Metro Exodus13.06.2018, Michael Krosta

Vorschau: Artjoms große Reise

Bereits seit 2013 werkelt 4A Games an Metro Exodus (ab 6,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen), dem dritten Teil der Reihe, die auf den Werken von Dmitri Alexejewitsch Gluchowski basiert. Dabei verlässt Protagonist Artjom erstmals die vertrauten U-Bahn-Schächte in und um Moskau, um sich auf eine transkontinentale Reise durch Russland zu begeben. Wir konnten den Titel für die Vorschau bereits ausgiebig anspielen und dabei erste Einrücke von den deutlich größeren sowie offeneren Arealen gewinnen...

Fanatische Technik-Verächter

Jamantau im Uralgebirge lautet eigentlich das Ziel, doch bei der Zugfahrt durch die idyllische Winterlandschaft kommt es schnell zu einem ungeplanten Halt. Nicht etwa wegen üblicher Bahn-Klassiker wie einer Signalstörung oder einer defekten Oberleitung, sondern weil die Gleise von irgendwelchen Leuten mit Gerümpel blockiert wurden, die kurz nach dem Notstopp auftauchen und umgehend aus der Entfernung das Feuer eröffnen. Was zur Hölle geht hier vor? Genau dieser Frage geht man mit Artjom zunächst nach, der sich nach einer kurzen Lagebesprechung zusammen mit Anna im Schlepptau aufmacht, um die Gegend zu erkunden und herauszufinden, woher die mysteriösen Schützen gekommen sind und warum sie so darauf erpicht waren, den Zug zum Stehen zu bringen.

Lange dauert es nicht, bis die beiden am anderen Ende eines Flussufers eine kleine Siedlung entdecken. Und wie es der Zufall will, ist auch das nächste Boot nicht weit. Während sich Anna eine gute Scharfschützenposition sucht, um alles im Auge zu

Bereits seit 2013 werkelt 4A Games an Metro Exodus, dem dritten Teil der Reihe.
behalten und ihrem Partner im Notfall Unterstützung zu leisten, rudert man mit Artjom und bekommt dabei bereits erste Hinweise auf Mutationen, die unter der Wasseroberfläche lauern. Nähert man sich der künstlichen Insel, auf der ein Turm wie eine Kirche hervor ragt, werden Erinnerungen an das Dorf in Resident Evil 4 wach und es beschleicht einen ein ungutes Gefühl. Tatsächlich fängt der Empfang hier ähnlich feindselig aus: Wie sich herausstellt, handelt es sich bei diesen Leuten um eine radikale Sekte, die jegliche Form von Technologie ablehnt und entsprechend aggressiv gegen andere Menschen vorgeht, die sie weiterhin nutzen und sich den strengen Regeln nicht unterwerfen wollen. So wie Katya und ihre kleine Tochter, auf die man trifft, sobald man nach dem schmerzhaften Begrüßungsritual wieder zur Besinnung kommt. Die beiden werden ebenfalls als Gefangene gehalten und schnell sind die gemeinsamen Fluchtpläne geschmiedet. Einfach umzusetzen sind sie allerdings nicht: Denn um den Extremisten zu entkommen, muss man erst einen Weg zum Boot zurückfinden, bevor man die beiden Flüchtigen am vereinbarten Treffpunkt aufgabeln kann.

Schleichen oder Ballern

Protagonist Artjom verlässt erstmals die vertrauten U-Bahn-Schächte in und um Moskau, um sich auf eine transkontinentale Reise durch Russland zu begeben.
Zunächst gilt es allerdings, eine Überzahl fanatischer Wachen zu überwinden, die nicht nur ausgezeichnet mit schweren Waffen ausgestattet sind, sondern umgehend Alarm schlagen, sollten sie Artjom entdecken. Wie in früheren Teilen empfiehlt es sich daher auch hier, lieber auf den Schleichweg mit leisen Nahkampfangriffen zu setzen, anstatt in Rambo-Manier das Feuer zu eröffnen, obwohl bei direkten Konfrontationen schnell deutlich wird, das die KI nur über einen begrenzten Aktionsradius verfügt, so dass man sich zur Not auch wieder zurückziehen kann. Beim Anspielen war ein Checkpunkt jedoch sehr unglücklich gesetzt, da man nach dem vorzeitigen Ableben immer wieder zum Start der Alarmphase ins Spiel zurückgebracht wurde und entsprechend keine Chance mehr hatte, lieber auf die sinnvollere Stealth-Alternative zu setzen.

Denn angesichts der gegnerischen Übermacht und des allgegenwärtigen Munitionsmangels ist der Actionweg deutlich härter – die noch etwas ungenaue Steuerung beim Zielen trägt sicher ebenfalls ihren Teil dazu bei. Manchmal kommt man allerdings nicht drum herum, sich mit Waffengewalt und Dauerfeuer durchzukämpfen. Etwa dann, wenn man erst eine Stellung halten und sämtliche Mutanten erledigen muss, bevor ein NPC seine Hilfe anbietet und eine etwas andere Art von Rettungsleiter hinab lässt. Schön: Die Bewohner der Welt sollen auf die Bewaffnung von Artjom reagieren. Im Fall der Banditen war es sogar so, dass die letzten verbliebenen Gegner einfach kapitulierten, nachdem ein paar ihrer Kameraden von mir ausgeschaltet wurden.

