Vorschau: The Masterplan (Taktik & Strategie)

von Mathias Oertel



The Masterplan (Taktik & Strategie) von Shark Punch
Der perfekte Raubzug
Entwickler:
Publisher: Shark Punch
Release:
2015
Spielinfo Bilder Videos
Das Ausbaldowern und das Durchführen von Raubzügen ist mit Spielen wie Monaco, Payday 2, GTA 5 und demnächst GTA Online in fester Action-Hand. Planer und Strategen hingegen sehnen sich in die gute alte Zeit zurück, als man mit Spielen wie They Stole a Million oder Der Clou Stunden damit verbracht hat, den perfekten Coup auszuarbeiten. Diese Tradition möchte The Masterplan wieder aufleben lassen. Wir haben die Early-Access-Version angespielt.

Raubzug-Simulator

Die Zeiten, in denen man als Gangsterboss einen Raubzug strategisch planen und durchführen konnte, scheinen lange vorbei. Introversion (Darwinia, Prison Architect) hatte vor ein paar Jahren zwar mit Subversion ein ähnlich gelagertes Projekt in der Mache. Doch der ambitionierte Titel wurde schließlich ebenso auf Halde gelegt wie das von inXile für Codemasters entwickelte Heist. Shark Punch versucht mit dem noch in der Early-Access-Phase steckenden The Masterplan diese Lücke zu schließen. Entweder solo oder mit ein paar Handlangern im Gepäck, die man im Unterschlupf anheuern und ausrüsten kann, macht man sich auf den Weg zum jeweiligen Raub-Objekt, von denen gegenwärtig ein gutes Dutzend zur Verfügung stehen. Dabei steuert man die Figuren niemals direkt, sondern gibt ihnen wie in der Echtzeitstrategie Anweisungen, wobei man auch Befehlsketten aufbauen kann.

Im Zeitlupen-Modus kann man seinen Gangstern Aktionsketten vorschreiben.
Im Zeitlupen-Modus kann man seinen Gangstern Aktionsketten vorschreiben.
Angefangen von einem simplen Kiosk-Überfall bis hin zum Juwelenraub gibt es jedoch einiges bei den aus der Vogelperspektive betrachteten Coups zu beachten: Man sollte Kameras ausweichen oder sie deaktivieren. Man muss Schlüssel für Türen finden, wenn man den mitunter lauten Umweg über zerschlagene Fensterscheiben vermeiden will. Die Wege der ggf. Patrouille laufenden Sicherheitsleute müssen ebenso beobachtet werden wie Zivilisten,  die im Zweifelsfall das Weite suchen und die Polizei benachrichtigen. Einfach reinstürmen und alles mitnehmen, was nicht niet- und nagelfest ist, führt meist zu einem Desaster und einem erhöhten Bedarf an Leichensäcken. Wenn man auf Waffengewalt verzichten möchte (bei Todesfällen wird die Hälfte der Beute für das "Saubermachen" einbehalten), muss man clever vorgehen und sowohl taktisch planen als auch gute Reaktionen haben. In einer späteren Version soll es im Unterschlupf die Möglichkeit geben, einen Plan zu erstellen, an dem sich die Kumpane orientieren. Bislang allerdings muss man alles selber in die Hand nehmen.

Interessantes Konzept, hakelige Umsetzung

Und das gestaltet sich mitunter noch als unnötig hakelig. Über einen Rechtsklick wird alles ausgelöst: Bewegung, Angriffe, Interaktionen und beim Klick auf den jeweiligen Gangster die Anzeige des Inventars. Wenn man nun kurzfristig reagieren muss, z.B. wenn man in einen neuen Raum geht und plötzlich eine bewaffnete Wache vor einem steht, scheint die Toleranz der jeweiligen Aktionszonen sehr großzügig zu sein. Das Interface reagiert sehr sensibel und es kann auch angesichts der derzeit noch eingeschränkten Möglichkeiten, mit Figuren zu interagieren zu fiesen Zwischenfällen kommen. So kann man derzeit z.B. noch nicht den Pistolengriff nutzen, um jemanden auszuknocken. Stattdessen muss man den in Frage kommenden Personen mit vorgehaltener Waffe drohen, damit sie die Hände heben und ein Kumpan in dieser Zeit auf sie einschlagen kann, bis sie bewusstlos zu Boden gehen. Das ist umständlich, aber unter dem Strich immer noch besser als ein zu beklagendes Todesopfer. Immerhin kann man in eine extreme Zeitlupe schalten, in der die gewonnene Zeit nicht nur genutzt werden kann, um sein Vorgehen in Bedrängnis besser zu planen, sondern auch, um die Interface-Probleme zu umschiffen - wenn man nicht unter Zeitdruck steht, ist die Gefahr geringer, daneben zu klicken.

