Crackdown 316.06.2017, Benjamin Schmädig

Vorschau: Bissige Banden

Crackdown 3 (ab 4,99€ bei kaufen), endlich! Wie lange habe ich darauf gewartet, das zu spielen – bzw. überhaupt mal Näheres darüber zu erfahren. Abgesehen davon, dass das Spiel im Onlinemodus die Cloud zum Berechnen großflächiger Zerstörungen nutzen soll, hatte Microsoft ja bisher fast alles unter Verschluss gehalten. Umso besser, dass Sumo Digital auf der diesjährigen E3 nicht nur Einzelheiten über die Kampagne verriet, sondern dass man sich in einer zehnminütigen Demo auch zum ersten Mal selbst als akrobatischer Agent oder Agentin in das Meer der Verwüstung stürzen darf.

Ohne „Wow!“

Ich habe mir das selbstverständlich nicht mehrmals sagen lassen, sondern die Demo gleich zweimal gestartet. Was da drin steckt? Ein relativ kleines Areal zum Herumtoben, keine Kampagne und keine Zerstörungen der Marke „ALTER!!“, wie sie für den Multiplayer angekündigt sind – aber ein Spiel, dass Serienkennern sofort vertraut ist. Als Agent mit Superkräften springt man immerhin ganze Häuser hoch, wirft mit Fahrzeugen oder Containern und ballert mit allem von Maschinenpistole bis Raketenwerfer. Neu sind u.a. Laser, zumindest konnte ich mich an die im zehn Jahre alten ersten Crackdown nicht erinnern.

Beim erfolgreichen Einsatz verschiedener Fähigkeiten, z.B. dem Erschlagen eines Gegners mit bloßer Faust oder dem Einsammeln von auf Dächern versteckten Geschicklichkeits-Kugeln, erhält man dabei Erfahrungspunkte und verbessert so ebenjene Fertigkeiten. Man schlägt dann härter zu oder springt noch höher; die Vertikale spielt auch in Crackdown 3 eine große Rolle.

Endlich Spielszenen, endlich Laser, endlich Crackdown 3!

Nicht fertig poliert

Nun ist das alles nicht neu und sieht auch gar nicht überragend aus. Auf den ersten Blick erinnert hier so viel an das Original, dass Teil 3 wie eine aufpolierte Neuauflage wirkt. Gut, Agenten visieren beim Zielen auf einen Gegner verschiedene Körperteile an, beherrschen jetzt einen Doppelsprung sowie ein kurzes Gleiten in der Horizontalen, aber wer Crackdown kennt, kennt Crackdown 3.

Ich muss außerdem erwähnen, dass die Bildrate dem schnellen Ablauf in der E3-Demo noch nicht gerecht wird. Von 60 Bildern pro Sekunde ist das Spiel jedenfalls weit entfernt. Öfter als ich wollte habe ich mich deshalb auf das automatischen Zielen beim Anvisieren verlassen, anstatt Gegner beim freien Umblicken aufs Korn zu nehmen. Ganz davon zu schweigen, dass die wichtige Präzision beim Erklimmen riesiger Wolkenkratzer und beim Springen auf schmale Vorsprünge stark unter der aktuell schwachen Technik leidet. Daran arbeitet Entwickler Sumo Digital hoffentlich noch!

Gute Agenten beherrschen vor allem eins: das kreative Chaos.

Schon wieder eine Tech-Demo?

Klingt mächtig ernüchternd, ist es im Kleinen auch – macht aber immer noch einen Heidenspaß! Im Gegensatz zu vielen anderen offenen Welten rennt man in Crackdown nämlich nicht wie ein im Grunde normaler Mensch umher, der sich wie in Sunset Overdrive nur auf Schienen schnell bewegen kann oder dessen Bewegungen wie in Infamous an Gebäude oder andere Objekte gebunden sind. Stattdessen laufen die Agenten mit einem Affenzahn durch die Straßen und springen dermaßen hoch, dass ihnen Hören und Sehen vergehen müsste. Die Zerstörung, die sie anrichten, ist nicht zuletzt dermaßen übertrieben... Crackdown wirkt wie eine Tech-Demo, die der damalige Entwickler Realtime Worlds mal eben als Spiel veröffentlicht – und damit zu einer Art Blaupause für Open-World-Action gemacht hatte, die als Spielwiese für Experimentierfreudige dient.

Konsequenterweise verfolgte man damals zwar eine Art Geschichte, konnte das sukzessive Ausschalten irgendwelcher Gangs aber eigentlich kaum als solche bezeichnen. Gut so, denn der Weg war das Ziel und den ebnete man sich ohnehin so und in der Reihenfolge, wie man es selbst wollte.

