Der Pate02.02.2006, Paul Kautz
Der Pate

Vorschau:

Ein Spiel, das niemand ablehnen kann? EA setzt mit der Versoftung des Filmklassikers Der Pate voll auf die Mafia-Schiene: viel sizilianisch angehauchte Action, eine gigantische Stadt, sehr viel Story, sehr viel Brando. Wir haben mit der Vorabversion einige Zeit im New York der 40er Jahre verbracht.

Der Wisch-Mob

Die Definition einer schweren Kindheit: Als Jungspund müsst ihr mit ansehen, wie euer Vater Opfer einer »Familienstreitigkeit« wird. Einige Jahre später seid ihr ein junger Mann und der Pate Don Corleone nimmt euch unter seine Fittiche – schließlich gibt es viele Nebenbuhler zu beseitigen, da sind zwei zusätzliche flinke Fäuste

Das Kampfsystem ist bestenfalls gewöhnungsbedürftig - und schlimmstenfalls einfach nur lästig.
gern gesehen. Doch vor der Klopperei steht das Figurendesign: Wie in mittlerweile vielen EA-Titeln dürft ihr auch hier euer digitales Alter Ego nach euren Wünschen gestalten. Bestimmt Augenfarbe, Winkel der Augenbrauen, Dicke des Kinns, Dunkelheit der Augenringe, Narben, Muttermale, Lippenfülle oder Kinnlänge, bevor es an die Wahl von Hosen, Anzügen, Hemden, Hosenträgern, Mützen, Sonnenbrillen oder Schuhen geht.

Ist der Mafioso von Welt geschaffen, geht es auch schon los: Luca Brasi, ein Vertrauter des Paten, taucht als Retter in der Not auf, just als drei  Schläger auf euch einprügeln wollen. Nach kurzer Argumentationsverstärkung befindet ihr euch im Tutorial, denn hier genügt es nicht auf Knöpfchen zu drücken, um die Bösewichter auszuschalten. Stattdessen visiert ihr euren Gegner durch Gedrückthalten der rechten Maustaste an und schlagt zu, indem ihr die Maus vor- und zurück bewegt! Diese ein wenig an die Fight Night-Serie erinnernde Wisch-Kontrollmethode mag auf Konsolen dank der  Analogsticks funktionieren, aber auf dem PC wirkt es wie sinnloser Selbstzweck. Diese Unsinnigkeit zieht sich bislang leider durchs ganze Spiel: Beim Mafioso-Baukasten muss man z.B. die einzelnen Vorlagen unnötig sensibel per Mausbewegung auswählen, statt sie einfach durchzuklicken oder per Taste auszuwählen – hier sollte noch gehörig optimiert werden!

Ladendieb im Maßanzug

Neben den Prügeleien stehen noch weitere Dinge auf unserer ToDo-Liste, wie z.B. die Schutzgelderpressung: Da ein großer Teil der Gebäude und Geschäfte zugänglich ist, besucht ihr mal einen Fleischer, der sehr schutzbedürftig aussieht. Da er von seinem Glück aber noch 

Die Gesichter sind größtenteils gut gelungen.
nichts weiß und die Kasse nicht freiwillig aufmacht, bleiben euch mehrere Möglichkeiten. Ihr könnt z.B. seinen Laden demolieren, bis er genug hat. Oder ihr schnappt ihn euch und verpasst ihm ein paar ermahnende Schläge. Allerdings müsst ihr dabei aufpassen, dass ihr eine bestimmte Aggressionsgrenze nicht überschreitet: Bleibt ihr darunter, gibt der Jammerlappen irgendwann auf und macht die Brieftasche locker. Überschreitet ihr sie, schlägt er zurück und wird u.U. zu einem dauerhaften Feind. Je mehr Geschäfte ihr übernehmt (mit Geld, freundlichen Worten oder einem gut polierten Baseballschläger), desto mehr Geld fließt regelmäßig in eure Taschen – bzw. die des Dons, denn  anfangs müsst ihr den größten Teil eurer Beute beim Ziehvater angeben. Den Rest investiert ihr nicht nur in neue Klamotten, sondern benutzt ihn auch, um die Polizei ein wenig zu bestechen, so dass sie bei kleineren Gesetzesübertretungen rein zufällig in die andere Richtung schaut. Geht das Bare zur Neige, könnt ihr auch Safes und Bankverliese mit etwas Sprengstoff um unnötig schweres Geld erleichtern – allerdings sollten danach eure Fluchtwagen-Fertigkeiten Weltklasse sein!      

