Vorschau: Witch It (Action-Adventure)

von Jan Wöbbeking



Witch It (Action-Adventure) von Daedalic Entertainment
"Bestes Deutsches Spiel"
Entwickler:
Release:
22.10.2020
kein Termin
kein Termin
Early Access:
31.05.2017
kein Termin
kein Termin
Spielinfo Bilder Videos

Es kommt nicht oft vor, dass ein Titel derart abräumt: Ganze drei Preise hat sich das Versteckspiel Witch It beim Deutschen Computerspielpreis gesichert (Hauptpreis, Jugendspiel und Internationales Multiplayer-Spiel - Glückwunsch ans Hamburger Team Barrel Roll Games!) - und damit sogar Publikums-Favoriten wie Elex ausgestochen. Grund genug für uns, auch einen Blick auf den Titel zu werfen.



Klein aber oho?

Echt jetzt? Witch It ist mehrfacher Gewinner des Deutschen Computerspielpreises? Das unscheinbare bunte Versteckspiel, das seit Monaten in unserer Liste mit Early-Access-Keys herumlungert? Bei der Masse an Anfragen werden solche kleinen Multiplayer-Titel leider oft von größeren Themen verdrängt. Nach den drei Auszeichnungen und sehr positiven Nutzerwertungen auf Steam haben wir auch mal ins verhexte Versteckspiel hineingeschnuppert. Das Prinzip orientiert sich an Shooter-Modi wie „Prop Hunt“ aus Garry’s Mod. Passend zur erfrischenden Bescheuertheit der Half-life-2-Erweiterung konnte man sich damals in alle möglichen Gegenstände verwandeln: Im Handumdrehen polterte man als Fass, Stuhl oder ein anderes Objekt durch die Welt, während man von einem Spieler mit der Bleispritze gesucht und gejagt wurde.

Dieser Seestern ist aufgeflogen!
Dieser Seestern ist aufgeflogen!
Witch It verlegt das Prinzip in eine Welt, in der es dank Magie mehr Sinn ergibt: Ein Team steuert relativ klassisch designte Hexen, die sich durch Zauberkraft in jegliche „Props“ verwandeln können, die ihnen in der kurzen Versteckphase in die Quere kommen. Besonders cool dabei ist, dass man (mit der entsprechenden Fähigkeit) auch als Gegenstand durch die Luft schweben kann. Ihr wolltet schon immer mal eine Verfolgungsjagd als fliegende Pizza gewinnen? Hier ist euer Spiel!

Völlig von der Rolle

Als Kugelspielfan habe ich mich besonders gerne in Orangen, Wasserbälle und dergleichen verwandelt, um wie in Marble Blast Ultra oder Marbles! Balance Challenge über schmale Balken zu kullern. Da Gurkenfässer, Äpfel oder massive Marktschränke alle unterschiedlich geschmeidig bzw. träge durch die Botanik holpern, bringt das eine angenehme Abwechslung in die Verfolgungsjagden. Das Gegner-Team besteht aus dickwanstigen Jägern. Sie klopfen die Umgebung nach versteckten Hexen ab und geben dabei alberne Geräusche von sich. Die Formulierung „abklopfen“ habe ich bewusst gewählt, denn als Jäger schleudert man mit dem Fadenkreuz im Sekundentakt Kartoffeln auf alles am Wegesrand, das in Wahrheit eine verwandelte Hexe sein könnte.

Eins zwei, drei vier Eckstein: Trotz Einsatz der Unreal Engine sind hier leider nicht nur die Steine eckig. Manche Designentscheidungen wie grobe Minecraft-Pixel wurden aber vermutlich absichtlich getroffen.
Eins zwei, drei vier Eckstein: Trotz Einsatz der Unreal Engine sind hier leider nicht nur die Steine eckig. Manche Designentscheidungen wie grobe Minecraft-Pixel wurden aber vermutlich absichtlich getroffen. Aus der Luft wirkt das Panorama jedenfalls idyllisch.
Ab und zu fängt dann tatsächlich eine Blumenvase oder eine Melonenscheibe an zu kreischen, was mit einem befriedigenden „Hab dich!“-Gefühl die folgende Hetzjagd einleitet. Das Hin und Her auf den überschaubaren Karten führt an Strandhügeln vorbei, durch kleine Schlösser oder in verwinkelte Verstecke auf dem Dach. Am besten gefallen hat mir der Irrgarten, in dem ich ein paar Jäger mit ein paar schnellen Haken regelrecht in den Wahnsinn getrieben habe. Grafisch hält sich meine Begeisterung dagegen in Grenzen: Das Comic-Design passt zum Thema und der jungen Zielgruppe, könnte aber ruhig markantere Details und mehr Wahnsinn bieten. Trotz Einsatz der Unreal Engine liegt man auch technisch weit hinter größeren Comic-Shootern wie Plants vs. Zombies: Garden Warfare 2.

