Vorschau: Ghost of a Tale (Action-Adventure)

von Benjamin Schmädig



Ghost of a Tale (Action-Adventure) von SeithCG / Plug In Digital
Tapferer Mäuseschleicher
Entwickler:
Release:
13.03.2018
12.03.2019
08.10.2020
12.03.2019
Erhältlich: Digital
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ab 18,89€

ab 26,93€
Spielinfo Bilder Videos

Als Animation Director zeichnet Lionel Gallat für Ich – Einfach unverbesserlich (Despicable Me) und Der Lorax verantwortlich. Großes Hollywood-Kino trägt also seine Handschrift, warum entwickelt er dann ein Videospiel, noch dazu fast im Alleingang? Er wollte ein Abenteuer erschaffen, dessen Kulissen wie die eines Films wirken, schreibt mir Gallat in einer E-Mail. Und das scheint ihm mit Ghost of a Tale hervorragend zu gelingen!



Charmant verklärt

Noch bevor ich wusste, was der Animations-Künstler überhaupt vorhat, hatte sein Spiel mein Interesse geweckt. Eine putzige Maus namens Tilo schleicht da mit angewinkelten Armen durch einen Kerker, der gerade noch ihr Gefängnis war. Sie versteckt sich in Truhen und Schränken und flitzt auf allen Vieren davon, wenn sie von einer der gepanzerten Ratten gesehen wird. Steht sie still, spitzt sie aufmerksam die Ohren oder sieht sich neugierig um.

Gallat schaut mit den Augen einer kleinen Maus auf eine normalgroße Welt mit rustikalen Tischen, dick zerlaufenem Kerzenwachs und Türen aus massivem Holz. Er richtet den Blick auf große Mauersteine, hohe Stufen und schwere Eisengitter. Seine Kamera ist nah an Tilo dran und dessen liebevolle Animationen lassen ihn lebendiger scheinen als

Lionel Gallat zeichnet einen lebendigen Helden in einer fantasievollen Mittelalterwelt.
Lionel Gallat zeichnet einen lebendigen Helden in einer fantasievollen Mittelalterwelt.
viele andere Videospielfiguren. So rückt Gallats Ghost of a Tale das verklärte Mittelalter in ein charmantes Licht.

Die Dame fehlt!

Dabei ist Tilos Welt mitnichten freundlich! Der Mäuserich flieht schließlich aus einem Verlies, in dem grimmige Ratten Wache schieben. Seine Frau ist verschwunden und in den Tiefen der Festung lauern zahlreiche Gefahren – Bärenfallen, stockfinstere Keller sowie Giftgas, um nur ein paar zu nennen.

Gefährlich ist sein Abenteuer – ähnlich schwungvoll wie ein Disney-Streifen aber auch. Gewitzte Unterhaltungen und verspielte Gags lockern Tilos Flucht auf. Mal läuft er, von Berufs wegen übrigens Minnesänger, an einem Gefangenen vorbei, der nicht nur lautstark, sondern auch gut sichtbar furzt. Ein andermal trifft er einen Piraten, der lieber in seiner Zelle bleibt, weil ihn das Piratenleben in Freiheit ja erst hinter Gittern gebracht hat...

Von Gothic zu Ghost

Inspiriert wurde Gallat u.a. von Piranha Bytes‘ Gothic-Serie und diese Einflüsse sind vor allem spielerisch erkennbar. Denn natürlich ist Ghost of a Tale keine ausgewachsene Stealth-Action im Sinne eines Dishonored 2 oder gar Metal Gear Solid 5, sehr wohl aber ein ausgesprochen kompetentes und an den richtigen Stellen angenehm umfangreiches Versteckspiel.

Ghost of a Tale ist seit Mitte letzten Jahres als Early-Access-Titel sowohl auf Steam als auch auf GOG erhältlich und soll Anfang dieses Jahres als fertiges Spiel veröffentlicht werden.
Immerhin findet Tilo nicht nur Kleidungsstücke, mit denen er länger sprintet, leiser tapst oder länger ungesehen bleibt. Er erledigt auch Aufgaben, die ihm verschiedene Figuren auftragen.

