Vorschau: The Fall - Last Days of Gaia (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Entwickler:
Publisher: Deep Silver
Release:
19.11.2004
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ab 4,94€
Spielinfo Bilder  
Gruppentaktik & Leveljagd

Und da ihr schnell die Bekanntschaft mit der Ratskull-Gang macht, solltet ihr nicht alleine losziehen. Bis zu fünf Charaktere dürft ihr in eure Gruppe einladen - im Lager warten acht potenzielle Nahkampfspezialisten, Fahrzeugtüftler, Mediziner oder Diebe. Potenziell deshalb, weil ihr nach jedem Aufstieg selbst entscheiden könnt, ob ihr z.B. lieber das Schlösser knacken oder die Scharfschützensinne eines Charakters verbessert. Auf lange Sicht könnt ihr ein Team aus sechs Experten mit einzigartigen Talenten aufbauen.

Noch kann keiner Schlösser knacken, aber nach ein paar Kämpfen und Quests sollten die Diebesfähigkeiten ausreichen.
Rollenspieler dürfen sich zudem auf eine lebendige Party-Interaktion freuen: Kramt ihr gerade im Rucksack eures Nahkampfexperten, kann es passieren, dass eine feministisch angehauchte Kämpferin anfängt, über den Primaten zu lästern; legt ihr einen Batzen Dynamit in das Inventar eures Sprengstoffexperten, freut er sich wie ein Kleinkind. Skurrile Liebschaften und wildes Rumgezicke sorgen für Leben in der Gruppe, ihr könnt eure Gefährten auch nach deren Leben befragen und dabei vielleicht Nebenquests aufdecken.  Optisch und dramaturgisch spielt das Partyleben jedoch eine Klasse unterhalb eines Star Wars: Knights of the Old Republic .

Die vorbildliche Benutzeroberfläche lässt sich auffächern und euch auf einen Blick erfasseb, wer was am besten kann. Leider kann die Steuerung da nicht ganz mithalten, denn Wegfindung, Figurenauswahl und Waffenwechsel flutschten nicht einwandfrei. Auch die Kameraführung zickt noch an einigen Stellen, so dass man schon mal eine Wand statt seine Party vor Augen sieht. Sehr gut gefallen haben uns wiederum die kontextsensitiven Mausbefehle, die eure Gruppe schnell knien, liegen oder nachladen lassen sowie die Fülle an Optionen für die automatische Pausierung oder Kampfesweise: Ihr könnt z.B. einstellen, dass bei Feinkontakt sofort alles einfriert, dass man sich bei einem bestimmten Hitpoint-Verlust sofort heilt oder dass euer Scharfschütze immer den stärksten Gegner zuerst anvisiert.

The Fall entfaltet vor allem dank seiner detailverliebten Spielwelt und seiner bizarren Charaktere motivierende Reize. Am Anfang kommt schon fast ein Adventure-Gefühl auf, da sich alles untersuchen lässt - ähnlich wie in Arcanum . Ihr könnt alle Gebäude ohne Ladephase betreten, jede Kiste und jeden Winkel nach Gegenständen absuchen, Schlösser knacken, nach Wasser graben und Tiere jagen, um deren Fleisch beim Händler zu tauschen. Je nachdem, wie gut eure Survivalfähigkeiten sind, springt beim Ausweiden mehr oder weniger heraus. Je nachdem, wie viel Charisma ihr habt, gibt`s beim Warentausch bessere Angebote.

Der erste große Kampf gegen die Ratskulls hinterlässt ein halbes Dutzend Leichen. Vor allem die Waffen nimmt man gerne mit...
Durchwachsene Kulisse


Die frei dreh- und zoombare Welt wirkt dank Vorort-Recherche im amerikanischen Südwesten ausgesprochen glaubwürdig: Braun-, Grau- und Gelbtöne beherrschen die ausgedörrte Landschaft von Arizona, New Mexiko und Texas, die von jeder Menge Stacheldraht, windschiefen Schuppen und rostigen Autowracks gekennzeichnet ist - wer Mad Max gesehen hat, dürfte sich sofort heimisch fühlen. Das Gefühl einer trostlosen und verrohten Zukunft wird nicht nur erzählerisch, sondern auch optisch gut vermittelt.

Insgesamt befindet sich die Kulisse aber nur auf durchschnittlichem Niveau. Vor allem die fehlende Mimik sowie die puppenhafte Gestik der Figuren nagen an der Atmosphäre, die durch die stimmigen Texte aufgebaut wird. Hinzu kommen Clipping- und böse Grafikfehler bei Aktionen wie dem Tragen von Verwundeten oder dem Ausweiden sowie seltsame Wegfindungsroutinen beim Überklettern von Wänden. Gerade diese technischen Mängel hemmen den Spielfluss. Auch das Ambiente hätte noch mehr Leben vertragen können: Wind und Wetter sind nicht zu spüren und durch die sich wiederholenden Grastexturmuster wirkt die Landschaft gerade zu Beginn etwas zu konstruiert. Schließlich gibt es in unserer Version unverständlich lange Ladezeiten: Selbst auf Rechnern, die FarCry & Co butterweich laufen lassen. Wir mussten die Schatten ganz abstellen, damit das Abenteuer sauber läuft.
          
 

AUSBLICK



An der Oberfläche und der Technik unserer Preview-Fassung gibt`s noch einiges zu meckern. Silver Style hat uns jedoch versichert, dass die in drei Tagen erhältliche finale Version etliche Probleme ausmerzt. Und eines ist sicher: Endlich ist wieder ein lupenreines 3D-Rollenspiel im Anmarsch! Ich war zunächst skeptisch, ob man nicht doch eher lockere Echtzeit-Taktik mit fadenscheiniger Story auftischen würde. Aber diese Befürchtung scheint unbegründet: Rollenspielfans können sich nach langer Durststrecke wieder mit einer Abenteurergruppe austoben, die Sticheleien innerhalb der Party genießen, Quests lösen, Dutzende Fähigkeiten, Attribute und Talente fördern sowie einer epischen Geschichte folgen. Zwar nicht auf KotOR-Niveau, aber abseits der überwucherten Pfade seelenloser 08/15-Metzelorgien. Das ist der große Joker von The Fall, denn wann gab es das letzte lupenreine PC-Rollenspiel? Die Story muss allerdings noch beweisen, ob sie über die spröde Kulisse, die langen Ladezeiten und einige nervige Bedienungsmängel hinwegtrösten kann. Kann man an die Faszination von Arcanum oder Fallout rankommen? Hier müssen auch die Aufträge und die Kämpfe ihre abwechslungsreichen Muskeln spielen lassen. Nach den ersten Spielstunden hinterlässt The Fall jedenfalls einen befriedigenden Eindruck. Die Tendenz nach oben liegt in den Händen von Regie und Dramaturgie.
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