Vorschau:
Glory to Arstotzka!
Die Tage als Grenzbeamter laufen immer nach dem gleichen Schema ab: Ich lese die Schlagzeilen der Morgenzeitung, verlasse meine Familie und betrete mein enges Wachhäuschen an der stark gesicherten Grenze zum ehemals feindlichen Nachbarstaat Kolechia. Eine lange Schlange Wartender ist bereits vor mir dort und hofft auf die Einreise. Meine Aufgabe ist es, die Spreu vom Weizen zu trennen, Regularien einzuhalten, Unstimmigkeiten zu erkennen und korrekt vorzugehen. Dabei setzen mich vor allem drei Dinge unter Druck: Die Zeit, denn ich werde pro abgefertigter Person entlohnt. Die Regularien, die mit jedem Tag wechseln und immer umfangreicher werden. Meine Vorgesetzten, denn jeder Fehler wird mit einem bösen Fax beantwortet. Ich fühle mich beobachtet. Bloß keine Fehler machen, sonst könnte es mir und meiner Familie schlecht ergehen.
Autokratie in 8-Bit
Dieses Geld ist nicht nur die Auszeichnung meiner Arbeitsleistung, sondern meine gesamte Familie hängt davon ab. So zahle ich nicht nur die Miete, Essen und Heizung, sondern muss auch im Krankheitsfall für Medikamente und Arztrechnungen aufkommen. Oft ein Ding der Unmöglichkeit, sodass sich bald die Frage stellt: Soll mein Sohn die dringend benötigten Medikamente erhalten und setze ich damit die Gesundheit der übrigen Familienmitglieder aufs Spiel, weil ich die Heizkosten nicht bezahlen kann? Wer in meiner Familie hat Priorität?
Ausblick
Papers, Please befindet sich momentan in der Beta und macht bereits einen guten Eindruck. Im Kern ein Adventure-Puzzler, ist der Titel dennoch beinahe eine Simulation der Grenzübergänge am Eisernen Vorhang zur Hochphase des Kalten Krieges. Eindringlich wird mir als Spieler die herzlose Bürokratie eines autokratischen Staates aufgezeigt – und bei harten moralischen Entscheidungen werde ich vollkommen alleine gelassen. Die spartanische 8-Bit-Kulisse und das Artdesign passen dabei vortrefflich zur düsteren Grundstimmung des Independent-Titels. Es fehlen hier und da zwar noch einige Elemente, wie etwa Teile des Familien-Bildschirms und Intro-Grafiken, dennoch ist erkennbar, was für ein hohes sozialkritisches Potential hier schlummert. Die einzige Gefahr ist, dass die tägliche Grenzkontrolle zu schnell in monotone Routine ausartet. Ich bin gespannt, wie sich das Spiel entwickelt.
Einschätzung: gut
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