Es trägt viel dazu bei den Kulissen ein Profil zu geben, dass Tilo die meisten Wachen nicht nach der ersten Begegnung für immer hinter sich lässt, sondern in bereits gesehene Areale zurückehrt, um neue Aufträge zu erfüllen oder mit einem neuen Schlüssel zunächst verschlossene Türen zu öffnen. „Schreiende Tür“

Nach Lust und Laune erkundet der Mäuserich die Gewölbe des alten Burgfrieds.
Nach Lust und Laune erkundet der Mäuserich die Gewölbe des alten Burgfrieds.
heißt eine der ersten, „Flehende Tür“ eine andere und „Schweigende Tür“ die nächste. Es sind die Laute, die Gefangene von sich geben, wenn sie hindurch geschleppt werden: Vieles in der Umgebung hat eine Geschichte und auch das verleiht ihr einen eigenwilligen, starken Charakter.

Schädel und wie man sie gebrauchen kann

Köpfchen braucht der Mausmann, um diese vielen Geschichten überhaupt zu erleben! Hören oder sehen ihn die Ratten, laufen sie nämlich schnurstracks auf ihn zu und verstecken kann er sich nur, wenn er in eine Truhe oder einen Korb huscht, ohne dabei gesehen zu werden. Die Wachen verfolgen ihn zwar nicht allzu lange, doch Vorsicht ist immer geboten. Deshalb schleicht er auf Zehenspitzen an schlafenden Ratten vorbei, lenkt sie mit geworfenen Stöckchen ab, rollt ein Fass auf sie herab oder wirft ihnen eine Flasche an den Schädel.

Kerzen und ein Öllicht ebnen den Weg in dunklen Kellern, Käfer und Apfelgriebse stellen verlorene Gesundheit wieder her und in Geheimgängen belohnt sich Tilo mit zusätzlichen Gulden. Immerhin rückt der Schmied z.B. hilfreiche Informationen nur gegen bare Münze heraus.
 

AUSBLICK



Dieses unscheinbare Ghost of a Tale ist nicht nur liebevoll gemacht, es spielt sich auch richtig gut! Zum einen ist die Flucht aus dem Kerker ebenso spannend wie abwechslungsreich und zum anderen lädt die mittelalterliche Burg zum ausgiebigen Erkunden ein. Mäuserich Tilo erwarten verschlossene Türen, geheime Keller, knifflige Versteckspiele mit aufmerksamen Wachen und sinnvolle Belohnungen für seine Entschlossenheit. Wie in einem kleinen Rollenspiel ist die Festung dabei ein Schauplatz voller Geschichten, verquerer Charakterköpfe und freiwilliger Aufgaben, mit denen er noch tiefer in die Geheimnisse des aufregenden Abenteuers eindringt. Ich bin gespannt, wie sich Ghost of a Tale im späteren Verlauf entwickelt. Denn falls es sich spielerisch noch ein wenig öffnet, könnte es sogar unser Gold einheimsen!

Einschätzung: gut
Ghost of a Tale ab 18,89€ bei kaufen
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Kommentare