Keine typische Open World

Obwohl die Areale deutlich größer ausfallen und durch die gesteigerte Bewegungsfreiheit auch die Erkundung an Bedeutung gewinnt, wollen die Entwickler weiter an der linearen Erzähl- und Missionsstruktur festhalten, die sie selbst als „Metro-Formel“ bezeichnen. Trotzdem hat man einige Änderungen vorgenommen, die auch ein radikales Update der hauseigenen 4A Engine erforderlich gemacht haben. Dazu zählen etwa Features wie ein dynamisches Wettersystem sowie ein Tag-/Nachtzyklus, der sich zudem darauf auswirkt, ob man sich in der Dunkelheit eher mit Mutanten herumschlagen muss oder bei Sonnenlicht vornehmlich mit Banditen und Fanatikern konfrontiert wird. In Außenposten hat man die Möglichkeit, sich nach einem Nickerchen zur gewünschten Zeit wieder wecken zu lassen, um zum gewünschten Zeitpunkt weiterzumachen.

Außerdem wird ein neues Ökosystem eingeführt, bei dem man sich allerdings nur auf die beiden Ressourcentypen „Materialien“ und „Chemikalien“ konzentriert. Praktisch: Dank des neuen Rucksacks lassen sich nützliche Gegenstände wie Heilpakete oder Kugeln auch unterwegs herstellen und der Gang zu einer Werkbank ist nicht mehr zwingend nötig. Dort

Insgesamt soll Metro Exodus mehr als doppelt so groß werden wie der Vorgänger
genießt man allerdings weiterhin mehr Möglichkeiten, darunter z.B. das Anbringen neuer Waffen-Komponenten wie Zielrohren oder Schalldämpfern sowie diverse Verbesserungen der Ausrüstung. Dazu zählt z.B. auch ein Upgrade für den Kompass: Im Gegensatz zu vielen anderen Titeln hält man sich hier zum Glück damit zurück, den Spieler mit künstlichen Auto-Markierungen zu bemuttern und ihm ständig den Weg zu weisen. Stattdessen muss man selbst die Karte lesen und sich mit Hilfe des Kompasses orientieren, kann sich das Leben aber etwas leichter machen, indem man das nützliche Gadget verbessert und dabei z.B. die einfache Kompassnadel um Richtungspfeile ergänzt, die zum nächsten Missionsziel führen. Auch wird der Bildschirm nicht mit Anzeigen überfrachtet, sondern kommt sogar überwiegend ohne solche Elemente aus, damit man komplett in die Welt eintauchen kann.

Größer = besser?

Insgesamt soll Metro Exodus mehr als doppelt so groß werden wie der Vorgänger. Passten die Spiele damals noch recht locker auf eine einschichtige Blu-ray, wird es hier nach Aussagen der Entwickler langsam knapp, alle Inhalte auf einen Datenträger mit einer Kapazität von 50 Gigabyte zu quetschen. Alleine der von uns gespielte Abschnitt an der Wolga soll bereits 20 Mal größer ausfallen als der Sumpf-Abschnitt aus Metro: Last Light. Wer jetzt befürchtet, nur noch durch riesige und offene Areale zu spazieren, kann aber aufatmen bzw. weiterhin schnappatmen. Denn es wird weiterhin zahlreiche düstere Katakomben unter der Oberfläche geben, die mit verwinkelten und engen Gängen die gleichen klaustrophobischen Zustände hervorrufen sollen, für die die Reihe bekannt ist. Wenn man mit dem letzten Filter der Gasmaske orientierungslos durch die Dunkelheit irrt und der Sauerstoff langsam knapp wird, die Batterie des Nachtsichtgeräts fast aufgebraucht ist und dazu noch bedrohliche Geräusche aus den Boxen knurren, macht sich schnell eine unangenehme Panik breit.

Ausblick

In Metro Exodus beschreitet 4A Games mit deutlich größeren Arealen und mehr Schauplätzen an der Oberfläche zwar neue Wege für die Reihe, bleibt mit Abstechern in bedrohliche Metro-Stationen oder andere düstere Katakomben voller Mutanten aber auch den Wurzeln treu. Trotz mehr Freiheiten bei der Erkundung bin ich froh, dass man nicht den kompletten Schritt in die offene Welt gehen und weiter am linearen Missionsdesign festhalten will, bei dem Spieler nicht mit nervigen Hol- und Bringdiensten gelangweilt werden sollen. Stattdessen will man die Aufgaben sinnvoll in die Geschichte integrieren, die für das Entwicklerteam immer noch oberste Priorität hat und auch über die verschiedenen Schauplätze transportiert werden soll. Außerdem gefällt mir, dass das Sammeln von Ressourcen und Crafting nicht überstrapaziert wird und man dank des Rucksacks auch unterwegs wichtige Gegenstände wie Heilpakete herstellen kann, ohne unter Umständen erst zu einer weit entfernten Werkbank zurückkehren zu müssen. Und auch wenn manche Checkpunkte aktuell noch etwas unglücklich platziert sind und sich die Zielsteuerung noch nicht ganz rund anfühlt: Es ist klasse, dass man wieder häufig die Wahl zwischen dem fordernden Actionweg und spannenden Schleicheinlagen hat. Zudem scheint nach den ersten Eindrücken auch die Mischung aus Einsätzen an der Oberfläche mit ihren offenen Arealen und klaustrophobischen Momenten im Untergrund zu stimmen. An der KI sollte allerdings noch geschraubt werden: Zwar sind die Monster äußerst hartnäckig und verfolgen Artjom sogar über weite Strecken, aber ansonsten recht simpel gestrickt. Gleiches gilt für menschliche Widersacher, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Positionierung in Gefechten oder beim Suchverhalten nicht gerade clever anstellen. Davon abgesehen überwiegen die positiven Eindrücke und die Hoffnung, dass 4A die Verschiebung auf das kommende Jahr sinnvoll nutzt, um Metro Exodus den nötigen Feinschliff zukommen zu lassen.      


Einschätzung: gut

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