verteidigung aller Gefolgsleute (+1/+1), während Hogger zum Beispiel jede Runde einen kostenlosen Verbündeten (2/2) mit der Fähigkeit „Spott“ herbeiruft.

Mit dem verstärkten Verbündeten wird der Gegner jetzt ausgeschaltet.
Mit dem verstärkten Verbündeten wird der Gegner jetzt ausgeschaltet.

Erstellung eines Decks

Nach dem Tutorial geht es ans Eingemachte. Entweder kann man gegen computergesteuerte Gegner auf unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden spielen oder man tritt via Matchmaking-System gegen menschliche Kontrahenten an. Vorher sollte man sich jedoch Gedanken über sein Deck machen und es mit maximal 30 Karten auffüllen – es ist ebenfalls möglich, Karten mehrfach reinzunehmen, sofern man diese doppelt oder mehrfach besitzt.

In der Beta kann man neun individuelle Kartensets erstellen.
In der Beta kann man neun individuelle Kartensets erstellen. Im Zauberbuch kann man alle gesammelten und noch nicht gesammelten Karten anschauen.

Eine Frage des Decks

Solch ein Deck kann man eigenhändig erstellen, in dem man die gewünschten Karten aus dem Zauberbuch auswählt, was jedoch lange dauert, da viel geblättert werden muss. Alternativ gibt es ein Zusammenstellungstool, das automatisch drei Karten vorschlägt. Man muss sich dann für eine aus dem Dreierpack entscheiden, bis das Deck voll ist. Last but not least füllt die automatische Vervollständigung das Deck auf Wunsch bis zum Limit auf.

Trotzdem hätte ich mir eine zugänglichere Benutzeroberfläche und mehr Assistenten-Funktionen gewünscht. Durch das Zauberbuch mit allen Karten zu blättern, ist trotz Filterfunktionen ziemlich umständlich – gerade bei den Verbündeten. 

Das Blättern durch das Zauberbuch ist gerade bei den Verbündeten umständlich.
Das Blättern im Zauberbuch ist gerade bei vielen Verbündeten umständlich.
Auch ein optionaler „Assistent“, der Tipps zur Erstellung eines Decks gibt, fehlt irgendwie. Sinnvolle Hinweise wären beispielweise, ob genügend günstige Karten für die Anfangsphase vorhanden sind etc.

Generell wird man viel Zeit in die Gestaltung eines schlagkräftigen Decks stecken müssen, schließlich sollten die Karten so gut aufeinander abgestimmt sein, dass man sowohl günstige Mitstreiter als auch teure Vertreter im Repertoire hat. Buff-Karten, Zaubersprüche oder Konter dürfen ebenfalls nicht fehlen. Und gerade die Erstellung des „idealen“ Decks dürfte die wahre Herausforderung sein, auch wenn ich das Gefühl habe, dass Hearthstone 

Das Zusammenstellungstool: Welche Karte darf es denn sein?
Das Deck-Zusammenstellungstool bei der Arbeit: Welche Karte darf es denn sein?
im Vergleich zu anderen Trading-Card-Games nicht so viel Tiefgang erreichen wird, sondern etwas leichter und weniger komplex daherkommt, da sich die Funktionen bzw. Besonderheiten vieler Karten ähneln.

Echtes Geld oder virtuelles Gold

Die Menge der im Zauberbuch verfügbaren Karten erhöht sich prinzipiell mit der Spielzeit. Die ersten Standard-Karten erhält man, indem man die neun Klassen/Helden jeweils auf Stufe zehn bringt; pro Level-Up winken neue Karten, wobei ihr Erfahrung durch gewonnene als auch verlorene Matches erhaltet. Ansonsten bekommt man Karten durch Booster-Packs, die fünf zufällige Blätter enthalten. Solche Pakete können für echtes Geld (ca. einen Dollar pro Booster-Pack) oder mit der Ingame-Währung (Gold) gekauft werden. Gold bekommt man u.a. durch das Abschließen von täglichen Quests.

Booster-Packs können gegen echtes Geld oder gegen Gold-Münzen gekauft werden.
Booster-Packs können gegen echtes Geld oder für Gold-Münzen gekauft werden.

Um den Sammeldrang weiter zu wecken, haben die Karten unterschiedliche Qualitäten bzw. Seltenheiten. Neben den gewöhnlichen (weiß) Vertretern wären da seltene (blau), epische (lila) oder legendäre (orange) Karten. In jedem Booster-Pack befindet sich mindestens eine Karte von seltener oder besserer Qualität - und darüber hinaus gibt es besondere „goldene Karten“. Zur Veröffentlichung von Hearthstone sind 300 verschiedene Karten geplant. Doppelte oder ungewollte Karten können „entzaubert“ werden und mit dem daraus entstandenen „Arkanen Staub“ lassen sich neue Karten herstellen.

In jedem Booster-Pack sind fünf Karten enthalten, darunter auch die legendäre Karte "Hogger".
In jedem Booster-Pack sind fünf Karten enthalten. Diesmal ist die legendäre Karte "Hogger" (4/4) und die rare Verbündeten-Karte "Sunwalker" (4/5) dabei.

