Fractured Space20.04.2015, Benjamin Schmädig

Vorschau: MOBA in Space

Das nenne ich mal einen Fauxpas: Als ich meine Vorschau zu Dreadnought mit der Vorfreude schloss, in einigen Monaten riesige Großraumschiffe durchs Weltall zu steuern, da kannte ich Fractured Space noch gar nicht. Seit Ende letzten Jahres ist dessen frühe Version auf Steam erhältlich – und ich hatte sie glatt übersehen! Dabei entspricht das Spiel genau meinem Beuteschema. Es wurde höchste Zeit...

MOBA vs. Team Deathmatch

Kann das ein Zufall sein? Nachdem das deutsche Studio Yager im vergangenen Juni ein Spiel namens Dreadnought ankündigte, in dem statt menschlicher Kämpfer zwei Flotten schwerer Raumschiffe aufeinandertreffen, veröffentlicht Edge Case Games wenige Monate später Fractured Space – ein Spiel, in dem statt menschlicher Kämpfer zwei Flotten schwerer Raumschiffe aufeinandertreffen. Während es zuvor kaum etwas Vergleichbares gab, kämpften mit einem Schlag also zwei Titel um die Gunst zukünftiger Kapitäne. Mir kann's nur recht sein!

Zumal sich die Weltraumgefechte konzeptionell unterscheiden, denn wo in Dreadnought die Zahl der Abschüsse im Vordergrund stehen, ähnelt Fractured Space einem MOBA. Es geht somit nicht nur darum, gegnerische Schiffe zu zerstören. Vielmehr muss die feindliche Basis erobert werden und wenn das fünf Mann starke Team dabei nicht an einem Strang zieht, hat es gegen halbwegs erfahrene Kontrahenten keine Chance.

Fractured Space entsteht bei den Entwicklern, die für Strike Suit Zero verantwortlich zeichnen.

Laut Darstellung des britischen Studios wollte das alte und neue Team nach Fertigstellung der Weltraumoper etwas Größeres schaffen, bleibt den ehemaligen Kollegen aber verbunden.

Auf der Straße zum Feind

Das gilt natürlich auch für Dreadnought, allerdings steht die territoriale Taktik hier stärker im Vordergrund.  Immerhin ist es unmöglich, ein schnelles Schiff gleich zu Beginn im Mittelpunkt des Zielgebiets zu parken: Das Einsatzgebiet besteht aus fünf Sektoren, die ausschließlich über Sprünge (ob durch den Hyperraum oder wie sonst, ist mir bis heute nicht klar) erreichbar sind, und der Sprung zum gegnerischen Stützpunkt ist ohne einen von zwei Schlüsselpunkten gar nicht möglich.

Weitere Stationen fördern Rohstoffe, mit denen die Schiffe aufgerüstet werden, sprich stärker und schneller, während das Erobern einer zentralen Rohstoffquelle alle acht Minuten eine weitere Stärkung bedeuten kann. Einzelne Abschüsse bedeuten daher nichts. Das Einnehmen und

Zwei fünf Mann starke Teams kämpfen über teils große Distanzen um Territorien.
Verteidigen der Rohstoffquellen sollte ebenso koordiniert sein wie ein Angriff auf die feindliche Basis. Zumal beide Teams zwei komplett getrennte Wege zum Stützpunkt ihrer Gegner nehmen können...

Buchstäbliche Bruchstücke

Die Teilung in fünf überschaubare Sektoren gefällt mir dabei nicht, weil sie den eigentlich unendlichen Weiten eine befremdliche Schablone aufzwingt. Ein durchgehendes Level würde Fractured Space besser stehen; Flugwege dürften gerne viele Minuten in Anspruch nehmen, Sprünge würden sie verkürzen. Und entsprechende Verteidigungsanlagen könnten immer noch verhindern, dass Heimlichtuer vor dem Erobern der Schlüsselpunkte in eine Basis eindringen.

Das einzige vorhandene Einsatzgebiet empfinde ich ebenfalls als zu wenig. Strukturell vergleichbare MOBA-Gefechte finden zwar auch nur auf einer Karte statt, bieten allerdings eine taktische Vielfalt, von der Fractured Space noch weit entfernt ist. Stationäre Verteidigungsanlagen gibt es etwa ebenso wenig wie unabhängig von Spielern in den Kampf eingreifende Schiffe, kleine Jäger etwa.

