The Forest28.01.2015, Eike Cramer
The Forest

Vorschau: Horrorwald mit Bastelflair

Ein Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel, fiese Kannibalen, Hunger und Einsamkeit: Mit The Forest verbindet SKS Games den Überlebenskampf von DayZ mit dem Baukasten-Prinzip von Minecraft. Wir haben einige Stunden im Unterholz verbracht.

Der Horror des Waldes

Zitternd drücke ich meinen Rücken gegen die grobe Borke eines großen Baumes. Es ist stockfinster. Nur der Mond leuchtet schwach durch das dichte Geäst des Waldes, während der Regen die Nacht zu einem milchigen Schleier verwischt. Sie sind hier. Ich weiß es. Hat da nicht gerade ein Ast geknackt? Verdammt, was war das für ein Schatten? Unwillkürlich halte ich den Atem an und umklammere den Stiel meiner Axt. Ich habe gesehen, was sie ihren Opfern antun. Grausige Totems markieren ihre Gebiete. Abgetrennte Hände und Köpfe, aufgespießt und zu grotesken Skulpturen geformt. Dieser verfluchte Wald!

Der Überlebens-Horror von The Forest beginnt mit einem Flugzeugabsturz auf einer einsamen Insel und einer Entführung – einer der finsteren Kannibalen greift sich meinen bewusstlosen Sohn und verschwindet im Unterholz. Ich muss den Jungen aus den Klauen der Menschenfresser befreien. Doch zunächst bin ich in der Wildnis auf mich allein gestellt und muss mit Überresten des Flugzeuges, Steinen, Stöcken irgendwie die Nacht

Schaffe, schaffe, Baumstamm schleppe. Die Ressourcenbeschaffung ist ein Hauptbestandteil von The Forest.
überstehen. Was kann ich essen? Wo soll ich schlafen? Wechselhaftes Wetter, Infektionen, Hunger und nicht zuletzt die urplötzlich aus der Dunkelheit auftauchenden Ureinwohner machen schon den ersten Abend zu einer Bewährungsprobe.

In einem nach einem Plan aus meinem Überlebenshandbuch notdürftig aus Stöcken und Blättern improvisierten Unterschlupf suche ich Schutz, entzünde ein Feuer und hoffe, dass mich die Monster dieser Insel nicht finden. Doch ein Totem, das ich am nächsten Morgen ganz in der Nähe meines ersten Lagers beweist mir, dass ich hier nicht sicher bin. Also breche ich mein Lager ab und ziehe in das Herz der Finsternis.

Jäger und Sammler

The Forest verbindet Survival-Horror mit Aufbauelementen à la Minecraft: Um Feuerstellen, Unterstände, Waffen oder Fallen zu errichten, muss ich mich zunächst um Rohstoffe kümmern. Also verbringe ich die ersten Tage

Malerisch: Die Unity Engine 4 zaubert idyllische Postkartenmotive auf den Bildschirm.
damit durch den Wald zu streifen, Steine und Äste zu sammeln, mit einer Notfall-Axt aus dem Flugzeug kleinere Tiere zu jagen oder Bäume zu fällen. Allerdings kann ich nur eine begrenzte Anzahl der Ressourcen schleppen. Daher muss ich mir aus Ästen kleine Lagestellen basteln, in denen ich meine wertvollen Güter verwahre.

Anders als bei Minecraft kann aber nicht einfach drauflos gebaut werden. Stattdessen platziere ich Baupläne aus meinem Handbuch, an denen ich im Anschluss die notwendigen Rohstoffe abliefere. Diese reichen in der aktuellen Alpha 0.13 bereits vom kleinen Unterschlupf zum sicheren Baumhaus, insgesamt ist man aber in seiner Gestaltungsfreiheit deutlich eingeschränkter als im Survival-Baukasten von Mojang. Auch die Auswahl der Materialien ist derzeit noch stark beschränkt – jenseits von Tierfellen, einigen Pflanzen und den obligatorischen Hölzern und Steinen kann nur wenig für den Lagerbau verwendet werden. Fies: Bezwingt man einen der Kannibalen im Kampf oder findet eine Leiche am Strand, kann man diese per Axt zerteilen, um aus den Armen, Beinen und Köpfen selbst Skulpturen aus Menschenfleisch zu errichten.