Normale Spiele, Arena oder Üben

Obwohl der „Üben-Modus“ gegen Computergegner auf unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen ein brauchbarer Zeitvertreib ist, sind die Kartenduelle auf den Multiplayer-Modus ausgelegt. Im Modus "Spielen" wählt ein Matchmaking-System zufällige Gegner mit ähnlicher Spielstärke (Erfahrung, Deck, Können etc.) aus – da es kein Chat-Fenster gibt, tritt man gegen quasi anonyme Gegenspieler an, aber so wird zumindest nicht geflamed. Bestrittene Matches helfen die täglichen Quests (Erledige x Verbündete, Gewinne x Mal als Paladin etc.) abzuschließen und bringen damit Gold ein. Gleichermaßen erhöhen Siege den Medaillenrang des Spielers.

Der andere Modus ist die "Arena", die Blizzard als "Zusammenstellen-und-Kämpfen"-Variante beschreibt. Zunächst muss man sich für einen Helden entscheiden, wobei die Auswahl auf drei Figuren beschränkt ist. 

Meine drei schlafenden Verbündeten wurden in dieser Runde aufs Spielfeld gelegt oder bereits gezogen. Der gefährlichste Gegner wurde in ein Schaf verwandelt. Mein Magier (2/4) darf allerdings noch attackieren.
Meine drei schlafenden Verbündeten wurden in dieser Runde aufs Spielfeld gelegt oder bereits gezogen. Der gefährlichste Gegner wurde in ein Schaf verwandelt. Mein Magier (2/4) darf noch attackieren.
Anschließend müsst ihr unvorbereitet ein Deck erstellen. Euch werden drei zufällige Karten angezeigt, von denen ihr jeweils eine auswählt und wenn ihr bei 30 angekommen seid, ist Schluss. Die Entscheidungen können nicht rückgängig gemacht werden. Mit diesem Deck tretet ihr gegen andere Spieler an, bis ihr dreimal verloren habt, dann ist das Deck „verspielt“.

Der Zugang zur Arena ist nicht frei. Jedes Mal, wenn ihr einen Arena-Durchgang beginnt, müsst ihr eine Zugangsgebühr in Form von „Gold“ bezahlen. Als Belohnung für Arena-Matches winken Schlüssel und mit jedem Sieg steigt die Stufe des Schlüssels an. Je besser der Schlüssel, desto größere Schätze schaltet dieser frei. Es werden nur eure Siege auf die Belohnungen angerechnet, nicht die Niederlagen. Eure Belohnungen richten sich also nach der höchsten Stufe (maximal neun), die der Schlüssel erreicht hat, bevor ihr drei Niederlagen erlitten habt. Die Belohnungen können verschiedene Formen annehmen: Gold, Arkaner Staub, goldene, gewöhnliche und seltene Karten und sogar Kartensets.

Wenig Charme neben den Schlachtfeldern

Für tägliche Quests gibt es u.a. Gold.
Für tägliche Quests gibt es u.a. Gold als Belohnung.

Abseits der oftmals gelungenen Kartenmotive und der liebevoll gestalteten Spielfelder, die interaktive Elemente bieten (z.B. ein Katapult laden und abfeuern oder ein Zeppelin anstubsen), ist die Präsentation des Spiels ziemlich dröge. Während auf den Artworks deutlich wird, dass die Hearthstone-Kartenduelle in der hitzigen Atmosphäre einer Bar stattfinden sollen, findet sich in der Benutzeroberfläche kein Indiz dafür. Beispielsweise könnte man seine Trainingsgegner in solch einer munteren Bar suchen (vgl. mit StarCraft 2 zwischen den Kampagnenmissionen) oder in dem Kneipenambiente „Leute herausfordern“, was dann die Spielersuche starten würde, aber solche verspielten Dinge fehlen irgendwie.

Ausblick

Obgleich ich die Kartenduelle bei Hearthstone gerne spiele und mir die Umsetzung ganz gut gefällt, fehlt mir das gewisse Etwas. Es ist nur ein Online-Sammelkartenspiel mit knuffiger Grafik, das von seinen Anleihen im Warcraft-Universum lebt, aber kaum eigene Akzente setzt. Blizzard Entertainment schafft es zwar die Einstiegshürden niedrig zu legen und Neulinge in den ersten Duellen an die Hand zu nehmen, aber tiefer gehende Hilfestellungen oder Tipps bei der essentiell wichtigen Deck-Zusammenstellung fehlen – hier scheitert das Spiel an den eigenen Ambitionen, denn Hearthstone möchte ja leicht zugänglich und bedienbar sein. Abseits der Spielfelder lässt die Präsentation zu wünschen übrig und wirkt im Menü oder beim Matchmaking (gegen KI-Gegner) ziemlich spröde. Vielleicht tut sich in der Beta-Phase ja noch etwas …

Einschätzung: gut

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