Might & Magic Heroes 730.03.2015, Mathias Oertel
Might & Magic Heroes 7

Vorschau: In der Runde liegt die Kraft

Heroes of Might and Magic feiert dieses Jahr 20. Geburtstag. Passend dazu wird Ubisoft mit Might and Magic Heroes 7 erneut in die Fantasy-Welt von Ashan einladen. Wir konnten mit der Stronghold-Fraktion erste Schlachten ausfechten und verraten euch in der Vorschau, ob das deutsche Team von Limbic mit starker Unterstützung aus der Community auf einem guten Weg ist.

Fluch oder Segen?

Als Limbic zusammen mit Ubisoft den so genannten "Schattenrat" für Might and Magic Heroes 7 (MMH7) ins Leben gerufen hat, war ich skeptisch. Zwar ergibt es Sinn, dass man die Community so früh wie möglich mit ins Boot holt und ihr Infos zum Entwicklungsstand und ggf. eine Feedback-Möglichkeit zur Verfügung stellt. Doch sie an maßgeblichen Entschlüssen zu beteiligen, ist ein zweischneidiges Schwert. Im Zweifelsfall sind mir markante Entscheidungen der Designer lieber als ein weichgespülter demokratischer Konsens. Andererseits scheint die Akzeptanz und Teilnahme der Heroes-Fans auf der offiziellen Seite ein Gradmesser dafür zu sein, dass man den richtigen Weg eingeschlagen hat: Über 650.000 Anhänger der Fantasy-Helden haben der Seite seit der Ankündigung im Rahmen der letztjährigen gamescom einen Besuch abgestattet, über 200.000 davon sind regelmäßig dabei und nehmen auch an den Abstimmungen teil.

Die Unreal Engine rückt die Umgebungen in ein stimmungsvolles Licht.
Dabei geht es auch nicht nur um „Kleinigkeiten“, ob z.B. jetzt diese oder jene Statue in die Collector’s Edition gepackt wird. Auch hinsichtlich der Musikauswahl oder Artdesign-Entscheidungen holt man sich den Rat der Community. Nicht zu vergessen: Von den sechs im Spiel enthaltenen Fraktionen (Zuflucht, Akademie, Nekropolis, Bastion, Waldfestung, Dungeon) wurden die zwei letztgenannten vom Schattenrat bestimmt und haben dabei z.B. die Inferno-Krieger ausgestochen. Unter dem Strich ist mir allerdings egal, wie entschieden wird, mit welchen Inhalten der Titel physisch und mechanisch schließlich an den Start geht. Ich möchte nur eine Handschrift erkennen, die deutlich macht, dass kreative Köpfe eine Idee und einen Plan hatten, den sie verfolgten. Wenn sie dazu noch sinnvolle Hilfe und nützliche Rückmeldung von der Fans bekommen, die sie berücksichtigen wollen – umso besser. Und ausgehend von den gut zweieinhalb Stunden, die ich bislang mit Might & Magic Heroes 7 (ab 5,84€ bei kaufen) verbringen durfte, scheint Limbic dieser Spagat gut zu gelingen.

Might & Magic - Das Best-of-Album

Dabei erfindet man das Rad nicht neu. Das rundenbasierte Spielerlebnis ist weiterhin zweigeteilt und besteht aus Erforschung der Umgebung sowie Ausbau seiner Städte einerseits sowie strategischen Kämpfen auf der anderen Seite. Jeder, der in den letzten 20 Jahren schon einmal mit einem Helden über die Gebiete irgendeines Teiles der Heroes-Serie gezogen ist, wird sich umgehend zurechtfinden. Und er wird auch das eine oder andere Element vergangener Ableger wiedererkennen. Karawanen z.B. kennt man aus Heroes 3 und 4. Und mit den Teilen fünf und sechs teilt man nicht nur Spielsysteme wie Bereichskontrollen, sondern auch die Story-Basis. Zu Erinnerung: Heroes 6 (zum Test) war der erzählerischer Prolog zu Heroes 5 (zum Test) - und wird hier fortgesetzt.

Neu bei den rundenbasierten Kämpfen ist das Flankieren, das einen deutlichen Angriffsbonus gewährt.
Der Mord an der Imperatorin hat ein Machtvakuum hinterlassen. Viele Anführer melden Herrscher-Ansprüche an. Und inmitten dieses Chaos versucht der Coverheld Herzog Ivan einen Weg zu finden, um den Krieg um die Nachfolge zu beenden. Sechs Fraktionen wollen ihm hilfreich zur Seite stehen, wobei sie nicht selbst den Thron besteigen, sondern Ivan davon überzeugen möchten, dass er entgegen seiner Selbstzweifel der Richtige ist, um das Land zu vereinen und Frieden zu bringen. Stellvertretend für diese Versuche stehen die sechs voneinander losgelösten und in loser Reihenfolge spielbaren Kampagnen, in denen Ivan über Nacherzählungen historisch wichtiger Ereignisse der einzelnen Fraktionen sowie Folklore davon überzeugt werden soll, sich als Herrscher zur Verfügung zu stellen. Quasi Geschichtsstunden für einen zukünftigen König. Ob sich dieser offene Erzählansatz schließlich zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt, wird erst die finale Version beweisen können. Doch die Idee ist interessant und wird ausgehend von der Bastions-Fraktion im Spiel auch ordentlich umgesetzt.