Beschränkter Baukasten, fiese Menschenfresser

Die Basteleien abseits der Heimstatt sind ebenfalls recht rudimentär: So können zwar Waffen verstärkt, Medikamente gemischt oder Pfeil und Bogen hergestellt werden, auch hier ist man aber noch auf wenige Gegenstände beschränkt. Es ist z.B. noch nicht möglich einen Speer herzustellen oder eine Angel zu improvisieren. Immerhin gibt es auf der Insel viele Überreste von Urlaubern zu plündern. In verlassenen Zeltlagern und auf gestrandeten Segelyachten kann ich neben Medikamenten und Energy-Drinks auch Seile, Stoffe und Elektronikelemente erbeuten, die ich für Fallen, Floße oder Molotov-Cocktails verwenden kann.

Derzeit hat man schnell alles gesehen: Von der Insel ist bisher nur eine Hälfte zugänglich, deren Umgebung

Sun down, Axe out: Gerade im Dunkeln sind die Kannibalen unheimlich gefährlich.
entgegen aktueller Trends abgesehen vom Startpunkt nicht zufallsgeneriert wird. So kennt man sich schnell auf dem Eiland aus, weiß wo sich die Kannibalen-Dörfer befinden und wo man sein Lager besser nicht aufschlagen sollte.

Trotzdem wird man bei den Streifzügen aber immer wieder von Patrouillen der Ureinwohner überrascht, die sich lautlos anschleichen und urplötzlich im Blickfeld auftauchen. Einzelne Menschenfresser alarmieren schnell den ganzen Clan und schafft man es sich im Kampf zu wehren und einige der Angreifer zu töten, hat man es schnell mit gut ausgerüsteten Horden zu tun. Die KI agiert bereits clever und gnadenlos: Kämpfer fliehen auf Bäume, weichen geschickt dem schwachen Lichtkegel der Taschenlampe aus und schlagen heftig zu.

Idyllisches Eiland

Dabei könnte alles so schön sein: Die Unity Engine 4 zaubert nämlich schon in dieser frühen Version ein

Nehmt das Bein in die Hand! Körperteile sind nicht nur morbide Dekorationselemente, sondern können auch als Waffe genutzt werden.
einzigartiges Panorama auf den Bildschirm. Der unheimlich organisch wirkende Wald punktet mit tollen Lichtstimmungen und einer dichten Vegetation. Überall kreucht und fleucht das Leben über den Waldboden, starker Regen bildet kleine Sturzbäche und selten sahen dynamische Sonnenuntergänge so malerisch aus. Natürlich gibt es aber auch noch viele Bugs: Gerade die Kollisionsabfrage, die Platzierung einiger Felsen und vor allem die Sichtweite inklusive fieser Pop-Ups ist teils grenzwertig. Da man sich aber noch in der Alpha befindet, sind diese Mankos angesichts des Gesamtbildes zu verschmerzen.

Ausblick

The Forest macht in Alpha 0.13 technisch bereits eine sehr gute Figur und überzeugt mit einer tollen Horror-Atmosphäre auf einem idyllischen Eiland. Zwar sind Crafting und Ressourcen derzeit noch recht beschränkt, in der Vergangenheit haben die Entwickler aber gezeigt, wie schnell sie Inhalte hinzufügen können. Dennoch muss man sich fragen, wie lange die dichte Atmosphäre und die hübsche Atmosphäre die Spannung aufrechterhalten können. Sollte man bei SKS Games völlig auf eine Rahmenhandlung verzichten, könnte sich schnell Monotonie einstellen, da der reine Survival-Baukasten nicht so viel Variationen und Kreativität zulässt wie z.B. Minecraft. Dennoch: The Forest hat gut sechs Monate nach Early-Access-Start nach wie vor Potential für richtig guten Survival-Horror in einer offenen Welt.

Einschätzung: gut

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