Baum oder Hexe?

Ein nettes Extra sind allerdings die schon vorhandenen optischen Anpassungsmöglichkeiten. In einem meiner Matches hatte sich eine Hexe doch tatsächlich komplett in Holztönen eingefärbt und direkt vor meiner Nase in einem Baum platziert. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich sie und warf das kreischende Opfer mit Kartoffeln zu Tode. Die Wurfgeschosse lassen sich später übrigens ebenfalls umgestalten. Außerdem helfen bei der Jagd bzw. Flucht eine Hand voll Spezialfähigkeiten, die ich leider alle schon nach rund anderthalb Stunden freigeschaltet hatte. Ein gackerndes Radar-Huhn etwa zeigt Hexen in der Umgebung an; eine Art Staubsauger wirbelt wie ein Tornado Gegenstände auf einen Haufen. Jäger gelangen flott mit einem Greifhaken auf die Dächer.

Beim Schweben sondern die Hexen ein verräterisches Geräusch ab, das an das klassisch surrende Theremin-Instrument aus alten Horrorfilmen erinnert.
Beim Schweben sondern die Hexen ein verräterisches Geräusch ab, das an das klassisch surrende Theremin-Instrument aus alten Horrorfilmen erinnert.
Wer als Hexe auf seine begrenzte Schwebe-Fähigkeit verzichtet, kann sich z.B. direkt in vorhandene Gegenstände verwandeln, statt nur ihr Aussehen zu kopieren. Dadurch weckt man kein Misstrauen, wenn in einer bekannten Ecke plötzlich zwei Kisten statt einer stehen. Damit die Hexen nicht einfach in einer sicheren Ecke campen, gibt es übrigens eine hohe Punktebelohnung für diejenigen, die eine hohe Strecke zurücklegen. In punkto Umfang und Balance sollte das Hamburger Vier-Mann-Team Barrel Roll Games vorm Release aber noch ordentlich nachlegen: Die neun Karten wiederholten sich schnell und die Hexen gewannen deutlich mehr Matches als die Jäger. Bisher gibt es zudem nur drei Modi: Als erwischte Hexe wartet man entweder aufs Match-Ende, verwandelt sich in einen Jäger oder startet das Versteckspiel gleich ganz ohne Spezialfähigkeiten. Im Februar gewann das Team übrigens den ebenfalls in Hamburg beheimateten Hersteller Daedalic als Publisher.
 

AUSBLICK



Auf den ersten Blick wirkt Witch It ein wenig minimalistisch, nach ein paar Matches stellt sich aber bereits ein leichter Suchtfaktor ein. Vor allem mit Freunden macht es Spaß, herumzualbern, sie als wandlungsfähige Hexe auszutricksen und sich hektische Verfolgungsjagden zu liefern! Hoffentlich wird in den Bereichen Umfang und Abwechslung noch nachgelegt, zumal auch die Balance vom Publishing-Deal mit Daedalic profitieren könnte. Bisher konnten die Hexen den Löwenanteil der Matches für sich entscheiden. Vielleicht liegt es daran, dass nach der Preisverleihung viele Neulinge hinzugekommen sind. Als Jäger dürfte man schließlich vor allem später erfolgreich sein, wenn man sich die Karten eingeprägt hat und sie effektiv mit den Spezialfähigkeiten absucht. Die Begeisterung der Computerspielpreis-Jury können wir zwar nicht ganz nachvollziehen, für ein paar lustige Matches zwischendurch eignet sich das Spiel aber schon jetzt! Die Vollversion soll Mitte 2018 veröffentlicht werden. Auch Umsetzungen für PlayStation 4 und Xbox One sind geplant.