Denn Verfolgungsjagden oder Fluchtfahrten gehören zum Handwerk eines Familienmitglieds: Mal müsst ihr der Polizei entkommen, mal einen Gegner dezent in den Gegenverkehr schubsen. Das funktioniert nach einiger Eingewöhnung

Ihr seid sehr oft im Auto unterwegs.
sehr gut, allerdings ist die Fahrphysik meilenweit vom Komfort eines Mafia oder GTA: San Andreas entfernt – die hiesigen Karren steuern sich eher wie Seifenkisten als Oldtimer. Auch optisch ist das Spiel noch weit von gegenwärtigen Standards entfernt, besonders die Wagenmodelle scheinen aus der Schwarz-Weiß-Ära zu stammen: trist, niedrig aufgelöst und grob gehauen sind diese fahrenden Hackblöcke jenseits der Eleganz, die die Mafia-Kisten an den Tag gelegt haben. Auch die Stadt selbst verbreitet aufgrund lauer,blasser und immergleicher Haustexturen eine depressive Stimmung, dem Bild fehlt es an Leben. Aber es ist ja nicht alles schlecht: Das Schadensmodell der Fahrzeuge ist jetzt schon bemerkenswert gut, denn da spritzen die Splitter, da kracht das Blech, da beult der Kotflügel. Und die vielen vertrauten Figuren aus dem Film sehen ihren Leinwand-Pendants erstaunlich ähnlich. Die Gesichter sind gut animiert und die Stimmen teilweise von den Originalschauspielern gesprochen! Altertumsforscher können ferner in den Optionen einen Filmeffekt  übers Bild blenden, der der Kulisse mit Farbwechseln, Kratzern und Flackern mehr Oldie-Stil verleiht; außerdem verbreitet der Original-Soundtrack nicht nur im Hauptmenü wehmütige Stimmung.

Optisch bietet der Pate bislang eher triste und farbarme Bilder.
Zu mafiöser Letzt erwarten euch natürlich noch jede Menge Schießereien: Vom Revolver bis zur Tommygun steht euch das gesamte bekannte Sortiment zur Verfügung. Dankbarerweise verfügen die Gegner über ein spezifisches Treffermodell, so dass Schüsse in Bein, Brust oder Kopf unterschiedliche Auswirkungen haben – allerdings ist die Steuerung gegenwärtig noch etwas schwammig. Immerhin gewinnt ihr mit jedem Kampf, mit jeder feindlichen Übernahme eines Geschäftes an Erfahrung. Diese Punkte dürft ihr in eure Eigenschaften investieren, um so auf Dauer Schlagkraft, Schlaggeschwindigkeit oder Schussgenauigkeit zu verbessern.  

Ausblick

Ernüchternd. Das ist das Adjektiv, das den Paten bislang am besten beschreibt. Dass die Technik zu weiten Teilen dem mittlerweile fast vier Jahre alten Mafia hilflos hinterherhumpelt, kann ich verschmerzen – hey, Eyecandy ist nicht alles! Aber was um Himmels Willen soll denn diese Steuerung? Was bei Fight Night oder Fahrenheit exzellent funktioniert, wirkt auf dem PC derzeit einfach noch lieblos, verkrampft und alles andere als intuitiv! Fans des Films dürften sich außerdem an den ausufernd vielen, teils drastischen Veränderungen des Plots stören, der dem Abenteuer weniger die Aura einer Filmumsetzung als einer vom Film inspirierten Adaption verleiht. Warten wir einfach mal ab, wie das Endresultat aussieht: Als großer Fan von Spielen im Mafia-bzw. GTA-Stil bin ich zwar optimistisch, gleichzeitig aber angesichts der schnell näher rückenden Veröffentlichung aber auch ziemlich skeptisch.

Ersteindruck: befriedigend

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.