Civilization 611.08.2016, Jörg Luibl
Civilization 6

Vorschau: Frisches Hexfeldgefühl

Ab 21. Oktober setzen Rundenstrategen wieder ihre sozialen Kontakte aufs Spiel, wenn sie Civilization 6 (ab 5,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) starten. Sid Meier hat 1991 eine pittoreske Parallelwelt mit historischem Flair erschaffen, der man sich nach den ersten Klicks zum Wohle der eigenen Zivilisation kaum entziehen kann. Der sechste Teil will die altbekannte Spielmechanik um einige interessante Änderungen bereichern und bietet sowohl Religion als auch Spionage von Beginn an.

Anführer mit Charakter

Endlich tut sich was im gegnerischen Verhalten: In Civilization 6 bleibt es auf der Verhandlungsebene zwar weitgehend beim bekannten Feilschen um Waren, Technologien, Zutritte und Allianzen, aber dafür agieren die Anführer deutlich markanter. Nicht nur, dass sie ihre Späher aktiver auf der Karte einsetzen: Als mein aztekischer Nachbar Montezuma z.B. erfährt, dass ich Seide besitze, wird er plötzlich aggressiv und schickt wenig später seine Adlerkrieger. Warum? Weil Luxusgüter als Ziel auf seiner Agenda stehen. Er respektiert zwar andere Herrscher, die dieselben wertvollen Waren besitzen, aber wenn man etwas hat, was er nicht hat, dann wird er wütend…

Civilization 6 wird zum Start am 21. Oktober bisher acht bestätigte Nationen anbieten: Brasilien, Skythen, Franzosen, Amerikaner, Ägypter, Chinesen, Japaner, Engländer. Hinzu kommen Azteken für Vorbesteller sowie 90 Tage später kostenlos für alle.

Schön ist, dass es auf dieser Agenda des außenpolitischen Handelns einen sichtbaren sowie einen geheimen Punkt gibt. Also eine weitere Verhaltensweise, die man erstmal herausfinden muss. Und weil man recht schnell mehrere Nachbarn mit anderen Zielen hat, wirkt die Diplomatie schon in der Frühphase des Spiels deutlich interessanter: Oh, die Chinesen mögen es gar nicht, wenn man Weltwunder vor ihnen baut! Übrigens: Die Errichtung von Pyramiden, Hängenden Gärten & Co wird sehr schön vom Gerüst bis zur Vollendung auf der Karte animiert.

Weiblicher Geheimdienst der Medici

Man beginnt 4000 v.u.Z und kann sich wie gehabt über verschiedene Zeitalter bis in die Moderne entwickeln.

Manches auf der Agenda wird auch erst in späteren Zeitaltern relevant, wie z.B. bei Katharina von Medici: Die französische Anführerin respektiert lediglich Herrscher, die sich ähnlich auf Intrigen und Spionage konzentrieren wie sie. Wer sie spielt, bekommt schon in der Antike exklusiv Nachrichten vom weiblichen Geheimdienst über die anderen Spieler: „Eure Hofdame hat etwas Interessantes herausgefunden: China handelt mit Amerika.“ Zwar wiederholen sich diese Kurznachrichten recht oft, aber man kann dieses System weiter ausbauen. Wie die Spionage genau funktioniert, erläutern wir aber erst im Test.

Apropos Handel und Bauen: Man errichtet keine Straßen mehr manuell über Bautrupps, die sich übrigens nicht mehr automatisieren lassen und manchmal nach einer oder zwei Verbesserung als aufgebrauchte Einheit "verschwinden", sondern automatisch über jene Händler, deren Karawanen man losschickt. Letztere kann man übrigens auch mit Militär eskortieren, damit sie nicht so einfach überfallen werden können. Das sind beides kleine, aber feine Änderungen im Aufbaumanagement, die mir bisher gut gefallen, weil sie den Spielfluss fördern.

Zweigleisiger Technologiebaum

Auch die neuerdings zweigeteilte Forschung sorgt dafür, dass man etwas umdenken muss: Man schaltet nicht mehr alles in einem Technologiebaum frei, sondern in zwei parallelen, wobei kulturelle und wissenschaftliche Errungenschaften deutlicher getrennt sind. Zwei weitere Aspekte kommen hinzu: Zum einen soll das Anhäufen von Wissenschaft auf dem Weg zum Sieg nicht mehr so entscheidend sein – das bleibt abzuwarten.