Einschätzung: gut

Kommentare

Weeg schrieb am
Rabidgames hat geschrieben: ?13.04.2018 17:26 Hat da jetzt ernsthaft ein Spiel gewonnen, das noch nicht mal fertig ist?
Ja. Aber: Eben, wie oben schon erwähnt wurde: Politische Korrektheit (aka "Kein Killerspiel") ist wichtiger als sowas unwichtiges, wie ob das Spiel noch gar nicht mal fertiggestellt ist, lol.
Aber, das möchte ich noch anfügen: Crysis 2 hat ja damals gewonnen und ich fand den zweiten Teil der Reihe eigentlich den stärksten. Trotz Openworld im Ersten (und halbwegs-Openworld-Levels im Dritten) fand ich den zweiten tatsächlich am Besten, weil er das Szenario "Aliens im Big Apple" doch besser darstellt als andere Titel. z.B. mit der Sporenwaffe der Aliens, diesem Ding das aus der Erde dreht und dann alles umbringt und so Zeugs, da waren einige nette Ideen dabei.
Klar, bleibt am Ende ein 0815-Shooter, aber naja, da gibts wesentlich schlechtere Titel im Vergleich. Crysis 3 fand ich dann relativ doof, nur in dem kleinen Areal der Kuppel rumschwirren zu dürfen, das hat mir nicht soooo wahnsinnig viel Spass gemacht.
Rabidgames schrieb am
Hat da jetzt ernsthaft ein Spiel gewonnen, das noch nicht mal fertig ist?
Todesglubsch schrieb am
traceon hat geschrieben: ?13.04.2018 08:58 Da der Deutsche Computerspielpreis seit einigen Jahren in CSU-Hand ist (BMVI), würden solche Titel wie Crysis gerade auch gar keine Chance haben. Da gibt es nur Weichgespültes - mal ganz abgesehen von der Verfügbarkeit.
...wenn es wenigstens solche Titel wie Crysis gebe. Chance oder nicht, es kann nichts eingereicht werden, was nicht existiert.
Apropos einreichen: Ich habe die Vermutung, dass manche Firmen einfach ihren kompletten Katalog einreichen. Aus Prinzip. Und andere Entwickler eben nichts, weil sie denken es lohnt nicht / sie haben keine Chance / sie erfüllen die Bedingungen nicht. Ich glaub das war auch auf irgendeiner GC von vor ein paar Jahren, wo die nominierten Titel merklich aus nur wenigen Studios stammten und andere, bessere Titel garnicht eingereicht wurde, weil der Entwickler nicht wusste, dass er das kann.
traceon schrieb am
Weeg hat geschrieben: ?12.04.2018 21:03 Das Spiel mag ja an und für sich nett sein, aber wenn es um einen Computerspiel-Preis als Bestes Spiel geht, ist es eine Schande für Deutschland, das man nix ordentliches mehr hinbekommt das auf internationalen Niveau konkurrenzieren kann. Seien es die guten alten Siedler von früher oder auch mal der Shooter-Ausreisser wie Crysis 2 von Crytek, das war immerhin auf int. Niveau und nicht sowas wie Witch It.
Da der Deutsche Computerspielpreis seit einigen Jahren in CSU-Hand ist (BMVI), würden solche Titel wie Crysis gerade auch gar keine Chance haben. Da gibt es nur Weichgespültes - mal ganz abgesehen von der Verfügbarkeit.
traceon schrieb am
Todesglubsch hat geschrieben: ?12.04.2018 22:44
Weeg hat geschrieben: ?12.04.2018 22:00 Als Daedalic Macher hätte ich den Preis persönlich gar nicht angenommen, sondern verlauten lassen, das man sich nicht zum Propaganda-Instrument des Staates machen wolle und das diese Jury unfähig und inkompetent wäre. Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht eher den Fans gefallen würde als den Preis anzunehmen...
Wenn Daedalic nicht ständig die (Geld-)Preise annehmen würde, müssten sie ja Spiele entwickeln die sich erfolgreich verkaufen.
...okay, das war ein bisschen hart, aber es ist schon auffällig wie häufig Daedalic-Spiele gewinnen, bzw. wie viele Spiele von ihnen eingereicht werden.
:lol: Als ich den "Sieger" der Kategorie "Bestes Deutsches Spiel" las, waren meine ersten Gedanke: Barrel Roll Games? Nicht Deadalic? Dann stellte sich heraus, dass es da doch eine Verbindung zu Deadalic gibt... ;)
schrieb am