Entscheidungen des Arbeitgebers

Ein Dutzend Schiffe ist zudem eine recht überschaubare Menge, die Anzahl ihrer Fähigkeiten ebenso. Und während Kapitäne ihre Dreadnought-Gefährte mit Einschränkungen frei ausrüsten, haben sie hier auf die Bewaffnung kaum Einfluss. Mit Erfahrungspunkten und Geld installieren sie zwar stärkere Systeme, das beschränkt sich aber auf wenige Upgrades, oft stärkere Versionen einer Waffe.

Auch die zehn potentiellen Crewmitglieder, deren Eigenschaften die Wendigkeit des Schiffs, seine Widerstandsfähigkeit oder die Geschwindigkeit einer Eroberung beeinflussen, bieten bislang nur einen marginalen Entscheidungsspielraum beim Besetzen der fünf Posten.

Das Fehlen zahlreicher Bausteine ist selbstverständlich dem unfertigen Zustand der Early-Access-Version geschuldet. Kein Problem: Ich bin gespannt darauf, wie sich das Spiel entwickelt! U.a. hoffe ich, dass die detailarmen Stationen, Asteroiden und der grob aufgelöste Sternenhimmel einen neuen Anstrich erhalten. Bislang wirken die schicken Raumschiffe mit ihren Verstrebungen, Schubdüsen, Waffensystemen oder Rohren überspitzt formuliert wie Edelboliden vor Pappaufstellern.

Träge Festung, flinker Vogel

Spielerisch ist Fractured Space zum Glück schon weiter, denn die zum Teil riesigen Raumschiffe fühlen sich nicht nur so schwer an, wie es ihre Größe gebietet. Es entstehen auch anspruchsvolle Gefechte, in denen taktisches Verständnis wichtiger ist als gutes Reaktionsvermögen. Die Pötte zerplatzen ja selten schon nach zwei, drei Schüssen. Manche halten dauerhaften Beschuss einfach aus, andere setzen lebensverlängernde Gegenmaßnahmen ein oder einen Gegner außer Gefecht.

Mit schicken Effekten kann man mich ja jagen - zum Spiel hin.
Der gekonnte und vor allem zeitlich gut abgepasste Umgang mit den Fähigkeiten ist das A und O eines erfahrenen Kapitäns. Mächtige Flaggschiffe rasen mit einem Boost etwa in die Nähe eines Gegners, stehen dann aber nahezu still. Jetzt richten ihre Flak-Geschosse auf kurze Distanz mächtigen Schaden an, während ein bestimmter Schuss die Triebwerke ihres Ziels kurzzeitig herunterfährt.

Meine starke Seite

Andere Schiffe können sich tarnen, stellen die Panzerung eines Verbündeten wieder her, errichten einen Schutzschirm oder springen einige hundert Meter durch den Raum – vielleicht hinter einen „Heckenschützen“, dessen riesige Hauptwaffe nur geradeaus feuern kann. Erstaunlich übrigens, wie viele der Fähigkeiten denen der Dreadnought-Schiffe ähneln. Mein aktueller Favorit ist die Reaper, mit der ich einem Gegner direkt vor meiner Nase gewaltig zusetzte, an den Seiten aber sehr verwundbar bin.

Ein Schild schützt Back- und Steuerbord deshalb einige Sekunden lang vor großem Schaden: Kann ich den Gegner in dieser Zeit erledigen, während ich eine geschützte Seite in seine Richtung drehe oder ziehe ich mich zurück, so lange der Schild aktiv ist? Position zum Feind und Ausrichtung spielen eine wichtige Rolle – ein wichtiges Element im (Raum)schiffduell.

Ausblick

Als Spieler ist es mir natürlich egal, wer sich wen zum Vorbild nimmt: Mit World of WarShips, Dreadnought und Fractured Space befinden sich drei Titel in Entwicklung, denen das Bewegen gewaltiger Schiffe und taktische Kriegsführung wichtiger sind als blitzschnelle Reaktionen – und daran habe ich meine helle Freude! Die Beschränkung auf ein Einsatzgebiet schadet zwar der Motivation und ich bin kein Freund des Freischaltens kompletter Schiffe; lieber würde ich meine Flotte frei ausrüsten. Die fordernde Gebietseroberung sowie die anspruchsvollen Gefechte haben mich allerdings schon jetzt wesentlich mehr Zeit gekostet als ich aufbringen wollte. Immerhin muss man die schweren Weltraumkähne nicht nur geschickt durch die Deckung der Asteroidenfelder bewegen, sondern ihre Stärken auch im cleveren Zusammenspiel mit den Begleitern nutzen. Obwohl noch viele Inhalte fehlen, zähle ich Fractured Space deshalb zu den interessantesten Early-Access-Titeln.

Einschätzung: gut

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