Auch die Azteken sind spielbar: Montezuma liebt Luxusgüter - wer mehr als er besitzt, bekommt es mit seinen Adlerkriegern zu tun.

Zum anderen kann man seine Forschung jetzt über Aktionen auf der Karte antreiben. Sprich: Baue ich eine Galeere, bekomme ich automatisch einen Bonus auf maritime Errungenschaften wie etwa das Segeln. Baue ich eine Weide, steigt mein Wissen über die Reiterei. Das heißt, dass ich verwandte Themen über praktische Anwendung schneller erforschen kann – eine gute Idee!

Außerdem ist man in der Innenpolitik mit dem Kartensystem angenehm flexibel: Ab der elften Runde kann man aus den Bereichen Militär (rot), Wirtschaft (gelb), Diplomatie (grün) und Joker (lila) zwei Karten auswählen und für sein Volk aktivieren: Z.B. die „Disziplin“ (rot), die einem fünf Prozent mehr Schaden gegen Barbaren verleiht und dazu „Gottkönig“ (gelb), die einem +1 Glauben sowie +1 Gold in der Hauptstadt bringt.

Es gibt auch wieder Stadtstaaten, mit denen man handeln kann.

Später hat man je nach Regierungsform deutlich mehr Slots und Auswahl, so dass man sich gut spezialisieren kann. Wer die Oligarchie wählt, hat eine gute Mischung aus Rot, Gelb, Grün und Lila, während ein Autokrat mit Rot, Rot, Gelb und Lila auf diplomatische Karten verzichten muss. Und die Religion? Ab einem Wert von 16 im Glauben, darf man ein erstes Pantheon gründen, das natürlich weitere Boni bietet: Wer dem „Gott des Meeres“ huldigt, gewinnt +1 Produktion.

Wachsende Städte

Last but not least können Städte in diesem Civilization 6 über bis zu 36 Hexfelder in die Landschaft hinein wachsen - bisher entwickelten sie sich nur auf einem Feld. Man kann sich also über Fjorde und Meerengen, Hügel und Berge ausbreiten, indem man einzelne Gebäude auslagert. Außerdem kommen Weltwunder auf diese Art endlich besser zur Geltung, weil sie ebenfalls ein Feld ausfüllen. Das geht allerdings nicht ganz frei: Wer das z.B. Stonehenge errichten will, kann das nur auf einem Boden mit Steinvorkommen. Hinzu kommen bis zu zwölf thematische Distrikte u.a. für Handel, Militär, Religion oder Forschung wie der „Campus“, die man errichten muss, um Spezialgebäude wie die „Bibliothek“ dort zu platzieren. Auch Spezialeinheiten können hier ausgebildet werden. Schön ist, dass man auch hier von Boni profitieren kann, wenn man das optimale Gelände für ein Gebäude auswählt: Wer ein Labor im Regenwald baut, bekommt extra Wissenschaft, wer eine Fabrik im Erzgelände errichtet, produziert mehr. Angesichts dieses Fokus' auf expansive Städte ist es eine gute Entscheidung, dass sie auch wieder eigene Zufriedenheitswerte entwickeln.

Ausblick

Meine erste Reaktion auf die Trailer von Civilization 6: Warum sieht das bloß so kitschig aus? Wird jetzt alles auf diesen Smartphone-Look getrimmt? Nach knapp 80 Runden kann ich nicht nur hinsichtlich des Artdesigns aufatmen, denn das Bunte wird zumindest von einem angenehm edlen Kartendesign mit Schriftrollenflair umrahmt, bei dem die Ränder der Zivilisation vergilben. Aber vor allem das spürbar veränderte Spieldesign hat mir gefallen: Nicht nur, dass Städte in der Landschaft wachsen, sondern auch die Auftrennung des Technologiebaums in zwei Bereiche sowie die deutlichere Charakterisierung sowie erkennbare Strategie der KI-Herrscher sorgen für frischen Wind. Man agiert als Veteran nicht nur neugierig, sondern auch aufmerksamer, weil einfach mehr passiert. Hinzu kommen sinnvolle Änderungen bei den Bautrupps sowie Straßen und Karawanen. Diesmal sind auch Religion und Spionage von Beginn an integriert. Schon in den ersten knapp 80 Zügen hat dieses Civilization 6 mit seinen neuen Mechaniken jedenfalls richtig Spaß gemacht!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.