Cr3at0r schrieb am
Um mit ein paar Missverständnissen aufzuräumen:
- das Spiel spielt NICHT in einer Menschenwelt. Bis jetzt kommen Menschen gar nicht vor und werden auch nicht erwähnt. Es ist eine Welt, in der alles auf die Größe der dominierenden Ratten zugeschnitten ist, nicht auf die von wie auch immer verschwundenen Menschen. Insofern sind die Gegenstände für eine Maus schon groß, aber Tilo kann sie schon verwenden (z.B. Hocker durch die Gegend tragen, um an Schränke etc zu gelangen, wie erwähnt Flaschen werfen etc).
- @Sabrehawk: alle 2er-Versionen vor 2.75 waren voll von Glitches und Texturlücken, durch die man ständig in die Unendlichkeit gestürzt ist, die 2.75 kam dann aber ziemlich zeitgleich mit dem Steam-Update. Insofern bin ich GOG durchaus dankbar, dass sie diese Bug-Rallye übersprungen haben :-)
Sabrehawk schrieb am
Hatte mir den Titel bereits direkt nach dem Sterling Video vor nem halben Jahr bei gog geholt....
Mit recht lahmen Ausreden hat man die Gog Version total links liegen gelassen und seit AUGUST bis 29.Dezember KEIN UPDATE eingespielt. Was gelinde gesagt eine Frechheit war. Bloss weil der upload ein bischen dauert und Gog ein paar stunden damit rumhantiert, das ist keine Rechtfertigung das ist einfach nur Geschwätz. Das musste mal gesagt werden.
https://www.gog.com/forum/ghost_of_a_ta ... atch/post4
saxxon.de schrieb am
KalkGehirn hat geschrieben: Sozusagen (Wenn ich das Richtig verstehe) ist "Maus" vielmehr eine Dokumentation zeitlicher Vorkommnisse, einzig das Erscheinungsbild der beteiligten wird Abstrakt dargestellt um vielleicht noch den entscheidenden Abstand wahren zu können der zum Weiterlesen von Nöten ist.
So isses. Ist sicherlich keine leichte Lektüre, aber auf jeden Fall sehr empfehlenswert. Das Erstaunliche ist, dass es trotz allem einen gewissen Humor wahrt und ohne zu beschönigen, aber auch ohne irgendwas herunterzuspielen seine Geschichte erzählt.
KalkGehirn schrieb am
saxxon.de hat geschrieben:
KalkGehirn hat geschrieben: "Maus" von Art Spiegelman kenn ich jetzt überhaupt nicht, etwas vergleichbares dürfte das Werk "Animal Farm" von George Orwell sein. Den muss ich mal nochmal gucken :)
"Animal Farm" kenne ich. Der Vergleich ist nicht so weit hergeholt, wobei das Ziel ein ganz anderes ist als bei "Maus". In Animal Farm werden die Tiere als Allegorie eingesetzt um komplizierte politische Vorgänge zu vereinfachen und durchschaubarer zu machen.
Bei "Maus" ist das was anderes. Art Spiegelman ist Jude und erzählt in dem Comic die Geschichte seiner Eltern, die Überlebende von Auschwitz sind. Juden werden als Mäuse dargestellt, Nazis als Katzen, Amerikaner als Hunde und so weiter. Die Erlebnisse im KZ werden detailliert erzählt und der ganze Stoff ist inhaltlich knüppelhart. Die Darstellung der Agierenden als Tiere macht das Buch überhaupt erst erträglich und konsumierbar. Kann ich übrigens nur empfehlen. Der erste Comic der mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde.
Dein Vergleich ist also nicht so ganz falsch, aber beide Stoffe benutzen die Tiere für einen ganz anderen Zweck. Ich denke aber, man kann mit Sicherheit sagen dass keiner von beiden Zwecken in Ghost of a Tale verwendet wird :wink:
Sozusagen (Wenn ich das Richtig verstehe) ist "Maus" vielmehr eine Dokumentation zeitlicher Vorkommnisse, einzig das Erscheinungsbild der beteiligten wird Abstrakt dargestellt um vielleicht noch den entscheidenden Abstand wahren zu können der zum Weiterlesen von Nöten ist.
Hört sich für mich schrecklich an! Aber du hast mich jetzt schon neugierig gemacht und ich bin am überlegen ob ich es mir bestelle.
Irgendwie ist mir überhaupt nicht nach dem Thema, andererseits interessiert mich einfach das Machwerk, mal schauen.
saxxon.de schrieb am
KalkGehirn hat geschrieben: "Maus" von Art Spiegelman kenn ich jetzt überhaupt nicht, etwas vergleichbares dürfte das Werk "Animal Farm" von George Orwell sein. Den muss ich mal nochmal gucken :)
"Animal Farm" kenne ich. Der Vergleich ist nicht so weit hergeholt, wobei das Ziel ein ganz anderes ist als bei "Maus". In Animal Farm werden die Tiere als Allegorie eingesetzt um komplizierte politische Vorgänge zu vereinfachen und durchschaubarer zu machen.
Bei "Maus" ist das was anderes. Art Spiegelman ist Jude und erzählt in dem Comic die Geschichte seiner Eltern, die Überlebende von Auschwitz sind. Juden werden als Mäuse dargestellt, Nazis als Katzen, Amerikaner als Hunde und so weiter. Die Erlebnisse im KZ werden detailliert erzählt und der ganze Stoff ist inhaltlich knüppelhart. Die Darstellung der Agierenden als Tiere macht das Buch überhaupt erst erträglich und konsumierbar. Kann ich übrigens nur empfehlen. Der erste Comic der mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde.
Dein Vergleich ist also nicht so ganz falsch, aber beide Stoffe benutzen die Tiere für einen ganz anderen Zweck. Ich denke aber, man kann mit Sicherheit sagen dass keiner von beiden Zwecken in Ghost of a Tale verwendet wird :wink:
schrieb am