Wie gehabt mit leichten Änderungen

Dabei fällt auf, dass man nicht nur exklusiv auf das klassische Erforschen der Karte, Sammeln von Rohstoffen oder Erobern von Städten setzt. Bei der ersten Bastions-Mission z.B. bleibt nicht viel Zeit, um sein Ziel zu erreichen und Unterstützung von drei Gruppierungen zu bekommen. Wer sich von den weiterhin zahlreich zu findenden bzw. strategisch platzierten Feinden in Gefechte verwickeln lässt, riskiert schnell ein "Spiel vorbei", wie es mir beim ersten Start passiert ist. Nicht nur, weil man hier nur sehr wenig Truppennachschub bekommt. Sondern auch, weil man ein Zeitlimit hat. Nach 40 Tagen muss man sein Ziel erreicht haben, ansonsten droht ebenfalls ein Neustart der Mission. Diese kleinen Änderungen der Mechanik verfehlen nicht ihre Wirkung: Anstatt die mit Unreal Engine 3 erstellte farbenfrohe Umgebung bis ins kleinste Detail erforschen zu können, bin ich auf der Suche nach Abkürzungen und der am wenigsten zeitintensiven Route, während ich den meisten Auseinandersetzungen aus dem Weg gehe.

Die Helden verfügen über viele Fähigkeiten. Die Benutzerführung in diesem Bereich sollte allerdings noch überarbeitet werden.
Erst auf der zweiten Karte, die sich mehr den klassischen Mechanismen verschrieben hat, habe ich genug Zeit, in jeden Winkel reisen zu können, um auch ja alle aufzulesenden Rohstoffe einzuheimsen, deren Anzahl wieder auf die klassischen sieben erhöht wurde. Zu entdeckende Nebenmissionen wie im Vorgänger, ein Heldenmanagement mit Inventar und gegenwärtig noch nicht intuitiver Entwicklung von Fähigkeiten fordern ebenfalls, während man kontinuierlich durch die Lande trabt. Man akquiriert Truppen, baut seine Stadt mit den erbeuteten Rohstoffen aus, wobei für den jeweiligen Ausbau mitunter ganz besondere Materialien benötigt werden oder andere Gebäude zwingend vorher gebaut werden müssen. Wie beim Heldenbildschirm sind die Zusammenhänge der zweidimensionalen Stadtübersicht nicht überall klar zu erkennen. Doch Limbic ist sich der Mankos innerhalb des Interface bewusst und will sie bis zum Release irgendwann im Laufe dieses Jahres beheben.

Seitenstechen

Bis hierhin spielte sich Might & Magic Heroes 7 sehr rund, bot aber auch wenig Überraschungen. Und es war vielleicht einen Tick zu leicht. Auch wenn diese Karte aus der Anfangsphase der Bastions-Kampagne stammt, hätten meine seit gut drei Jahren eingerosteten Heroes-Synapsen mehr Anforderung erwartet. Denn auch auf dem Feld der Ehre hat sich nur wenig getan. Die eine Armee steht links, die andere rechts und je nach Initiativ-Wert kann man einem Truppenstapel nach dem anderen Befehle erteilen oder mit dem Held angreifen bzw. zaubern. Allerdings gibt es eine längst überfällige

Die ansehnliche Kulisse bildet einen stimmungsvollen Hintergrund für die Fantasy-Strategie alter Schule.
Mechanik, die endlich den Einzug in die Heroes-Serie gefunden hat und die die richtige Platzierung der Figuren bzw. das Entwickeln von Verteidigungsoptionen in den Fokus rückt. Die Rede ist vom Flankieren. Bislang haben die Figuren stets den gleichen Schaden gemacht, egal von wo sie den Gegner angegriffen haben. Mit diesem Teil bringt es aber Angriffsvorteile, wenn man den Feind von der Seite oder noch besser: hinterrücks attackieren kann.

Dementsprechend muss man  bei der Bewegung seiner Einheiten aufpassen, dass man den Kontrahenten keine zusätzliche Angriffsfläche bietet. Insofern ist es schade, dass man noch keine Option hat, nach einem Zug die Ausrichtung der Figuren zu ändern. Denn so sehr ich das Flankieren willkommen heiße, bleibt letztlich eine gewisse Willkür, die der strategischen Ausrichtung der Serie widerspricht. Das ändert jedoch nichts daran, dass ich bei den Kämpfen vermehrt darüber nachgedacht habe, wie ich die Figuren jetzt platziere, anstatt alles zu einer puren Materialschlacht ausarten zu lassen. Und wenn alle Stricke reißen, kann man nach einem Gefecht wie gehabt auf „Neustart“ klicken, um in einem neuen Versuch seine Verluste zu minimieren.

Ausblick

Von Fans für Fans? Man kann von der starken und vor allem entscheidungsgewaltigen Community-Einbindung in Form des "Schattenrates" halten, was man will - Limbic scheint der Spagat zwischen Fan-Wünschen, eigenen Ideen sowie Hommage an einzelne Elemente der alten Teile zu gelingen. Das Ergebnis spielte sich in den ersten Stunden angenehm klassisch und vertraut, bringt aber durch die interessante Erzählstruktur sowie die neue Flankier-Mechanik in den Kämpfen eine frische Note in die Serie, die dieses Jahr ihr zwanzigjähriges Jubiläum feiert. Es gibt zwar noch Mankos hinsichtlich des Interfaces in einigen Bereichen (z.B. Heldenentwicklung) und der Schwierigkeitsgrad ist gegenwärtig auch noch sehr moderat. Doch dies sind Bereiche, an denen Limbic vergleichsweise unproblematisch die Schrauben justieren kann. Gegenwärtig hinterlässt der von Unreal Engine 3 in Szene gesetzte rundenbasierte Fantasy-Krieg mit seiner Mischung alter und neuer Elemente einen guten Eindruck - auch wenn entscheidende Fragen hinsichtlich Story-Inszenierung und –Inhalt, Multiplayer oder Balance noch offen bleiben.

Einschätzung: gut

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