Hier scheint der Plan nicht aufgegangen zu sein.
Hier scheint der Plan nicht aufgegangen zu sein.
Doch es gibt auch noch andere Punkte, an denen das kleine Team von Shark Punch arbeiten kann, um das Spielerlebnis spannender und umfangreicher zu gestalten. Ein Upgrade-System z.B., mit dem man seine Figuren spezialisieren kann. Dass so etwas angedacht ist, sieht man beim Versuch, zwielichtige Gestalten für sein Team zu rekrutieren. Sie sind nicht nur kostspielig, sondern treten mit unterschiedlicher Ausrüstung wie z.B. schallgedämpften Pistolen ihren Dienst an und haben sowohl für die Bereiche Geschwindigkeit, Genauigkeit oder Gesundheit unterschiedliche Werte als auch Fähigkeiten-Slots. Wenn man hier konsequent weiter entwickelt, könnte das den Experimentierfaktor und den Wiederspielwert deutlich erhöhen. Die KI, die nur auf das gut reagiert, was in der Nähe akustisch oder visuell wahrgenommen wird, könnte auch noch ein paar zusätzliche Routinen vertragen, da man sie im Moment noch relativ einfach überlisten kann, wenn man ein Standardschema für sich entwickelt. Immerhin: Haben Zivilisten Lunte gerochen, rennen sie schnellstmöglich zum nächsten Telefon, um die Polizei zu rufen, die auch innerhalb kurzer Zeit auf der Matte steht. Und Wachleute zögern nicht, erst zu schießen und dann Fragen zu stellen, wenn es hart auf hart kommt.

70er-Jahre-Comic-Jazz

Schon in der "Early-Access"-Phase stehen zahlreiche Missionen zur Verfügung.
Schon in der "Early-Access"-Phase stehen zahlreiche Missionen zur Verfügung.
Beim visuellen Design setzt Shark Punch auf einen Comic-Look, der im Zusammenspiel mit der zoombaren Kameraperspektive gut zur Geltung kommt. Allerdings merkt man auch hier, dass das Team, das aus Helsinki und San Francisco heraus arbeitet, sehr klein ist. Assets werden häufig recycelt, vor allem die Zivilisten und Gegner stammen alle aus dem Klonlabor. Abwechslung würde definitiv die Atmosphäre steigern. Trotz dieser Mankos hinterlässt die minimalistische Kulisse einen ordentlichen Eindruck. Man ist wie mit dem Gesamtkonzept auf einem interessanten Weg. Das gilt auch für die Musik, die sich mit ihrem jazzig-souligen Ansatz an Serien und Filmen aus den siebziger Jahren wie "Einsatz in Manhattan" oder "Die Straßen von San Franciso" orientiert.
 

AUSBLICK



Das Team von Shark Punch ist mit The Masterplan auf dem richtigen Weg. Hinsichtlich Benutzerführung, visueller Abwechslung und KI merkt man den Raubzug-Planungen und –Durchführungen zwar den frühen Status an. Doch das Konzept, das sich an einschlägiger Echtzeit-Strategie orientiert, diese aus der Vogelperspektive präsentiert und sie mit Sichtlinien und akustischen Hinweisen ergänzt, macht Lust auf mehr. In manchen Situationen fühlten sich die Überfälle ähnlich an wie seinerzeit die gelungenen Spionage-Abenteuer der Commandos-Serie. Ich bin gespannt, was das kleine Team in den nächsten Wochen und Monaten an weiteren Elementen hinzufügt. Es wird bereits einiges wie z.B. die dezidierte Planungsphase angedeutet, die das Spiel um interessante Facetten ergänzen könnte.

Einschätzung: befriedigend

Kommentare

Jazzdude schrieb am
Erinnert von den Eindrücken her an "Door Kickers". Nur eben auf der anderen Seite des Gesetzes.
sphinx2k schrieb am
Das einzige was ich etwas blöd fand war das Fandungslevel/Ermittlungsfortschritt. Selbst bei ganz einfachen Dingen sollte man ja Spuren hinterlassen haben die einer Visitenkarte gleich gekommen sind. Ansonsten war es super gut.
BalphemorVonPunin schrieb am
Oh man, "Der Clou" war sowas von geil. Tolle interessante, erwachsene GEschichte mit Matt Stuyvesant, schöne liebevolle Pixeoptik, coole Midi-Musik...
Ich war damals noch ein Kind und habe die einzelnen Werkzeuge auf Karten gemalt mit den einzelnen Statistiken (Lautstärke etc.). Karl Marx Grab mit dem Chloroform und das schwierige "Niederschlagen" (in welchem Winkel muss der Wachmann stehen???)... Bis zur Kaserne ging es, sogar die Kronjuwelen hab ich mal geschafft zu klauen..In der Kaserne war dann Feierabend! Ach ja...
Kobba schrieb am
Wäre schön mal wieder sowas wie der Clou! zu zocken. Einige "genres" gibt's in tausendfacher Ausführung, und jedes Jahr kommen hundert dazu, andere hingegen sucht man leider vergebens.
Aber wurd da nich vor einiger Zeit auch mal nen anderes Game in dieser Richtung angesagt?
Achja, das war von Kalypso :mrgreen:
http://www.4players.de/4players.php/spi ... rookz.html
sphinx2k schrieb am
Irgendwie erinnert mich das hier gesehen viel ehr an "Der Clou!" als an die anderen im Einleitungs- Text genannten Spiele.
Hab es früher sehr gerne gespielt, Teil zwei war dann leider nicht wirklich gut geraten. Also mal sehen was hierbei dann raus kommt.
schrieb am