Bissige Banden

Und genau daran setzt Crackdown 3 an. Denn anstatt einen roten Faden auszulegen, fördert es das freie Chaos noch stärker und auf interessante Art, indem es Agenten schalten und walten lässt, wie sie gerne möchten. Der Kniff: Ihr ganzes Tun beeinflusst, wie die Welt auf sie reagiert. Denn jede nennenswerte Aktion wie das Zerstören einer Tankstelle hat Auswirkungen auf die Gang, in deren Bezirk sie gerade wüten. „Gangs bite back“ nennen die Entwickler das, ganz wörtlich also „Die Gangs beißen zurück“.

Wie und wann wird man dabei nie genau wissen. Die Banden verstärken aber ihre restlichen Posten, greifen den Agenten mit einer größeren Gruppe selbst an und

Über das Sammmeln von Geschicklichkeits-Kugeln verbessern Agenten erneut entsprechende Attribute.
irgendwann taucht der Boss der jeweiligen Fraktion auf, um dem Treiben des Gesetzeshüters ein Ende zu bereiten. Wüsste man von Beginn an, wo der sich befindet, könnte man übrigens sofort dessen Quartier stürmen, um ihn oder sie beseitigen – theoretisch jedenfalls.

Eine große Anziehungskraft

Und während die Entwickler in ihrer Präsentation abseits der zehnminütigen Demo so spielen, zeigen sie auch einige weitere Neuerungen. Sie greifen Gegenstände etwa mitten im Flug, um sie sofort auf Gegner zu werfen, und zerstören die Stromzufuhr von Geschütztürmen sowie elektrischen Zäunen, um selbige auszuschalten. Sie erobern außerdem einen Wachposten, der durch Geschütze gesichert ist – Letztere hätten sie dann bemannen können, gaben sich aber damit zufrieden, sie als passive Unterstützung zu genießen.

Ach, und sie fanden eine Waffe, die Fahrzeuge sowie andere Objekte der unmittelbaren Umgebung anzieht und eine riesige Explosion auslöst. Klingt pubertär, ist es auch, passt zu Crackdown aber wie die Faust aufs Auge.

Die Welt reagiert auf das, was die Agenten in ihr tun.

Und dann tauchte plötzlich die riesige Videoprojektion einer Person auf, die das Treiben gar nicht lustig fand und den Agenten just mit gewaltigen Einschlägen bombardierte. Das Wichtige daran: Dieser Moment hätte an jedem Ort und zu jeder Zeit stattfinden können – wann immer das Maß eben voll ist. Das ist der Spielfluss, der das dritte Crackdown auszeichnen soll.

Ringe und veränderliche Vehikel

Eine Geschichte gibt es natürlich ebenso; sie dreht sich um das vermeintliche Treiben eines Unternehmens namens TerraNova, dem man - wahlweise übrigens alleine oder kooperativ bis zu viert - auf die Schliche kommen soll. TerraNova gehört nämlich die komplette Insel New Providence, also das diesmalige Einsatzgebiet (zweieinhalb Mal so groß wie das damalige Pacific City) und scheint für verheerende Angriffe auf mehrere Städte verantwortlich. Ein Hauptquartier konnte die Agentur in dem fremdregierten Gebiet diesmal nicht errichten, sich verändernde Fahrzeuge nutzen die Agenten allerdings nach wie vor.

Es wird zudem erneut Nebenmissionen geben, die Kennern der Vorgänger bekannt vorkommen sollen. Dazu zählen Stunt-Herausforderungen, die durch  Ringe gekennzeichnet sind. Was wäre ein guter Agent auch ohne einen Sinn für erholsame Freizeitbeschäftigung?

Ausblick

Die Faszination Crackdown zu beschreiben ist gar nicht so einfach, weil das Spiel im Grunde nur ein Werkzeug zum fantasievollen Austoben ist. Allerdings könnte dem dritten Teil genau das erneut so gut gelingen wie kaum einem anderen Spiel, weil es die eigene Figur so konsequent von der Umgebung entkoppelt, dass man seiner rohen Fantasie freien Lauf lassen kann. Umso sinnvoller ist es, diese Freiheit zum grundlegenden Prinzip der neuen Kampagne zu machen: Dass die virtuelle Welt auf das Tun des Spielers reagiert, anstatt ihn in eine Missions-Schablone zu pressen, könnte das kreative Chaos jedenfalls noch stärker betonen. Dass sich die eigentliche Action dabei nicht wirklich zu verändern scheint, ist vielleicht kein dicker Pluspunkt, stört mich so weit aber nicht. Sorgen machen ich mir nur um die Technik, allem voran die niedrige Bildrate, die gerade in einem Shooter mit so schneller Action und akrobatischen Herausforderungen unbedingt höher sein sollte – auf Xbox One X übrigens erst recht! Ohne das und ohne „Gangs bite back“ selbst erlebt zu haben, halte ich meine Freude über das endlich kommende Crackdown 3 vorerst im Zaum. Ein großer Spaß ist es aber schon jetzt allemal!

Einschätzung: gut

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